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I3B
MITTHEILUNGEN
DES
HSTOBISCHM TEREmiS
PUR
STEIERMARK.
■c-lOO^ *-
Herausgegeben
von dessen A nssclmsse.
25:25:1. HEFT.
« »
Graz^ 1873.
Im Selbstverläge.
In Gommission der k. k. Universitäts-Buchhandlung
Leuschner & Lubensky.
^'
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Cancelled
,4jf^<?
J
^-7-- -
p^ vj:
« •
Inhalt.
Begister
Seit«
über die vorkonunenden Perßonen, Orte und Sachen ... Y
Vereins - Angelegenlieiteii.
Zur Nachricht XI
Statuten XIII
Abhandlungen.
I. Die römischen Altcndorfer Antiquitäten der Pfarre St Jobann
am Draufelde. Vom kais. Bathe Dr. Bichard Knabl • . 3
II. Die Yerfassungs - Erisis in Steiermark zur Zeit der ersten
französischen Revolution. Von Professor Dr. E. J. Bider-
mann 15
III. Graf Hermann II. von Cilli. Eine geschichtliche Lebensskizze
von Professor Dr. Franz Krones lOG
IV. Ein Vehmgerichts-Process aus Steiermark. Von Prof Dr. Ferd.
Bischoff 137
Kleinere Aufsätze und Mittheilungen.
I. M. Johann Eepler's Heiratsbrief von 1597. Angezeigt von
Schulrath Dr. R. Peinlich 171
IL Ein merkwürdiges Flugblatt Besprochen von Prof. Dr. H. v.
Zwiedinek 174
m. Zur Wiener WeltaussteUung 1873. Von Schukath Dr. R
Peinlich . . . . , 177
Oedenkbuch.
(FortseUnng aus dem XIV., XV. und XX Hefte der ,MitiheilaDgen''.)
VIII. Gustav Franz Bitter v. Schreiner, von Prof. Dr. Franz Ilwof 1
4
9
— V —
A . ■. -1 '
-'>• ■. tV
Register.
(Die Abkürzung Gdb. bezeichnet: Gedenkbach.)
Acht, 158.
— Formeln. 162.
— 8. a. Reichsacht
Admont, Pr&lat y., 17.
Agram, Bisthum, 182.
T. Alcheran Job , 63, 66, 67.
Albrecht III. H. v. Oesterr , 1 10, 1 11 ,
lU.
Albrecht V. v. Oesterr., 124, 133,
Note 85.
Albrecht V- ▼. Menkershusen, 138.
Altendorf, 6, 7, 9, 10, 13.
Ambling Carl, 64.
Amnrath Sultan, 134.
Angerer Llenhart, 139, 146, 149.
Anna v. Cilli, 120.
Anna ▼. Polen, 112, 118.
Aqnilflja, 5.
— Johann Patriarch v., 111,
113.
Aristokratie, 41, Note.
Aryda Maronit, Gdb. 6.
Asylrecht, 26.
Attems Ferdinand Graf, 18, 19, 20,
23, 28, 30, 31, 37, 38, 49, 77,
78, 92.
Attems, Gdb. 10.
Aiersperg Cigetan Graf, 24.
Anssee Markt, 139, 146.
— Salzwesen, 149.
Aasstattang adel. Töchter, 26.
Bamberg, Bisthum, 133.
Banat, 119.
Barbara ▼. Gull, 117, 120, 123, 130.
Baaemschaft steir., 32, 86, 40, 43.
65, 67, 79.
BaoemieitoBg, 69.
Beamte, landst&nd., 18.
Boatrte ▼. Baiem, 128.
T. Beckh (Beckhen) Hofrath, 38.
Beckmann NikoUus, 97.
Besteaeraagsrecht, 47.
BUderräthsel, 174.
Blagig, 132.
Botenredster, 105.
T. Brandenaa F., 63.
Brandts Job. Gra^ 22 N. 2, 28,
30, 31, 57.
Brankovics Georg v. Serbien, 131.
Brenner, Graf, 38, 39 N. 2.
Brack a. d. M., 20, 22 N. 2, 70 N.
— Ereishauptmann y, 65.
Bracker LibeU, 34, 85, 91.
Brftninghaasen, 151, 152.
Bandesbrief Lublauer, 122.
Baresch Jos. t. Greiffenbach, 63,
66.
Bflrgerthnm stehr., 32, 36, 37, 40,
61, 65, 67, 79.
Bflschin, Hofrath, 39.
Canova Antonio, Briefe, 17.
Capo d'Istrla, 122.
Chotek Kud. Graf, 38, 41, 42, 78.
CUli, 118, Gdb. 14.
— Burg Ober-, 127.
- Grafen v , 106, 107.
Cleve, Herzog y., 143, 150
Deatsch-Feistritz, Gdb. 18.
Deatscher Orden, 158, 159.
Dipaoli Andreas, 69.
Dimböck Franz, 33 N. 1, 51, 91.
Dortmund, Freistuhl, 151, 161.
Drachenorden-Stiftung, 120.
Dranllass, 4, 8, 18.
Drlttelgefaile, 26.
Damhard Jeh., 66 N.
— VI —
IbeBsfeld, BezirkbobrigkeU, 6, 7.
EdlbiK, Oraf, 81, 38, 40.
aer, Staatoratfa, 38, 43,
tSftbetll ▼. AbenslHBrg, 120.
— ▼. Cilli, 120.
— T. Frangepani, Gräfin,
113, 116, 125, 126.
— V. Ungarn, 124.
Erbrecht adel. Töchter, 26.
Erich K Y. Dftnemark, 127.
Ernst H y. Baiem, 128.
— H. d. Eiserne, 133.
Fehring, 86.
Feigelmillner J. O., 55 N.
Feldbach, Gdb. 14.
Feldbacher Franz, Dr., 31, 75, 77.
Felicetti v. Liebenfelss 178.
Fellinger Georg, 52, 54.
Ferara Markgraf y., 131.
Ferdinand Erzherzog, 30.
Fischer Franz, Dr., Gdb., 8.
— A. F., 55 N.
Fohr (Föhn?) Jos, 33 N. 1, 91.
Frangepani, Herrn y., 132.
— 8 Elisabeth y. F.
Frankfurt, Parlament, Gdb. 14.
Frans L E, 55 N. 1.
— Erzherzog 29, 30, 38, 42.
F^eienhagen, 157.
Freigraf Hermann y. d. Korne,
140 N. 1 13, 144, 152.
Freigraf Mangolt, l.")?.
— Wüh. V. d. zanger, 139 bis
141, 143, 15(S 151, 161.
Fridberg, 86.
Friedrich IV. K, 140 fg. 149, 167.
— IV. V. Oesterr-, 133.
— V Y. d. Pfalz, 174.
— Lv.Cüli» 109,114,121.
— n. Y. CüU, 110, 113,
123, 125 fg., 131.
— SaYorgnano, 114.
FrenleiteB, Gdb. 18.
Gara Niklas, Palatin, 117, 120.
Sasser J., 55 N.
Generaleinnehmer stand., 26, 46.
Gerichtsverfassung, 46.
Gewerbeverein stelcrm., Gdb. 13, 16.
GloganTeschen H. y., 128.
Gotschee, 124.
Gratwein, Gdb. 18.
Gras, 28, 67.
— akadem. Legion, Gdb. 14.
— GemeinderaÜi, Gdb., 20.
— Gymnasium, 178.
— Universität, Gdb. 9, 14 fg.
— Zeitung, Gdb. 14.
Griendl Dr. y„ 22 N. 2.
Gnmdsteaer-Refomi, 17.
Gnindstener-Gesetse, 20.
Grtknne Philip Graf, Gdb. 8.
- Karl Graf, Gdb. 9.
Gnbemhim inneröstr, 35.
Gurk Bisthum, 133.
Gnrkfeld, 113.
Haas Franz, 33 K. 1, 52, 53, 82,
91.
Habsburger, 133.
Hanuner-Pnrgstall, Gdb. 12.
Hanns ▼. Cilli, iio.
— V, Veglia-Modrusch, 127.
Hasse Kunz, 159.
HäSSl Franz, 55 N.
Hatsfeld Graf, 27.
Hanser Jos. Paul, 51.
V. Heillinger 57, 58, 59.
Heinrich IV., Graf y. Görz, 120,
131.
Heiratsbrief Kepplei's, 171 fg.
Herberstein Leopold Graf, 19.
Herbst Joh. Felix, 54 K. 1.
Hermann I. v, Cilli, 109, 110.
— II. Y. Cüli, 106 fg., 111,
113, 114, 117, IIb N 36,
119, 120—123, 128, 131,
132.
— III. V. CiUi, 121, 127, 128.
Hermann v. d. Korne, s Freigrafen.
Herrenstand steir., 37, 46, 72, 94.
Henogshnt steir., 22 N. 2.
Hochenegg, 8(i.
Hofstelle vereinigte, 27, 37, 74.
-Hohenrain, Freiherr, 57, 67.
Hohenwart, Graf, Gdb. 6.
Hohensollem Fritz y., 115.
Holenbuger Vertrag, 114.
Horeide, 158.
Hörmann Jakob, 55 N.
Hnrde, bei Dortmund, 152.
Hynker, Stadtrichter, 34.
Janerbnrg Freiherr, 57.
Johann aXIII., Papst, 123.
Johann, E.-H., Gdb. ll, 12, 91.
— vn —
Johaan ▼. Schaonberg, 118.
Josef n., K., 15—19, 46, Gdb. 7.
Jndenbm^ Kreishauptmann, 66.
Jidenciy, Staatsrath, 38, 44.
Kaiser Anton, 55 N.
T. taiserfeld Moriz, Gdb. 22.
T. Kalchberg Josef, Gdb. 14.
Karl IV., K , 111.
Karl VI., K., 90.
Karl Ambros E.-H., Primas, Gdb. 5.
Käsmark, 126.
Katharina v. Bosnien, 116, 131.
KanniU, Fürst, 44.
Kees, Justizhofrath, 31, 38, 40, 41
N. 53.
Kepler Job., 171 fg.
— Barbara, 172.
Kernstück Ottokar, 171.
KheyeDhiller, Graf, 29, 31, 74.
Kimberg, 86.
Klagen brochliche u. peinl., 164.
Klenegker Ulrich, 138.
Knrttelfield, 5 u 69..
Y Koller. Hofrath, 27.
Kollmann, Gdb. 17.
Kolowrat Gra^ 21, 27, 31. 37 N. 1,
38, 70.
Kommission, steir Prov- Commerz-,
Gdb. 12.
Konfereosen 30, 35—39, 43, 72, 7^.
Königstarnos, l>5.
Krain, 10 1.
Krakan, 118.
Kressel, Freiherr, 31, 37 N. 1, 38.
Kreutbeer, 115.
Krapa, Schloss, 180.
Kugelmayer Gotthard, 31.
Kommersenteni, 16:^, 165.
Konstindastrio-Verein steier., Gdb.
19.
Knttemberg, 118.
Ladislans, SohnEarrs, d. K. 1 17, 120.
Landesarchiv steier., 177.
Laadesaasschnss, 25
Landeshauptmann, 25, 30, 38, 39, 45.
Landesprälaten, 25.
LandesTerfassnng, 32.
LandesTerweser, 25.
LandhandToste steir., 34.
Landtag, 17, 21, 22, 83, 37, 50, 59,
62, 82, 83 fg.
Landtag ▼. 1848 Gdb. 14, ▼. 1861,
Gdb. 18.
Landtagsprotokolle, 86.
Landwirthschafts-Gcsellschaft steir.,
Gdb. 13.
Lettner Gottfried B. t., Gdb. 10.
▼. Lendenftld, 58.
Leoben, 32, 51, 87, 95.
Leopold I., E., 47.
— n., E., 15, 16, 20, 21, 22,
27, 34, 37, 44, 45, 46, 48,
50, 54, 70.
— m. V. Oesterr., 1 1 1, 1 12 N. 2.
Liechtenstein, Herrn y., 115.
LOhr, Freiherr, 27.
Lorents, 172.
Lorentxin Regina, 172.
Ludwig I. V Ungarn, 112.
— V. CiUi, 124.
Mainx, 159.
Mangelt, s. Freigrafen
Manifest, Frank&rter, 34.
Marburg, 4, 55, 95,
Margaretha v. Gilli, 128.
Medebach, 159
Medl Jos. Ant, 51
Henker shusen, Albrecht V. v , 138.
Mettnick, 86.
Micheldorf, 11.
Mittrowsky, Graf, G«ib. 9.
Hontfort-Pfannberg, Graf, 128.
MoosmUii-r v , 31, 3^, ü7, 72, 75 fg.
Moray Anton, 55 N
Muchar, Gdb. iO, 12.
Mflller Jobst, 171.
Mflller Marx, 171, 173.
Mumersheim, 159.
Murinsel, 119. 132,
Mutschlechner Josephine, Gdb. 22.
Neustadt Wiener-, Hofgericht, 150.
liedeaaus Adam, 172.
- Hanns, 172, 173 N.
NikopoUs (SchUtau), 115.
loricum, ö.
■
Obdach, Markt, 33 N. 1.
Odonel, Graf, Hofrath, 27.
Ofen, 122.
Olmfits, Gdb. 8, 9.
Ortenburger, 124.
— vin -
OrganbatioAsplan stand., 30.
Oesterreieh, IUI.
Osterwitz 130.
Pachler Ant Andr., 33 N. ], 91.
Pannuniea, 5.
Passail, Gdb. 18.
PaananD, Erzb. Gdb. 6.
PelBÜeli Richard, 180.
Farganer 0., 134.
Pergen. Graf, Minister, 64, 65 N.
Peritolt Seyerin, 54 N. 1.
Pemer Job., 55 N.
Pettaa, 5, 6, 7, 11, 12, 86, 129.
Pfanohanser, 146.
Philipp d. Kühne, 115.
Plettriach, 129.
— Earthause, 135.
▼. PMckner Ernst, 72.
Foetovia, 14.
— Golonia Ulpia Tngana, 9.
Prann Wolfg., 139, 146.
Fressbarg, Gdb. 4.
FOspOki (Bischdorf), Gdb. 4.
Radmannsdorf, 128, 130.
Rann, 86.
Rinnt! Sigm., 139, 146, 149, 150,
165, 166.
Rinntl Paul, 149.
Raspor Ant , 32, 50, 55, 62, 82.
Rebus, 174.
Recbbaner, Gdb. 22.
Reichsacht u. Oberacbt, 163.
Reischach, Graf, 44.
Remschagg Jakob, 55 N.
RIntscheidt Pankraz, 139, 146.
Ritter Karl, Gdb. 11.
Ritterstand, steier. 46, 72, 94.
Robotrelninng, 22.
Rohran, Burgherrschaft, 119 N. 38.
Rosenbei«, Graf, 27.
Rosenthaf, Ausschussratb, 29.
St. Johann, am Draofelde, 4, 6, 9,
10, 12 14.
St- Lambrecht, 178.
St. Panl, 133.
St Yeit, 5.
Sanran Job. Georg, Graf, 23 N.
Savorgnano Tristan, 121.
Schannberge, 133.
Schannberg Hanns y, 134.
T. Schickh, 58, :9.
Schlegel Katharina, Gdb. 21.
Schlöter, Gdb 7.
Schmid V. Ehrenberg Karl, 63, 65.
Schmid Fidelius Georg, 91.
Schobinger Gerhard, Pr&lat, 57, 58.
Schreiner G. F. Ritter t., Gdb. 3 fg.
— dessen literar. Arbeiten,
Gdb. 22 fg.
— Gustav Freiherr, Gdb. 21.
Adolf Ritter v., Gdb. 21.
— Moriz Ritter v., Gdb. 21.
Schrott, 34.
Schrottenbach 0. W., Graf, 59, 60,
62.
Schrott er, Gdb. 10.
Schobert Fried. Wllh., Gdb. 11.
Schulz, Abt, 57, 68.
V. Schwizen Christof Freib., 63, 67.
Seckan bei Leibnitz, 11.
— Fürstbischof y., 22 N. 2.
Sentenz, Vehmgerichts-, 163.
Sitzungsprotokolle. stand.« 46.
Schwerte bei Dortmund, 151.
Sigmund K., 114, 115, 117-122,
124, 130 fg., 142, 166, 167.
Sigismnnd y. Tirol, 138.
Sknbitz Ant, 55 N.
Slavonien, 132.
Solarl Pippo, Graf Y. Ozora, 123
Spefidl Sebast, 172, 173.
Speidl Stefan, 173 N.
Spielmann, Freiherr, 27.
Spitzer Leopold, 55 N.
SUdte u. Märkte steh-., 32, 33, 37,
50- 52, 54, 82 fg , 85, 86, 93 fg.
Städte • Marschall, 32, 33, 82-84,
86.
Städte in Preussen, 147 K.
Stände, 15, 16, 41, 70.
— steier., 17, 21—23, 24, 30,
45, 47, 82, 85.
— Ausschuss, 18, 22, 32, 45,
55, 77, 87.
— Deputation, 20, 27.
Stände Kommission, 55, 57, 59.
— ungarische, 34.
— Repräsentant, 26, 46.
Starhemberg, Fürst, 27.
Stephan E. y. Bosnien, 128.
— Y. Rasden, 120 N. 43.
Stibor, Woiwode y. Siebenb., 120.
— IX -
Stremayr, Gdb. 2?.
Stabenberg Leotold v. 139, 146.
Stürgkh Graf, 24 N. 30, 31, 37,
72, 75.
Sflssel Hanns, 159, 160.
Svadra 11.
TanseDberg, 11.
T. Thallöcz, 132.
Theresianum. Gdb. 8.
Thl&nfeld, Freiherr, Gdb. 10.
Tietz Mathias, 161.
Tirol, Yehmschöffen in, 138.
Treatschin, Gdb. 4.
Triest, 122.
Tschakathurn, 119.
TUrkeakrieg, 114.
Tarnier, 123.
Tyrnan, Gdb. 5.
Uebelbach, Gdb. 18.
Ulrich I. V. CiUi, 109, 112.
— n. V. Cüli, 125, 128, 129, 131.
üogarn, Thronkampf in, 120.
Ucger F., Prof., Gdb. 12.
üagnad Hanns v., 139, 146.
ünterrichtsrath, Gdb. 18.
Yehmgericht, 137 fg.
Arensberger Beformation,
142, 154, 166.
— Schöffen, 166.
Yenedig, 122, Gdb. 17.
Yerein, histor. fllr Steiermark, 177,
Gdb. 19.
— B. Gewerbe-, Kunstindustrie.
Yeronica v. Desdmice, 125, 126, 128.
Yerordneteastelle, 25, 32,37,45,48,
55, 72.
Yervchmniig, 160, 162.
Yeat, Dr., Gdb. 10.
Yilgiste (Teigenstein), 151.
Yolksaufstand bei CiUi, 24 N. L
Yollmarsteln, 151.
Waidmannsdorf, Freih., 31, 35,36.
Wattoipi 151.
Warasdin, 116, 132.
Wateroth, Prof., Gdb. 7, 8.
Weiglein, Gdb. 12.
Weinauftchlag, 24 N. 1.
Weis, Gdb. 14.
Weltansstelliing, 177 fg.
Wendler M., 161.
Wenincer Jos., 33 N. 1, 51, 82.
Wenzel, E. v. Böhmen, 118.
Wickede, Freigrafschaft, 139, 143,
150, 151.
Wickenbarg Graf, Gdb. 14.
Wien. 137 W., Gdb. 5, s. Weltaus-
stellung.
Wildenstein Franz Graf, 57.
Wilhelm ▼. Cilli, HO-HS, 118.
— V. d. Zünger, s. Freigrafen.
Wilser, Landeshauptmann, 134.
Winter! F. K., Dr., 32 N. 1, 33.
Wladislaw v. Polen, 118, 121, 126.
Wraslaadorf, 129.
Wurmberg, Schloss, 4, 6, 8.
Warmbrand Graf, 77.
Tsenkremer Hanns, 159.
Zagorlen, Grafschaft, 116.
Zahn Josef, 177 fg.
Zeitschrift steierm., Gdb. 10, 17.
Zinzendorf Karl Graf, 27, 38, 40.
Zizins, Prof., Gdb. 7, 8.
Zosimos 5.
— XI —
Zur Nachricht.
Zufolge der Yereinsausschass-Beschltlsse vom 11. April,
29. Mai und SO.December 1872 sollte mit dem vorliegenden
Hefte ein Inbaltsverzeichniss über sämmtliche bisher
erschienene Vereinschriflien der älteren, wie der neueren Periode
imd für die letztere, d. i. für die bisher veröffentlichten 20
Hefte der „Mittheilungen **, ein Orts-, Personen- und
Sachregister zur Herausgabe gelangen.
Durch dieses Inbaltsverzeichniss und Register wird somit
ein Abschluss der früheren Publikationen gebildet und es be-
ginnt mit dem gegenwärtigen 21. Hefte eme neue Serie der
Mittheilungen.
Der Vereinsausschuss ist aber nicht in der Lage, derzeit
mehr als das Inbaltsverzeichniss zu liefern, indem sich der
Herausgabe des Registers unvorhergesehene und nicht rasch
zu bewältigende Hindemisse entgegenstellten. Eines derselben
und zwar nicht das geringste besteht darin, dass sich bei der
Prüfung der eingelangten Vorarbeiten ergab, man müsse die-
selben vorerst einer eingehenden und gründlichen Revision
unterziehen, bevor sie als Material für die eigentliche Arbeit
dienen könnten.
Eine solche Revision liess 'sich um so weniger rasch
durchführen, da die hiezu geeignetsten literarischen Kräfte
ohnehin mit der Ueberarbeitung und Schlussredaktion des eben
im Drucke befindlichen Registers zu den acht Bänden von Dr.
Muchar's Geschichte vollauf beschäftigt sind und ein so grosses
Opfer an Zeit und Mühe bringen, dass es unstatthaft erschemt,
eine noch weiter gehende Zumuthung an dieselben zu stellen.
Der Ausschuss wird jedoch bestrebt sein, die Drucklegung
des gedachten Registers im nächsten Jahre zu bewerkstelligen.
— xn —
Dadurch, dass in dem vorliegenden Hefte die bei wissen-
schaftlichen Publicationen in neuerer Zeit beliebt gewordenen
Antiqua-Drucklettem in Anwendung kamen, wurde einem mehr-
seitig geäusserten Wunsche Rechnung getragen.
Der administrative Bericht über das Vereinsjahr 1873 fiel
diesmal aus. Dies findet in dem Umstände seine Erklärung,
dass vermöge der in der XXIV. Jahresversammlung am 24. Juli
1872 beschlossenen Statutenänderung nunmehr das Vereinsjahr
mit dem Kalendeijahre zusammenfällt, daher auch der diesbe-
zügliche Bericht erst nach Ende dieses Jahres seinen Abschluss
erhalten kann, während das vorliegende Heft noch im Laufe
desselben hinausgegeben wird.
Da jedoch die Bekanntgabe der gegenwärtigen Zusammen-
setzung des Vereinsausschusses unaufschieblich erscheint, so
wird derselben an dieser Stelle Raum gegeben.
Dem Ausschusse gehören nach den Wahlen vom 3. Fe-
bruar 1873 an:
Vorstand: Dr. Richard Peinlich, k. k. Schulrath und
Director des k. k. I. Staats-Gymnasiums in Graz.
Vorstand-Stellvertreter: Dr. Hermann Ign. Bider-
mann, k. k. Universitäts-Professor in Graz;
Schriftführer: Leopold Beckh-Widmanstetter, k. k.
Oberlieutenant und Lehrer an der Cadetenschule Graz-
Gassi er: Ernst Fürst, diplom. ApoÜieker in Graz;
Ausschüsse ohne besondere Function: Dr. Ferdinand Bi-
schoff, k. k. Univereitäts-Professor in Graz; Johann
Graus, Kaplan in St. Veit ob Graz und k. k. Conservator
für Steiermark ; Dr. Arnold Ritter L u s c h i n von Eben-
greuth, k. k. Universitäts-Professor und Heinrich Noö,
Director der k. k. Staatsoberrealschule in Graz.
Graz, im Dezember 1873.
--- xm -^
Statuten
des historisclieii Vereines fttr Steiermark.
Zweck.
§. 1. Der Verein hat für Belebung des Interesses an
der heimatlichen Geschichte und für Erweiterung der Eenntniss
derselben zu sorgen.
Mittel.
§.2. Als Mittel zur Erreichung dieser Ziele haben zu
gelten :
a) systematische Forschung nach den Quellen und Denkmalen
der Geschichte des Landes;
b) Erwerbung solcher in Originalen oder guten Copien;
c) Einflussnahme auf Erhaltung jener, die der Verein nicht
erwerben kann;
d) Veröffentlichung aus einzelnen Gebieten der Landesge-
schichte ;
e) mündliche Besprechungen und Vorträge in regelmässigen
Versammlungen ;
f) Beförderung und Unterstützung der Herausgabe einschlä-
giger Schriften;
g) Aussetzung von Preisen für Arbeiten im Interesse der
Landesgeschichte ;
h) Verbindung mit auswärtigen Gesellschaften verwandter
Richtung, und
i) Ueberlassung der Erwerbungen des Vereines an die be-
treffenden heimischen Landessammlungen (§. ]1).
- XlV -^
Sitz.
§. 3. Sitz des Vereines ist die Landeshauptstadt Graz.
Hier werden auch dessen regelmässige Versammlungen
abgehalten, unbeschadet etwa künftig in anderen Städten des
Landes abzuhaltender Versanmilungen.
Mitglieder.
§. 4 Der Verein besteht aus ordentlichen, korrespondi-
renden und Ehrenmitgliedern.
Als ordentliche Mitglieder können Gebildete aller Stände
beitreten, die mündlich oder schriftKch oder durch ein Vereins-
mitglied ihren Beitritt und die Uebemahme der damit ver-
bundenen Verpflichtungen (§. 5) dem Ausschusse anmelden,
welcher allein betreffs der Aufnahme entscheidet (§. 8 lit c).
Zu korrespondirenden Mitgliedern können nur Auswärtige
(ausserhalb Steiermark Wohnende) ernannt werden, welche die
Vereinszwecke bereits in anerkannter Weise förderten.
Zu Ehrenmitgliedern ernennt der Verein nur Solche, welche
entweder um die Geschichtswissenschaft im Allgemeinen oder
um den Verein im Besonderen hervorragende Verdienste sich
erwarben, dieselben mögen nun bereits Mitgheder des Vereines
sein oder nicht
Der Vorschlag zur Ernennung der korrespondirenden und
Ehrenmitglieder kann durch den Ausschuss oder ein Verems-
mitglied, muss aber stets mit entsprechender Begründung in
der Jahresversammlung gemacht werden, die allein und zwar
mit absoluter Stimmenmehrheit darüber entscheidet (§. 6 lit b).
Pflichten und Rechte der Mitglieder.
§: 5. Jedes ordentliche Mitglied des Vereines verpflich-
tet sich:
a) zur Zahlung eines jährlichen Beitrages von mindestens
3 fl., welcher während des laufenden Jahres zu erlegen ist;
b) zur Unterstützung der Vereinszwecke durch Mittheilung
entsprechender Nachrichten, und
c) zur Förderung der wissenschaftlichen Ziele der vom Vereine
entsendeten Bevollmächtigten.
Jedes Mitglied hat das Recht auf den unentgeltlichen
Bezug der regehnässigen Yereinschriften, auf die Benützung
der Yereinssammlungen und auf Sitz und Stimme in allen
Versammlungen des Vereines.
Bezüglich der Wahlen können Mitglieder, welche der Ver-
sammlung beizuwohnen nicht vermögen, ihre Stimmen durch
Zuschrift an den Vereins-Ausschuss oder durch, dem Ausschusse
schriftlich bekannt gegebene Bevollmäditigte abgeben. Schrift-
lich eingebrachte Anträge abwesender Mitglieder können nur
dann zur Verhandlung gebracht werden, wenn ein anwesendes
Mitglied sie au&immt
Wer vom Vereine em Diplom, das seine Mitghedschaft
bekundet, zu erhalten wünscht, hat im Anbetrachte der künst-
lerischen Ausstattung der nunmehr eingeführten Diplome den
Betrag von 2 fl. dafür zu entrichten. Wer dagegen bei seiner
Aufnahme in den Verein den Bezug eines solchen Diplomes
ablehnt, erhält an dessen statt eine einfache Bescheinigung
und hat gleich jedem Mitgliede blos die darauf gelegte Stempel-
gebühr dem Vereme zu vergüten.
Der Austritt steht jederzeit frei, ist aber dem Ausschusse
oder der Vereinsversammlung schriftlich anzuzeigen. Als still-
schweigend ausgetreten sind jene Mitglieder zu betrachten, welche
ungeachtet erfolgter Mahnung mit einem dre\jährigen Beitrage
aushaften.
Oeffentliche Versammlungen.
§. 6. Alle Beschlüsse in Vereins-Angelegenheiten stehen
den öffentlichen Vereinsversammlungen zu, deren — unbe-
schadet dem Rechte, ihre Zahl nach Massgabe des Bedürfnisses
zu mehren — in jedem Jahre mindestens vier stattfinden,
und zwar:
a) die Jahresversammlung im Monate Jänner, mit welchem
das Vereinsjahr beginnt;
b) die Vierteljahrs - Versammlungen in den Monaten April,
Juli (erste Hälfte) und Oktober, welche auch als Wander-
Versammlungen abgehalten werden können (§. 3).
— XVI -
Uebrigens hat der Ausschuss nach Bedttrfhiss oder über
Verlangen von 20 Mitgliedern auch ausserordentliche Versamm-^
lungen einzuberufen (§. 8 lit 9).
Die Vierte^ahrs-Versammlungen beschäftigen sich mit den
laufenden Angelegenheiten des Vereines und können selbststän-
dige Beschlösse in allen jenen Fragen fassen, deren Ausführung
den Kostenbetrag von 50 fl. nicht übersteigt Es wird Sache
des Ausschusses sein, bei diesen Versammlungen wissenschaft-
liche Gegenstände aus dem Bereiche der Geschichte zur Erör-
terung zu bringen und die Abhaltung solcher Vorträge einzuleiten.
Die Leitung und der Vorsitz in den Versammlungen des
Vereines steht dem Vorstand oder bei dessen Verhinderung
dem Vorstand-SteDvertreter zu.
Der Jahresversammlung ist vorbehalten:
a) Die Wahl des Ehren-Präsidenten, des Ausschusses und
zweier Revidenten für die Rechnungen des folgenden Jahres ;
b) die Ernennung zu korrespondirenden und Ehrenmit-*
federn ;
c) die Genehmigung der richtiggestellten Jahresrechnungs-
legungen und die Feststellung der Jahresvoranschläge;
d) jene Beschlüsse, deren Ausführung den Kostenbetrag von
50 fl. übersteigt;
e) die Abänderung der Statuten und
f) die Beschlussfassung über allftllige Auflösung des Vereines.
In der Regel ist jede rechtzeitig einberufene Versamm-
lung beschlussfähig und zur Giltigkeit der Beschlüsse der öf-
fentlichen Versammlungen absolute Stimmenmehrheit nöthig.
Ausnahmen hievon bestimmen die §§. 13 und 14.
Ehren-Präsident
§. 7. Der Verem wählt sich emen Ehren-Präsidenten auf
Lebenszeit
Vereins- Ausschuss.
§. 8. Die Vertretung des Vereines nach Aussen und die Lei-
tung seiner innem Angelegenheiten obliegt dem Vereins-Ausschuss.
Dieser besteht aus acht Mitgliedern, nämlich aus
— xvn -
einem Vorstande,
„ Vorstands-Stellvertreter,
„ Schriftführer,
;, Kassier und
vier Ausschuss-Mitgliedem.
Die Wahlen in die Vereinsleitung geschehen durch Stimm-
zettel und ist für den Ausschlag die absolute Stimmenmehrheit
erforderlich. Alle Ausschuss-Mitglieder werden auf zwei Jahre
gewählt ; eine Wiederwahl für die nächste Wahlperiode ist nur
bei dem Schriftführer und Kassier, bei den übrigen Ausschuss-
Mitgliedern erst nach Ablauf eines Vereinsjahres zulässig.
Scheidet ein Ausschussmitglied während der Amtszeit aus, so
findet bei der nächsten Jahresversammlung eine Ersatzwahl statt.
Dem Ausschusse sind zugewiesen:
a) Die Bestellung der Vereinsbediensteten (Kanzelist und
Diener) ;
b) die Vorbereitung der Geschäftsstücke behufs erschöpfender
Behandlung in den Versammlungen;
c) die Wahl von Sonder- Ausschüssen für denselben Zweck;
d) die Verfügung in dringenden Geldangelegenheiten bis
zu 30 fl.;
e) Entscheidung über Aufnahme von ordentlichen Mitgliedern ;
f) desgleichen jene über Aufnahme schriftUcher Arbeiten in
die Publikationen des Vereines;
g) die Berufung der ordentlichen und ausserordentlichen
Versammlungen und die Ausführung ihrer Beschlüsse;
h) die Berichterstattung und Rechnungslegung bei den-
selben, und
i) die Ausfertigungen und Bekanntmachungen des Vereines,
zu deren Giltigkeit die Unterschriften eines Vorstandes
und des Schriftführers erforderlich sind. Aufhahmsdiplome
fertigt der Präsident, der Vorstand und der Schriftführer.
Der Ausschuss fasst seine Beschlüsse mit absoluter Stim-
menmehrheit ; bei Stimmengleichheit entscheidet der Vorsitzende.
Zur Beschlussfähigkeit des Ausschusses ist die Anwesenheit von
wenigstens fünf Mitgliedern erforderlich.
Bezirks-Eorrespondenten und Sonder-Ausscbttsse.
§. 9. Dem Ausschusse sind zur Förderung der Vereins-
zwecke und leichteren Besorgung der Geschäfte nach Thun-
Uchkeit und Bedürfiiiss Bezirks-Eorrespondenten und Sonder-
Ausschüsse an die Seite zu stellen.
Die Wahlen zu Bezirks-Eorrespondenten stehen über be-
gründeten Vorschlag des Ausschusses nur den Versammlungen
zu. Dieselben werden bezüglich ihrer Rechte den ordenüichen
MitgUedem gleichgestellt, übernehmen jedoch nur die Verpflich-
tung, dem Vereins-Ausschusse nach ihren Eräften von allen
jenen Gegenständen und Ereignissen Eenntniss zu geben, welche,
dem Gebiete der Vereinsbestrebungen angehörig, zu ihrer Wis-
senschaft gelangen, so wie die Zerstörung geschichtlicher Denk-
male thunlichst hindanzuhalten.
Die Sonder - Ausschüsse werden nach Erfordemiss vom
Ausschusse oder den Versammlungen zur Behandlung gewisser
ihnen vorzulegender Fragen und Geschäftsstücke gewählt.
Von ihrem und der Bezirks-Eorrespondenten Verhältnisse
zum Ausschusse handelt die Geschäftsordnung.
Vereins-Vermögen.
§. 10. Das Vereins- Vermögen besteht aus den Beiträgen
der Mitgüeder, den Erträgnissen aus dem Verkaufe der Vereins-
schriften und sonstigen Zuwendungen aus öffentlichen oder
privaten Mittehi und aus dem Vereine sonst eigenthümlich ge-
hörigen Werthgegenständen.
Es darf nur zu Vereinszwecken verwendet werden und
steht unter Verwaltung des Ausschusses.
Vereins-Sammlungen.
§. 11. Der Verein legt keine selbstständigen Sammlungen
aus seinen Jahr für Jahr erworbenen wissenschaftlichen Gegen-
ständen an, sondern tritt dieselben dem Landesarchive (Ab-
theilung: Joanneumsarchiv), dem Münz- und Antikenkabmete
und der Bibliothek am st. 1. Joanneum unter Vorbehalt des
Eigenthumsrechtes und der Benützung nach ihren Statuten»
— XIX -
oder in zweiter Reihe anderen Anstalten im Lande ab, welche
davon ihrer Natur nach am ehesten Gebrauch machen würden.
Schiedsgericht
§. 1 2. Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnisse zwischen
Mitgliedern unter einander oder, zwischen solchen und dem
Vereine entscheidet mit Ausschlusfs jeder Berufung ein Schieds-
gericht, für welches jede Partei einen Schiedsrichter bestellt,
die zusammen einen Obmann wählen.
Abänderung der Statuten.
§. 13. Abänderungen der Statuten können nur durch die
Jahresversammlung beschlossen werden und ist dazu die Stim-
menmehrheit von zwei Drittheilen der anwesenden Mitglieder
erforderlich. Anträge in dieser Richtung sind dem Ausschusse
mindestens vierzehn . Tage vor der Jahresversammlung zur
entsprechenden Begutachtung einzubringen.
Auflösung des Vereines.
§. 14. Die Berufung der Jahresversammlung, welche über
die Auflösung des Vereines entscheiden soll, hat nur in Folge
eines von mindestens zwanzig ordentlichen Mitgliedern beim
Ausschuss schriftlich eingebrachten Antrages, mindestens vier
Wochen vor dem Tage ihrer Abhaltung und mit ausdrüddicher
Bekanntgebung jenes Antrages zu geschehen.
Zur Beschlussfähigkeit dieser Versammlung ist die An-
wesenheit von wenigstens Dreifünftel der ordentlichen Mit-
glieder, zum Auflösungsbeschluss aber eine Mehrheit von
wenigstens Zweidrittel der giltig abgegebenen Stimmen er-
forderlich.
Könnte die ordentlich einberufene Jahresversammlung
wegen Mangel der erforderlichen Anzahl dabei Anwesender
über die Auflösung des Vereines nicht beschliessen, so wäre
hiezu unter den gleichen Bestimmungen wie jene die nächste
\'ierteljahresversanmilung berechtigt.
Sollte auch diese nicht beschlussfähig sein, so hätte die
nächste Vierteljahresversammlung bei jeder Anzahl anwesender
— XX -
Mitglieder mit einer Mehrheit von Zweidrittel der Stimmen
über die Auflösung zu beschliessen.
Dieselbe Versammlung, welche die Auflösung des Vereines
beschloss, verfügt in gleicher Weise auch über die Verwendung
der Geldmittel und sonstigen Werthgegenstände des Vereines.
Die wissenschaftlichen Sammlungen aber gehen in das £igenthum
jener Anstalten über, welchen sie vorläufig abgetreten worden
und die Akten des Vereines werden im Landesarchive hinterlegt.
(Bescheinigt mit dem Erlasse der h. k. k. Statthalterei, ddo. Graz 2. März
1878, Z. 2784.)
■••-X^.
AbhandluBgen.
I.
Die römischen Altendorfer Antiquitäten
der Pfarre St Johann am Dranfelde.
Von
Dn Riehard KnabI,
kaiserl. Rath and Mitglied des histor. Vereines fOr Steiermark.
In den Nummern 7 7 — 7 9 des heurigen Jahrganges der Grazer
Tagespost hat Herr Alfons M ü 1 1 n e r , Professor an der Lehrer-
Bfldungsanstalt zu Marburg, die Altendorfer Antiquitäten einer
eingehenden Untersuchung unterzogen, welche um so verdienst-
licher erscheint, als bisher kein geschriebener Bericht über
diesen Gegenstand in die Oeffentlichkeit gelangt Irrig ist jedoch
die ausgesprochene Ansicht, als habe sich der historische Verein
dieser Alterthümer bisher noch gar nicht angenonmien, da ich
über dessen Auftrag schon vor 28 Jahren Erforschungen an
Ort und Stelle geplSogen habe, vne der nachfolgende Aufsatz
zeigen wird. Wesshalb dieselben bisher noch nicht veröffentlicht
wurden, ist leicht erklärlich, wenn ich bemerke, dass man ab-
warten wollte, ob nicht eine allftlhge Veränderung im Wasser-
stande oder Laufe der Drau günstigere Ergebnisse ermöglichen
wurde. Da indessen diese Voraussetzung während der Zwischen-
zeit nicht eingetreten ist, auch der Status quo nach den Mit-
theilungenJProf. Müllner's noch fortdauert, so steht der Ver-
öffentlichung meiner ersten im September 1845 angestellten
Untersuchung nichts im Wege.
Meine und Prof. Mttllner's Untersuchungen durften sich
übrigens theils ergä'nzen', theils berichtigen. Ergänzen
hinsichtlich der Vertheilung dieser Alterthümer durch die Be-
hörden und den Zeitpunkt, wo diese statt hatte; berichtigen,
weil meines Wissens nicht mehr als 7 Denkmale an die Alter-
1*
— 4 -
ihumsfreunde in Pettau abgeführt wurden, und es bilUge Zweifel
erregen muss, wenn jetzt, nach 28-30 Jahren, von den Be-
wohnern jener Stadt eine grössere Anzahl von Denkmälern als
von s. Johann abstammend angegeben wird, als seiner Zeit
So ist beispielsweise das dem Dens Sol gewidmete Votiv-
Denkmal mit der Legende SOLI SA ', C- DOMHERM | V- S« L. M
nicht von Alt endo rf nach Pettau gekommen, sondern in
letzt gedachter Stadt selbst im Jahre 1817 ausgegraben und
gleich darauf an jener Stelle eingefriedet worden, wo es sich
noch jetzt befindet
Eine ungenaue Mittheilung des Fundortes kann trotzdem
Herrn Mtillner nicht zur Last gelegt werden. Ein Forscher
muss sich über Ereignisse, die lange vor ihm stattfanden, mit
dem bescheiden, was noch lebende Gewährsmänner ihm vor-
bringen, und diese waren eben ungenau.
Graz, im April 1873. —
Zwischen St Johann am Draufelde und dem Schlosse
Wurmberg fliesst die Drau in mehreren Armen» welche
nie dieselbe Richtung einhält, sondern nach Massgabe emes
höheren oder niederen Wasserstandes stets ihren Lauf und
ihre Richtung verändert.
Von der Veränderung des Flussbettes der Drau ist der
Boden um Marburg der sprechendste Zeuge. Man unter-
scheidet noch jetzt ganz deutlich, welchen Gang der Fluss
vor vielen Jahrhunderten genommen hat Gleich bei Gams,
nordwestlich von der Stadt, sieht man noch die alten Fluss-
läufe. Ingleichen hinter demDorfe Po bersch (Melüng gegen-
über) am jenseitigen Ufer des Flusses.
Es hat daher den Anschein, dass die Drau vor alter
Zeit nördlich von der Stadt in der Richtung gegen Melling
geflossen sei, von da ihren Lauf bei Pobersch und dessen
Feldern bis zur Eisenbahn und von da aus in einigen Krüm-
mungen so ziemlich durch die Mitte des Pettauer-Feldes, in der
— 5 —
Richtung gegen Haidin und St Veit bei Ankenstein
genommen habe. Wer von Pettau nach St Johann am
Draufelde reiset, wird beim Schmelzen des Schnee's die einstigen
Drauufer gewahr werden.
Wann und in welcher Zeit dieDrau ihren Lauf so ver-
änderte, dass sie jetzt hart an der östlichen Hügelreihe des
Draufeldes vorbeiströmt, ermangelt jedes historischen Nach-
weises ; doch mag diese Katastrophe den Zeitraum vom 1 4. Jahr-
hundert an abwärts nicht überschreiten. Wenigstens haben wir
noch eine schriftliche Nachricht, dass sie um die Mitte des
5. Jahrhunderts nicht ihren jetzigen Lauf gehabt habe und
zwar bei Zosimos, Gomes und Exadvokaten des Fiskus von
Constantinopel, welcher seine Geschichte vom Kaiser
Octavianus Augustus bis zum Jahre 410 v. Chr. schrieb.
Als er nämlich 0 den Marsch des gallischen Feldherm Mag-
nentius von Aquileja nach Pettau, bei dem es sich um den
Besitz Illyricums handelte, beschreibt, sagt er: Magnentius in
Pannoniam contendit; cumque pervenisset ad sitos ante
Potedum ^) campos, quos medios Dravus amnis intersecans,
Noricos et Pannonios praeterlapsus in Istrum semet exonerat,
in Pannonios milites dudt, quod prope S i r m4 u m manum cum
hoste conservere cogitaret
Aus dieser Stelle geht hervor, dass zu Zosimos Zeiten
die Stadt Pettau nicht mehr wie früher in Pannonien, son-
dern bereits in Nor i cum lag und daher letztere Provinz
nordostwärts über Pettau hinaus bis an die Mur vorgerückt
war; denn da die Drau von Pettau abwärts bei St Veit
eine nordöstliche Richtung annimmt, so muss das gegenüber
am rechten Ufer gelegene Land eben so zur Provinz Pan-
nonien gehört haben, als das am linken Ufer gelegene sammt
der Stadt Pettau zur Provinz Noricum, weil Zosimos von
den ad sitos ante Potecium campos aussagt: quos medios
Dravus amnis Noricos et Pannonios praeterlapsus intersecat
») Lit. II. p. 695.
') Offenbar verschrieben fOr Poetonum.
— 6 —
Diese siü ante Potedum campi reichten aber damals nicht
bis zur heutigen Stadt Pettau, sondern nur bis St Martin
bei Haidin, wo auch das illyrische Zollamt und der Drau-
fluss war, so zwar, dass die ganze jetzige Vorstadt Rann
sanmit dem dermaligen Draulaufe unmittelbar vor der Stadt
„fester" Boden war, wie dieses die hier sowohl in der Vor-
stadt als im gegenwärtigen Draulaufe gefundenen Geb&ude-
reste und AlterthUmer bezeugen. Darum waren die siti ante
Potecium campi damals etwas weiter als jetzt von der Stadt
entfernt
Allem in den nächsten Jahrhunderten hatte die Drau
wieder ihren Lauf verändert, indem sie sich nach Ueberfluthung
der Banner Vorstadt näher der heutigen Stadt zu ein Bett
wühlte.
Einen neuerlichen Beweis von einer theilweisen Laufver-
änderung der D rau liefert uns das Auffinden der in den letzten
1830ger Jahren namentlich aber im Jahre 1840 zwischen
St Johann und Wurmberg entdeckten und eben in der
Frage stehenden AlterthOmer.
Seit vielen Jahrhunderten lagen sie unter der Erde und
das Vieh der Gemeinde Altendorf weidete darauf, denn
noch im Jahre 1838 war der Fundort „Gemeindeweide".
Im Jahre 1839 schwoll die Drau mächtig an, trat aus
ihrem bisherigen Ufer, schwemmte das Erdreich dieser Weide
weg und grub sich hier einen neuen Gang.
Als nun zu Anfang des Jahres 1840 der Wasserstand
abnahm, wurde man der Alterthümer gewahr. Das Recht auf
den Besitz dieser Steinmassen sprach die Gemeinde Alten-
dorf an, weil sie dort gelagert wären, wo vor wenigen Monaten
noch ihre Viehweide war. Allem die benachbarte Herrschaft
Wurmberg, als Inhaberin des Fischwassers, sprach ihr An-
recht ebenfalls aus, und als hiervon das k. k. Ereisamt Mar-
burg Anzeige erhielt, wurde der Bezirks-Obrigkeit Ebens-
feld die Gub.-Verord. vom 1. April 1812, Z. 7509/394, nach
welcher „Münzen und Alterthümer an das k. k. Münz- und
Antikenkabinet abzuführen srnd"", und dann die spätere Gub.-
J
— 1 —
VerorcL vom 12. August 1828, Z. 14715, m Erinnerung ge-
bracht, nach welcher „nicht leicht transportable Steindenkmftler,
besonders Inschriften ssu der dem Funidorte nächstgelegenen
Kirche gebracht, in eine Aussenmauer eingemauert und der
Obhut eines jeweiligen Pfarrers anempfohlen werden sollen*^.
Nachdem nun in Folge eines wiederholten kreisftmtlichen Auf-
trages vom 8. April 1840, Z. 3561, die Bezirksobrigkeit
Ebensfeld angegangen wurde, die theüweise begonnene
Herausschaffung der DenkmSler einverständlich mit der Grund-
Obrigkeit fortzusetzen, kam man darin ttberein, dass die Ge-
meinde Altendorf, die Herrschaft Wurmberg und eine
Gesellschaft von Alterthumsfreunden ausPettau ge-
meinschaftlich Hand anlegen sollten. Allein es konnte nur der
kleinste Theil der Steinmassen aus dem neuen Drau-Arme
herausgeschafft werden, denn während der Besitzstreit noch
in der Schwebe war und die ämtlichen Verhandlungen ge-
pflogen wurden, stieg das Wasser und nur mit grosser Mühe
konnte man das herausbringen, was bisher an^s Tageslicht ge-
fördert ist Unwillkürlich erinnert man sich dabei an einen
bekannten Vorgang in der alten Zeit: Roma deliberante Sa-
guntus periit!
Seitdem ist das Wasser nicht mehr gefallen und es dürfte
noch eine Reihe von Jahren vergehen, bis es soweit schwmden
wird, dass man den überflutheten Steinmassen beikommen wird
können.
Von den herausgeschafften SteintrQmm^n aber hat den
kleinsten Theil die Herrschaft Wurmberg, den grosseren
die Gemeinde Altendorf und 7 mit Plastik und Inschriften
versehene Stücke die Gesellschaft einiger Alterthums-
Freunde in Pettau erhalten.
I.
Die nach dem Schlosse Wurmberg gebrachte Denkmäler
sind:
a) das Bruchstück eines Inschriftstei^es, 2^ hoch, 9^' breit und
11^' tief, mit der Legende:
8 —
RIMO
CVTPA
FIRM
MARC
T
Es dürfte einen Yotiv- oder auch einem Grabsteine an-
gehört haben, denn auf beiden Gattungen finden sich die be-
kannten Siglen C V T P vor, welche Colonia Ulpia litgana
Poetovionensis bedeuten;
b) em länglicher Stein, 2' 3'' hoch, V 4'' breit und 8 V,'' tief
mi^ dem Belief einer nackten Gestalt, von der man aber
wegen Verwitterung das Geschlecht nicht mehr erkennen
kann;
c) Steinplatte, 1' 7%" hoch, 2' 3" brett und 11" tief, auf
welcher der untere Theil von 2 en relief gekleideten Ge-
stalten zu sehen ist, von welcher die rechts befindliche
weiblichen Geschlechtes zu sein scheint;
Die noch bei der herrschaftlichen Mühle vorhandenen
Antiken sind:
d) Zwd Löwen, vielleicht woU auch Sphinxe, wegen Verwit-
terung schwer bestimmbar, in liegender Stellung. Der eine
ist ly,' hoch, 2' 6" breit und 10" tief; der andere 2'
hoch, 2^ breit und 11" tief. Sie scheinen nicht zusammen-
gehört zu haben;
e) ein Fragment, worauf en relief ein kleiner Opferaltar und
der untere TheQ eines daneben stehenden gekleideten
Mannes zu sehen ist;
f) endlich das Bruchstück, vor Vertheilung der 1840 entdeckten
Alterthümer an der Drau gefunden und in den Hof des
Schlosses Wurmberg überbracht, wo ich es copirte; mit
der Legende
— 9 —
Zuflllliger Weise wird in beiden Fragmenten die Pettauer
Colonie einfach wie hier mit COLonia POeTAVIonensis (to-
gata) und In dem anderen als C. V. T. P. d. i. als Colonia
Ulpia Trajana Poetovionensis (militaris) bezeichnet, folglich ge-
hört ersteres Fragment der Zeit nach in das I. Jahrhundert,
das andere aber in das II. Jahrhundert.
II.
Die von der Gemeinde Altendorf behaltenen und noch
auf dem Kirchenplatze der Pfarre St. Johann liegenden
Steintrümmer, sämmtlich aus weissem Marmor, sind 65 an der
Zahl. Sie sind theilweise von mächtigem Gewichte, kein Stück
unter 3 — 4 Zentner; aber nicht alle tragen Spuren römischer
Schrift und Plastik, sondern sclieinen, da sie behauen sind, zu
Gebäuden und Grabmälem gedient zu haben. Die merkwürdigsten
darunter sind:
1. Zwei Säulen, davon eine 6' hoch, ly.' im Durchmesser
breit ist. Die andere ohne Knauf ist daher etwas kürzer.
Dürften zur Zierde einer Grabkapelle verwendet gewesen sein.
2. Das Fragment einer Grabschrift, 2' 9" hoch, 2' breit und
6" tief, auf welchem noch folgende Zeilen zu lesen sind:
3. Ein kleines Bruchstück, auf dem bloss 6" hohe übereinander
stehende Buchstaben:
I
erkennbar sind und Reste einer Aufschrift gewesen sein
mochten.
— 10 —
4. Ein platter Stein V 2" hoch, 3' 5'' breit und 8 V. tief mit
einem Dreieckfelde, in dessen oberen Theile eine Gestalt
sichtbar ist Mag zum Kopfe eines Grabmales gehört haben.
5. Steinbild en relief^ mit einer wegen Verwitterung nicht
mehr recht erkennbaren, wie es scheint, weiblichen Gestalt
6. Die Ecke eines Eamiesses, welches zu einem Gesimse ge*
gehört haben dürfte.
7. Bruchstück mit dem Relief einer gekleideten Gestalt, von
welcher der Eopf weggebrochen ist Die an der Brust an-
gebrachten Ornamente und das von beiden Achseln herab-
hängende Oberkleid scheinen auf den priesterlichen Stand
ded Trägers hinzudeuten.
8. Stemplatte, 4' 2'' hoch, 1' 8" breit und 9'' tiet Sie ist
etwas ausgehöhlt, etwa auf S'//\ Hier scheint die andere
Hälfte abzugehen, so dass die ganze ausgehöhlte Platte
nahezu ein Viereck gebildet haben mag. Welcher ihr Zweck
gewesen sein mochte, dürfte schwer zu entscheiden sein.
Vielleicht ward sie beim Opferdienste verwendet und in
eine Grube eingesenkt, um das Blut der Opferthiere auf-
zufangen, welche den öeoFc xaTax^ovtot; gewidmet waren.
9. Ein Fragment, 2' 8" hoch und 4' breit, mit einer nicht
mehr lesbaren Inschrift Es war eingerahmt
10. Hieher gehört auch das Reliefbild einer nackten sitzenden
Gestalt unter einem Dreieckfelde, welche, den linken Arm
aufstützend, sich erheben zu wollen scheint, ähnlich der
Darstellung, wie sie in dem Pettauer Prangerdenkmale der
Opheus-Scene oder in jener zu St Martin am Bacher vor-
kömmt Dieses und noch ein ähnliches, wiewohl beschädigtes
Reliefbild blieb noch vor Vertheilung der Antiquitäten an
seinem Platze.
AUe übrigen zu St Johann am Draufelde der Ge-
meinde Altendorf verbUebenen Denkmale, beiläufig noch
56 an der Zahl, smd zwar; behauen, theils kubisch, theils
plattenartig geformt, jedoch ohne. Schrift und Plastik, und
dürften, wie bereits bemerkt, zum Mauerwerke gedient haben.
— 11 —
III.
Die nach Pettau auf Flössen aberftihrten Gegenstände
sind folgende:
1. Eine zor Httlfte gebrochene GrabsQhrift, 8' 2" hoch, 2' breit
und 8" tie^ auf wdcher noch folgende Zeilen zu lesen sind:
M ,\
IVS-SVC-F \\
IVSANLXI
NTOFIERI
P.SVADRAE-,
MERITAE
AC CVR I
• /
Es wäre vergebliche Mühe, diese Grabschrift ergänzen zu
wollen. Bloss die 2. Sigel der 2. Zeäe SVC mag mit Succesus,
die 4. Zeile mit Testamente fieri, die 6. Zeile mit bene meritae
und das Schlusswort der 7. Zeile mit curavit ergänzt werden.
Daraus geht aber doch hervor, dass die Grabschrift der Keltin
SVADRA ihrer Verdienstlichkeit wegen errichtet wurde, und
dieser ihr Name ist durch sem Vorkommen ün Drauthale
Steiermark's das Bedeutendste an dem ganzen Steine;
denn er ist ein Familienname, der in Steiermark und
Kärnten weit verbreitet war. Zu Seckau ob Leibnitz
kömmt inschriftlich eine Turbonia Suadra, dann eine Augusta
Suadra vor; zu Tanzenberg in Kärnten nach Gruter pag.
83. 14 Suadra Severes und zu Micheldorf, 2 Stunden vor
Friesach, eine Maximina Suadra.
2. Bruchstück einer Inschrift mit Uncial-Buchstaben, V S'/«"
hoch, 2' 8" breit und 1 V tief. Es hat noch folgende Sigel :
— 12 —
Hier dürfte die 2. und 3. Zeile mit sueccESSO veteRANO
zu ergänzen sein.
3. Brustbild eines mit der Tunika bekleideten jungen Mannes,
2' 11" hoch, 3' 2" breit und 10«//' tief. Der Vorgestellte
stutzt die rechte Hand auf den Ellenbogen und neben der
linken liegt eine Kugel, was als Sinnbild des Handels an-
zudeuten scheint, dass er dem Corpus Negotiantium ange-
hört habe. Aus dem oberen Dreieckfelde blickt der Kopf
eines Genius hervor.
4. Ein Fragment, worauf das Relief eines suchenden Hundes
9%" hoch, 2' 2" breit und 11" tief. Der Hund in dieser
Stellung ist sonst auf alten Denkmalen das Sinnbild des
Gefühlsinnes, womit er das, was er sucht, leicht findet.
Wahrscheinlicher aber dürfte er als. eine gewöhnliche Ver-
zierung anzusehen sein.
5. Bruchstück mit dem Relief einer nackten weibUchen Gestalt,
wovon nur mehr der Oberleib erkennbar ist, 2' 2" hoch,
r 2',^" breit und 7" tief.
^ 6. Ein Löwe in liegender Stellung mit erhobenem Kopfe, schon
sehr verwittert, 2' 2" hoch, 3" breit und 11" tief; endlich
7. das Fragment eines Thieres in sitzender Stellung von dem
der Brusttheil und ein Fuss noch übrig ist. Von der Brust
bis zum Halse blickt das Antlitz eines alten bärtigen
Mannes. Hätte der Thierfuss Adlerklauen, so könnte man
geneigt sein, die Vorstellung für ein Symbol des Jupiter
zu halten. Da er aber eine Löwen -Pranke hat, so wird
die Deutung erschwert An Herkules zu denken wäre
gewagt, weil er auf allen Denkmalen nie mit greisem Ge-
sichte dargestellt wird. Das Fragment ist 2' 6" hoch,
2' breit und 11" tief.
Obige 7 von St. Johann nach Pettau abgeführten
Denkmäler smd (bei dem Umstände, dass sie durch so lange
Zeit theils unter der Erde, theils unter Wasser gelegen sind)
fast durchgehends ausgespült und ziemhch unkenntlich ge-
worden. Sie befinden sich gegenwärtig (1845) zum Theile an
der Westseite des Stadtt^unnes angelehnt, theils auf der Süd-
— 13 -
Seite des altefi Friedliofes neben der einstigen Todtenkammer
gelagert, werden jedoch, wenn diese abgerissen würde, in die
daneben angebaate auf den Florianiplatz führende Stiege durch
die Vorsorge des Bttrgenneisters Herrn Franz Baisp an
der Stiegenwand eingemauert und nebst den anderen Antiken
untergebracht werden.
Aus dieser an Ort und Stelle im Monate September 1845
vorgenommenen Untersuchung stellt sich heraus: dass das
anfangs von dem gemachten antiquarischen Funde entstandene
Gerücht, welches sich im Jalire 1840 allenthalben im ganzen
Lande verbreitet hatte, das Ergebniss des Fundes stark über-
trieb. Hätte man freilich schon im Monate Dezember 1839 und
anfangs Jänner 1840 mit vereinten Straften Hand an das Werk
gelegt, dann wäre das gewonnene Resultat zu dem entstan-
denen Gerüchte vielleicht in geradem Verhältnisse gestanden,
weil die wahrgenommenen Steinmassen nach Aussage der noch
lebenden Zeugen eine Strecke von mehr denn 150 Klaftern
eingenonmien hatten. So aber ward aus leidigen Gründen, die
ich bereits besprochen habe, die Arbeit erst begonnen, als
das Wasser schon bedeutend gestiegen war und nur ein ver-
hältnissmässig geringes Resultat erreicht. Bevor nicht die Drau
in ihr voriges Bett zurückweicht, oder mindestens ihr Wasser-
stand bedeutend sinkt, wird es darum verlorene Mühe sein,
mit Bestimmtheit angeben zu wollen, was da zu Zeiten der
Römer einst gestanden habe. Was bisher an das Tageslicht
gefördert ist, lässt bloss darauf schliessen:
a) dass da, wo jetzt bei dem Dorfe Altendorf der neue
Draugang ist, einst fester Boden war, abgesehen davon,
dass dieser noch vor Kiurzem Gemeindeweide gewesen ist,
indem es unannehmbar ist, dass so ausgedehnte und ge-
waltige Steinmassen anderswoher hatten hergeschwemmt
werden können;
b) dass der Ort von Römern bewohnt war, was auch schon
andere früher vorgefundene römische Denkmale beweisen;
c) dass hier vielleicht Tempel, Altäre und andere Gebäude,
jedenfalls aber ansehnliche Grabmäler gestanden haben;
— 14 —
d) dass erst nachtrt^ch gemachte Funde ein günstigeres
Licht aber das bisher Gewonnene verbreiten werden, und
e) dass sich auch ergeben dürfte, in welcher Beziehung der
P£GUTort St Johann am Draufelde zur benachbarten
Golonialstadt Poetovio gestanden ist
■
r
— 15 —
Die Verfassungs-Krisis in Steiermarl(
zur Zeit der ersten französiselien Rerolntion.
Von
Professor Dr. H. J. Bldermann.
Der Tod Kaiser Joseph's IL gOt für einen Wendepunkt
der österreichischen Verfassungsgeschichte. Und er ist es auch.
.Doch in einem anderen Sinne, als in welchem man diese
Bezeichnung hierauf anzuwenden pflegt
Von ihm datirt allerdings das scheinbare Wiederauf-
leben der Provinzialstände, welche man sich unter Joseph n.
ganz ausser Wirksamkeit gesetzt denkt Der Thronfolger, Leo-
pold n., geizte aber kaum nach dem Ruhme eines Bestaurators
und dennoch haben Geschichtschreiber des In- und Auslandes
ihm diesen Titel bereitwilligst zuerkannt Auch Viele unter
seinen Zeitgenossen feierten ihn als solchen, so weit sie
an semer bezüglichen Wirksamkeit Gefallen fanden. Es
ist richtig, dass derselbe, besonders beim Antritte seiner Re-
gierung, sich das Ansehen gab, als huldigte er diesfalls Re-
gierungsgrundsätzen, die denen seines Vorgängers diametral
entgegengesetzt waren. Dennoch stimmte die Simiesrichtung
beider darin vollkommen übercin, dass sie das Stftndewesen,
so wie es sich ihnen aufdrängte, nicht aufkommen
zu lassen entschlossen waren und wenn Leopold n.
Anfangs Miene machte, den bezüglichen Zumuthungen sich zu
fügen, 80 geschah es doch nur, um hintendrein den Stän-
den als solchen mit einer Entschiedenheit, welche Joseph n.
hierin nie an den Tag gelegt hatte, die Existenzberechti-
gung abzusprechen oder doch sie zu einer Art prmcipieller Resig-
— 16 —
nation zu nöthigen, wie sie Joseph II. ihneu bei aller Schroff-
heit seines Gebarens nie auferlegt hatte.
Wenn man die Frage aufwirft, unter wessen Regierung
in Oesterreich die Axt an die Wurzehi des hiesigen Stände-
lebens gelegt ward? — so lautet die richtige Antwort : unter
Leopold IL, nicht unter Joseph II.
Kein zweiter Regent hat in Oesterreich die das historische
Recht zur Bemäntelung selbstsüchtiger Begehren vorschützenden
Stände so scharf zurechtgewiesen, wie Leopold U., keiner die Nich-
tigkeit derartiger Prätensionen schonungsloser aufgedeckt, keiner
dem natürhchen Entwicklungs gange des politischen Lebens im
Voraus so viel Rechnung getragen, so behutsam Konflikten, die
jener Entwicklungsgang mit sich brachte, vorzubeugen gesucht
Dabei wurde er durch die Zeitströmung, welche die Ideen
des 18. Jahrhunderts als Signatur trug, mächtig unterstützt.
Andererseits verstand er es, durch formelle Zugeständnisse
so wie durch Nachgiebigkeit in Dmgen, welche einen persönlichen
Hintergrund hatten, auch die von ihm m meritorischer Beziehung
Enttäuschten mit der harten Wirklichkeit, als deren unbefan-
gener Richter er mehr, denn als massgebender Faktor er da
auftrat — , zu versöhnen. Dieses kluge, auch Gegner gewmnende
Benehmen war es, das ihm den Titel eines Restaurators eintrug,
freilich nur in Krdsen, die oberflächlich zu urtheilen gewohnt
sind oder denen es verwehrt war, Leopold's Regierungsthätigkeit
zum Gegenstande gründlicher Quellenstudien zu machen.
Das eben Behauptete in Ansehung der Steiermark nach-
zuweisen, ist die Aufgabe, welche wir uns hier stellen. ')
*) Die von uns benutzten Sammlangen handscbriftlicher QueUen Bind:
das Archiv des k. k. Ministeriums des Innern, das
B teiermärkische Landesarchiv und die Registratur
der k. k. Statthalte rei für Steiermark. Durch die Libe-
ralität, womit ihm diese QueUensanmilangen geöfihet wurden, ftüilt
sich der Verfasser zu lebhaftem Danke Demjenigen gegenüber ver-
pflichtet, welche da entweder das entscheidende Wort zu sprechen
hatten, oder sonst mit Rath und That ihm an die Hand gingen. Das
Wenige, was Druckwerken zu entnehmen war, ist durch Citate
ersichtlich gemacht. Dagegen konnten die einzelnen Aktenstücke schon
— 17 —
Dass die Stände der Steiermark noch am Schlüsse der
Regierungszeit Joseph's II., wenige Wochen vor seinem Tode,
zu einem Landtage versammelt waren und dass sie diese ihrc^
Zusammenkunft zu einer Kundgebung benützen durften, welche
eine durchaus oppositionelle Bedeutung hat, — lehrt die Vor-
stellung, welche sie am 24. November 1789 „im Landtage^
dem Kaiser zu überreichen beschlossen, um die Grundsteuer-
Reform und Urbarialregulirung abzuwenden.
Diese Vorstellung *) ist von 46 Mitgliedern des steiermär-
kischen Adels und vom Prälaten des Stiftes Admont unter-
fertigt. Da nicht anzunehmen ist, dass alle Theihiehmer
am Landtage damit einverstanden waren, so gestattet obige
Zahl auf emen ziemlich starken Besuch der Versamm-
lung zu schliessen ; jedenfalls ist sie an sich ein Beleg für die
Regsamkeit des Ständelebens zu einer Zeit, wo man sich das-
selbe als hierzulande erstorben zu denken pflegt
Kurz vorher hatte der Kaiser über Andringen eben dieser
Stände dem Herzogthume Steiermark von der jährlichen Steuer-
schuldigkeit nahezu 100.000 Gulden nachgesehen, also einen
Beweis, dass er auf ihre Bitten achtete, gegeben ').
darum nicht näher bezeichnet werden, weil deren Signatur nur
ausnahmsweise mit wenigen Worten oder Zahlen sich ausdrücken
liesse. Diese Weitläufigkeit wäre auch überflüssig, weil Jeder, der die
beiüglichc QueUensammlung aufsacht, bei dem Umstände, dass die
Ordnung durchwegs eine chronologische ist, sich gleichwohl rasch da-
selbst zurecht finden wird. Die Akten des Ministerial-Archivs (M.-A.)
gehören mit wenigen Ausnahmen, die wü* durch besondere Zusätze
markirten, der Abtheilung IV. H. 4. Inner-Oesterreich ; die des Landes-
Archivs (L.-A ) sind sänmitlich im dortigen Faszikel A. L Jahrg.
1782—1791 der Abtheilung II ; die der Statthalterei - Begistratur
(St-A.) im dortigen Faszikel 91, Jahrg. 1787—1792 enthalten.
') (Christoph Freih. von Schwizen) Aktenstücke, die Wiedei*einfÜhrung
des alten Steuer- und Urbarialsystems in dem Herzogthume Steier-
mark betreffend. Graz 1791, S. 143-151.
^) Weitere, nicht zu unterschätzende Belege hiefÜr sind:
1. Das Hofdekret vom 21. Febr. 1788, wodurch die a. h. Verord-
nimg vom 27. Mai 1 786, welcher zufolge die Pröbste und Ordens-
Komthure so wie die durch Abb^s commendat-aires ersetzten Prä-
2
— 18 —
Auch bestand das Ausschuss - KoUegium der Stande in
Steiermark ungeschmälert fort und unter dessen Obhut eine
Menge landschaftlicher Bedienstungen.
Das bezügliche Namenverzeichniss fbllt im Schematismus
für das Jahr 1789 fünf Blätter. Wir finden da neben den
Ausschussrätben einen landscbaftHcben G^eraleinnebmer, einen
Hauptkassier, einen Kassier der Kreditska^se, 4 Kreiskassiere,
andere mit KassageschAften betraute Beamte, femer an land-
schaftlichen Aemtem das ständische Archiv, eine Liquidatur,
zwei Aufschlagsämter und eine Gebäude-Inspection, dann eine
grosse Anzahl von Sanitätspersonen (darunter einen Accoucheur
imd einen Oculisten), 4 Exercizienmeister, u. s. w.
Allerdings war das Beamtenpersonal der steiermärkiscben,
Stände zuvor nochum einMerkliches grösser gewesen-
Es hatte auch eine besondere landschaftliche Buchhaltung ge-
geben, die nun mit der „Gubemial-Buchhalterei'' vereiniget war,
und manche Bedienstung war ganz eingegangen. Doch Nie-
mand wird Angesichts obiger Aufzählung behaupten wollen,
da89 die Stände am Schlüsse der Josephiniscben Begierun^-
periode wegen l^angel m IJxekutivorganen zur Unthätigkeit
verurtheilt waren.
Die sogenannte Verordnetenstelle dagegen war unterdrückt
worden. Kaiser Joseph meinte, es werde dem Lande erspriess-
licher sein, wenn er Einen aus den vier Verordneten, welche
von den Ständen zuletzt gewählt word^ waren, den Oubernial-
räthen mit Sitz und Stimme beigesellen würde. Und so amtbte
denn auch zur Zeit, von der wir sprechen, GrafFerdinand
Attems in dieser doppelten Eigenschaft, während die drei
anderen Verordneten sich hatten in's Privatleben zurückziehen
laten der Stifter von der ständischen Versammlung fürderhin ans-
geschlossen waren, in Ansehung Steiermarks ausser Kraft ge-
setztwurde, u. z. auf Andringen der hiesigen Landstände (St-A.) ;
2. das Hofdekret vom 22. Dezember 1788, wodurch das Dekret Tom
1. Dezember des n&mlichen Jahres, dem zufolge die Landschaft
in corpore künftighin nur ftber besonderen a h. Auftrag mehr zu
vernehmen war, als nicht auch den ständischen Ausschuss betref-
fend erklärt wurde. (St.-A.)
- 19 —
mttssen. Gleiches war dem Landeshaiiptmanne Grafen Leo-
pold Herberstein beschieden, welcher im Jahre 1782
anlässlich der Vereinigung seines Amtes mit dem des Gou-
verneurs der drei innerösterr. Herzogthümer ausser Aktivität ge-
setzt wurde. Das waren aber auch die einzigen Aenderungen
von Belang, welche Joseph IL am Organismus der Stände
vornahm.
Jener Graf Ferdinand Attems war nichts weniger als ein
rttckhältiger, charakterloser Mann. Er war vielmehr die Seele
der ständischen Bestrebungen, welche Joseph's Beformpläne zu
durchkreuzen suchten '). Und dennoch versah er unter ihm
Jahre lang die Stelle eines Gubemialrathes.
Aus all' dem geht hervor, dass Joseph 11., so gering-
schätzig er auch von den Ständen dachte, so unbequem sie
ihm waren, doch sie zu beseitigen Anstand nahm. Weit
schärfer war seine Mutter denselben entgegengetreten, indem
sie ihnen viele Befugnisse entzog, welche der Sohn ihnen
nur nicht zurückgab, und in einem Tone mit ihnen ver-
0 In einem Dankschreiben, welches der Landeschef and provisor. Präses
der Landschaft, Franz Ant Graf v. StOrghk, im Auftrage des Land-
tages unterm IL Mai 1790 an den Grafen Ferdinand Attems richtete,
wird derselbe mit folgenden W^orten apostrophirt : „Sie, jener stand-
hafte Mann, der in den letzten, stOimischen Zeiten der Torigen Re-
gierung, wo das beste Herz des grossen, redlich gesinnten Kaisers
durch falsche Rathgeber ganz irre geführt, ja schändlich getäuscht
worden ist, — selbst auf Kosten seines und der Seinigen Glttcks sich
nie gescheaet hat, die Wahrheit öffentlioh standhaft zu reden; Sie,
der Urheber und Verfasser jener herrlichen Schriften, in welchen di«"
hierländigen Stände zu ihrem onsterbUchen Ruhme allen tUnrigen mit
dem Beispiele der edelsten Freimüthigkeit vorgeleuchtet und die dem
Lande und der Majestät gleich schreckbaren Folgen des nach Willkür
verletzten Eigenthumsrechtes mit so lebhaften Farben, mit so vielem
Nachdrucke geschildert haben; Sie, der redlichste Patriot| der erste
steierische Biedermann, der auch nun in dem so sehr verwickelten
Geschäfte der Zurückbringung des alten Steuerfusses und der vorigen
Urbarial-YerfiBtssung durch seine vie^ährige erprobte Einsicht, Klugheit
und Verwendung AUes erschöpft hat, um den Wunsch der gesammten
Herren Stände so ganz vollkommen erfüllen zu machen u.8.w. (Kon-
zept von der Hand des laudschaftl. Sekretärs Mitscha im L.-A)
2*
kehrte, welchen Joseph IL nie anschlug, auch wenn er durch
st&ndiadie EinBtreuungen Lieblings plane gefllhrdet sah.
Dessennngeaclitet trnuerten an seinem Sarge die Stftnde
der Steiennark so wenig, als die der übrigen ftsf^ireichischen
Lande.
Sein Nachfo^r, Leopold II., hörte bei seiner Anktinft
in Oesterreich die Stände bitter über die Unbilden klagen,
welche ihnen seit Jahrzehnten zugefügt worden seien und als
deren vornehmste Veranlassung ihm Joseph's Ungestüm
bezeichnet wurde. Derlei Klagen drat^n zuerst bei der Her-
reise durch Tirol an sein Ohr; zu Brück an der Mur ver-
nabm er sie aus dem Munde einer Deputation, die sich ihm
am 11. M&rz 1790 Namens der Stände der Steiermark vor-
stellte und um die Erlaubnisa bat, dass deren Vertrauens-
männer ihm die bezüglichen Beschwerden nach seinem Ein-
treffen in Wien ausführlich darlegen dürfen. Dies wurde auch
gestattet ') Bevor ^er noch die bezügliche Denkschrift in
seine Hände gelangte, kam er dem dringendsten Wunsche der
steiermärkischen Stände durch die Aufhebung der Jo-
sepbinischen Grundsteuer- und Urbarial-Gesetze
entgegen. Ein Fräsidiat-Schreiben des obersten Kanzlers vom
28. März 1790 verständigte davon den Laodeschef,
indessen auch die Stände des Landes auf, über die M<
der Aufhebung Anträge zu erstatten.
Dieser Aufforderung entsprachen dieselben bereit
später"). Was sie verlangten, zeugte von geringem ^
nisse der Sachlage und von sehr oberflächlicher W
der Zeitumstände. Graf Ferdinand Alterns setzte d
würfe dM Majestätsgesuches noch die trotzigen Worte
Stände mllssten sich fUr alle Zukunft, jede „was immi
liabende Rectificatiou , Ausgleichung oder Perequat
Grundsteuer imd der Urbarialleistungen nämlich) aufc
iichste ^^bittep".
""" '■ 4/)jkPZ0O (Koiuwpt im L.-A.).
•> ^i^'ci^/ f V mittel« der vorsiürten Adreise.
— 21 —
Am Schlüsse des Majestätsgesuches heisst es: „Wir ha-
ben noch viel zu bitten, aber auch nur Vater Leopold,
unser huldreichster, gnädigster, reichester Landesfürst kann viel
gewahren, denn seht Reichthum sind die Herzen seiner Unter-
thanoiL^
Mit dieser Anspielung auf Leopold's II. Wahlspruch glaubten
der genannte ständische Verordnete und die sein Konzept gut-
heissenden Theilnehmer an einer Landtagssitzui^, die am
30. März 1790 stattfand, den Monarchen für ihre weiteren An-
hegen gttnstig zu stimmen.
Als nun gar durdi ein a. h. Handschreiben von 29. April
1 790 0 dei" oberste Hofkanzler Graf Kolowrat ermädbiiget wurde,
die Stände der Steiermark, gleich denen der übrigen öster-'
reichischen Erblande, aufzufordern, sie möchten nidit nur ihre
Beschwerden genau formuliren, sondern auch aber d i e Wi e d e r-
einftthrung der unter den vorhergehenden Re-
gierungen geschmälerten ständischen Verfassung
sich äussern, — da kannte die Freude oder, richtiger ge-
sprochen, der Uebermuth der sogenannten Stände keine Orenzen
m^r. Sie übersahen ganz, dass es in jenem Handschreiben
liinsichthch der ständischen Verfassung hiess: es sollten um-
ständliche Vorschläge erstattet werden „auf was Art dies^e
mit Rücksicht auf die gegenwärtigen Umstände
und ohne Bebürdung des Landes oder des Aera-
riums wieder hergestellt werden könne''. Sie beachteten es
kaum, dass jenes Handschreiben an erster Stelle den Ständen
die Aufgabe zuerkannte, Vorkehrungen zu beantragen, „damit
die wieder einzuführenden alten Steuern nicht in das Stocken
gerathen, die innerliche Ruhe und Zufriedenheit
aller Steuerpflichtigen erhalten und dem Unterthan
nach Thunlichkeit durch das patriotische Benehmen der Stände
und Grundherren Erleichterung verschafft werde,
<) Original im M.-A. IV H. 4. (5 ex Migo 1790, Nied.-OeBte]Teich). In
Anbetracht der Wichtigkeit dieses Aktenstückes bringen wir den Wort-
laut in der Beilage I sam Abdrucke, obschon dasselbe nicht bloss
die Stdennark angeht.
— 22 —
wie auch so viel möglich und der BiUigkdt gemftss die Re-
luirung der Roboten in Geld nach dem Verlangen der meisten
Unterthanen von den Obrigkeiten angetragen werden mttge,
welches zur Befriedigung derselben sehr zu wünschen wäre.''
Diese deutlichen, wohlgememten Winke blieben, wie gesagt,
mbeachtet
Die Stände beeilten sich mit der Ausarbeitung ihrer Be-
schwerdeschrift. Da das gewöhnliche Konzeptspersonal weder
in die Kränkungen, über die nun Klage geführt werden sollte,
tief genug eingeweiht, noch im Stande war, innerhalb der
nächsten paar Monate alle einschlägigen Punkte zu Papier zu
bringen, theilten sich am 19. Mai 1790 neun Ausschussräthe
in die umfangreiche Arbeit ').
Das Zustandekommen der Denkschrift über die alte Lan-
desverfassung wurde durch Berathungen unliebsamer Natur,
deren sich die Stände gleichwohl nicht entschlagen konnten,
verzögert
Es handelte sich nämlich um die Beschwichtigung des
mit der Bückkehr zur alten Besteuerungsweise und zum alten
Unterthänigkeitsverhältnisse keineswegs einverstandenen Theiles
der Bevölkerung. Die Publikation des bezüglichen landesfüret-
liehen Patentes hatte sich bis zum Juni des Jahres 1790 ver-
zögert, obschon dasselbe schon in den ersten Tagen des Mo-
nates Mai unter Mitwh-kung des Grafen Ferdinand Attems
festgestellt worden war. Die Stände boten bei dieser Gelegen-
heit Alles auf, um sich hinter der unantastbaren Person des
Herrschers zu verschanzen und schoben, im eigentlichen Sinne
des Wortes, dieselbe vor. -) Sie erwirkten auch, dass der Kaiser
^) Akt von obigem Datum im L.-A.
*) Relation der ständischen Deputirten vom 11. Mai 1790 im L.-A. !
Ausser dem Grafen Attems nahmen an der Deputation, die sich an's
kaiserliche Hoflager begab (und von dort den Steiermark. Her-
zogshnt mit sich nach Graz zurückbrachte), der Fürst-
bischof von Seckau, ein Graf Johann Brandis und Dr. v. Griendl theil.
Der Landtag hatte sie bereits am 31. M&rz 1790 erw&hlt und sie
waren es auch, die den Kaiser Leopold bei seiner Durchreise zu |
Brück an der Mur begrüssten. Dabei lief eine Täuschung unter, y
— 23 —
sieb herbeiliesB, drei Bogenaimte Mntterabdrücke de« Patentee
in dentocher und drei in slovenischer Sprache mit seiner eigen-
hiiidigen Unterschrift versehen den Ständen, welche sie ihm
vorlegten, zuzunütteln, damit solcher Gestalt von Letzteren
dem Gerüchte, sie seien die Urheber der rückläufigen Mass-
regd, mit unumstösslichen Belegen, dass der Kaiser siever-
ftge, entgegengetreten werden könne.
Das Grazer Gubemium suchte, um des Kaisers An-
sehen besorgt, der Sache eine andere Wendung zu geben,
indem es die Stände einlud, sich bei der mündlichen Yerhut-
barung des Patentes seitens der Kreisämter durch Mitglieder
des Herrenstandes (so hiess damals die hlVchste Adelsklasse)
vertreten zu lassen. Graf Ferdinand Attems, der die Ge-
schäfte der Landschaft damals leitete, lehnte jedoch die Ein-
ladung Namens der Stände am 6. Juni 1790 ab, indem er,
unwillkürlich den Herrenstand und sich selber an-
klagend, bemerkte: ehie solche Intervention könnte nur die
schon herrschende Aufregung vermehren '). Sie unterblieb also,
welche, obschon kaum beabsichtiget, dem an rieh schon trfigerischen
Vorgange noch mehr das Gepräge einer Mystifikation aufdrückte. Wie
aus einer Zuschrift des Oberst-Erbland* Marschalls Grafen Joh. Georg
▼on Sanrau an's steierm. Gubemium vom 23. Juli 1790 erheUt, war
jener Graf Brandis gar kein Mitglied der St&nde und erst
seit 4 Jahren in Steiermark ansftssig, daher nicht berechtiget, im
Namen der hiesigen Landschaft als deren Repräsentant yor dem
Throne zu erscheinen. Das Versehen wurde am 14. August 1790 da-
durch gut gemacht, dass der damals versammelte Landtag in aller
Eile dem Grafen das Indigenat verlieh. Die einschlägigen Akten ver-
wahrt das L.-A.
') Akt fan L.-A. Wie wenig die Stftnde sich aber die Wirkung täuschten,
welche die Wiedereinfhhrung des Theresianischen Grundsteuersystems
und die Vereitelung der von den Unterthanen ersehnten üibarial-
Regttlirang haben mussten, wie bange ihnen vor den Folgen ihres
sdbstsflchtigen Vorgehens war, geht schon aus der Adresse vom 1.
April 1790 hervor, in welcher sie den Kaiser baten, nicht nur das
beaflgliche Patent eigenhändig su unterschreiben und es mit seinem
Siegel SU bekräftigen, sondern auch dasselbe von allen Kanseln aus
dem Laadvolke verkOnden, ja „die gesammte Geistlichkeit dahin er-
mahnen tn lassen, dass rie jenen Kredit und jenes Ansehen, so de
— 24 —
waa indessen nicht hinderte, dass im Cillier Kreise bald darauf
Unruhen ausbrachen, die, wenn sie gleich mit der Grundsteuer
und oüt den eigentlichen UrbariaUasten nichts zu schaffen
hatten^ doch der Besorgniss der Grundholden vor dem aber-
maligen Erstarken der grundherrlichen Gerechtsame und vor dem
Missbrauche dieser durch herrschaftliche Beamte entsprangen ').
Während nun die Stände auf Befehl des Kaisers mit einem
Projekte des Grafen Cajetan Auersperg, wie derartige
Unruhe für die Folge vermieden werden könnten, sich be*
schäftigten und die Gttltenbesitzer unter ihnen Angesichts der
in dem Projekte ihnen angesonnenen Opfer sich wechselseitig
ihre Noth klagten, ruhte die staatsrechtliche Aktion.
Erst am 13, JuU 1790 brachte der damals versammelte
Landtag die Verfassungsfrage, so vidi an ihm lag, zu einem
vorläufigen Abschlüsse, indem er das vom Grafen Ferdinand
Attems stylisirte Majestätsgesuch, womit die emstweilen voll-
endete Denkschrift über die alte Landesverfassung dem Kaiser
überreicht werden sollte, guthiess.
vermöge ihres Amtes Aber ihre Ptietrrgemeiudeii besitzen, dahin an-
wenden sollen, das Landvolk über diese lediglich auf Gerechtigkeit
und Billigkeit sich grilndende a. h. Verfügung zu belehren". Die Re-
gierung entsprach diesem Wunsche durch ein Hofdekret vom 2. Mai
1 790. Andererseits unterliess es allerdings auch die Landschaft nicht,
sftmmtliche Landstftnde und Gültenbesitzer der Steiermark zur Mässi-
gung und Bescheidenheit bei Geltendmachung der herrschaftlichen
Redite za ermahnen und darauf hinzuweisen, wie nöthig es sei, dass
die herrschaftlichen Beamten die ünterthanen ^mit Sanftmuth über die
gereohtefiten Gesinnungen des Landesfürsten belehren und in ailwe^
mit Güte behandeln". Es geschah dies mittelst eines Cirkulares vom
11. Mai 1790, welches die Unterschrift des .Xandtags -Kommissärs"
Grafen Stürgkh imd die des „ ständischen Verordneten'' Grafen P'erd.
Attems trägt. Die bezüglichen Akten verwahrt das L.-A.
') Wir behalten uns bevor, diesen wenig bekannten Yolksaufstand, der
sich auf die Umgegend von Gilli beschränkte, bei anderer Gelegenheit
eingehend zu besprechen. Den nächsten Anlass dazu gab die Einhe-
bung des seit 1774 von der Landschaft gepachteten Weinaufschlages
bei den slovenischen Bergholden der unteren Steiermark. Die Land-
schaft betraute nämlich damit die Dominien und gestattete, dass diese
unter dem Titel der Perzeptionskosten vom Startin Wein 9 kr. noch
_ 25 —
In diesem Majestätegesüche 0 heisst es: ^Nieht so viel um
zierliche Einkleidung unserer Worte, ate um richtige, auf That-
Sachen sich füssende Darstellung des Wesentlichen besorgt,
wird diese Schrift nur das Garage der aufrichtigsten^ uneigen-
nützigsten Absicht, das allgememe Wohl unseres theuersten
Vaterlandes zu befördeni, an sich tragen (^führen''). Unser Au-
genmerk war einzig der aus dem Ursprung der bür-
gerlichen Gesellschaft hergeleitete Endzweck der ganzen
Gesetzgebung, nämlich: Liebe zur Erhaltung und Buhe/
Nachdem das Gesuch dem Kaiser noch in Aussicht ge-
stellt, dass durch dessen Grewährung „der Nationalgeist
verhältnissmftssig werde gehoben werden"^, schliesst es mit fol-
gender Apostrophe: „Von Dir, geliebtester Vater, Vater so
vieler Nationen, dem Herzen nach Zahl der Millionen entgegen-
strömen, von Dir erwarten wir unser Glück."
Die mit dem Gesuche vorgetragenen Bitten betrafen:
1. Die Einsetzung eines vom Gouverneur verschie-
denen Landeshauptmannes, der den Ständen treue
Erfüllung seiner Amtspflichten^ darunter die der Wahrung
der Landesfreiheiten, zu geloben hättä.
2. Die Einsetzung eines Landes-Verwesers, dessen
Aufgabe es wäre, dem Gerichte zu präsidiren, vor wel-
chem die MitgUeder der Stände sammt ihren Angehörigen
nur durch Ihresgleichen Recht zu empfangen hätten.
3. Die Zusammenstellung des Ausschuss-Kollegiums
aus den beiden vorgenannten Würdenträgem, dem Seckauer
Fürstbischöfe, sämmtlichen Prälaten des Landes,
sämmtlichen ständischen Verordneten (auch den ausgetre-
tenen), 5 zu wählenden Mitgüedeni des Herren- und gleich-
viel zu wählenden Mitgliedern des Ritterstandes.
4. Die Zusammensetzung der Verordnetenstelle aus einem
Prälaten, 2 Mitgliedern des Herrenstandes und einem Ritter.
separat einhoben. Dazu kam, dass die Beamten dieser Gruudobrigkeiteu,
wie wenigstens die CnterthaneB behaupteten, nicbt selten halbvolle
Weinfässer für voU tazirt, ongegohrenen Wciu der Besteuerun;^ ein-
beasogen und sieb überhaupt verhasst gemacht hatten.
') Konzept im L.-A.
— 26 —
5. Die Zulassung eines statidisohen BeiHriseiitaiiteii am Hof-
lager, der daselbst allen Sitzungen der Ttteimgten Hof-
stelle beizuwohnen und mit dem Monarchen selbst jeder-
zeit hl umnittdbaren Verkehr zu treten befugt sein sollte.
6. Die Bestdlung eines standischen Generaleinnehmers aus
dem Herrenstande.
7. Die Unterordnung der st&ndischen Buchhaitang unter
die ständischen Kollegien mit Ausschluss j e d e r
Staatskontrolle, die nicht das den Standen bloss
vom Staate Übertragene Kreditwesen zum Gegen-
stände hat
Daran reihten sich noch eine weitllkufige Vorstellung wider
den Bestand der Kreisftmter und die in der Beschwerdesciuift
entwickelten, zum Theile an's frtthe Mittelalter ge-
mahnenden Anliegen.
So nahmen z. B. die Stande das langst abgeschaffte, selbst
den Kht^hen und Klöstern entzogene Asylrecht ftür die land-
schaftlichen Gebftude in Anspruch, beAlrworteten sie die Wie-
dereinsetzung der Grundherrschaften in eine Menge von Be-
/ugsrechten mittelalterlichen Ursprunges : in das Recht, Grund-
holden, welche mit ihren Giebigkeiten im Rückstände sind,
abzustiften, d. h. Ton dem Gute, auf dem sie sitzen, wegzu-
weisen; in die Befiigniss, das im Brucker und Judenburger
Kreise einmal bestandene sogenannte DrittIgeM, d. h. bei
jed^ Besitzveranderung 33 \t Percent Tom Werthe der Ünter-
thans-Realitat zu erheben u. s. w. Nicht einmal mit dem zarten
Geschlechte hatten sie Erbarmen, sondern sie yeiiangten: es
werde diesem gegenüber das seine Ausstattung und sein Erb-
recht zu Gunsten der Brüder beschränkende Herkonunen, wor-
nach z. B. selbst eine Tochter vom Herrenstande von ihrem
VatMT höchstens 3000 fl. sollte erben und 1000 fl. zur Aus-
stattung eriialten können, wieder in Wirksamkeit gesetzt
Die Stande würden sich bei diesen Kundgebungen ihrer
Wünsche wahrscheinlich mehr Mässigung auferlegt haben, wenn
sie nicht von der Voraussetzung ausg^angen waren : sie hatten
darüber allein mit dem Monarchen zu yerfaandehi oder
— 27 —
es werde dieser hOdusMos ein paar ibrem Anliegeii geneigte
Geheimräthe darQber vernehmen.
Auf timliehe Weise hatte Leopold ü. allerdings unmittelbar
nach seinem Eintreffen in Oestetreich die Klagen der Stände
über das Josephinische Steuer- und Urbarial-System ontersuchen
lassen, indem er durch Handschreiben vom 27. Man 1790
eine Kommission damit betraute, in die er den ObersChofmeister
Fürst Starhemberg als Vorsitzenden, f^ner den Oberstkämmerer
Grafen Rosenberg, den Staatsraths - Präsidenten Orafen Hatz*
feld, den obersten Hofkanzler Orafen Kolowrat, den Grafen Carl
Zinzendorf, den Landrechtspräsidenten Baron Löhr, den ge-
heimen Staatskanzleirath Baron Spielmanii, endlich die Hofräthe
von Koller imd Graf Odonel berief.
Diese noch am Tage ihrer Berufung zusammengetretene
Kommission erledigte die ihr zugewiesene Aufgabe mit eteer
Hast, wdche kein ruhiges Abwägen von Vemunftgrttnden zu-
liess und bestand auch zumeist aus notorischen Gegnern des
fraglichen Systems, so dass die Stände damals ihren Willen
rascher durchsetzten, als sie selber zu hoffen gewagt hatten ').
Seither aber war Leopold E. inne geworden, wie s chlech t
man ihn damals berathen hatte. Gerade die in Steiermark aus-
gebrochenen Unruhen mahnten ihn zur Vorsicht
Er empfing daher nicht nur nicht die Deputirten der steier-
märldsehen Stände, welche sich im Juli 1790 zur Reise nach
Wien rüsteten, um jenes Migestätsgesuch sammt den Beilagen
ihm persönlich zu übergeben, sondern ordnete viebnehr an,
dass diese Schriftstücke zunächst der vereinigten Hof-
stelle zur Vorprüfung übergeben werden sollen *).
Femer befahl er, den Ständen zu bedeuten, dass er zwar
vor der Entscheidung über ihre Eingaben ihnen noch Ge-
legenheit geben wolle, diese durch Deputirte aus ihrer Mitte
zu rechtfertigen, dass jedoch zu diesem Ende von ihnen nicht
mehr als zwei Personen abgesendet werden dürften.*)
*) Ezcerpt des Frefliemi C. von Hock ans den Staatsratbs- Akten.
*) Gnbernial-Iiitiiiiat Tom 28. Juli 1790 im L.-A.
*) Oubeniial-Intmiat Tom 8. August 1790 im L.-A*
— 28 —
Und AalChdein durch eine am 14. August vorgenommene
NeuwaM die Grafen Ferdinand Attems und Jobann
Brand is lüezu erkoren worden, dauerte es noch beinahe
7 Monate, bis dieselben am Rathstische der Staatskonferenz
zu Wort kamen.
Ich abergehe die Intriguen, welche damals gespielt wuixien^
um denselben dennoch den Zutritt beim Monarchen zu er-
wirken und wie in Folge dieser Schachzüge bald ihnen eine
Audienz zugesagt, bald wieder verweigert wurde. Eine Reise,
zu welcher sich der* Kaiser entschloss und während welcher er
vom 6. bis zum 8. September in Graz weilte, bot den Stän-
den eine erwünschte (vielleicht auch von ihnen oder von ihren
Gönnern vorbereitete) Gelegenheit, ihre Anliegen schliessUch
doch im Rücken der vereinigten Hofstelle dem Monarchen vor-
zutri^en, und an's Herz zu legen *)• Dieser aber hütete sich, in
Abwesenheit seiner Minister eine Entscheidung hierüber zu treffen*
Er übergab vielmehr sämmtliche Schriftstücke den kom-
petenten Hofstellen zur Berichterstattung. Um diese zu verein-
fachen und die auftauchenden Meinungsversdiiedenheiten zum
Austrage zu bringen, ohne dass er selber sie aUe zu verneh-
men brauchte, ordnete er sogenannte Staats-Konfarenzen an,
in welchen die ihm vorzulegenden Schlussanträge formulirt
werden sollten.
Dazu fanden sich, vom Kaiser berufen, auch die oben ge-
nannten Deputirten ein ^). Sie reisten in den letzten Tagen des
^) Es geschah dies wahrscheinlich am 8. September. Bei der an diesem
Tage veranstalteten Stadtbeleuchtung prangte am Palais des Grafen
Ferdinand Attems die durch Lampen construiite Inschrift : „Leopold,
den besten Herzog, preiset ganz Steiermark." (Anhang zum
Grazer Merkur Nr. 78 vom 11. September 1790.) Der Augnstiner-
ChorheiT Raimund Ant. Mftller brachte diese separatistische Ansdiauung
noch nach dem Tode des Monarchen zum Ausdrucke, indem er 1702
zu Graz (bei Leykam) einen demselben gewidmeten Nachruf unter dem
Titel „Rede auf Leopold denll., den sechsten Herzog dieses
Namens von Steiermark** drucken Hess.
*) Der Kaiser bediente sich zu deren Verständigung, dass nun die Zeit
gekommen sei, wo sie an seinem Hoflager erscheinen dOrften, des
— 29 —
Monats Januar 1791 — so lange ht^te sich eben der Abschluss
der von den Hofetellen gepflogenen Vorverhandlungen verzögert
— nach Wien, stellten sich am Tage nach ihrer Ankunft dem
Kaiser und am 1 . Februar dem Kronpnnzen (Erzhwzog Franz) vor.
Gk>uyemetir8 von Innerösterreich, Grafen Khevenhiller, welcher dem
gemäss unterm 24. Januar 1791 seinem SteUvertreter in Graz brieflich
dies mittheüte. Die erste Bewilligung dieser Art hatte Leopold II.
demselben Grafen Khevenhiller. wie wenigstens dieser behauptete,
Mitte August 1790 mündlich ertheilt und ein Gubemial-Intimat
vom 19. August setzte auch die steiermärkische Landschaft davon in
Kenntniss. Allein schon 4 Tage später erhielt die Hofkanzlei in Folge
einer Yontellung, die sie sich auf die Kunde hievon erlaubt hatte,
vom Kaiser die Ermächtigung, den Deputirten bedeuten svl lassen,
dass sie bloss zur üeberreiohung des Yerfassungsentwnrfi&s und ihrer
sonstigen Begehren bei Hof erscheinen dürften; unmittelbar darauf
hätten sie sich wieder heim zu begeben. Graf Khevenhiller getraute
sich nicht, dieses Dekret dem Landes - Ausschusse vorzuenthalten,
f>e jedoch der Intimation (ddo. 30. August 1790) die Bemerkung
bei: dass wenn der Ausschuss wünscht, die Abgeordneten möchten
dennoch länger in Wien weilen, es ihm unbenommen sei, dieselben
darüber „gehörig zu belehren und anzuweisen, was sie hiewegen
unserem allergnädigsten Könige vorzutragen und um was sie ihn etwa
femers zu bitten hätten^. (L.-A.) Nichtsdestoweniger blieb er noch
5 Monate lang Chef der steiermärkisehen Landesstelle. Einige Tage,
nachdem er endlich dieses Postens enthoben worden war, richtete er
(am 6. Febr. 1791) von Wien aus an den ständischen Ausschuss ein
Abschiedsschreiben, in welchem er sich als dessen „gehorsamster
Diener*^ unterzeichnet und demselben für das durch 9 Jahre ihm ge-
schenkte Vertrauen dankt Der Ruf des Monarchen, heisst es darin,
der ihn zum n. ö. Landmarschall ernannt habe, können in ihm nur
diejenigen C^efülüe wecken, deren „ein daakvolles, redliches Gemttth
bei einem solchen Abzüge fähig ist**. Er wünsche nor^ den Ständen
insgesammt oder Einzelnen unter ihnen noch femer „seine Dienstbe-
gierde** bezeigen zu können. Daranf antwortete der Ausschuss untemi
14. Febr. 1791 durch die Hand des Ausschussrathes v. Rosenthal:
die 9 Jahre, während welcher Kherenhiller Chef der Stände gewesen,
werden „für die ständischen Jahrbücher zu den glücklichen gehören^.
Insbesondere dankte ihm der Anaschnss für den Schutz, welchen er
den Ständen „in der stürmenden Periode des Versuchs eines neuen
Steuerfusses habe angedeihen lassen, um wieder die Rechte des Eigen-
thums iii ihrem Vaterlande hergestellt zu sehen*'. (L.-A.)
— 80 -
Am 9. liftra 1791 fand die erste „Zusammentretimg** der
stAndischen Abgeordnetai mit den Repräsentanten der be-
theiUgtm Hofstellen statt, nachdem letztere am 5. März eine
Vorbeaprecbung, welcher auch der Präsident des innerttsterr.
(TubemiumsGrafStürgkh beiwohnte, gehabt hatten. Die Grafen
Attema und Brandis brannten vor Ungeduld. Ihnen lag daran,
daa ständische Verfassungs-Operat aus den Händen des Kaisei^s
mit dessen Genehmigung versehen zurückzuerhalten, oder
wenigstens einige wesentliche Punkte, wie namentlich die Be-
willigung eines vom Landeschef verscliiedenen Landeshaupt-
mannes beim Kaiser durchzusetzen, bevor noch die bezüglichen
Konferenzen beginnen würden. Sie bestürmten desshalb den
Monarchen, erlangten aber zunächst nichts, als die Zusage,
dass eine Entscheidung nicht getroffen werden sollte, bevor sie
in der Konferenz vernommen worden wären. Als nun am
5. März die oben erwähnte Vorbesprechung unter dem Vor-
sitze der Erzherzoge Franz und Ferdinand abgebalten wurde,
ohne dass man sie zuzog, erbaten sie sich eine neue Audienz,
in welcher sie dem Kaiser mit Berufimg auf die sichtliche
Ungeneigtheit der Hofstellen, sie zu erhören, abermals ver-
sicherten, wie so ganz in seine Einsicht allein sie ihr
Vertrauen setzten. Der Kaiser antwortete ausweichend. Da
wagten sie das Aeusserste. Von dessen bevorstehender Abreise
Anlass nehmend, überschickten sie ihm am 7. März durch den
dienstthuenden Kammerherm ein Bittgesuch, worin sie auf Er-
ledigung des ständischen Organisations-Planes m letzter Stunde i
drangen. Dies fruchtete. Der Monarch beschied bevor er abr
reiste noch den Grafen Attems zu sich und eröffnete dem-
selben mündlich: er habe der Hofkanzlei bereits aufgetragen,
die steiermarkischen Stände zu benachrichtigen, dass er ihnen
einen besonderen Landeshauptmann und das Recht, ihm 12
Kandidaten dafür in Vorschlag zu bringen, zugestehe. Mit den
übrigen Anliegen verwies er jedoch die D«putirten an die Kon-
ferenz, die dann auch erwähnter Massen am 9. März im Bei-
sein derselben abgehalten wurde. Gross war die Verstim-
mung, welche sich der oftgenannten beiden Grafen bemächtigte,
— 31 —
als sie schMesalich doch in eii^ Yersaimiiliing der ansge-
zeichnetsten StaatsmUimer, die Oesten^eicb damals besass, Über
das, was sie ursprunglich ohne Ausnahme nur dem Monarchen
anzuvertrauen und zur Sanction gleichsam unterzuschieben ge-
dachten, Rechenschaft zu geben sich gezwungen sahen. *) Der
bezüglich der Landeshauptmannstelle erzielte Erfolg war nicht
zu verachten, doch er verschwand neben der Masse des noch
zu Erreichenden. Die Entrostung der so bitter Enttäuschten
wuchs, als sie die Einwendungen vernahmen, auf deren Wider-
legung sie vor Allem bedacht sein mussten.
Opponenten gegenüber, wie die Grafen Kolowrat und
Edling, die Freiherren vonKresel und von Waidmannsdor^ der
Justizhofraih von Keess waren, hielt es schwer, Stand zu
halten.
Allerdings hatten die Grafen Attems und Brandis durch
die vom Kaiser bewilligte Nachwahl eines Deputirten aus iim
geistlichen und emes aus dem Bitterstande Succurs erhalten *).
Der Pr&lat von Admont, Gotthard Eugebnayer, und em Doktor
derBechte aus Graz, Franz Xaver von Feldbacher, waren ihnen
demzufolge durch den Landtag a4iungut worden ')• Doch fim-
den sich, gleichermasaen vom Kaiser berufen, auch
noch zwei andere Steierm&rker zur Debatte Ober die
Verfassungsangelegenheit m Wien ein, nftmlich : der als Anwalt
des Bitterstandes sich gerirende Herrschafts*Besitzer v o n M o s-
*) Relationeii der Tom Landtage gew&hlten Deputirten aa das
AttSBcfauss-EoUegium vom 6. und 13. ICirz 1791 im L.-A.
^ Die beiflgliclie BewfiQiguiig notifisirte der Ooovemeur Qraf Kheven-
luUer dem damali schon zu seinem Nachfolger aasenehenen Grafen
Stflrgkh nntenn 29. Jannar ITM. (L*-A.) Die Geschichte dieses Zage-
sUndniBses und seiner Verwirklichnng geben wir in der Beilage IL Sie
charakterisirt das Verhalten des steierm. Herrenstavdes
dem niederen Adel gegenüber.
*) Die Wahl &nd am 8. Febmar statt Zwei Tage später langten die
Gewählten bereits in Wien an. Am 6. Febmar hatten lie niglefch
mit den froher schon eingetroffenen Deputirten Audieni beim Kaiser.
(Reiserelation vom 6. Mftra 1791 im L.-A.)
— 32 —
millern und der AltbOrgenneister der Stadt Leoben, Anton
Raspe r, den die landesfürstlichen St&dte und Markt« mit
Erlaubniss des Kaisers durch förmliche Wahl als ihren Vertauens-
mann bezeichnet hatten 0-
Die Debatte drehte sich vornehmlich um zwei Punkte:
1 . Ob den Ständen der Wirkungskreis, den sie beanspruchten,
eingeräumt werden könne?
2. Ob ausser dem Adel und der Geistlichkeit auch das
Bürgerthum und vielleicht selbst die Bauernschaft
zur Mitwirkung bei den ständischen freschäften heranzii-
ziehen wäre?
Bis dahin war die Bauernschaft in Steiermark vom hmd-
schaftUchen Verbände ausgeschlossen, das Burgerthum aber
hatte aus dem sechzehnten Jahrhunderte, wo es unbestritten
den vierten Landstand ausmachte, in die Neuzeit bloss den
Schatten seines vorigen Einflusses herübergerettet Dieser
Schatten war der sogenannte Städte - Marschall, welcher die
mehr lächerliche als rühmliche Aufgabe hatte, 3 1 steiermärkische
Städte und Märkte im Landtage zu vertreten, d. h. in deren
Namen abzustimmen und, wenn Geistlichkeit tmd Adel es ihm
vergönnten, in deren Namen zu sprechen.
Biese traurige Rolle hatte das Bürgerthum satt bekommen.
Die nominell den vierten Stand bildenden Städte und Märkte
beanspruchten nun jede und jeder für sich das Recht,
den Landtag beschicken zu dürfen. Und da ihr bisheriger Ver-
treter weder im ständischen Verordneten-KoUegium (so lange
dieses noch bestai\den hatte), noch im ständischen Ausschusse
sass, so drangen sie auf Zulassung ihrer Repräsentanten in
beiden Kollegien*
Sie stützten sich oder beriefen sich vielmehr dabei auf
Urkimden, welche ihre Begehren als in der alten Landesver-
fassung begründet erscheinen lassen sollten'), doch machten
') Zuschrift des Dr. F. K..Winierl an's L ö. Gubemium vom 12. Jan.
1791 im L.-A.
) Der Loser findet die beKüglichen AUegato in der den Akten des
— 33 —
sie auch kein Hehl daraus, dass das Bewusstsein ihrer wachsen-
den politischen Bedeutung, das wieder erwachende SelbstgefOhl
des Bürgers sie bestinunte, derartiges zu fordern.
Sie hatten auch schon, bevor sie den Anton Raspor nach
Wien abordneten, damit er den Sitzungen der Staatskonferenz
beiwohne, am Orazer Landtage durch ihren „Marschall*', den
Grazer Advokaten Dr. Winterl (in dessen diminutivem Namen
schier ihre Zurücksetzung anklingt) — ihre Forderungen
geltend gemacht; waren jedoch hier auf wirklich verletzende
Weise zurückgewiesen worden *).
Die drei höheren St&nde erklärten das Petitum der Bürger-
schalt für eine Anmassung, die auf Unkenntniss des echten
historischen Rechtes oder auf Verdrehung desselben beruha Sie
widersetzten sich sogar den Versuchen der Bügerschaft, in Wien
Gehör zu finden. Nun Hessen in der That die geschichtlichen
Kenntnisse der Wortführer der Städte und Märkte viel zu
wünschen übrig. Nichts beweist dies besser, als die naive Sieges-
zuversicht, womit ihre im August 1790 am kaiserlichen Hoflager
weilenden Deputirten am Tage, nachdem sie beim Kaiser Audienz
gehabt und diesem ein Promemoria behändigt hatten, ein neues
Miqestätsgesuch überreichten '), um dem Monarchen die in ihren
M.-A. entnommenen Beüage IV angedeutet, welche ihn auch Mit
den Einwendungen der oberen Stände nnd mit dem Stand-
punkte, den diese einnahmen, genauer bekannt macht.
*) M^jestfttsgesuch der städtischen Deputirten ddo. Brack a. d. M.
8. Angst 1790 im M.-.A. Dasselbe trägt die Unterschriften des Leobner
Bürgers Ant Raspor, des Gräser Bürgers Frans Haas und des Knittel-
felder Borgers Jos. Weninger ,im Namen der landesftkrstL Städte
und Mftrkte Steiermarks**. Die Mandate dieser drei Vertrauensmänner,
welche bald darauf die Reise nach Wien antraten, sind Ton Georg
Fidel Schmidt, als dem Gewaltträger der Städte und Märkte des
Marburger Kreises, von Frau2 Haas, als dem der St u. M. des Cillier
Kreises, von Frans Dimböck, als dem der St. u. M. des Brucker
Kreises, von Jos. Fohr (Föhn?), Bürgermeister des Marktes Obdach,
als dem der St. n. If . des Judenburger Kreises und von Ant Andreas
Pachler, als dem der St u. M. des Graser Kreises ausgesteUt
*) Dasselbe ist vom 14. August 1790 datirt, Ton Raspor, Haas und
Weninger unterzeichnet (M.-A.)
3
— 94 —
Augen hochwhtige, bei einem Besuche der Hotbibliothek ge-
machte Entdeckung zu melden, dass in einem Exemplare der
steirischen Landbandveste, das ihnen dort vorgewiesen worden
war, unter den unterfertigen! des sogenannten Brucker Libells
der Grazer Bathsbürger Schrott und der Leobner Stadtrichter
Hynker aufgeführt seien.
So schwach aber auch die geschichtliche Begründung
dessen, was die Bürgerschait anstrebte, war, so wenig die von
ihr damals Abgeordneten durch ihr persönliches Auftreten im-
ponirten, so erfreuten diese sich doch in den Wiener Re-
gierungskreisen einer zuvorkommenden Aufnahme. Denn die
Ideen des 1 8. Jahrhunderts bahnten ihnen die Wege, geleiteten
sie und verliehen ihnen einen Rückhalt, der stäricer war, als
die Beweiskraft des Brucker Libells vom Jahre 1519.
Man hatte eben in jenen Kreisen damals ein feines, bald
nachher abhanden gekommenes Verständniss für die Vorboten
der Stürme, welche zunächst in Frankreich losbrachen, weil
man hier auf die warnenden Anzeichen zu wenig geachtet hatte.
Hierin übertrafen Leopold II. und die Mehrzahl seiner
Räthe alle übrigen europäischen Regierungen der damaligen Zeit,
selbst die preussische nicht ausgenommen.
An keinem anderen Hofe, der noch nicht, wie der fran-
zösische, von der Revolution überfluthet war, bekannte man
sich damals zu Grundsätzen, wie das von Leopold II. am
14. Oktober 1790 zu Frankfurt am Main unterzeichnete Manifest
sie ausspricht Darin verheisst nämlich der Kaiser den Belgiern :
er wolle „allen Vereinen (Versammlungen), geistlichen und
weltlichen Gemeinden und allen jenen Privatmännern, deren
Vaterlandsliebe und Einsicht dem Staate nützen können, Zu-
tritt zu den ständischen Versanunlungen und Sitz daselbst ge-
währen." ') Die ungarischen Stände aber forderte er mittelst
der Landtags-Proposition vom 10. November 1790 auf, industrie-
reichen oder (Jurch Handelsbetrieb hervorragenden Orten den
Bang könig{/^||er Freistädte zu verleihen, damit sie als solche
der J^dst^.^jjaft theilhaft würden, sowie überhaupt die Her-
'J Onü^ ^X. ^on 1790. Nr. 94.
— 86 —
stelluug des Gleichgemchts zwischen den verschiedenen Ständen
(aequilibrium inter diversos Status et Ordines stabiliri) sich
angelegen sein zu lassen. ') Er bethfttigte damit Begierungs-
maximen, welche er in einem Schreiben vom 25. Januar 1790
an die Erzherzogin Marie Christine dieser anvertraut hatte
und mit Rücksicht auf welche Adam Woli^ dem wir die
korrekte Veröffentlichung jenes Schreibens verdanken Oi den
Ausspruch thut: Leopold sei „nach dem Ausdrucke unserer
Zeit Constitutionen" gesinnt gewesen.
Nicht minder gilt dies von einem Theile der höheren und
höchsten Staatsbeamten, welche damals in Oesterreich an der
Lösung von Verfassungsfragen mitzuarbeiten berufen waren.
Zeuge dessen ist das Konferenz-ProtokoU, welches über die
am 5. und 9. M&rz 1791 in Betreff der steiermärkischen Landes-
verfassung gepflogenen Berathungen aufgenommen wurde. ')
Der Referent, Freiherr von Waidmannsdorf,^)
0 De Laca, Geogr. Handbuch von dem Osterr. Staate, IV. Bd., 8. 688
bis 641.
^ Leopold n. und Marie Christme, Ihr Briefwechsel, V^ien 1867, 8. 80 bis
86. Bttcksichtlich Belgiens sprach er schon am 12. Juni 1790 die
Absicht aus: mit den Ständen über eine i^repräsentation plus ezacte
et plus considerable et juste de la campagne et da plat pays** an
verhandeln.
^ Als Gegenstück theilen wir in der Beilage V. aus den Akten des
M.-A. dieAeusserung des innerösterreichi sehen Guberninms
vom 17. September 1790 mit, welches das ständische Gutachten vom
8. September 1790 (Beilage IV) „platterdings"* unter st ütsen
itt sollen glaubte. Da dieselbe wirkungslos verhalltOi kommt
sie eben nur als Gegenstück zu den Ansichten, welche bei den Wiener
Ho&tellen damals vorherrschten, in Betracht und ist sie als kultur-
historisches Material im Anhange an ihrem Platze.
^ ) Bereits zum Gouverneur von Tirol designirt, war er erst seit Kurzem
dennoch mit diesem Referate betraut, weil der Kaiser mit Handbillet
vom 25. Jänner 1791 einen Wechsel sämmthcher Referenten über
die Länderanliegen dem obersten Hofkanzler zur Pflicht gemacht und
dieser in der Eile einen geeignetere Mann nicht zu ermitteln vermocht
hatte. Auch die ,,De&iderien" von GOrz undGradiska waren ihm zur
Antragstellung zugewiesen (M.-A.)
3*
— 36 —
Insserte die Memung: es würde zum Besten des Landes vor-
zQgliclk beitragen, wenn den künftigen Deliberationen des stän-
dischen Ausschusses wenigstens konsultando (mit berathender
Stimme) auch etwelche Vertreter des Bürger- und
Bauernstandes in Gegenständen, welche beide betreffen,
beigezogen werden wollten, was in Ansehung des Bürger-
Standes um so weniger Anstoss erregen könnte, als es nicht
verneint werden mag, dass die steirischen landesfürstlichen Städte
und Märkte von jeh^ einen Mitstand ausmachten, und weil
überhaupt feststehe, dass das Wohl des ganzen Landes, das
der echte Wunsch der Stände sein muss, nicht gut
besorgt werden könne, wenn man nicht auch zugleich für die
Erhaltung des Bürgers im aufrechten Stande sorgt, als der
das nothwendige Mittelding zwischen Herren undUnterthanenist.
Die Beiziehung der Repräsentanten des unterthänigen
Standes (der Bauern) dürfte zwar den Ständen anfänglich
weniger einleuchten wollen, da diese als Gültenbesitzer die
Vertretung ihrer Unterthanen sich selber zu vindiziren gewohnt
wären; allein wenn man in reife Ueberlegung zieht, dass der
Unterthan in dem heutigen Zeitlauf bei weitem nicht mehr —
weder hinsichtlich seiner Denkungsart noch in Anbetracht seiner
Besitzverhältnisse — derjenige sei, der er vorhin gewesen,
dass er sich schwer eine Behandlung würde gefallen lassen,
wie er sie ehemals erlitt, sondern dass er überhaupt nun mehr
und richtiger denke, auch, seit mehreren Jahren schon mit
verschiedenen B^ünstigungen begabt, seinzweiDrittheile
d^s Landes umfassendes Eigenthum ebenso zu
schätzen wisse, wie jeder andere Eigenthümer das seinige, so
erscheint es — meinte der Freiherrr von Waidmannsdorf —
für die Stände selber rathsam, den Unterthan vor Entschei-
dungen über sein Schicksal durch seine voraussichtlich be-
scheidenen Vertreter zu vernehmen, statt es auf Zerwürfiiisse
ankommen zu lassen, die zum Widerrufe bereits gefasster Be-
schlüsse nöthigen könnten.
Der hierauf bezügliche Antrag des Referenten blieb je-
doch in der Minorität Die Mehrzahl der Theilnehmer an der
— 37 —
Staats-Konferenz erblickte darin eine allzu radikale Umgestal-
tung der Landesverfassung und besorgte, ,,da8s die Stimmung des
Unterthans" sodann zu unerquicklichen Auftritten führen könnte.
Dem Btlrgerthume dagegen gestand die Staats-Con-
ferenz das Anrecht auf stärkere Betheiligung bei der ständi-
schen Landesverwaltung rilckhaltslos zu, obschon die 4 Depu-
tirten des steiermärkischen Landtages, welche dieser, vom so-
genannten Herrenstande beherrscht, aus seiner Mitte gewählt
hatte, eine solche Nachgiebigkeit sehr übel vermerkten *). Na-
mentUch setzte der oftgenannte Graf Attems auf diese Wahr-
nehmung hin alle Hebel in Bewegung, um die Anerkennung
der Städte und Märkte als eines gleichberechtigten ständischen
Faktors zu hintertreiben. Leopold E. widerstand dem Sturm-
laufe. Am 1 7. Mai benachrichtigte die vereinigte Hofstelle den
steiermärkischen Landeschef Grafen Stürgkh von der a. h. Ent-
schliessung, kraft welcher im ständischen Yerordneten-
Kollegium fürderhin auch ein Deputirter der
Städte und Märkte Platz nehmen sollteund die-
sen obendrein vergönnt war, nach Kreisen grup-
pirt, je 2 Vertreterin den Landtag zu senden*) so
dass, da das Land damals in 5 Kreise zerfiel, das Bürgerthum
nunmehr einschliesslich seines Repräsentanten im Verordneten-
Kollegium, dort 11 Stimmen abzugeben hatte, statt sich mit
der herkömmlichen einzigen begnügen zu müssen.
Der Herrenstand betrachtete diese a. h. Entscliliessung
nicht als feststehend. Er machte im Laufe des Sommers
des Jahres 1791 und bis spät in den Winter hinein wieder-
holt Versuche, den Kaiser zur Zurücknahme derselben, sowie
anderer, ihm, dem Herrenstande, missliebiger Bestimmungen
zu bewegen. Graf Attems hielt sich zu diesem Ende fast ohne
') S. die Konferenz-Protokolle vom 5. und 9. März 1791 im M.-A. Sie
tragen die Unterschrift der beiden Hofkanzler Graf Kolowrat und Frei-
herr ▼ EreseL Der Kaiser nahm ihren Inhalt aar Kenntnisa, ohne
sich sofort schon darüber zu äussern.
*) Haupt-Resolution auf Grund der Berathungsergebnisse vom 6., 9. und
16. M&rz 1791 im M.-A.
— 88 —
Unterbrechung in Wien auf, nahm beim Kaiser so oft Audienz,
als er nur vorgelassen zu werden hoffen durfte und überreichte
bei solchen Anlässen nicht weniger als drei Majestätsgesuche ').
Jedesmal erlaubte er sich da, im Namen der steiermär-
kiscben Stände zu sprechen, besass aber, seit (am 9. August
1791) deren Neubildung vor sich gegangen war, nur ein vom
neuemannten Landeshauptmanne ausgestelltes Kreditiv '). Nichts-
destoweniger nahm der Monarch, der es für seine Pflicht hielt,
jede Beschwerde seiner Unterthanen, mochten diese nun hoch-
gestellte Leute oder niedrigen Ranges sein, huldvoll anzuhören,
auch jene Gesuche entgegen und Übergab sie den betreffenden
Hofstellen zur Berichterstattung. Ja, er ordnete sogar, um über
das letzte der Attems'schen Gesuche desto rascher ein in sich
abgerundetes Gutachten zu erhalten, eine Staats-Konferenz an.
welche am 30. November 1791 zusammentrat Ihr wohnten
unter dem Vorsitze des Erzherzogs Franz der oberste Hof-
kanzler Graf Kolowrat mit seinem Adlatus Baron Kresel, femer
die Staatsräthe Eger und Izdenczy, der Präsident der Hofrechen-
kammer, Graf Carl Zinzendorf, der Hof kammer-Präsident Graf
Rudolf Chotek, die Hofräthe Graf Edling, Beckhen ), Keess
^ Sie befinden Bich unter den einschlägigen Akten des M.-A. (26 ex
Januar 1792 J. Oe.)
*) Einem Promemoria vom IS. November 1791 legte Graf Alterns zar
Bekräftigung seines Inhaltes ein Schreiben des Landeshauptmannes
Grafen Breuner vom 5 November bei, worin dieser seinen Vorsatz,
daferae die ständische Vorstellung an den Kaiser vom 9. August 1791
keinen Erfolg hätte, auf seinen Posten zu resigniren, ausspricht, da
die Stände, namentlich aber der Herrenstand, durch Entziehung ver-
schiedener Gerechtsame um ihr Ansehen gebracht würden. Graf Attems
bat nun den Kaiser, diese Eingaben nicht mehr , durch den
ordentlichen Weg, wie bishero" erledigen zu lassen. Sonst würde
die Resolution neuerdings abweislich lauten, „ohne dass die Stände über-
zeugt wären, sich unrecht beschwert oder unschiksam gebeten zu haben".
Das beste Auskunftsmittel wäre, wenn der Kaiser eine eigene Kom-
mission von 2 oder 3 »unbefangenen'* Männern einsetzen wollte, die
Alles zu prüfen und sodann „gerade an Eure Majestät die Re-
lation zu erstatten hätten".
*) Richtiger: Beckh und der bekannten steiermärkischen Familie der
— So-
und Büschin bei. Auch Graf Attems war auf Befehl des Kai-
sers eingeladen worden, dabei zu erscheinen und erschien wirk-
lich. Graf Edling referirte über dessen Gesuch. Das üblicher
Weise an den Kaiser adressirte Protokoll der Konferenz ') be-f
ginnt mit den Worten : „Vor der Hand muss hier bemerkt wer-
den, dass die heutige Konferenz bloss aus schuldigstem Ge-
horsam für höchst dero gnädigste Aufträge abgehalten wird;
denn es lauft gerade wider die vom Jahre 1748 bestehende
und von Eurer Majestät selbst genau bestimmte und öfters
bestätigte Ordnung, ständische Schriften hier zu erledigen, die
nicht von allen Klassen der Stände verfasst und von
der vorgesetzten Landesstelle vorschriftsmässig beurtheilt und
hieher einbegleitet werden."
Im Verlaufe des Referats wird dem Grafen Attems der
Text gelesen, mitunter so derb, dass der Anwesende vor Be-
schämung knirschen musste. Er hatte aber auch die Hofstellen
beim Monarchen geradezu verklagt, sie beschuldigt, den Monar-
chen hmtergangen imd gegen die Stände Partei genommen
zu haben. Daran hatte er die Bitte geknüpft, die von ihm
überreichten ständiscJien Anliegen nicht mehr ;, durch den or-
dentlichen Weg, wie bisher" der Erledigung zuzuführen, sowie
er andererseits dem Kaiser das Bedenken, dass Alles schon
eigentlich entschieden war, durch die Versicherung auszureden
suchte: der Kaiser sei viel zu gerecht und gütig, um ein für
allemal eine Bitte abzuschlagen. Und was er nicht selber
zu sagen wagte, das liess er den greisen Landeshauptmann
Grafen Brenner in einer dem Gesuche beigelegten Denkschrift
sagen.
Da heisst es denn: die den Städten und Märkten ein-
geräumte Stellung sei eine beispiellose Kränkung der ständi-
Beckh-Widmanstetter verwandt. In dessen Biographie bei
Winkler, biogr. u. litterar. Nachrichten, Grätz 1810, S. 18,
ist dieser Verwandtschaft nicht gedacht; ich verdanke die be-
zügliche Notiz dem Schriftführer des histor. Vereines für Steiermark,
Herrn k. k. Oberlieutenant L. Beckh-Widmanstetter.
*) Original im M.-A.
f
— 40 —
sehen Rechte; in Niederösterreich, wo der vierte Stand doch
den fünften Theil der ganzen Landeskontribution trage, dürften
dessen Vertreter den Landtagen bloss stehend beiwoh-
nen und nur so lange, als die Verhandlung über das landes-
fürstliche Postulat dauert ; in Steiermark dagegen, wo sie nicht
einmal den 27. Theil der Landeskontribution leisten, sollten
sie nicht nur eine VerordnetensteUe zu besetzen haben, son-
dern auch vielfaches Stimmrecht bei Verhandlungen, die sie
nicht berühren. — Hiezu bemerkte nun der Referent Graf E d-
ling, das sei offenbar ein Privatanliegen des Grafen Attems,
der sich des Landeshauptmannes zu seiner Deckung bediene,
und es sei um so verdächtiger, als die gemeinnützigsten
Vorschläge bisher gerade von den Städten und Märkten aus- ,
gegangen wären. Graf Edling empfahl daher, durch den steier- j
märkischen Landeschef „allen vier Klassen der Stände einen [
wohlüberdachten Vorschlag abzufordern, ^le mit Vermeidung
aller Neckereien ihre wechselseitige Verbindung zum Wohle
der guten Sache noch enger geknüpft werden könne ?^
Graf Carl Zinzendorf bemerkte: r Gerechtigkeit ist die
erste Pflicht des Landesfürsten ; weil nun die Bürger ebenso, wie
alle Klassen der Stände ein repräsentirender Körper sind, so
ist es Pflicht des Landesfürsten, da«s er einen Deputirten des
Bürgerstandes dem Verordneten-Kollegium beiziehe. In der
Dominikaikontribution stehen allerdings die Bürger dem Adel
nach. Doch dieser steht mit dem, was er an Steuern zahlt,
noch weit mehr hinter der Rustikalkontribution (der Steuer-
schuldigkeit der Bauern) zurück. Die Bürger sind die grössten
Konsumenten ; ihnen sich zu nähern, gebietet das eigene wohl-
verstandene Interesse aller Produzenten, somit auch des die
Landwirthschaft betreibenden Adels. Gerade in Innerösterreich
ragt der Bürgerstand durch seinen Reichthum hervor und ver^
breitet er nach allen Richtungen hin Wohlhabenheit. Das allein
rechtfertigt seine Aufnahme in das Verordneten-Kollegium der
Stände.''
Hofrath v. Keess that die merkwürdige Aeusserung: Die
Stände kämen dermalen nur als die Repräsentanten des Volkes
f
— 41 —
in Betracht ; das allgemeine Wohl sei der Zweck ihres Daseins ;
darüber aber habe der Bürger am ehesten mitzusprechen und
den Bauer dürfe man auch nicht länger mehr bei Seite setzen.
Wolle man von Ständen des Landes reden und diesen Ein-
fluss aufs ganze Land gewähren, so müsse man Bürger
und Bauern dazu gesellen. Die bisherigen Stände vertraten,
im Grunde genommen, nur Ein Interesse, wenn sie gleich in
drei Abtheilungen gespalten seien, nämUch das der Dominien
(des herrschaftlichen Grossgrundbesitzes). Und dennoch sprächen
sie im Namen des Volkes. Soll das keine unleidliche Anmas-
sung sein, so müssen sämmtliche Klassen der Bevölkerung im
Gremium der Stände sich das Gleichgewicht halten. Wünscht
man Stände in diesem Sinne, so geht es nun und nimmer
an, den vierten Stand von den Ständen der Steiermark aus-
zuschliessen *).
Vorstehende Bemerkungen gaben dem Grafen Rudolf C h o-
tek Anlass, sein staatmännisches Talent durch die Prophe-
zeiung zu erproben, dass, wenn man einmal dahin käme, sich
auf den Standpunkt des Hofrathes v. Keess zu stellen, man
0 Bei einem anderen Anlasse, der jedoch nicht ausserhalb des Rahmens
dieser Abhandlung liegt, kehrte wieder Kee ss mehr den Monarchisten
hervor, der er in der That war, obschon ihn seine Feinde einen Jaco-
biner schalten. Als nämlich die Anliegen der steiermärkischen Stände
bei der obersten Justiz stelle einer strengen Kritik unterzogen wurden,
stiess sich Keess an dem Begehren: dass iu Zukunft kein Ge-
setz erlassen und keine Yerfassu ngs-Einrichtun g
geändert werde, ohne dass dieStände ihre Einwilligung
geben. Das — erklärte Keess — laufe der monarchischen Staats-
verfassung zuwider, sei mit dem allgemeinen Wohle unvereinbar und
klinge um so dreister, nachdem hierzulande weder der Bauern- noch
der Bfirgerstand vollberechtigtes Glied der Körperschaft, die sich der-
artige Migestätsrechte anmasse, ist. FreimtUhig müsse er, wie unter
der vorigen Regierung, bekennen, dass die Wünsche der Stände auf
Emftkhrung einer vermischten Regierungsform, wobei die
Aristokratie Antheil hätte, abzuzielen scheinen. Diese wäre der-
malen die b e d e n k 1 i c h s t e , da sie bei der sich voUziehenden Emanci-
pation der Herrschafts-Unterthanen und der prodnzircndcn Klasse
überhaupt, die verhassteste sei. Bei aller Nachgiebigkeit des LaodM*
f&rsten werde unter solchen Umständen doch keine dauerhafte
Konstitution zu erreichen sein, sondern über kurz oder lang eine
neue Revolution. Lieber sage er dies auf die Gefahr hin, abermaligen
Gehässigkeiten zum Opfer zu fallen, als dass er schweigen möchte,
wo es noch an der Zeit ist, zu reden. (Beilage zu den Eonferenzproto-
kollen Yom 5. und 9. März 1791 im M.-A.) Die betreffende Sitzung
der obersten Justizstelle hatte am 22. Dezember 1790 statt
*) Siehe Beilage III. Chotek's Votum verdient es wohl in der von ihm
selber redigirten Fassung seiner ganzen Ausdehnung nach abgedruckt
zu werden. Eine Biographie dieses ausgezeichneten Staatsmannes lie-
ferte Prof. Adam Wolf in den Sitzungsberichten der philos.-hist.
Classe der kais. Akad. d. Wissensch., Jahrgang 1852. (IX. Bd. S. 48 1 ff.)
— 42 —
auch unmöglich bei einer Interessenvertretung es bewenden
lassen könnte, sondern sich bald gedrungen sehen würde,
eine „der arithmetischen Volkszahl angemessene Repräsen-
tationsart*' zuzulassen, was mit der allmäligen Hintansetzung
der privilegirten lüassen allerdings gleichbedeutend wäre. Und
dann liesse sich kaum vermeiden, dass die „Repräsentanten
aller Volksklassen'' eines Tags das Recht unaufgefordert zu
reden, sich beimessen und ihre Bitten mit drohenden Ge- !
berden unterstützen würden, dass sogenannte preces armatae
entständen.
Er persönlich, versicherte C h o t e k , missgönne dem Bür-
gerstande die fragUchen Befugnisse keineswegs; doch die
Folgen dieses Schrittes seien unübersehbar
und jenes Zugeständniss involvire an sich schon einen Bruch
mit dem historischen Rechte, das nur dadurch gewahrt und
geschont werden könnte, dass man die altberechtigten Stände
bestimmen würde, in die Neuerung zu willigen ').
Diese Reden und Gegenreden wurden, wie gesagt, im
November des Jahres 1791 am Tische der österreichischen
Staats-Konferenz, in Gegenwart des nachmaligen Kaisers Franz
geführt, der sich selbst zwar an der Debatte nicht betheiligte,
doch, wie ein von ihm verfasster Vortrag an seinen Vater
lehrt, damals der „demokratischen Partei" sich zuneigte, für deren
Führer der desshalb viel verläumdete Hofrath von Keess galt.
Im Dezember 1790 hatte der Erzherzog bereits über
— 43 —
selbstsüchtige Begehren der niederösterreichischen Stände seine
Missbilligung mit Worten geäussert die seine damalige Denkart
kennzeichnen ')• So wird er denn auch schwerlich von den Aus-
führungen des Grafen Attems angenehm berührt gewesen sein.
Auch die bei der Konferenz vom 16. März 1791 anwe-
senden Staatsräthe mischten sich nicht in den Gedankenaus-
tausch, der da stattfand. Allein wir kennen ihre einschlägigen
Ansichten aus den Gutachten, welche sie über das Ergebniss
früherer Konferenzen abgaben '). E g e r rieth, den Bürger- und
denBauernstand den übrigen Ständen auch in Ansehung
des Rechtes, im ständischen Ausschusse vertreten zu sein, gleich-
zustellen. Wider den Beschluss der Konferenz, diesen Antrag
abzulehnen, weil bei der dermaligen Volksstimmung es bedenk-
lich wäre, darauf einzugehen, bemerkte er : in seinen Augen
wäre gerade dies das emzige und kräftigste Mittel, um der
heutigen Volksstimmung jene glückliche Richtung zu geben,
wodurch sie von anderen ausschweifenden Rettungsmitteln und
Nachahmung der Latemgeschichte abgehalten würde. Den
Städten und Märkten wollte er einen Vertreter im Verordneten-
KoUegium zugestanden wissen.
*) „Die Stände — schrieb er — scheinen ganz vergessen zu haben, dass ea
die Pflicht des Souveräns ist, nicht nur das blosse Dasein auch dem
geringsten Unterthan zu gönnen, sondern diesem sowie dem grössten
ein behagliches Dasein zu schaffen und wie weit es mit der Behag-
lichkeit des Unterthans gekommen, werden jene am besten einsehen,
die einige Zeit des Jahres auf ihren Gütern zubringen. Auch sollten
die Stände erkennen, dass der Bauer bereits die Rechte
einsieht, welche er als Mensch fordern kann und
dass er verlangen darf, als solcher behandelt zu
werden. Ihn durch Einftlhrung der alten ständischen Rechte wie-
derum zum Lastthier herabwürdigen wollen, wdrde von den übelsten
Folgen fflT die Stände selbst sein. Auch ist sehr auffallend, dass die
Stände sich bestreben, den Einfluss des Souveräns durch seine Stellen
auf das Wohl der übrigen Unterthanen so viel möglich zu beseitigen".
Kaiser Leopold erledigte das fragliche Schriftstück ganz im Sinne
seines Sohnes unterm 15. Januar 1791. (£xcerpt des Freiherrn Carl
v. Hock aus den Staatsraths- Akten.)
^) Excerpte des Freiherm v. Hock aus den Staatsraths -Akten,
I
— 44 —
Fürst Kaunitz und Izdenczy stimmten ihm bei.
Nur Graf Reischach war gegen jede Konzession an den
Bttrgerstand und verlor über die Bauern schon gar kein Wort.
Wofür damals der Kaiser sich entscliied, wurde be-
reits erzählt. Hatte er gleich inzwischen dem Grafen Attems
mehr Aufmerksamkeit geschenkt, als dessen Auftreten verdiente,
und dem Wunsche nach einem besonderen Landeshauptmanne j
gegenüber sich willfähriger gezeigt, als die meisten Theilnehmer
an den Konferenzen erwarteten, so legte er sich doch vom
12. März d. i. von dem Tage an, wo er den Deputirten des
steiermärkischen Landtages das eben erwähnte Zugeständniss
als vollzogen ankündigte, eine gewisse Zurückhaltung auf; er
hörte Vorstellungen auch jetzt geduldig an, versprach, sich dar-
über berichten zu lassen, war aber schliesslich froh, wenn der
ihm darüber erstattete Vortrag keine Umkehr zur Pflicht machte.
Gewiss ist, dass Leopold II. durch derlei Behelligungen
von dem in Ansehung des Bürgerstandes einmal
Beschlossenen nicht abgebracht wurde.
Und was er diesfalls im Widerspruche mit den Verfech-
tern des historischen Rechtes verfügte, war auf 57 Jahre hin-
aus massgebend, bildete die Grundlage, auf welcher die Me-
tamorphose des Ständewesens sich nachmals vollzog, ohne
dass es hiezu noch einer neuen Grundlegung bedurft hätte.
Mit demselben Rechte, womit Leopold II. im Jahre
1791 die Stände der Steiermark modemisirte, sie durch die
Beimengung bürgerlicher Elemente nach eigenem Ermessen auf-
frischte, schuf Kaiser Ferdinand sie ganz ab und fügte unser
heutiger Monarch Bruchstücke davon dem Neubau der Lan-
desverfassung ein.
Es würde zu weit führen, wollte ich hier auch die durch-
greifenden Aenderungen schildern, welche der Wirkungskreis
der steiermärkischen Stände unter Leopold 11. erfahren hat
und durch die gleichfalls auf die Dauer eines halben Jahr-
hunderts staatsrechtliche Grundsätze zur Geltung gebracht
wurden, die den Keim der späteren Entwicklung schon in sich
trugen.
— 46 —
Ich gestatte mir jedoch zmn Schlüsse, die mit den be-
sprochenen Neuerungen in Eausalverwandtschaft stehenden Be-
schlüsse Leopold's n. anzuführen, durch welche die in Rede
stehende Yerfassungskrisis im Mai 1791 der Hauptsache nach
ihren Abschluss fand,).
Die Stände erhielten einen besonderen Landes-
hauptmann als Oberhaupt (und es war das das einzige
Zugeständniss , welches sie dem Kaiser im Rücken der Hof-
stellen entlockten, worauf hin eben Graf Attems auch Wich-
tigeres auf gleichem Wege zu erreichen sich vermass); doch
dieser Landeshauptmann durfte nicht ihnen, sondern musste
ausschliesslich dem Monarchen den Gehorsamseid leisten.
Er that dies dem von Wien aus festgesetzten Zeremoniell
gemäss nicht einmal vor den Augen der Stände, sondern im
Rathsaale des Gubemiums zu Randen des Landeschefs.
Die Stände durften ihn sich gewissermassen selber
wählen; allein nur durch Bezeichnung von 12 Kandidaten,
unter welchen der Monarch beliebig wählte.
Die Stände durften femer nach alter Sitte wieder Ver-
ordnete als ständige Geschäftsführer wählen; allein jeder
Stand hatte aus seiner Mitte den ihm bewilligten Verordneten
zu wählen und nicht, wie ehedem, der ganze Landtag diese
Wahl vorzunehmen. Ausserdem war die Bestätigung der Ge-
wählten dem Monarchen vorbehalten, der sie über Antrag der
vereinigten HofsteUe gab oder verweigerte.
Die gleiche Bewandtniss hatte es mit den Ausschuss-
räthen, die nun sämmtlich gewählt werden
m u s s t e n und deren Wahl nicht der Herrenstand allein vor-
nahm, wie dieser in einem späteren Verhandlungsstadium
es als der Landesverfassung gemäss beansprucht hatte, son-
demjedem der drei oberen Stände gleichmässig
>) Es ist nicht bloss die sogenannte Hauptresolution Leopolds IL, der
ich die nachstehenden Funkte entnehme, sondern ich lege dieser Dar-
steUung auch die Akten des St.-A. zu Grunde, welche wichtige Er*
läuterungen darbieten.
— 46 —
zufiel Dem Ritterstande war es eben gelungen, diesfalls
beim Monarchen die Anerkennung seiner Ebenbürtigkeit durch-
zusetzen, was, prinzipiell genommen, keine geringere Verlet-
zung des Herkommens war, als die hinsichtlich der Yerord-
netenwahl dem Bürgerstande gemachte Eonzession.
Der Posten eines ständischen General-Einnehmers,
den Josef IL bereits gestrichen hatte, lebte wieder auf; doch
nicht mehr zum ausschliesslichen Vortheile des Herrenstandes,
der diese Sinekur Jahrhunderte lang als sein Vorrecht ausge-
beutet hatte, sondern unter der Bedingung, dass bei deren
Besetzung der Herren- und der Ritterstand abwechslungsweise
bedacht werden sollten.
Die Sitzungsprotokolle und Rechnungsausweise der Land-
schaft unterlagen fortan einer strengen Untersuchung
durch die Staatsbehörden, was so gut gegen das
historische Recht war, wie die Bemessung des Gehaltes der
ständischen Funktionäre und Diener durch die Regierung.
Die Stände durften nun überhaupt ohne Vorwissen der
Regierung keine noch so kleine Ausgabe mehr ma-
chen, wenn nicht Pauschalsummen dafür ausgeworfen waren.
Mit dem Antrage, sich am Hoflager durch einen eigenen,
wohldotirten Repräsentanten vertreten lassen zu dürfen,
wurden sie rundweg abgewiesen. Höchstens die Aufstellung
eines Hofagenten aus der Zahl der dazu autorisirten Wiener
Advokaten sollte ihnen gestattet sein.
Ebensowenig ging Leopold H. auf die von den Ständen
gewünschte Umgestaltung der Gerichtsverfassung im Sinne der
Judida parium ein; vielmehr behielt er sich für alle Zukunft
die beliebige Besetzung der Richterstellen bevor und bedeutete
er ihnen, er werde dabei stets ohne Rücksicht auf Stand und
Geburt vorgehen, „da einereine, untadelhafte Justizpflege d i e
erste Pflicht eines Monarchen" sei. Uebrigens — setzte er
nicht ohne bittere Lronie bei — werde es ihm „sehr angenehm
sein, wenn er die erforderlichen Eigenschaften vorzüglich bei
den um derlei Rathsstellen kompetirenden ständischen Mitglie-
dern antreffen würde".
— 47 —
Dieser den steiermärkischen Ständen ertheilte Bescheid
ist am so wichtiger, als der Monarch ihn seiner ganzen, drei Folio-
seiten füllenden Ausdehnung nach eigenhändig zu Papier
brachte und damit auch ein Normativ zur Regelung der stän-
dischen Verhältnisse in Kärnten und Erain gegeben war,
auf das noch Jahrzehnte später zurückgegriffen wurde, um jede
Ausschreitung der Stände hintanzuhalten.
Trostloser noch lautete — für die Stände -■ eine unterm
7. Oktober 1791 dem Grazer Gubemium bekannt gemachte a. h.
EntSchliessung, welche in Erledigung der mittlerweile einge-
brachten Rekurse den Inhalt der vorangeführten Entscheidung
mit einer einzigen, später zu erwähnenden Ausnahme von
Punkt zu Punkt bestätigte und in Gestalt sonstiger
abschlägiger Antworten ebenso viele neue Belege für die Miss-
achtung des historischen Rechtes enthielt.
Es war aber freilich auch gegen das historische Recht,
dass die Landschaft sich ihre Einkünfte, wie es schon unter
Leopold L geschah, durch die Regierung garantiren liess, dass
sie ihr Besteuerungsrecht aufs ganze Land ausdehnte, dass
sie in Alles und Jedes sich mischte, dabei in echt rationalisti-
scher Weise den „Ursprung der menschhchen Gesellschaft^ zum
Ausgangspunkte nahm und dass ihre Mitglieder in der Rolle
von Vätern des Vaterlandes, die nichts destoweniger auf
dessen Kosten fette Pfründen genossen, sich gefielen.
Die Landschaft ging demnach aus der Verfassungskrisis,
die ich zum Gegenstande meines Vortrages gemacht habe,
bei Weitem nicht so glorreich und nicht so mächtig hervor, wie
der hohe Adel es sich gedacht hatte.
Sie glich der alten, geschichtlich gewordenen Land-
schaft nur mehr äusserlich ; ihrem nunmehrigen Wesensbestande
nach war sie ein von der Regierung beliebig gemodelter,
dieser zu Diensten stehender, ziemlich morscher Verwaltungs-
Apparat
Der als Antiquität ehrwürdige, doch kein Pfropfreis, wie
das aufstrebende Bürgerthum war, vertragende Baum verwelkte,
seit die Axt an seinen Wurzeln lag, seit die ReformUebe tief
— 48 —
und tiefer in sein Mark drangen. Nur die Rinde hielt, obschon
auch zerklüftet und zerrissen, ihn noch aufrecht
Und wenn ihn die Regierung eines Tages ganz zu Fall
brachte, so erlitt das historische Recht dadurch keine grössere
Verletzung mehr, als die war, welche Leopold 11. ihm zuge-
fügt hatte, indem er es systematisch zu untergraben begann.
Hätte indessen schon dieser Monarch, statt die Stände,
deren pergamentne Gerechtsame er doch kaum eines Blickes
würdigte, mit einem zwitterhaften Scheinleben abzufinden, es
vorgezogen, sie mit bündigen Worten für erloschen zu
erklären (was sie eigentlich doch schon unter ihm waren),
hätte er einem Bonifazius gleich und dann auch dieses Namens
ebenso würdig, als der Heidenbekehrer zu Fulda — mit der Axt,
welche ihm die Vorsehung in die Hand drückte, zu einem wuch- j
tigeren Streiche ausgeholt, so wären der Monarchie, wären dem i
engeren Vaterlande die Erschütterungen des Jahres 1848 und !
spätere Existenzproben sicher erspart geblieben.
Denn jene Bewegung hub genau wieder mit dem Rufe
nach Grundentlastung, nach politischer Gleichberechtigung, kurz: |
nach Realisirung dessen an, was Leopold H. zu vollbringen
sich anschickte, auch grundsätzlich verftLgte und nur nicht
in allen Einzehiheiten durchführte.
Der Entsetzen erregende Verlauf der französischen Revolu-
tion — Ende Juni 1791 machte bekanntlich Ludwig XVL seinen
verunglückten Fluchtversuch ' — , die davon beeinflussten Vor-
gänge in Belgien, beunruhigende Wahrnehmungen im Bereiche
der eigenen Residenz, wo wenigstens die Polizeibehörde auf Jako-
biner fahndete, hatten den Kaiser offenbar zurückgebalten, ihm Miss-
trauen wider das eigene Werk, Furcht vor dem Rückschlage einer
vom Throne ausgehenden Nivellirung der Gesellschaft eingeflösst
Um diese Scheu zu überwinden, lebte er zu kurz. Und
wie schüchterte nicht das tolle Treiben der Republikaner selbst
noch den Thronfolger ein!
So erklärt es sich auch, warum die im Mai 1791 als vier-
^ederiges Eollegiuin bewilligte Verordnetenstelle nicht lange
darnach (unterm 6. August und 7. Oktober 1791^ um zwei
— 49 —
Glieder zu Gunsten des Adels vermehrt und so
die Gleichheit der Stände, welche öich ursprünglich darin kund-
gab, von der Regierung wieder desavouirt wurde. Diese hofile
eben, dadurch für den schlimmsten Fall den Adel sich
zu verpflichten und wähnte, durch eine solche Auszeichnung
dessen sinkendes Ansehen zu wahren, davon aber selbst wieder
in der Stunde der Gefahr Nutzen zu ziehen. Im Uebrigen waren
das ziemlich irrelevante Korrekturen ; zumaljdie nachträglich bewil-
ligte Doppelbesetzung von keiner Gehaltsanweisung begleitet war.
Werfen wir nun noch einen flüchtigen Blick auf ein paar
Persönlichkeiten, deren Namen in die geschilderte Verfassungs-
krisis verflochten sind, so gebührt vor Allem dem Grafen
Ferdinand Attems das Zeugniss, dass er den Kampf um
vermeintliche Besitzrechte, welchen die Stände unter seiner
Führung kämpften, mit seltener Ausdauer, wie sie eben nur
das, wenn auch irrthümliche Bewusstsein, eine gerechte
Sache zu verfechten, verleiht, leitete und Niemandem kann
entgehen, dass die engherzigen Anschauungen, als deren Ver-
körperung er sich uns darstellt, nicht ihm zur Last fallen,
sondern der Atmosphäre, in der er aufwuchs, die ihn umgab.
Zwar erschien noch im Jahre 1803 ein Pamphlet, das,
aus amtlichen Quellen schöpfend, ihm alle erdenklichen Schlech-
tigkeiten vorwarf. Der Titel der Schmähschrift: „Kampf der
Wahrheit und des Rechtes mit der Lüge und dem Betrüge,
ein Volksüed für Steiermark, in Noten gesetzt von einem Freunde
der kritischen Tonkunst" — : er allein genügt, zu zeigen, dass man
damals so gut, wie heutzutage, mit Schlagworten zu agitiren
verstand ^). Und es fehlte auch nicht an Huldigungen, die dem
mit Beginn des laufenden Jahrhunderts zum Landeshauptmann
ernannten Grafen dargebracht wurden. Ich nenne beispielsweise
ein gedrucktes Gedicht Kalchberg's, das im Namen der
Stände der Steiermark seine Tugenden preist.
*) Dieses Pamphlet ist übrigens schon desshalb beachtenswerth, weil es
auf S. 24—57 Auszüge aus dem Konferenz-Protokolle vom SO. No-
vember 1791 enthält Ein Exemplar davon befindet sich im Steier-
mark. Landesarchive.
4
^ I
— 50 —
Baspor dagegen, der sich in den Jahren 1790 — 92 so
wacker des Bürgerthums und selbst der Bauern angenommen
hatte, verfiel, nachdem seine Mitbürger ihn aus Dankbarkeit
zur Würde eines ständischen Verordneten erhoben hatten, auf
die einfältige Prätension : es möge Jedem seiner Standesgenossen,
der diese Würde bekleidet, die Mauthfreiheit an der
Weinzettelbrücke und das Jagdrecht, wie der land-
tagsmässige Adel es übte, zum Zeichen landschaftlicher Gleich-
berechtigung zugestanden werden. Er überwarf sich sogar dess-
halb mit seinen Wählern, die von ihm Gedeihlicheres erwarteten,
ohne übrigens selber durchweg der dünkelhaft-spiessbürger-
liehen Versuchung, welcher Raspor erlag, mannhaft zu wider-
stehen ')• —
Diese Dinge kamen auf dem Landtage zur Sprache, wel-
cher am 31. Mai 1793 in Graz sich versammelte, um einer
a. L Willensmemung gemäss zu berathen, „wiedervierte
Stand mit den übrigen Klassen derStände in eine !
mit Vermeidung aller Neckereien wechselseitige f
nähere Verbindung zum allgemeinen Wohle zu
setzen sein dürfte".
Kaiser Leopold hatte den Wunsch, einen » gemeinschaftli-
chen^ Vorschlag hierüber von den Ständen zu erhalten, in Er-
ledigung des Konferenz-Protokolles vom 30. November geäus-
sert Die Hofkanzlei, welcher diese Erledigung am 29. Dezember
1791 zukam, verständigte davon das steiermärkische Gubemium
unterm 7. Januar des folgenden Jahres mit dem Beisatze: so-
bald der Vorschlag der Stände einlauft, darüber die Kreisämter
zu vernehmen und dann erst die Akten ihr vorzulegen. Der
ständische Ausschuss aber, dem das Gubemium die weiteren
Veranstaltungen auftrug, forderte vor Allem die landesfürst-
lichen Städte und Märkte auf, kreisweise, d. h. nach dem für
*) Der bis hieher reichende Text entspricht, abgesehen von ein paar
ZoBatzen, welche eingeschaltet worden, dem von mir in der letzten
Jahresversammlong des historischen Yereines für Steiermark gehal-
tenen Vortrage. Der Best der Abhandlung beruht durchweg auf
Akten im M.-A.
— Bl-
eue Beschickung des Landtages nun massgebenden Gruppen-
systeme zur Berathung des Gegenstandes zusammenzutreten.
Das Ergebniss dieser Vorberathungen sollte das Substrat des
von den Ständen „gemeinschaftlich" zu erstattenden Vorschlages
bilden. -
Am frühesten, nämlich schon am 3. Mai 1792, kamen
die Städte und Märkte des Brucker Kreises diesem
Auftrage nach. Die Magistrate und Bürgerausschtlsse der
Städte Leoben und Brück, dann der Märkte Eisenerz, Vor-
demberg, Kindberg und Mürzznschlag versammelten sich in
der erstgenannten Stadt Sie reklamirten die „ursprünglichen
Rechte" des Bürgerstandes, schalten die drei oberen Stände
engherzig und riefen denselben die Schutzrechte, welche der
Landesfürst über diese Orte ausübte, ins Gedächtniss. Sie
wünschten, dass der Bürgerstand auch im ständischen Aus-
schusse (nicht blos im Verordneten-KoUegium) eine angemes-
sene Vertretung erhalte, wie dies Raspor schon unterm IL
Februar bei den Ständen befürwortet hatte ; nur genügte ihnen
für diesen Fall nicht die Anzahl von 3 Stimmen, sondern sie
nahmen ihrer 5 in Anspruch. Die Landtags-Deputirten, Franz
de Paula Dimböck (Bürgermeister der Stadt Leoben) und
Josef Anton Medl (Magistratsrath von Eisenerz), welche die
Kreisversammlung einberufen hatten, beförderten die gefassten
Beschlüsse an das Ausschusskollegium der Stände.
Am 24. Mai wurden die Städte und Märkte des Juden-
burgerKreisesJ) schlüssig. Sie versanunelten sich in Knittel-
feld, zumeist durch die Gemeindevorstehungen vertreten, und
überreichten ihre, wie sie sagten, „in der Natur des Staates
gegründeten Wünsche" dem ständischen Ausschusse unterm
3. Juni schriftlich durch die von ihnen gewählten Landtags-
Deputirten: Josef Weniger, Bürgermeister von Knittelfeld, und
Josef Paul Hauser, Bürgermeisteramts-Verwalter zu Judenburg.
Die Einleitung dazu ist merkwürdig wegen der darin sich
spiegelnden Gedankenrichtung.
^) Jttdenburg, Knittelfeld, Rottenmann, Weisskirchen, Obdach, Neumarkt,
Oberzeiring, Aussee und Schladming.
4*
— 62 —
„Wir wissen" — heisst es da — „dass ursprüng-
lich das Menschengeschlecht, blos durch die
Gesetze der Natur geleitet, diesen Erdpol be-
wohnte." Die Zunahme der Bevölkerung habe die Men-
schen bewogen, unter sich Verträge zur Sicherung von Gütern,
Leben und Freiheit zu schliessen. Dabei waren noch alle
Paktirenden einander gleich. Spät erst sei dem Bürgerstande
die Zurücksetzung widerfahren, über welche -er sich noch jetzt
zu beklagen hat Nun aber soll das frühere Gleichgewicht
aller Stände wieder hergestellt werden. Die Versammelten
begehren daher: AntheOnahme des Bürgerstandes an sämmt-
lichen ständischen Verrichtungen, insbesondere ebenmässige
Vertretung desselben im ständischen Ausschusse, Einfüh-
rung der Eurialstimmen bei Beschlussfassungen
im Landtage und Vorbehalt des Rechtes, dass ein sodann
übersthnmter Stand seine abweichende Meinung „in anstän-
diger Form" zu Protokoll geben darf.
Die Städte und Märkte des Grazer Kreises scheinen
zu keiner Berathung des fraglichen Gegenstandes zusammen-
getreten zu sein. In ihrem Namen äusserte sich zuerst, am
1. Juni 1792, der schon mehrmals genannte Grazer Bürger
Franz Haas und 5 Tage später dessen „Codeputirter" Johann
Georg Fellinger, Marktrichter zu Frohnleiten, welcher oflFen-
bar den von Ersterem entwickelten Anschauungen beizupflichten
Anstand nahm. Haas stellte den Grundsatz „der vollen Frei-
heit der Stände" an' die Spitze semer Deduction. »Die zufäl-
ligen Vorzüge des Adels" — bemerkt derselbe — „werden
der Stimme eines anderen Standes kein grösseres Gewicht
beilegen, als ihr die Gründe geben, von denen sie begleitet
ist" Auf die von Baspor beanspruchten „Personal- Vorzüge"
glaubt er verzichten zu sollen. Weit Ueber wäre ihm, wenn
auch der Bauernstand bei den ständischen Berathungen
mitzureden hätte. Darin läge die relativ beste Garantie für
die bezügliche Wirksamkeit des Bürgerstandes, der ja sonst
noch unmer den drei oberen Ständen auf Gnade und Ungnade
sich preisgegeben wüsste. In der Folge werde es freilich auch
— 53 —
hiebei nicht sein Bewenden haben können, sondern werden
die Bürger den Kaiser bitten müssen, »sie von den drei oberen
Ständen ganz abgesondert zu lassen, iliren Versamm-
lungen mit Zuziehung des Bauernstandes eine ei-
gene Organisirung zu geben und nichts für die Stimme
der gesammten Landstände des Herzogthums Steiermark an-
zusehen, was nicht, nachdem es die drei oberenStände
passirt hat, auch in der Versammlung dieses organisirten
Körpers vorgetragen und anerkannt worden ist. Widrigen-
falls müssen die Bürger bitten, den dermaligen organisirten
Körper der Stände ausser aller Wirksamkeit zu setzen". ^)
Haas gibt entschieden einem erleuchteten Absolutismus
den Vorzug vor der Herrschaft der „oberen" Stände und
legt überhaupt eine streng monai*chische Gesinnung an den
Tag. »Das wahre Wohl des Ganzen, aller Menschenklassen
in einer Provinz und aller Provinzen zusammen zu befördern
hat nur der Monarch, nur der a. h: Landesfürst die nöthige
Einsicht, den besten Willen und die hinreichende Gewalt: —
1) Der hier anklingende Grundgedanke des Zweikammer-Systems
überrascht als Bestandtheil des politischen Glaubensbekenntnisses
eines Grazer Bürgers vom Jahre 1792. So weit ging in formeller
Beziehung nicht einmal der * Justizhofrath v. Eeess, der doch
sonst zu den vorgeschrittensten Freidenkern der damaligen Zeit zählte.
Beiner Meinung nach (die im Konferenz-Protokolle vom 80. November
1791 niedergelegt ist) sollte die „wahre Repräsentation des Volkes"
in folgende drei Abtheilungen, die er aber sich offenbar als Kurien
einer einzigen Versammlung dachte, zerfallen: a) die Dominien,
an die sich der Adel, allenfalls die Geistlichkeit, anschliessen mag;
6) die Bttrger, an die sich die Handelschaft anschliesst; c) die Bauern,
das ist: die Rustikalgüter besitzen. — Von einer solchen Repräsentation
durch drey corpora, die eben das Volk ausmachen, liesse sich
— führt Keess fort — sagen, dass das Volk repräsentirt werde. Da
würden die Stimmen nach allen Verhältnissen und
Combinirungen abgegeben und wenn ein Stand mit dem
anderen in Kontrast fiele, durch den dritten das Uebergewiclit
gegeben." Sachlich genommen, ist freilich dieser Vorschlag noch radi-
kaler, als der des Bürgers Haas und die Annahme, dass der Hofrath
Eeess dabei drei gesonderte Kammern vor Augen hatte, ist
— 64 —
welche souverainen Eigenschaften durch eme einseitige Be-
rathungeher irre geleitet oder gehemmt, als unterstützt würden."
Am Schlüsse seines Gutachtens beantragt er, dem kürz-
lich erst (am 1. März 1792) verstorbenen Kaiser Leopold im Be-
rathungssaale der steiermärkischen Stände ein Denkmal zu setzen.
Fölling er sprach sich dagegen mit trockenen Worten
für die Au&ahme von 5 Bürgern in den ständischen Aus-
schuss, für die Ausarbeitung des näheren Details darüber
durch „gesammte vier Stände", gegen die Ausgeburten der
Eitelkeit Raspor's und gegen eine in Bezessform zu bewerk-
stelligende Auseinandersetzung zwischen dem vierten Stande
und den drei oberen (wozu letztere sich erboten hatten) aus.
Ebensowenig wollten die Städte und Märkte des C i 1 1 i e r
Kreises, welche ihr Votum am 21. Juli 1792 durch eigens
hiezu gewählte Vollmachtträger abgaben, von emem derartigen
„Bezesse" etwas wissen. Zu emem solchen die Hand bieten,
hiesse das alte Becht der Städte und Märkte verkennen oder
ignoriren, es als zweifelhaft hinstellen, während es doch klar
und präds sei In keinem Falle dürfe durch einen Bezess
den drei oberen Ständen eine Art Vormundschaft über die
Städte und Märkte eingeräumt und an dem bezüglichen Ei-
genthumsrechte des Landesfürsten, zu dessen Kammergut zu
gehören der Stolz jener Gemeinden sei, gerüttelt werden.
Also keine Unterjochung seitens des Adels und der Geist-
lichkeit, keine Munizipalisirung. Baspor's Anträge, so wie sie
in einer vom 11. Februar 1792 datirten Fassung vorliegen,
seien mit Ausnahme dessen, was er als ständischer Verord-
neter für sich verlangt, wohlbegründet Weniger als 5 Mit-
glieder aus dem Bürgerstande dürfe der ständische Ausschuss
nimmermehr aufzuweisen haben ').
Am spätesten lief das Votum der Städte und Märkte des
durch die Art, wie er sich ausdrückt, nicht geradeza ausgeschlossen
obschon ich ihm diese Deutung nicht abzugewinnen vermag.
^) Die Namen der Volhnachtträger , welche sich zu Gilli über die vor-
stehenden Punkte einigten, sind: ftür die .Stadt Cilli: Severin Perg-
tolt und Johann Felix Htrbbt; für die Stadt Windisch- Keistritz
— 65 —
Marburger Kreises ein. Es ist vom 20. Juli 1792 datirt
und enthält blos eine Aeusserung der Stadt Marburg, auf
welche die übrigen Orte schlechthin compromittirten. Es stimmt
in Allem und Jedem (also auch was die vom Eigendünkel
eingegebenen Punkte betrifft) den Anträgen Raspor's bei, ver-
langt aber gleichfaHs für den Bürgerstand 5 Ausschussstellen
und ist für deren zeitliche (nicht lebenslängliche) Besetzung.
Es währte nun noch volle zehn Monate, bis eine von den
Ständen dazu erwählte Kommission dazu kam, diese Gutachten
zu prüfen 0-
Das Referat hatte Raspor übernommen.
In einer am 8. Mai 1793 gehaltenen Sitzung erstattete
er seinen Bericht dahin: dass es nicht länger angehe, die
„Gültenbesitzer" bei Besorgimg der Landesangelegenheiten zu
bevorzugen; auch die Bürger und nicht minder die Bauern
hätten Anspruch auf Theilnahme daran und zwar in ausge-
dehnterem Masse , als bisher, wo im Verordneten - Kollegium
unter 5 Mitgliedern nur 1 Bürger und im Ausschusse unter
20 Ausschussräthen abermals nur 1 Bürger (noch dazu der
nämliche, welcher dem Verordneten-KoUegium angehört) sitze,
im Landtage aber gar nur 1 1 bürgerliche Votanten einer Unzahl
adeliger und geistlicher Stimmführer gegenüber stehen. Zwar sei es
noch keine ausgemachte Sache, dass jene 1 1 Votanten blos 1 1
Anton Kaiser und Franz X. Hässl; für die Stadt Rann: J. G. Feigl-
milner; für Rohitsch: Ant Skubitz und Joh. Ferner; für Tüffer:
Jakob Hörmann und Leopold Spitzer; für Hohenegg: Jak. Rem-
schagg und Ant Moray; für Sachsenfeld: A. F. Fischer und
J. Gasser ; für S a 1 d e n h o f e n : Joh. Dumhard.
*) Die Verschleppung der Sache rührte yomehmlich davon her, dass die
Hofkanzlei sich mit einer Aeusserung, welche der ständische Ausschuss
unterm 22. Juni 1792 dart\ber abgab, nicht zufrieden stellte, vielmehr
mit Dekret vom 11. August 1792 nicht nur eine Vorprüfung der ein-
gelaufenen Gutachten durch eine „aus allen vier Ständen zusammen-
gesetzte^ Kommission verlangte, sondern auch befahl, das Vorgehen
dieser Kommission durch eine besondere Vorschrift zu regeln, welche
Kaiser Franz zu genehmigen sich vorbehielt. Diese Genehmigung ge-
langte erst durch Gubernial-Intimat vom 8. Oktober 1792 in die HändQ
des Landeshauptmannes
— 56 —
Stimmen abzugeben haben. Denn Jeder unter ihnen vertrete meh-
rere Orte, deren jeder (loch mindestens einem „Landmanne''
gleich zu achten sei Allein die geltende Praxis lasse nur 11
bürgerliche Stimjnen zu und diese seien unfähig, irgend einen
dem Btirgerstande nachtheiUgen Beschluss zu hintertreiben.
Er formulirte dann die ihm gerecht dünkenden Anliegen
des Bürgerstandes, wie folgt:
1. man gestehe demselben mindestens 5 Ausschussstellen zu ;
2. man schliesse den Verordneten des Büigerstandes von
keinerlei Berichterstattung aus;
3. man stimme in den ständischen Versammlungen und Kol^
legien kurienweise ab, wobei innerhalb jeder Kurie die
Majorität entscheiden soll;
4. man dehne die ständischen Personalgerechtsame, nament-
lich die Freiheit vom Brückengeide zu Göstmg und das
zur „Ausheiterung" dienende; Jagdrecht auf alle bürger-
lichen Mitglieder ständischer BathskoUegien aus;
6. man weise den Vertretern des Bürgerstandes bei ständi-
schen Versammlungen und Funktionen einen geziemenden
Platz an und* wäre es auch der letzte;
6. man gewähre ihnen Einsicht in alle ständischen Amtshand-
lungen und Akten;
7. man verleihe ständische Bedienstungen, die nicht ausdrück-
lich den „Landmännem** (d. h. dem immatrikulirten Adel)
vorbehalten sind, auch Kompetenten bürgerlicher Abkunft ;
8. man betheile mit ständischem Almosen, soweit nicht die
Stiftungsbriefe entgegenstehen, auch bürgerliche Arme.
Dieser Bericht unterschied sich in einigen Stücken von dem-
jenigen, welchen Baspor, vom ständischen Ausschusse dazu
aufgefordert, unterm 11. Februar 1792 erstattet hatte und
dessen bereits Erwähnung geschah.
Entschlug sich gleich Raspor auch jetzt nicht der Ma-
rotte, dass die bürgerlichen Mitglieder ständischer BathskoUe-
gien sich mit den adeligen und geistUchen in den Genuss
gewisser, veralteter Privilegien zu theilen hätten, so liess er
doch andere Sonderbarkeiten, fbr die er früher eingetreten
— 57 —
war, wie z. B. die Frage, welche Gestalt das Siegel des bür-
gerlichen Verordneten haben solle und ob nicht demselben
für die Dauer seines Amtes jeweilen die Würde eines steier-
märkischen Landmannes unentgeltlich verliehen werden sollte ?
— nun bei Seite. Er bestand auch nicht länger darauf, dass
der ständische Ausschuss um den jeweiUgen Grazer Bürger-
meister und 2 andere Grazer Bürger, welche von sämmtlichen
landesfürstl. Städten und Märkten des Landes zu wählen wären,
vermehrt werde. Andererseits verzichtete er aber nunmehr
— Angesichts des Stillschweigens, welches die in Frage ste-
henden Gutachten darüber beobachteten — auf die Beiziehung
des bürgerUchen Verordneten zur Ausstellung ständischer Schuld-
scheine und auf die Benachrichtigung der Städte und Märkte
von den Berathimgsgegenständen, welche einen bevorstehenden
Landtag zu beschäftigen hätten.
In der Kommission, welche dieses Referat entgegennahm,
sass ausser Raspor nur noch ein „Bürger": der Grazer
Bürgermeister Edler v. Heillinger. Herr von Mosmillern,
der ursprünglich hinein gewählt worden war, hielt sich ihr
ferne; der zur Nachgiebigkeit gestimmte Abt Schulz war
kürzlich Gubemialrath geworden ; der bejahrte Ereishauptmann
Freiherr von Hohenrain war durch Krankheit am Erscheinen
verhindert '). Den Vorsitz führte der bekannte Graf Johann
Brandis. Die übrigen Mitglieder der Kommission waren
(ausser den genannten beiden „Bürgern"): der Prälat von
Rein, Gerhard Schobinger (den der Landeshauptmann an des
Abten Schulz Stelle einberufen hatte), Franz Graf Wilden-
stein (statt des Freih. v. Hohenrain), ein Freih. v. Jauerburg,
<) An der Wahl der KommisBion scheint jeder Stand für sich theil-
genommen zu haben. Sonst wäre es kaum zu begreifen, wie ein dem
Herrenstande so wenig genehme^ Mann, als Herr v. Mosmillern war,
in die Kommission gelangte und dass jeder Stand darin gleichmässig
durch je 2 Mitglieder vertreten war. Raspor erwähnt bereits in seinem
Berichte vom 11. Februar 1792, dass die Stände sich zur kurien-
weisen Abstimmung verstanden hätten, als es sich um die Ausarbei-
tung einer Amtsinstruktion durch ein besonderes Gomit^ handelte,
welches am 29. Dezember 1791 von ihnen eingesetzt wurde.
— 58 —
ein Edler von Lendenfeld (statt des Herrn v. Mosmillem) und
ein Edler von ScMckh.
Diese Herren mäkelten nicht nur an den von Raspor
formulirten Begehren, sondern verwarfen schlechtweg die wich-
tigsten. So namentlich das Ansinnen, dass der ständische Aus-
schuss durch hürgerliche Beisitzer verstärkt werden möge.
Um es als unbegründet hinzustellen, wagten sie einen Ver-
gleich, der auf eine herbe Selbstkritik und auf eine
geradezu vernichtende Verurtheilung des Stände-
wesens hinauslief. Sie verglichen nämlich die ständi-
sche Körperschaft mit einer Aktiengesellschaft und
weigerten sich darauf hin, in den Yerwaltungsrath dieser Ge-
sellschaft Leute aufzunehmen, welche an der „Bestimmung und
Reparation der Steuerlast" bei weitem nicht so stark interes-
sirt seien, wie sie, beziehungsweise die durch sie repräsen-
tirten drei oberen Stände.
In diesem Lichte also erschien damals Letzteren das
Ständewesen. Sie äusserten auch die theilnehmende Besorg-
niss, dass der Btirgerstand Dringenderes zu thun haben werde,
als die ständischen Interessen in solcher Ausdehnung wahrzu-
nehmen, wie es der Ausschuss zu thun berufen sei.
Hei Hing er dagegen stellte sich bei der Abstimmung
hierüber auf Raspor's Seite.
Der dritte Punkt (die Gruppirung nach Kurien) stiess
auf noch heftigeren Widerspruch. Zuerst nahm der Prälat
von Rein das Wort, um zu erklären, dass er als GeisÜicher
eigentlich alle Ursache hätte, diesem Antrage sich anzuschliessen,
weil ja die geistliche Bank durch die Aufhebung mehrerer
Klöster ziemlich leer geworden ; nichtsdestoweniger getraue
er sich nicht, dafür zu stimmen, weil der Antrag wohler-
worbene Rechte des Herren- und Ritterstandes bedrohe. Auch
könnte der ständische Kredit darunter leiden, wenn „meist
unbesessene (soll heissen: unangesessene) Stände" bei der
Aufnahme von Darlehen den Ausschlag geben würden. Und
wäre es nicht gegen den Anstand, die „Unterthanen" zu
Bicbtem über ihre Grundherren zu macbeti? Wozu endlich
— 59 —
wäre dann der Schutz, welchen die Gesetze vor Bedrückungen
den Grundholden gewähren? Ein in dieser Beziehung her-
schendes Misstrauen kehre seine Spitze wider den Landes-
fürsten, der den Vollzug der Gesetze überwacht.
Diesen Argumenten verschloss sich auch der Graz er
Bürgermeister nicht Er liess da den Raspor im Stiche,
beantragte jedoch, jeder landesfürstlichen Ortschaft im Land-
tage ein spezielles Stimmrecht einzuräumen, zu dessen Aus-
übung sich die Städte und Märkte einer beschränkten Anzahl
von „Gewaltträgem" zu bedienen hätten.
Die Bekämpfung anderer Punkte liess Herr von S c h i c k h
sich angelegen sein. Er erachtete namentlich die Aufnahme
der vier letzten in's Protokoll für völlig überflüssig,
weil ja ohnehin Niemand daran denke, dem Bürgerstande in
diesem Betreff nahe zu treten. Allein die Mehrheit der Kom-
mission sprach sich gleichwohl für die ausdrückliche Hervor-
hebung der bezeichneten Punkte aus.
Am 16. Juli 1793 kam das Kommissions-Operat vor den
Landtag, an welchem ausser Raspor 8 Deputirte des Bürger-
standes theibahmen.
Und nun wiederholte sich der Kampf der Meinungen, der
schon im Schosse der Kommission getobt hatte. Als Haupt-
redner trat den Anliegen des Bürgerstandes Graf Otto
Wolfgang von Schrottenbach entgegen, der Letzte
seines Geschlechts in Steiermark und somit vor Anderen be-
rufen, eine gleichfalls im Niedergange begriffene Anschauungs-
weise zur Geltung zu bringen ).
Er warf zunächst einen Rückblick auf die Bemühungen
des Bürgerstandes, seine angeblichen historischen Rechte in
Bezug auf die Landstandschaft wieder aufleben zu machen.
Er erinnerte an dessen erstes Gesuch in dieser Richtung vom
8. Juli 1790, welches an die Stände adressirt war. Er er-
^) Auch die Reihen der übrigen Adelsgeschlechter, deren Repräsentanten
in der Landtagssitzung vom 16. Juli 1793 Schrottenbach's Ansichten
theilten^ sind seither stark durch das Aussterben gelichtet worden.
— 60 —
wähnte den darüber vom Landtage unterm 13. Juli an's 6u-
bemium erstatteten Beriebt, die Erneuerung des Ansuchens in
Form eines Majestätsgesuches vom 3. August 1790 und den
Bescheid, welchen der BOrgerstand durch a. h. EntSchliessung
vom 17. Mai 1791 hierauf erhielt ') Er citirte femer einen
am 9. August 1791 Angesichts der bezüglichen Zuge-
ständnisse gefassten Landtagsschluss, worin esheisst: ,, Sollten
aber politische, denen Ständen bis jetzt unbekannte Ur-
sachen Euere Majestät bewegen, die Städte und Märkte mit
denen 3 oberen Ständen zu verbmden,' so bitten sie Euere
Msyestät, selbe anzuweisen, einen förmlichen, dauerhalten R e-
zess (mit den oberen Ständen) anzustossen. Dieser müsste
zum Zwecke haben, das beiderseitige Interesse zu verbinden.
Er müsste die Stände in eine Wirksamkeit (soll wohl
heissen : in den Stand) setzen, die Städte und Märkte aufrecht
zu erhalten; es müssten die Gegenstände der städtischen und
Innungs-Privilegien, jene der magistratischen Wahlen, der
städtischen Rechnungen, der Subrepartition ihres Pauschquanti,
ihrer Gewerbsteuer, des Quartier-Fonds, die Beschwerden über
Militär - Einquartirungen, mit einem Worte alle Gegenstände,
woraus den Städten und Märkten ein Nutzen oder Schaden
zugehen kann, bei den ständischen Versammlungen, an welchen
sie ebenfalls Antheil hätten, vorkommen."
Hieran anknüpfend, deduzirte Graf Schrottenbach des
Weiteren, wie schwer es halten werde, die Interessn des Bürger-
standes mit denen der drei oberen Stände in Einklang zu
bringen, welche Opfer dies beide Theile kosten würde, wie
gross im Grunde genommen die Abneigung hievor, wie staats-
gefährlich jedes derartige Experiment sei und dass es daher
eigentlich für alle Betheiligten das Beste wäre. Alles beun
Alten zu lassen. '^)
0 Siehe oben S. 87.
«) Aus seinem Vortrage verdient namentlich folgende Stelle hervorgehoben
zu werden: „Sobald ... von dem eintretenden Theile aller Nutzen
einseitig gesucht wird . . . , dann vermag keine Verbindung vor sich
zn gehen; sonst entstünde ein contractus leoninus oder das Recht des
— 61 —
Auf dieses Ergebniss war jener Landtagsbeschluss vom
9. August 1791 berechnet, da die oberenStände voraussetzten,
dass der Bürgerstand, wenn er nur zwischen ihrer Einmischung in
seine inneren Angelegenheiten, beziehungsweise einem diese
Einmischung regelnden Rezesse und dem Verzichte auf stär-
keres Vertretensein am Landtage zu wählen hätte, sicher diesem
Verzichte den Vorzug gäbe.
Allein die Berechnung schlug dennoch theilweise fehl.
Der Bürgerstand behauptete sich im Besitze
dessen, was die a. h. Entschliessung vom 17. Mai
Stärkeren. Dann hört jede, auch schon erreichte Verbindnng von selbst
auf; hieraus entspringt Verwirrung, alle Bande werden schlaff, zuletzt
mit Gewalt zerrissen; jeder will sich Über den anderen erheben, mit
Schaden des anderen seinen Nutzen, sein Ansehen erweitem, bis dass
endlich üebermacht und Unordnung, auf das höchste gespannt, aus
einem so leicht zu errichten gewesenen Gebäude der Glückselig-
keit allgemeines Verderben, die Zerstörung der GeseUschaft und zu-
letzt der Umsturz des Staatskörpers hervorgebracht wird. Davon lie-
fert uns die Geschichte unzählige Beispiele. Ich will deren von neueren
Zeiten hier nur zwei anföhren. Das erste wird uns eine leichtsinnige
Nation vorstellen, welche die betrübten Folgen einer übel verstandenen
Verbindung nicht richtig zu berechnen wusste, sowie das zweite uns
eine reif nachdenkende Nation zeigen wird, welche erkennt, wie sehr
die Umschmelzung einer Verbindung einer ernstlichen Ueberlegung
bedarf. In Frankreich war eine äusserst Übel verstandene Verbin*
düng aUer zusammenberufenen Stände, eine mit erkünstelter List
erzwungene, gleiche Stimmrechts- Vertheilung unter alle Klassen, dann
die dem Tiers-^tat auf Neckers Einschreiten zugestandene Zahl so
vieler Deputirten (damit selber eben so viele Stimmen, als der geist-
liche Stand und der Adel mitsammen haben, überkommen möge) der
erste Ursprung aller nachhin ausgebrochenen und in Gewaltthätigkeiten
ausgearteten Uneinigkeiten Dagegen in England, wo es sich
aUein um eine bessere Vertheilung der Stimmen in dem Unterhause
durch Bestimmung einer jedem Orte nach seiner jetzigen Bevölkerung
angemessenen Zahl seiner Repräsentanten handelt, wird über diesen
Punkt schon viele Jahre gestritten, alle Augenblicke eine nöthig sem
soUende Parlamentsreform in Vorschlag gebracht und demungeachtet
ist bis zur Stunde noch nichts entschieden. So gewiss ist es, dass nie
genügsame Vorsicht undBehutsamkeit angewendet werden kann, welch'
immer alte Verfassung auch nur in ihren mindesten Theilen abzuändern.**
— 62 —
1791 ihm einräumte und erreichte nur nicht die Aufnahme
in den ständischen Ausschuss, so ^e die gesammten Erörte-
rungen, von welchen h i e r die Rede ist, überhaupt resul-
tatlos blieben, ohne dass der Bürgerstand Ursache gehabt
hätte, sich darüber sonderlich zu grämen.
Was den Verlauf der Landtagssitzung anbelangt, nach
welcher dieses Schicksal der weiter reichenden Wünsche des
Bürgerstandes sich bereits vorhersehen liess, so ist aus dem
Protokolle derselben zu ersehen, dass Raspor, der nun wieder
seine frühere Spannkraft gewonnen hatte, auch nachträglich
noch seiner Standesgenossen mit grossem Eifer sich annahm.
Die anwesenden Deputirten der Märkte und Städte zollten ihm
laut ihren Beifall. Graf Schrottenbach ergriff nun zur Er-
widerung neuerdings das Wort, ungeachtet, wie das Protokoll
besagt, die „weiters aufgerufenen Herren Landstände" (worunter
die Bürger nicht begriffen sind) schon unmittelbar nach seinem
Vortrage „ihre Meinung mit der seinigen vereinbart hatten".
Er kehrte sich vornehmlich gegen die Behauptung Baspor's,
dass die Stände bloss die Verwalter des Landes-
Eigenthums seien. Er meinte, damit wolle den „Land-
leuten", d.h. den Mitgliedern der oberen Stände dasEigen-
thumsrecht an ihren Besitzungen (!) bestritten
werden. So sehr fehlte ihm alles Verständniss für die moderne
staatsrechtliche Auffassung der Dinge. Andererseits konnte er
die Bemerkung nicht unterdrücken, dass, wenn auch der Staat
in Steiermark Güter habe, deren Besteuerung den Ständen
nicht zukommt, dies doch nur von Konfiskationen herrühre,
welche der Staat insbesondere der katholischen Kirche gegen-
über sich erlaubt habe, und er verband mit diesem Ausfalle
den Wunsch, es möchten diese Güter wieder ihren „recht-
mässigen" Eigenthümem erstattet werden.
Als es aber am Schlüsse der ziemlich langen Debatte b e-
stimmte Vorschläge zu Protokoll zu geben galt, hiess es
doch wieder gleich obenan: Alles ist lediglich der höchsten
Entscheidung des Monarchen anheimzugeben, „der die Ge-
rechtigkeit ehrt, das Eigenthum schützt". Daran
— 63 —
reihte sich die Entsclmldigung, dass man ständischer Seits der
a. h. Willensmeinung nicht besser zu entsprechen im Stande
sei; die Stände seien eben mit den „bürgerlichen Beschäfli-
gungs-Gegenständen" viel zu wenig bekannt, um überhaupt
einen Vereinigungs- Vorschlag machen zu können und weder
der Verordnete noch die sonstigen Vertreter des Bürgerstan-
des am Landtage trügen Verlangen nach einer echten Ver-
einigung.
Das war auch der Wahrheit gemäss, insoferne die Bürger
durchaus keine Lust hatten, unter das Joch des ihnen
von den oberen Ständen zugemutheten Rezesses sich zu
beugen.
So weit erreichte also die Taktik, welche Graf Schrotten-
bach ziemlich unumwunden darlegte, ihren Zweck.
Es erübrigte nun noch die von der Hofkanzlei angeord-
nete Einvernehmung der Kreishauptleute.
Von 4icsen sprachen sich drei — Joseph Buresch
v. Greyffenbach zu Brück, Joh. v. Aicherau zu Juden-
burg und Carl Schmid v. Ehrenberg zu Cilli — ent-
schieden zu Gunsten des Bürgerstandes aus; ja sie
redeten mehr oder minder selbst einer Vertretung des B a u e r n-
standes das Wort, obschon dies gar nicht Gegenstand der
Anfrage war. Einer, Christof Freiherr von Schwizen zu
Graz, billigte nur einzelne Wünsche des Bürgerstandes, wo-
gegen er über andere den Stab brach, ohne jedoch leiden-
schaftliche Eingenommenheit wider den Bürger- und Bauern-
stand zu verrathen. Der Fünfte endlich, F. von Branden au
zu Marburg, legte grosse Aversion gegen diese beiden Stände
an den Tag. In seinem Gutachten drückt, sich die ganze
Geringschätzung aus, womit damals ein Theil des Adels, auch
wenn er Staatsdienste bekleidete, noch auf die Bürger und
Bauern blickte. Er sieht in den Anliegen der Städte und
Märkte nichts, als Eingebungen ungebührlicher Eitelkeit. Der
Staat, meint er, müsste zu Grunde gehen, wenn Derartiges
ungeahndet bliebe. Besonders „ahndungswürdig** erscheint ihm
das Gutachten des Grazer Bürgers Haas, sowohl der Form
— 64 —
als dem Inhalte nach. Er findet es indessen bei dem Mangel
an Bildung, der unter der Bürgerschaft des Cillier und Mar-
burger Kreises wahrzunehmen sei, vollkommen begreiflich, dass
Leute vom Schlage des Haas, durch ihr unreifes Geschwätz
sich Volhnachten erwu-ken, die denselben Gewicht zu verleihen
bestimmt sind.
Ihm bangt fllr die Aufbringung der erforderUchen Re-
kruten, dafeme der Bürgerstand einmal förmlicher Landstand
und dadurch verleitet werden würde, die Vorrechte des Adels
auf sich anzuwenden. Gleiches besorgt er in Ansehung der
Militär - Bequartirung. Auf ihn macht die ganze Bewegung,
welche den Bürgerstand ergriffen hat, den Eindruck einer re-
volutionären Auflehnung. „Ueberhaupt — klagt er — ver-
spüret man in allen poUtischen Gegenständen nicht mehr jene
Folgsamkeit des bürgerlichen Standes und eine hohe Landes-
stelle wird es selbst hoch einsehen, was fllr üble Folgen hier-
aus entspringen könnten. Man ist ja selbst von einer hohen
Stelle mehrmal befehliget worden, auf alle derlei Gegenstände,
die eine AebnUchkeit oder Anspielung auf die französischen
Auftritte haben können, aufinerksam zu sein.** AehnUches liege
da vor und „wie Jene, so mit einer mehreren Leichtigkeit
für eine solche Vereinigung (der 4 Stände) sich geäussert
haben, sich verdächtig gemacht, wird eine hohe Lan-
desstelle selbst einsehen.* Das Gutachten des Herrn von Bran-
denau schliesst mit dem Rathe : die Bürger mit ihrem ganzen
Gesuche „ab- und an ihre Pflichten als rechtschaffen sein
wollende Männer des Staates ernstgemessenst anzu-
weisen".
Den geraden Gegensatz zu dieser Expektoration, deren
schwerMig-schnaubender Stil dem Leser die grämliche Amts-
miene, womit sie niedergeschrieben ward, vergegenwärtiget, —
bildet das vom Ereiskommissär Carl Ambling mitunter-
zeichnete Gutachten des Cillier Kreishauptmannes
ddo. 1. Februar 1794, also aus einer Zeit, wo der Polizei-
Minister Graf Pergen bereits auf Leute, die sich zu den darin
geoffenbarten Gesinnungen bekannten, fahndete und die von
— 66 ~
ihm organisirte „geheime Polizei" emsig Anzeigen in dieser
Richtmig erstattete *). Carl Schmid von Ehrenberg stellt an
die Spitze seines Gutachtens den Satz: der Staat habe
kein anderes Ziel als das allgemeine Wohl und der Werth«
messer für den einzelnen Stand im Staate sei lediglich das,
was der Stand hiezu beiträgt Damach bewerthet er den
Bauernstand am höchsten. In ihm erblickte er die Grund«
veste des Landes. Alle hieraus gezogenen Folgerungen und
daran geknüpften Betrachtungen lassen den Physiokraten
erkennen, welcher die bezügliche volkswirthschaftliche Theorie
auf Yerfassungsfiragen anwendet und so einen ideellen Zusam-
menhang bloslegt, der bisher noch wenig gewürdiget worden,
üebrigens meint Schmid, der Bauernstand sei schondurch
die Behörden geschützt und vertreten genug.
Höchstens könnte an seiner statt ein Beamter der Fiskalpro-
kuratur als Untertiiansadvokat den ständischen Berathungen
beigezogen werden. Dem Bürgerstande rühmt er nach,
dass durch ihn „die Nahrungswege erweitert und der Geld-
umlauf befördert werden". Das geringste Zugeständniss, welches
einem so bedeutsamen Stande gemacht werden könne, sei dessen
Anerkennung als ständische Kurie, zumal der Kaiser doch an-
erkannter Massen das Gleichgewicht der Stände wolle. Ein-
gebildete Vorrechte und eiüe Vorurtheile müssten da zurück-
stehen. Doch kann S c h m i d mit der Erweiterung des Wirkungs-
kreises der Stände sich nicht befreunden. Wozu, fragt er,
wären denn sonst die landesfürstlichen Aemter vorhanden?
Aehnlich lautet das Gutachten des Kr eis h au ptm an nes
von Brück. Auch er stellt den bisher gering geschätzten
') Das Resultat davon war der Vortrag des Grafen Pergen an den Kaiser
vom 23. Juni 1794, worin nachzuweisen gesucht wird, dass den dro-
henden (jefahren unmöglich begegnet werden könne, „wenn PolizeifiUle
blos nach Gerichtsordnung und mit aUen rechtlichen Formalitäten be-
handelt werden sollen". Dieser Vortrag ist nebst der Vorstellung
welche die Oberste Justizstelle gegen die beantragten Ausnahms-
massregeln erhob, in der Zeitschrift „Der Morgenbote", welche
1809 in Wien erschien, 1. Heft, S. 192—211 abgedruckt. Letzteres
Aktenstück trägt die Unterschrift des Hofraths von Eeess.
5
— 66 —
,,Yierteii Stand* als die ^ umgestaltende* und „produzirende
Klasse* den „ Verzehrern "*, wozu er die drei «oberen* Stände
rechnet, gegenüber. Die Dreitheilung dieser sei rein Sache
des Zufalls. Wenn der Gültenbesitzer wohlhabend sei und
sich als Herrn fühle, so verdanke er das blos der Arbeit sei-
ner Grundholden und wenn er diese nicht aufkommen lassen
will, so verraihe dies sein schlechtes, vor etwaiger Vergeltung
zitterndes (Jewissen. Insbesondere verdiene der vierte Stand
eine „ gleich wichtige Sthnme* in den ständischen Versamm-
lungen; durch ihn werde auch der Bauernstand eine Vertre-
tung finden, wenigstens das mit dem der Bürger identische
Interesse desselben. Das fordere das allgemeine Wohl und
diesem gegenüber seien alle Privilegien wirkungslos. Die bis-
herige „Publizität* der ständischen Geschäftsführung könne
länger nicht genügen. Ob der Bürger Zeit findet, mit diesen
Geschäften sich zu befassen, hat er allein zu beurtheilen.
Leute, welche den grössten Theil ihres Lebens ohne bestimmte
Geschäfte, oft in gänzlicher Unthätigkeit zubringen, hätten frei-
lich keine Ahnung von dem, was ein thätiger, an Arbeit ge-
wöhnter Mann zu leisten im Stande ist Es gebe viele durch
Vorzüge des Geistes wie des Herzens ausgezeichnete Bürger,
deren Erfahrungen man nicht unbenutzt lassen soll. — Den-
noch ist Buresch nicht für die Abstimmung nach Kurien,
weil der Bürgerstand auch da noch überstimmt werden kann
und diese Neuerung, ohne ihm einen reellen Gewinn einzu-
tragen, nur die drei oberen Stände wider ihn aufbrächte
Der Ereishauptmann von Judenburg wendet sich
in seinem Berichte zunächst gegen die Befürchtungen, welche
Graf Schrottenbach aus der französischen Revolution
abgeleitet hatte. Er meint: derselbe verwechsle da die Wir-
kung mit der Ursache. Wenn in Frankreich das unterdrückte
Volk sich erhob, so reagirte es eben nur gegen einen Druck,
welcher also die Veranlassung der Revolution sei. A i c h e r a u
ninunt sich warm des Bauernstandes an. Zwar findet auch
er bäuerliche Wahlversammlungen bedenklich ; doch möge den
Bauern immerhin gestattet werden, aus jedem Kreise
~ 67 ~
des Landes zwei Deputirte zum Landtag zu entsenden,
welche Zeugen der daigen Vorgänge sein, übrigens
aber dem jederzeit beizuziehenden Prokuraturs-Beamten die Füh-
rung der bäuerlichen Stimme überlassen sollten. Schon dass
die Bauern weitaus die „ stärksten ** Steuerzahler seien, ist in
seinen Augen ein Grund, wesshalb man sie unter die Stände
aufiiehmen müsse.
Der Grazer Kreishauptmann widersprach letzte-
rer Behauptung ; ja er trug vor einer Emancipation der Bauern
solche Scheu, dass er aus Furcht, es möchten sonst auch diese
Zulass zu den ständischen Berathungen begehren, nicht ein-
mal den Forderungen des Bürgerstandes sich geneigt zeigte.
Wie nahe läge es nicht, dass der Bauernstand, der doch jähr-
lich 875.067 fl. an Steuern zahle, während der Bürgerstand
Mos 40.000 fl. beiträgt ^), diesem mindestens gleichgestellt sem
will, sobald er hört, dass dieser auf eine verhältnissmässig so
geringe Leistung hin schon die Anerkennung als Landstand er-
reicht habe! Darin aber, dass durch Einführung der Kurial-
stimmen dem Bürgerstande wenig gedient wäre, stimmte der
Freiherr von Schwizen mit Herrn von Aicherau überein.
Als um die Mitte des Jahres 1794 das Gubemium die
genannten Kreishauptleute zu einer Sitzung einberief, in wel-
cher über die sich widersprechenden Gutachten verhandelt
und ein definitiver Beschluss gefasst werden sollte, zog Ai-
cherau sein dem Bauernstände günstiges Votum zurück und
sprach er sogar dem Bürgerstande die Berechtigung irgend
eine Neuerung herbeizuführen, ab. Er entschuldigte seinen
Meinungswechsel damit, dass er erst nachträglich von einer
„höchsten Verordnung" ddo. IL August 1792 Kenntniss er-
halten habe, welche den Bauernstand von allen Verfassungs-
reformen ausschliesst Wenn die Regierung hierin unerbittlich
sei, habe es auch keinen Smn, für den Bürgerstand in die
Schranken zu treten. Schwizen und Hohenrain brü-
steten sich mit der Correctheit ihrer schon ursprünglich ge-
0 Pie 3 oberen Stände zahlten zusammen jährlich 229.562 fl.
5*
— 68 —
äusserten Ansichten. Der „geistliche* Gubernialrath Schulz
aber verwies auf die Vortreflflichkeit der im Lande unter der
Enns bestehenden ständischen Verfassung und meinte: die
Anwendung dieser auf Steiermark empfehle sich schon dess-
halb, weil es für das allgemeine Wohl stets zuträglich sei,
wenn unter den Bewohnern desselben Staates „Einför-
migkeit in Vertheilung der Gerechtsame und
Verbindlichkeiten" herrscht
Was das Gubemium hierüber an die Hofkanzlei berich-
tete, ob überhaupt noch das inzwischen missliebig ge-
wordene Thema weiter erörtert ward und welche formelle
Erledigung den ständischen Anträgen zu Theil wurde, — er-
hellt aus den Akten, die mir zu Gebote standen, nicht.
Offenbar lähmte der oben angedeutete Umschwung den
Vollzug des Auftrages, um welchen es sich da handelte, und
gerieth dieser selber darüber in Vergessenheit
Es vollzog sich aber dieser Umschwung nicht blos in den
Kreisen der Regierung und nicht blos durch die Triebkraft
der Sorgen, denen Graf Schrottenbach im steiermärkischen
Landtage Ausdruck gab, indem er auf die Schreckensherrschaft
in Frankreich verwies. Vielmehr wich allenthalben in Oester-
reich die Begeisterung für Freiheitsideen einer jene Sorgen
Lügen strafenden Ernüchterung, seit, mit Heinrich von
SybeP) zu reden, „Frankreich unter dem Drucke der or-
ganisirten Pöbelmasse lag, welche ihre Theile bis in die klein-
sten Dörfer des Landes verbreitete, ein allmächtiges Regiment
über Leib und Leben der Bürger handhabte, ihre Opfer nach
Tausenden, ihre Beute nach Millionen zählte und bald gegen
die eigenen Genossen mit gleicher Grausamkeit wie gegen
die übrige Bevölkerung wüthete".
Das war ein weit triftigerer Grund, dem Bürger- und
Bauernstände politische Wünsche, mit welchen sich die Stimm-
führer in Beider Mitte trugen, zu versagen, als die Angst vor
Ueberhebung dieser Stände für den Fall, dass ihnen jene
Wünsche rückhaltlos gewährt worden wären. Denn traute
») Geschiclito der Ilevolutionszeit vop 1789—1795, IX. Bucb, 1. Kapitel,
— 69 —
man ihnen schon für diesen Fall nicht genug Selbstbeherr-
schung zu, so stand ja noch weit Aergeres zu befllrchten,
wenn man hochgespannte Erwartungen unerfüllt liess.
Die Sehnsucht hatte eben nachgelassen ') und d e s s h a 1 b
konnte auch der in Frage stehende Antrag auf Gleichstellung
der vier Stände unbedenklich der Vergessenheit überliefert
werden.
Uebrigens hat es den Anschein, als hätte die Berück-
sichtigung des Bauernstandes, in welcher mehrere Staats-
beamte auch nach dem Tode Leopold's ü. noch wetteiferten,
eine Zeit lang allerdings an der Stimmung der Landbevöl-
kerung selber auch in Steiermark einen Rückhalt gehabt.
Der tirolische Stände - Deputirte Andreas Dipauli
brachte Einschlägiges in Erfahrung, als er im September 1791
auf der Heise nach Wien die Stadt Enittelfeld passirte.
Laut dem Tagebuche, das er führte % war es der hiesige Bür-
germeister, welcher ihm mittheilte, die Bauern der Umgebung
bewürben sich jetzt gleichfalls um Sitz und Stimme im Land-
tage uud hätten bereits Bevollmächtigte aus ihrer Mitte liiezu
erwählt Oder missverstand etwa Dipauli die ihm gemachte
Mittheilung, indem er den „vierten" Stand, von dem der Bür-
germeister gesprochen haben dürfte, nach tirolischer Anschauung
für den Bauernstand hielt, während in Steiermark der Bür-
gerstand damit gemeint war?
Ein mmder zweifelhaftes Zeugniss für die dermalige Reg-
samkeit des politischen Sinnes unter dem steiermärkischen
Landvolke ist das in's Jahr 1785 zurückreichende Erscheinen
einer eigenen „Bauem-Zeitung" zu Graz (bei Michael Ambros),
deren Tendenz indessen nie eine sich überstürzende war und
^) Hierauf hat schon Dr. Pipitz in seiner Schrift „Die Jakobiner in Wien"
Zürich 1842 und neuestens AntonSpringer in seiner „Geschichte
Oesterreichs seit dem Wiener Frieden*' 1. Th., S. 49 hingewiesen.
Eine quellenmässige DarsteUung der damaligen Reaktion (wor-
unter man keineswegs ein blosses Zurückdrängen berechtigter Volks-
wünsche verstehen darf) existirt noch nicht
*) Handschrift Nr. 1242 der Bibliotheca Tirolensis im Ferdinandeum
zu Innsbruck.
— 70 -
die im Jahre 1792 bereits den „unteren** Ständen begreiflich
zu machen suchte, dass die „Ungleichheit der Stände "* eigent-
lich ein Glück für sie sei, nachdem ihre niedrige sociale Stel-
lung bei Bedrängnissen, welche sie erleiden, ihnen Beweise
der Barmherzigkeit eintrage, auf die sie nimmer rechnen könn-
ten, wenn die Kluft, die sie von ihren bisherigen Wohlthä-
tem trennt, einmal überbrückt wäre 0*
JL.Tkliarks.
Beilage L
Handschreiben Kaiser Leopold's ü. vom 29. April 1790 an
den obersten Hofkanzler Orafen Kolowrat in Betreff der
Wiederbelebung der Stande.
„liieber Graf Kollowrat! Da es nöthig ist, dass die ebenso
manigfaltigen als wichtigen Gegenstände, welche Ich durch die
Stände Meiner Erblande Mir vortragen zu lassen entschlossen
bin und worüber Ich schon zum Theil Meine Gesinnungen zu
erkennen gegeben habe, in einer bestimmten Ordnung von
denselben in Berathung gezogen und das ständische Gutachten
in eben dieser Ordnung nach und nach eingesendet oder durch
eigene Deputirte hieher gebracht werde, so wird die böhmi-
mische und österreichische Kanzlei unverzüglich an Böhmen,
Mähren, Schlesien, Gestenreich ob der Enns, Steiermarkt
Kämthen, Krain, Grörz, Tyrol und Vorder-Oesterreich in Mei-
nem Namen den Befehl erlassen, dass die Stände in der in
jedem Lande bestehenden gesetzmässigen Gestalt sich in einem
Landtag versammehi und von denselben die nachstehenden
Punkte, jeder abgesondert, und mit einziger Rücksicht auf das
allgemeine Beste des Staates, genau erörtert und gutachtlich
erlediget werden sollen:
^) Siehe z. B. den Bericht Über einen Brand zu Brück an der Mar in
der Nummer 49 vom 20. September 1792.
— 71 —
1. „Nach der schon befohlenen Aufhebung des neuen Steuer-
und Urbarien-Systems, damit die wieder einzuführende alte Steuern
nicht in das Stocken gerathen, die innerliche Ruhe und Zu-
friedenheit aller Steuerpflichtigen erhalten und dem Unter-
than nach Thunlichkeit durch das patriotische Benehmen der
Stände und Grundherren so viel Erleichterung verschafft werde,
wie auch so viel möglich und der Billigkeit gemftss die Re-
luirung der Roboten in Geld, gemäss dem Verlangen der
meisten Unterthanen, von den Obrigkeiten angetragen werden
möge, welches zur Befriedigung derselben sehr zu wünschen
wäre. Dieser erste Punkt ist jedoch in dem Reskript nach
Tyrol und den Vorlanden, wo das neue Steuersystem nicht
eingefilhret wurde, nicht einzuschalten. **
2. „Die Wiedereinführung der ständischen Verfassung
und ihrer Wurksamkeit, Wobey die Historische Darstellung
derselben, wie solche vormals und hernach sowohl während
als nach der Regierung der Eaiserinn Eöniginn höchstseligen
Gedächtnisses war, vorauszugehen und dann die umständliche
Vorschläge, auf was Art dieselbe mit Rücksicht auf die ge-
genwärtigen Umstände und ohne Bebürdung des Landes oder
des Aerariums auf die zweckmässigste Art wieder hergestellt
werden könne, zu folgen haben werden.^
3. „Die Darstellung aller ständischen und übrigen Be-
schwerden, gravamina und Wünsche derselben sowohl in Rück-
sicht auf die Civil- und Strafgesetze, als in Beziehung auf die
politischen und Cameral - Verfügungen, wobey Ich Mich ohne-
hin versehe, dass Meine getreuen Stände nichts verlangen
werden, was die Grenzen der Billigkeit überschreiten oder der
Beförderung des allgememen Wohls hinderlich seyn könnte.'
„Die Eanzley wird also in dieser Gemässheit unverzüg-
lich em Circular - Reskript entwerfen und diesen Aufsatz zu
Memer Genehmigung Mir ungesäumt vorlegen. **
Wien, den 29. April 1790.
Leopold m. p.
- 1i -
Beilage IL
Der Konflikt zwischen dem Herren- and Bitterstande.
(Excurs des Verfassers der vorstehenden Abhandlung )
Im November 1790 wendeten sich Mitglieder des steier-
märkischen Bitterstandes an den Kaiser mit dem Gresuche:
es möge diesem Stande gestattet werden, sich bei den in Wien
über die ständischen AnUegen abzuhaltenden Konferenzen durch
einen besonderen Deputirten auf seine (des Bitterstandes)
Kosten vertreten zu lassen. Der Kaiser willfahrte dem un*
term 23. November 1790 mit demBeisatze, dass er es „billig"
finde.
In dem Gesuche fahren die Petenten aus : sie hätten schon
im Juli 1790 Grelegenheit gehabt, sich von der Engherzigkeit
des Herrenstandes zu überzeugen, der sich damals ge-
weigert habe, ins Verordneten-Kollegium einen zweiten Be-
Präsentanten des Bitterstandes aufzunehmen. Ihr Antrag sei
damals vom Herrenstande mit dem Vorgeben abgewiesen wor-
den, die ständische Cassa vertri^e keine Mehrauslage, wie sie
durch die Besoldung zweier Verordneten aus dem Bitterstande
ihr erwachsen müsste. Desshalb wenden sie sich nunmehr,
wo es sich um die Wahrung ihrer bei den Konferenzen fest-
zustellenden Hechte handelt, direkt an den Kaiser.
Als die a. h. Entschliessung vom 23. November durch
einintimat des Grafen Stürkh an die „steirischen Herren Stände"
(ddo. ^0. November) und durch eine Einladung an den Senior
des Bitterstandes, Hofrath Fr. Ernst v. Plöckner, die bezüg-
liche Wahl zu leiten, in den Kreisen der Betheiligten bekannt
wurde, erregte die darin enthaltene Bestimmung, dass der
Bitterstand seinen Vertrauensmann selber, d. h. ohne Ein-
flussnahme der übrigen Stände wählen solle, — keine geringe
Sensation.
PIöcIq^ ßdmeh die Wahlversammlung auf den 2. De-
zembpr g^j^ * ^r^mittelbar nach ihrer Eröffnung ward er von
— 73 —
mehreren Seiten über den Hergang der Sache interpellirt Da
bekannte sich der Gutsbesitzer von MosmiUem zur Urheber-
schaft. Es scheint jedoch, als habe derselbe blos das Odium
der Sache auf sich genommen, während das fragliche Gesuch
in der That nicht blos von ihm verfasst und emgereicht wurde.
Wenigstens pflichteten mehrere unter den Anwesenden Dem,
was MosmiUem allein gethan haben wollte, bei und die Ver-
sammlung sprach ihm sogar per Majora ihre Anerkennung fbr
die bewiesene patriotische Theilnahme aus. Doch erklärte die
nämliche Mehrheit, mit der diesfiüligen Absonderung der Ritter-
schaft vom geistlichen und Herrenstande nicht einverstanden
zu sein; zumal ja daraus die Folgerung werde gezogen wer-
den, dass der ritterschaftliche Deputirte keinen Anspruch auf
Entschädigung aus der gemeinschaftlichen Domestical-Cassa
habe.
„Die Stände Steiermarks" — Mess es femer in dem
wider Mosmillera's Einschreiten erhobenen Proteste — „bilden
von jeher nur Einen Körper, der sich über das gemeinschaft-
liche Beste der Landschaft mit keinem Grunde entzweien kann,
da alle Stände gleichmässig das Wohl der Provinz zum End-
zweck ihres Daseyns haben." Hieran reihte sich der Wunsch;
es möge der zu entsendende Ritterschafts-Deputirte in einer
allgemeinen Versammlung aller Stände gewählt werden. Bei
der Abstimmung hierüber äusserten sich 1 0 Stimmen bejahend,
4 vemeinend. MosmiUem gab ein Separatvotum zu ProtokoD.
Der Vorsitzende legte den an die Stelle des Wahlaktes
getretenen Protest der zu diesem Akte Geladenen dem Gu-
bemium mit der Bitte vor, den darin ausgedrückten Wunsch
zu unterstützen. Er unterliess es auch nicht, zu versichem,
dass er „in eine so unangenehme Anstössigkeit lieber nicht
verflochten worden wäre", übrigens aber mit dem gefassten
Beschlüsse vollkommen einverstanden sei. Andererseits konnte
er aber doch wieder nicht umhin, diese Zustimmung an die
Voraussetzung zu knüpfen, dass vor allem im Landtage aus-
gemacht werde, wie viel ständische Aemter der Herrenstand
dem Ritterstande vergönnt Darauf hin möge der Landtag zur
— 74 —
fraglichen Wahl schreiten. Hielte das Oubemium diesen Weg
nicht far den richtigen, so lege es zum mindesten den steier-
märkischen Ständen „die niederösterr. Landschafts-Einrichtong
pro Cinosura und zur Anpassung an die hierländischen Ver-
hältnisse^ vor.
Sobald der Herrenstand erfuhr, dass die versammelte
Ritterschaft im entscheidenden Augenblicke doch wieder ein-
gelenkt hatte, griff er den fallen gelassenen Antrag Mos-
millem's auf, jedoch mit der von der Mehrheit der Ritter selber
gewünschten und nun im offenen Landtage unschwer durch-
gesetzten Modification, die demselben die Spitze abbrach. Der
Antrag lautete sonach: es möge gestattet werden, dass die
Stände statt 2 Deputirte 4, u. z. neben den beiden aus dem
Herrenstande je einen vom geistlichen und Ritter-Stande ent-
senden, „welche vom ganzen ständischen Gremio ohne Unter-
schied der Bänke gewählt und alle auf Kosten des ständischen
Domestici abgeordnet werden".
Der Kaiser stellte das Miyestäts-Gesuch, welches dieses
Anliegen vorbrachte, mit Handbillet vom 16. Dezember 1790
der „vereinigten Hofistelle'' (worunter die damals auch mit
einem grossen Theile der erbländischen Finanzgeschäfte be-
traute Hofkanzlei zu verstehen ist) zur Begutachtung zu. Diese
Stelle empfahl nun dem Kaiser, an der a. h. Entschliessung
vom 23. November festzuhalten. Sie ging von der nämlichen
Anschauung aus, welche auf dem Wahltage der Ritterschaft
gesiegt hatte, gelangte aber zu der entgegengesetzten Schluss-
folgerung, indem sie deduzirte, dass gerade desshalb, weil alle
vier Stände versichern, das gleiche Ziel vor Augen zu haben
und ihre Interessen dem gemäss nicht unter einander in Wi-
derspruch gerathen können, es keinem Anstände unterliege,
Jede Bank filr sich wälen zu lassen". Jedenfalls werde da-
durch der ^ohne Vergleich schwächeren geistlichen und Ritter-
Bank'' eine Ursache benommen, „über jene der Herren zu
klagen. '^ Dj^^^ Gutachten erstattete die Hof kanzlei am 23. De-
zember 7^g Wie es nun kam, dass Graf Khevenhiller am
29, JmuAi, K ^-ä vom Kaiser ermächtiget wurde, den Grafen
— 75 —
Stürkb im entgegengesetzten Sinne anzuweisen und
so dem Herrenstande zur abermaligen Bethätigung seines na*
merischen Uebergewichts im Landtage zu verhelfen, ob da
vielleicht ein Missverständniss unterlief oder auf die Möglich-
keit, ein solches vorzuschützen, gesilndiget wurde : das ist un-
aufgeklärt Auflfallend ist die Baschheit, womit von Eheven-
hiller's Weisung Gebrauch gemacht wurde, so dass kaum 8
Tage später die ihr gemäss gewählten Deputirten in Wien
eintrafen, somit eine Thatsache vorlag, welche sich nimmer
illckgängig machen liess. Fast scheint es, als wäre ein Wider-
ruf oder eine Berichtigung der Meldung E^hevenhiller's be-
fürchtet worden. Denn es vergmgen von da an bis zur Ein-
vernehmung der Deputirten noch 5 Wochen.
Inzwischen hatte auch Mosmillern die Hände nicht in den
Schoss gelegt Er hatte sich von seinen Anhängern das Mandat
ertheilen lassen, welches die a. h. Entschliessung vom 23. No-
vember dem Ritterstande als solchem anheim gab
und das an formeller GUtigkeit dadurch, dass nur ein paar
Auftraggeber dahinter standen, nichts einbUsste, weil eben die
Zahl der zu einer giltigen Wahl erforderlichen Wähler nicht
feststand, ausserdem aber die Gegner der vom Kaiser durch
jene Entschliessung vorgezeichneten Wahlart durch ihren Pro-
test des Rechtes, darnach zu wählen, sich begeben, wo nicht
dasselbe verwirkt hatten.
So erklärt es sich, dass neben dem vom Landtage ge-
wählten Vertreter des Ritterstandes auch Mosmillern in glei-
cher Eigenschaft den Konferenzen beigezogen wurde, wo der-
selbe begreiflicher Weise den Deputirten des Landtags als
heftiger Opponent gegenüberstand, insbesondere den Wunsch
nach einem besonderen Landeshauptmanne anfocht und da-
durch jene Deputirten dergestalt erbitterte, dass sie ihm in
der Konferenz vom 9. März das Recht, im Namen des steier-
märkischen Ritterstandes da zu sprechen, streitig machten.
Der Gegendeputirte Dr. v. Feldbacher bemerkte, es sei ihm
von einer BevoUmächtigung des Mosmillem nichts bekannt
Dieser erwiderte: der Ritterstand habe seine in derWahlver-
— 76 —
Sammlung vom 2. Dezember kundgegebene Meinung seither
wieder geändert, versage vielmehr dem Dr. v. Feldbacher die
Anerkennung als Vertreter seiner Interessen und habe aller-
dings ihn (Mosmillem) ermächtiget^ diese bei den Konferenzen
zu vertreten. Am 12. März legte er einem Nachtrage zu den
Separatvoten, die er auch schriftlich abgab, die von seinen
Wählern erhaltene Instruction zum Beweise bei, dass er kei-
neswegs unbefugt oder bloss nach eigenem Ermessen die Ein-
wendungen erhebe, welche den Deputirten des Landtags so
viel Aerger bereiteten.
Er und der Deputirte des Bürgerstandes setzten die er-
wähnte Opposition fort, entkräfteten dadurch die Argumente
des Herrenstandes und bald verbreitete sich das Gerücht, in
Mitte der steiermärkischen Stände seien Zerwürfhisse ent-
standen, welche das, was die Deputirten des Landtags vor-
bringen, nicht als den correcten Ausdruck der ständischen
Begehren erscheinen lassen. Jene Deputirten gaben sich nun
Mühe, dies zu widerlegen und beschuldigten Mosmillem in
einer Eingabe an den Erzherzog Franz der Anmassung, dran-
gen auch erneuert auf Beibringung einer förmlichen Vollmacht
seitens desselben.
Am 23. März fand abermals eine Konferenz statt, zu
welcher auch Mosmillem sich einstellte und zwar so wenig
emgeschüchtert, dass er vielmehr über seine Hintansetzung
seitens der Landtagsdeputirten Klage führte, ja sogar verlangte,
dass alle nicht von ihm mitunterzeichneten Schriftstücke, welche
von letzteren überreicht worden waren, für »illegal" erklärt
werden. Denn er allein sei der wahre Repräsentant des Bitter-
standes.
Im Verlauef der Verhandlungen kamen die Landtags-
Deputirten nochmals auf die Vollmachtfrage zurück, indem sie
geltend machten, Mosmillem habe mindestens zur Zeit der
ersten Konferenz noch keine Vollmacht besitzen können, weil
nachher noch einige Mitglieder des Ritterstandes sich an Schrit-
ten im Sinne der Landtagsmajorität betheiligten, und, wenn er
auch mittlerweile eine solche erhalten hätte, so sei sie doch
— 77 —
ungiltig, weil dem Ritterstande nicht zukomme, ausserhalb
des Landtags und im Widerspruche mit dessen
Beschlüssen eine Vollmacht auszusteUen.
In den Kreisen der Regierung aber machten diese An-
fechtungen nicht den geringsten Eindruck. Mosmillem stand
in fortwährendem offiziellen Verkehre mit den Hofstellen, trug
durch seine freisinnigen Erörterungen viel zur Klärung der
Situation bei, lieferte der Hofkanzlei Handhaben zur Abwehr
der Gelüste des steiermärkischen Heirenstandes und erfreute
sich dafür auch hoher Gunst.
Ein Hofdekret vom 15. April 1791 trug den steiermär-
kischen Ständen auf, ihm, der auf ausdrücklichen a. h.
Befehl als zweiter Deputirter der steirisch-ständischen Ritter-
schaft den Konferenzen beigezogen worden sei, auch die
Tag- und Liefergelder, welche die übrigen stän-
dischen Deputirten bezogen hätten, flüssig zu
machen. Am 27. April intimirte der Vice-Präsident des Gu-
bemiums, Graf Wurmbrand, dem ständischen Ausschusse dieses
Dekret Darüber ärgerte sich nun der Ausschuss nicht wenig.
Graf Ferdinand Attems bewirkte als Berichterstatter, dass in
der Sitzung des Ausschusses vom 15. Mai 1791 folgende Ant-
wort an das Gubemium beschlossen wurde:
„Obschon den gesammten Ständen bekannt ist, dass der
von Mosmillem Anfangs bei Sr. Majestät, unserem a. g. Lan-
desftirsten, die Einberufung eines Deputirten aus dem Ritter-
stande auf eigene Kosten angesucht und diese Bewilligung
solcher Gestalten erhalten, hernach aber auf Ansuchen des
Ritterstandes und auf die Vorstellung der gesammten Stände
ein im Landtage gewählter Deputirter des Ritterstandes gegen
Erhaltung der Diäten zugestanden, solcher auch in Person des
V. Feldbacher nach Wien abgesendet worden, so fügen sich
doch die treudevotesten Stände und weisen sie das Partikulare
mit 605 fi. 54 kr. bei der vereinigten Landesbuchhaltung an.
— Nur müssen sie Se. Miyestät allerunterthänigst bitten, dass
Höchstdieselbe in Zukunft keinen Deputirten mehr an-
;5uhören geruhen möchten, der nicht von gesammteij
— 78 --
Ständen im Landtage gewählt, folglich nicht mit der
Vollmacht der gesammten Stände versehen ist Diese a. u.
Bitte gründet sich auf die Ordnungs-Verfassmig der Stände
und auf das Beste des Landes. Die Erhörung derselben wird
allen Zwietracht und Widerspruch beseitigen und die ständi-
schen Deputirten nicht mehr in die unangenehme Lage setzen,
den Vorwurf anhören zu müssen, dass die Stände unter sich
uneins seien ; die Behandlungen mit den Ständen werden ohne
Aufenthalt und in möglichst kürzester Zeit vollendet werden
können und die ständischen Kassen von Kosten erübriget sein,
die ganz leicht erspart werden können/
Damit erreichte der Konflikt sein Ende.
Beachtenswerth ist, dass derselbe Graf Ferdinand
Attems, welcher als Berichterstatter im ständischen Ausschusse
am 14. Mai 1791 den Entwurf zu obigem Antwortschreiben
verlas und, nachdem dieser Entwurf vom Ausschusse gutge-
heissen worden, das allerdings von anderer Hand geschriebene
Concept mit dem „Scribatur" versah, also neuerdings guthiess,
im Oktober und November 1791 am kaiserlichen Hof-
lager wiederholt als Vertreter der Landeswünsche sich benahm,
ungeachtet er dazu nicht nur nicht „von gesammten Ständen
im Landtage", sondern nicht einmal von einem der vier Stände
bevolhnächtiget worden war. Hätte damals der Kaiser der in
obigem Antwortschreiben ausgesprochenen Bitte mit mehr Ge-
dächtnisstreue, als dem Grafen Attems zu Gebote stand, sich
erinnert, so würde dieser kein einziges Mal in der Eigenschaft
eines Vertreters der Steiermark bei ihm Zutritt erhalten haben
und zwar auf Grund seiner eigenen Worte.
Beilage 111.
Votum des Hofkammer-Fräsidenten Budolf Grafen Ghotek.
(Zu S. 27.)
„Graf Chotek wünschet so sehr als die vorhergegangenen
Stimmen die Zuziehung des Bürgerstandes. Er findet die Wechsel-
— 79 —
seitige Verwebung der Interessen aller Klassen der Staats-
bürger und ihren gemeinschaftlichen, wenn auch beschränkten
Einfluss in den Vei-waltungs - Geschäften des Landes von un-
gemeinem Nutzen und er hat als Privatmann hierüber seine
Meinungen deutlich an den Tag gelegt Er glaubt aber nicht,
dass ein Machtspruch dasjenige Mittel sei, welches dem
Endzwecke und den Rechten des dermalen bestehenden stän-
dischen Körpers entspreche, von dem er übrigens hoffet, dass
er, von den nützlichen Absichten besser belehrt, dem Verlan-
gen 'der öffentlichen Verwaltung mit Willfthrigkeit entgegen
kommen wird, wenn er sich gleich jetzt gegen eine Neuerung
sträubt, die er blos unter dem Gesichtspunkte eines Eingriffs
in seine Verfassung betrachtet"
„lieber dieses vielleicht unbedeutend scheinende Geschäft,
welches aber äusserst fruchtbar an guten und bösen Folgen
werden kann, ruft ihn seine Pflicht als Staatsbürger und als
Diener Seiner Majestät auf^ seine auf Erfahrung und innerliche
Ueberzeugung gegründete Meinung hier umständlicher zu ent-
wickeln. — Die Majora der Konferenz gehen aus dem Grund-
satze aus,
a) dass die Stände die Repräsentanten des Volkes
sind, und dass
b) der Landesfürst durch seine Machtvollkommen-
heit eine unvollkommene Repraesentationsart selbst allein
verbessern könne.
Insofeme der erste Satz nicht zu bestreiten wäre, könnte
man freilich auch der Zulässigkeit des Bürgerstandes und später-
hin auch des Bauernstandes, da wo der nexus subditelae
gehoben ist, als einer Forderung strengen Rechtes nichts
entgegensetzen. Dass die Stände dieses aber nicht sind, nach
ihrer bisherigen Verfassung nie sein konnten, dieses
kann Niemandem, der auch nur die oberflächliche Kenntniss
davon hat, zweifelhaft scheinen. Anstatt also zu sagen: die
Stände sind Repräsentanten des Volkes, mithin gehören
auch die Bürger dazu, sollte das Argument so lauten: die
St^de soll teil die Repräsentanten des Volkes sein, mithin
— 80 —
sollten auch die Bürger dazu gehören. Dann aber liegt
in dem Argument eine peütio principiii so lang die Vor frage
nicht als entschieden vorausgesetzt werden kann.*'
„Mit der Erörterung dieser letzteren sollte also die Be*
rathschlagung eigentlich angefangen und das Problem aufge-
worfen werden:
„Ob die dennalige ständische Verfassung, vermög welcher
einer bestinunten Klasse von Menschen das Recht, in öffent-
liche Angelegenheiten einen mehr oder minder beschränkten
Einfluss zu nehmen, eigen ist, in eine förmliche National- oder
Volksrepräsentation umzusetzen sei?" — ein Problem, welches
von so entscheidender Wichtigkeit ist, dass ich nicht zu viel
zu sagen glaube, wenn ich behaupte, dass unter gegebenen
Umständen und bei den jetzt herrschenden Lieblingsideen das
Schicksal der Monarchie seiner Zeit davon ab-
hängen kann; ein Problem, welches zwar hie und da als
entschieden vorausgesetzt wird, niemals aber in unsem
Dicasterien zur reiflichen Untersuchung gekommen ist''
„Diese Untersuchung gehört eigentlich auch nicht hieher,
nachdem der Hofkammerpräsident weit entfernt ist, den Bür-
gerstand ausschliessen zu wollen, sondern nur den Satz, aus
welchem einige Stimmen dessen Zulässigkeit als ein aus der
Natur der ständischen Repräsentation fliessen-
de s Recht folgern, bestreiten zu müssen glaubt; weil er ihn
für den Landesfürsten als äusserst bedenklich ansieht, zumal
bei den über Volks- und Monarchenrechte sich verbreitenden
Meinungen."
„Die erste Folge dieses als richtig vorausgesetzten
Satzes, nämlich die Zulassung des Bürgerstandes, wird zwar
der öffentlichen Verwaltung willkommen sein; der zweite
Schritt, der unausbleiblich darauf folgen muss, eine
gleiche Forderung von Seite des Bauernstan-
des, wird gewiss auch und mit guten Gründen Vertheidiger
finden."
„Wie wird es aber dann aussehen, wenn diejenigen, zu
eieren Vortbeile man den Satz gelten lassen will, mit deq-
— 81 —
jenigen Folgerungen, welche die öffentliche Verwaltung
daraus zulassen w i 1 1 , seinerzeit sich nicht zufrieden
stellen werden? Wie, wenn sie auf dem Wege der näm-
lichen Theorie, andere dem Landesfürsten und dem Lande
weniger gleichgiltige Wahrheiten gefunden zu haben
glauben; wie, wenn sie, nachdem sie einmal von Rechts-
wegen, gegen den Willen des Adels und des Qerus, zuge-
lassen und eingesetzet worden, auf eine der arithmetischen
Yolkszahl angemessenere Repräsentationsart dringen,
die privilegirten Klassen nach und nach ganz verdrängen
und eine wahre demokratische Repräsentation an die Stelle
zu setzen begehren ? wie, wenn sie nach einem zweiten glück-
lichen Versuch der Zudringlichkeit in der ständischen Ver-
sammlung die Frage aufwOrfen, ob die Repräsentanten
aller Volksklassen bloss dazu versammelt wären, um
aber das zu antworten, worüber man sie fragt, ohne
das Recht zu haben, auch unaufgefordert zureden; wie,
wenn daraus preces armatae entstünden? Mit einem Worte:
die Folgen, die aus dein Grundsatze der Repräsen-
tation fliessen, scheinen unübersehbar und bei Nationen, die
unaufgeklärt sind, doppelt gefährlich; wenigstens sind sie von
dem Gewichte, dass sie eher erwogen zu werden verdienen,
bevor die öffentliche Verwaltung eines monarchischen Staates
den ihr selbst am meisten gefährlichen Satz: die Stände
sind die wirklichen, die echten Repräsentanten
der Nation, durch Zwangsmittel aufstellt "^
„Der Hofkammerpräsident sieht also die Zuziehung des
Bürgerstandes als eine sehr erwünschliche, jedoch aus der
ständischen Verfassung nicht fliessende, mithin durch Befehle
nicht zu erzwingende, sondern durch eine geschickte Behand-
lung mit den Ständen mittelst ihres freiwilligen Beitritts zu
erzielende Anstalt an.^
Chotek m. p.
— «2 —
Beilage IV.
Bericht der steiermärkifichen Stände an das hocUöbl.
k. i. ö. Onberninm vom 8. September 1790 über ein
durch Onbi-Verordnnng vom 21> Angnst d. J. um Be-
richt zugefertigtes Gesuch dreier Bürger im Namen
der landesfürstl. Städte und Märkte dieses Hersogthumsi
zu den allgemeinen Landtagen durch Ortschaftsdeputirte
zugezogen zu werden').
In der Anlage Nr. 1 brachten Anton Raspor, Bürger zu
Leoben, Franz Haas, Bürger zu Gratz und Joseph Weninger,
Bürger zu Knittelfeld, im Namen der landesfbrstlichen Städte
und Märkte Steiermarks bei Seiner Majestät unserem gnädigsten
Landesfürsten an: die in A verzeichneten Städte und Märkte
wären bei Gelegenheit, dass Seine Majestät den Landständen
dieses Herzogthums aufgetragen, sich in einem Landtage zu
versammeln und mit einziger Rücksicht auf d&s allgemeine
Beste des Staats ihre Beschwerden und Bitten vorzulegen, zu
diesem Landtag durch Depuürte zugereiset, aber von den drei
obem Ständen zu den Berathschlagungen nur durch ihren
Marschall (Repräsentanten) zugelassen worden.
Sie wären daher in die Nothwendigkeit versetzet worden,
die ihres Orts nach Inhalt des Leitfadens B bearbeiteten Bitten
und Wünsche durch den Marschall bei dem Landtage einlegen
zu lassen und in C zu bitten, dass sie in ihre ursprüngliche
Wirksamkeit, mithin in Sitz und einzelnweise Stimme mittels
Ortschaftsdeputirte bei den Landtagen anwiederum rückeinge-
führt werden möchten.
0 Auf den Abdruck der Beilagen dieser Beilage yenrichten wir, weil der
Inhalt eio68 Theiles derselben ohnehin dem Texte eingeflochten ist
und die äor^ i>i<^bt gewürdigten zwar fär die Stände-Geschichte des
XVI, j y^fbunderts von Belang sind, jedoch mit dem Gegenstande der
^'orlj^i^ >,0 Abhandlung wenig zu schaffen haben. Das Gleiche gilt
yoD ^ ^^^ilagen der Beilage V.
— 83 —
Sie wünschten zwar über sämentliche in B verzeichnete
Gegenstände von Seiner Majestät selbst oder von einer gnädigst
angeordneten Kommission vernommen zu werden ; da sie aber
die Hoffnung hätten, dass ihre Bitten ohnehin Seiner Majestät
mit den übrigen Landtagsakten würden übergeben werden, so
wollten sie ihre Bitte dermal nur auf obige in G einschränken,
an deren Grewährung ihnen aber um so mehr gelegen sei,
als die Ausschliessung von den allgemeinen Landtagen ihnen
immer mehr und mehr Nachtheil brächte und sie sich von
den drei obem Ständen kein günstiges Einrathen zu erwarten
hätten.
Sie müssten daher Semer Majestät vorstellen, dass zur
nämlichen Zeit, als die ständische Verfassung beinahe zur
Scheiterung gekommen, auch sie als der vierte Stand
ihr Ansehen und Wichtigkeit verloren hätten, und da m den
Landtagen wenig oder gar nichts Wichtiges vorgekonunen,
diese somit zu leeren Feierlichkeiten geworden, so hätten sie
Städte und Märkte zur Ersparung der Unkosten für dienlich
erachtet, lediglich durch einen Marschall zu Landtagen zu
erschemen
Dieses durch einhundert Jahre gemachte Benehmen der
Stadt und Märkte habe die drei obem Stände verleitet, das
sub C gemachte Begehren zu verweigern und auch den städti-
schen Marschall vom ständischen Ausschusse auszuschliessen.
Die alte Verfassung in Rücksicht der Städte und Märkte
bestehe in Steiermark eben also, wie in dem Lande Oester-
reich ob d. Enns, nämlich, dass sie Städte und Märkte zum
Landtage durch Ortschaftsdeputirte erscheinen dürften und
dass auch aus ihnen zwei Individuen zum ständischen Aus-
schusse zu erscheinen hätten; dieses beweisten sie durch die
Vorladung Erzherzogs Ferdinands v. J. 1525 zum Landtage
in Brück in D, durch jene von Ebendemselben zum Landtage
m Gratz im Jahr 1527 in E, durch die Vorladung des Lan-
deshauptmanns und Vicedoms zum Landtage in Gratz im Jahre
1528 in F, durch jene Erzherzogs Karls zum Landtage in
Gratz im Jahre 1582 in G, durch die Vorladung Seiner
6*
— «4 —
Majestät Kaiser Rudolph's zum Landtag in Gratz im Jahre
1590 in H und durch die Einberufung von Seite der Ver-
ordneten eines Individuums aus Leoben zum ständischen Aus-
BchvißB im Jahre 1584 in J.
Da nun die drei obem Stände die alte ständische Ver-
fassung hergestellt wünschten, so wünschten auch sie landee-
fbi*stliche Städte undMärttedes allgememen Bestes wegen ihres
in der Verfassung sich gründenden Begehrens gewähret zu werden
und zwar aus Ursachen, weil die landesfbrstl. Städte und Märkte
vor dem Recess vom 15. September 1699 laut Ausweises sub
K mit 6002 Pfd. 2 ß. Herrengült beansagt gewesen und bald
mit m 48, bald mit m/24, mit m/31, mit m/50 und itzt noch
mit m/40 f. ordin. Contribution beleget, folglich sowohl in Rück-
sicht der Gütter als der Volksmenge einen beträchtlichen Theil
des gemeinen Wesen ausmachten; das allgememe Beste be-
stehe aber m der Verbindung des Besten aller einzelnen
Stände; ohne Verletzung des allgemeinen Besten könne dem-
nach kein Stand ausgeschlossen werden; es gesdiehe aber
dieses, wenn sie Städte und Märkte nur durch eine Stimme
und zwar mit der letzten Stimme zugelassen würden; dieses
verursache, dass, wenn sich die Interessen der verschiedenen
Stände manchmal kreuzten, er Marschall nothwendiger Weise
schon zum voraus die mehrem Stimmen wider sich und auch
bei einer neuen Umfrage keiner Beistimmung sich zu ver-
trösten habe.
Der Marschall könne aber auch das Interesse der Städte
und Märkte nicht jederzeit zum Besten vertreten, weil er so-
wohl wegen Entlegenheit der Städte und Märkte, als auch oft
wegen Kürze der Zeit und aus Mangel der vorausgehenden
Ueberlegung des Landtagsgegenstandes die genügsame Mor-
mation nicht erhalten könne.
Aus diesem folge nun, dass das Beste der landesfbrstl.
Städte und Märkte nur durch Erscheinung zum Landtage durch
Ortschaftsdeputirte und durch Zuziehung der aus ihnen ge-
meinschaftlich erwählten Individuen zum städtischen Ausschusse
nach dem Beispiele der Städte und Märkte m Oesterreich ob
— 85 —
der Enns erzielet, mithin das allgemeine Beste aller Stände
nur durch diese Veranlassung festgesetzet werden könne.
Sie gesammte landesfilrstliche Städte und Märkte mtlssten
Seine l^jestät demnach bitten, den drei obem Ständen dieses
Herzogthums anzubefehlen, zu den allgemeinen Landtagsver-
sammlungen von den Städten und Märkten Ortsdepuürte zu-
zulassen, ihnen einzelnweis Sitz und Stimme zuzugestehen und
aus ihnen Individuen zum ständischen Ausschusse beizuziehen.
Endlich tragen Eingangs bemelte Bittsteller in der sub
Nr. 5 beigelegten Schrift weiters nach : Es weise das brucker
Libell vom Jahre 1519 aus, dass in diesem ein Büi^er von
Gratz und (einer) von Leoben unterfertiget sei, folglich die
Stadt und Märkte in Landtagen sowohl, als im ständischen
Ausschuss und zwar im letzten mittels zweier Individuen aus
ihrem Mittel Sitz und Stimme hätten.
Dieses ist der wesentliche Inhalt der sub Nr. 1 et 5 bei-
liegenden Bittschriften, worüber von den Ständen Steiermarks
vermög Verordnung vom 21. August Bericht abgefordert worden.
Die drei obem Stände dieses Herzogthums erstatten diesen
und bemerken vor allem, dass die in den Beilagen B und C
enthaltenen Beschwerden und Bitten der landesfQrsÜichen Stadt
und Märkte durch die ständischen Deputirten mit den übrigen
Landtagsakten Seiner Majestät unserm gnädigsten Landes-
fllrsten werden überreichet werden.
Ueber den Inhalt der zwei oben angezogenen Bittschriften
aber erklären die drei obem Stände hiemit: „dass sie niemalen
der Kommunität der in A verzeichneten landesfürstl. Städte
und Märkte widersprochen haben, der vierte Stand dieses
Herzogthums zu sein; dieses erprobt die allzeit beschehene
Einberufung des städtischen Marschalls zu den Landtagsver-
sammlungen ; eben so wenig wollen sie den Städten und Märkten
das Recht benehmen, zum Erbhuldigungsakt durch Deputirte
zu erscheinen.^
„Die Erscheinung zu Landtagen durch Ortschaftsdeputirte
mit einzelner Sitz und Stimme, und die Zuziehung der von
Städten und Märkten gewählten Individuen zum ständischen Aus-
— 8« —
Schüsse aber können die drei obem Stände den Städten und
Märkten nicht eingestehen; dann die landesfUrsU Städte und
Märkte in particulari sind kein Landstand ; ein Beweis dessen
ist, dass die in der Kommunität nicht befindlichen 7 land^fbrst-
lichen Städte und Märkte Pettau, Fridberg, Rann, Eimberg,
Fehring, Hochenegg, Metnick weder Sitz noch Stimme haben;
es ist also nur die Kommunität der 31 Stadt und Märkte, die
in A verzeichnet sind, nach ihrer Vereinigung als der vierte
Stand angenommen worden, machen somit in Rucksicht der
Stände ein Corpus aus, und können eben so wenig mehr
Stimmen im Landtage haben, als eine geistliche
Kommunität; ungeachtet diese auch mehrere landschaftl.
Realitäten und in mehrem Kreisen besitzet **
,)Seit undenklichen Jahren haben die Städte und
Märkte immer ihren Marschall gehabt, der ihr Bestes auf den
Landtagen besorget und mit einer Stimme vertreten hat;
dieses beweisen die im ständischen Archive vorfindigen Land-
tagsprotokolle vom Jahre 1565 an bis auf itzige Zeiten.*^
^Den voUkommsten und überzeugendsten Beweis aber liefern
die sub Nr. 2^ 3. und 4. beigezogene vidimirte Abschriften
aus den Landtags-Handlungs-Protokollen vom Jahre 1567 und
1568, allwo aus dem Rathschlag sub Nr. 2 de dato 16. Dezember
1567 zu ersehen ist, dass die Städte und Märkte unter sich
einen Ausschuss benennen, doch nur nach dem schon damals
alten Herkommen auf die Landtage durch eine erkttste Per-
son und mit einer Stimme ihre Meinung fürbringen könnten;
weiters zeiget der in der Beilage sub Nr. 3 über diesfällige
und über andere Gegenstände von Stadt und Märkten ge-
führten Beschwerden von ständischer Seite im folgenden Jahre
erstattete Gegenbericht, dass sie durch den hiesigen Bürger-
meister oder Richter, auch sonst einer andern hiezu erbette-
nen Person ihre Stimme nach dem alten Herkommen und Ge-
wohnheit zu geben gehabt hatten, und dass, wenn auch De-
putirte der Städte und Märkte erschienen, sie in oder ausser
der Landstube ihre Berathschlagungen gehalten und zuletzt,
wenn die Umfrago an sie jjjekoramen ist, durch den Bürger-
— 87 —
meister oder durch eine andere hiezu erbettene Person ihre
Stimme abgegeben haben. ^
„Endlich beweist die Beilage Nr. 4, dass unterm 13. No-
vember 1568 die Stadt und M^kte von ihrer vorigen Be-
schwerde und Begehren von selbsten abgegangen sind; wie
dann auch bisanher diesfalls keine weitere Beschwerde, als
gegenwärtig, mehr rege gemacht worden. Durch das angeführte
ununterbrochene alte Herkommen, durch den von mehr als
200 Jahren erwiesenen Besitzstand und durch die angeführten
Urkunden zerfallen die dem Rekurs beiliegende vermeintliche
Beweise in D, £ und 6, da diese Einberufungen zum Land-
tage nach Beweis der oben angeführten Urkunden Nr. 2, 3
et 4 zu keinem andern Endzweck haben beschehen können,
als um sich mit den andern Städten zu berathschlagen und
um jemanden auszuwählen, der die Stimme der Stadt und
Märkte auf dem Landtage führe ; die Beilage F zeiget nur an,
dass die Städte und Märkte einen Ausschuss unter sich ge-
wählet, worunter vorzüglich die Stadt Leoben begriffen war.
Die Beilage H betrifft lediglich die Vorladung zum Erbhuldi-
gungsakt, zu welchem durch Deputirte zu erscheinen, den Stadt
und Märkten nicht streitig gemacht wird; aus der Beilage 6
aber ist nur zu entnehmen, dass eben der Stadt Leoben zu-
geschrieben worden ist, zum nächsten kleinem Landtag oder
Landtagsausschuss durch einen Deputirten im Namen aller
Städte und Märkte zu erscheinen und bei dem hnmer be-
stehenden Ausschussraih auf einen aus dem Mittel der da-
maligen Verordneten zu kompromittiren. Hieraus folget nicht
nur die Richtigkeit des oben angeführten Satzes, dass die
Städte und Märkte auf dem Landtage niemal mehr als eine
Stimme gehabt haben, sondern auch, dass niemal ihr Vertreter
zum beständigen ständischen Ausschussrath zugezogen worden
sey ; dass aber zwischen einem wegen einem besondem Gregen-
stand vom Landtage gewählten Ausschuss und zwischen dem
beständigen ständischen Ausschussrath, der die ständischen An-
gelegenheiten ausser den Landtagen zu besorgen hat, ein Unter-
schied sey, ist ganz offenbar und bedarf keiner weitem Erläutemng. *^
— 88 —
Dieses nun Angeführte beziehet sich auf die Rechtsbe-
fugniss der drei obem Stände; nun wenden sie sich auf das
weiters in der Rekursschrift Angebrachte, und zwar:
^Die BittsteOer wollen mit der Beilage K beweisen, dass,
weil die Stadt und Märkte einsmal mit 6002 Pfd. 2 ß. Herren-
gült beansagt gewessen, und bald mit n\/48, ny!24, ny^l, nv50,
und dermal mit nv^40 fl. beleget wurden, sie in Absicht auf
Gütter einen beträchtlichen Theil des gemeinen Wesens aus-
machen; allem, da die landschaftlichen Freisassen, die Pfarrer,
Zechleute und andere kleine Gültensbesitzer viel mehr als
6000 Pfd. Herrengült zusammengenommen besitzen und doch
keinen Sitz und Stimme auf dem Landtage haben, so zerMt
dieses angefahrte Beweismittel von Selbsten, wird aber noch
mehr entkräftet, wenn man in Erwägung ziehet, dass selbst
diese von Bittstellern angeführte 6002 Pfd. niemal in Gülten
bestanden, sondern nur zu Formirung eines Anschlages an-
genommen worden; aber auch dieses Fictitium bestehet nicht
mehr, da die Stadt und Märkte seit undenklichen Jahren nicht
mehr nach Pfunden versteuert werden, sondern nach Verträgen
ein gewisses Kontingent entrichten; dass sie dieses Kontri-
butionskontingent, welches dermalen 39.759 fl. 28 kr, beträgt,
unter sich selbst, ohne Zuthun der drei obem Stände repar-
tiren; dass dieses Quantum nicht einmal unter der postulat-
mässigen jährlichen ordinari Kontribuzion von 1,100.000 fl. be-
griffen ist, sondern nur den Ständen durch Rezess vom 26. Oktober
1 748 § 2 als ein Adminikular-Fond zur Bedeckung der über-
nommenen Hofschulden übergeben worden und dass die drei
obem Stände dieses städtische rezessual-Quantum nicht erhöhen
und nicht vermindem können. Die Bittsteller haben also nicht
erwiesen, dass die Stadt und Märkte einen beträchtlichen
Theil m Rücksicht der Gütter, noch auch in Rücksicht des
Kontribuzionsbetrags ausmachen, und das letzte um so we-
niger, als das einzige Stift Admont um ni/20 fl. ordin. Kontrib.
mehr zur Landschaft entrichtet, als alle in der Kommunität
stehende Stfidte und Märkte."
n^nstteifi^^ ist die wesentliche Grundlage der ständischen
— 89 —
Verfassung und (sind) die wichtigsten Gegenstände der stän-
dischen Versammlungen die Richtigstellung und Vertheilung
der Kontribution, dann die Aufrechthaltung des öffentlichen
Landeskredits. Dass die Stadt und Märkte der erste Gegen-
stand nicht betriüt, ist bereits erwiesen; dass sie aber auch
zum öffentlichen Kredit nichts beitragen können, ist ausser
allen Zweifel gesetzt, da sie sehr unbeträchtliche landschaft-
liche Realitäten besitzen und nur diese und nicht einzelner
Privatreichthum sind das Unterpfand des ständischen Kredits ;
dieses ist auch die Ursache, dass der vierte Stand nicht, son-
dern nur die drei obem Stände in den öffentlichen landschaft-
lichen Schuldbriefen unterfertiget sind.^
„Die wichtigsten Gegenstände, welche das Beste der Stadt
und Märkte betreffen können und von welchen der städtische
Marschall immer genugsam informirt seyn kann und von Amts-
wegen seyn soll, sind: die Aufrechthaltung ihrer städtischen
und Innungsprivilegien ; Selbstverwaltung ihres Gemeinvermögens
und ihrer Kassen ; die Ausübung ihrer Gerichtsbarkeit ; Beför-
derung des Handels und Wandels, des Gewerbbetriebs, der
Nahrungswege und Industrie; die Hindanhaltung der so lästi-
gen Militär-Einquartierung und dergleichen mehr; dieses sind
Gegenstände, die die drei obem Stände unmittelbar niemal
betroffen haben, sondern nur mittelbar und im Allgemeinen;
hieraus folget, dass das gemeinschaftliche Interesse der obem
Stände mit jenen der Stadt und Märkte und vice versa fast
in keiner Verbindung stehet, ihnen also zu keinem
Nachtheü gereichen kann, dass sie im Landtage nach dem
alten Herkommen und Landesverfassung nicht mehr, als
eine Stimme haben ; ganz umgekehrt aber wäre der Fall der
obem Stände, wann die in der Kommunität stehende Städte und
Märkte mit 31 Stimmen, mit welchen sie fast immer die Miyora
machen würden, im Landtage über Sachen entscheiden sollten,
welche sie Städte und Märkte fast gar nicht betreffen, für die
drei obem Stände aber von grösster Wichtigkeit seyn müssen.
Hätte aber auch dieser Fall jemals existirt, so würden die drei
obem Stände sich gewiss wider dieses ihnen so nachtheilige
- !PÜ —
Ueborgenicht liiedurch gesdiUtzet h^)en. dass sie jedem Land-
stand so viele Stimnien als Jeder einzelne inkata-
strirte Gülten besessen hatte, eingerSumet, und die Abwesende
angehalten haben wQrdeo, durch BevoUmftchtigte ex gremio
ihre Stimmen abzutieben."
„Wann die drei obern Stände nicht schon durch Urkunde^
auf das Klarste bewiesen h&tten, dass die StAdte und Märkl
oiemal mehr, als eine Stimme auf den Landtagen gehabt hi
ben, 80 w&re die Richtigkeit dieses Satzes schon aus der g(
gründeten Vermuthung zu ziehen, weil es niemal möf^c
gewesen wftre, dass sie sich mit 31 Stimmen aus ihrei
B^tzstand hätten verdr&ngen lassen."
„Ganz unrecht wird von Bittstellern angefOhret, dass di
Stadt und Markte erst damals au^ehftret hatten, durch Orte
deputjrte zum Landtage zu erscheinen, als das Ansehen d(
Stande zu scheitern angefangen und die Landtage zu leere
Feyerlichkeiten geworden waren; das unterm 6. Oktober 173
von Wailand Kaiser Karl VL eigenhändig unterfertigte Diploi
beweiset, dass bis dahin alle ständischen Privilegien unvei
letzt erhalten worden sind und wenn auch unter den letzte
zwei Regierungen die ständischen Freiheiten angegriffen woi
den sind, so zeigen doch die vielfältigen ständi
sehen Akten und ist in Jedermann's Gedachtnist
dass eben unter diesen letzten Regierungen di
wichtigsten Gegenstände in Landtagen vorgf
kommen, davon man nur vier der vorzüglichsten anftlhre
will, als : die (Steuer-) Rekti&kazion vom Jahr 1752, die Herat
Setzung der täghchen Frohnen auf wochenüiche 3 Tage voi
Jahre 1778, die angetragene KinAlhrung der Tranksteuer voi
Jahre 1780 und endlich das neue Steuersystem vom Jahi
] 7B'J, bei welchen vier Gegenständen es um Einführung eine
neuen beträchtlichen Steuer, um merkliche Verminderung eine
alten Genusses, um Beseitignng einer dem ganzen Lande un
aiJen /nsasc^n gehässigsten Regie, ja wohl gar, wie bei de
letzten. „ tjab und Gut. mn Siclierbeit und um Eigenthui
''¥'"
war."
V
— Ol —
„Sind wohl diese Landtage leere Feyerlichketten gewesen ?
uud sind wohl die Städte und Märkte bei diesen Landtagen
änderst, als durch ihren Marschall erschienen ?''
ijWas die Beschwerdeführer weiters von der Aehnlichkeit
der oberösterreichischen Landesverfassung anführen, kann kei-
nen Beweis fOr die Städte und Märkte machen, da jedes Land
seine eigene Verfassung hat und von einer Landesverfassung
auf die andere nicht gültig geschlossen werden kann.**
y,Ueber die Beilage L, worin dem Anton Baspor, dem Joseph
W eninger und Franz Haas die Voümacht zur Einlegung dieser
Beschwerde im Namen der Städte und Märkte ertheüt ist,
müssen die 3 obem Stände bemerken^ dass solche nur eine
unbeglaubte Abschrift ist und dass sich darin der (Jeorg Fidel
Schmid als Bevollmächtigter der Stadt und Märkte des mahr-
burger Kreises, Franz Haas des zillier Kreises, Franz Dimböck
des brucker Kreises, Joseph Fohr des judenburger Kreises
und Anton Andre Pächler des grazer Kreises unterfertigt ha-
ben, ohne selbst von den Stadt und Märkten der
angegebenen Kreisen eine Vollmacht aufzuwei-
sen und dass sogar Franz Haas sich selbst die Vollmacht
gegeben habe.**
.Endlich muss über den in Nr. 5 hiemit rückfolgenden
Nachtrag der Bittsteller angeführet werden, dass das angezo-
gene brucker Libell vom Jahre 1519 keineswegs erprobe (wie
die Bittsteller behaupten wollen), dass am Sonntage Oculi sel-
ben Jahrs zu Brück an der Muhr ein steyrisch-ständischer
Landtag oder ein Ausschussrath gehalten worden sey, sondern
die Einsicht dieser Urkunde von Fol. 26 bis. 31 nach der
grazer Auflage im Jahre 1566 beweiset, dass es sich damals
nur zwischen den Ländern Ober- und Niederösterreich, Steyer-
mark, Kärnten, Krain und Tyroll nach Absterben Kaisers Maxi-
milian des ersten um eine gemeinschaftliche Ländervertheidi-
gung, um Absendung einer Bothschaft an König Karl nach
Spanien und an Erzherzogen Ferdinand nach den Niederlan-
den und um Regulirung des Münzwesens gehandelt hatte. Es
war also ein förmlicher Länderkongress, zu welchem die Stände
— 92 —
abschicken konnten, wen sie wollten und in wen sie ihr Ver-
trauen setzten; wobei die Abgesandten nicht nach Stammen
oder ihrer eigenen Meinung, sondern nach der ihnen vom Lande
gegebenen Instrukzion handeln mussten und in diesem Libell
Fol. 31 findet sich die Klausel beigesetzt, dass diese Hand-
lung allen und jeden Landschaften an ihren Freiheiten, altem
Herkommen und Grebräuchen unschädlich seyn sollte.*
„Da die drei obem Stände nun vollkonunen erwiesen, dass
sie in einem, schon vor 200 Jahren undenklich gewesenen
Besitzstand stehen, in den Landtagen von den in der Kommunität
stehenden landesfbrstlichen Stadt und Märkten nur eine
Stimme durch ihren Vertretter zuzulassen ; dass dieses durch
die unwiderleglichen Urkunden Nr. 2, 3 und 4 bekräftiget
und sogar dargethan wird, dass die Stadt und Märkte schon
vor 200 Jahren von einer ähnlichen Forderung von Selbsten
gefallen sind; auch zugleich durch angezogene Urkunden
der Bittsteller vermeintliche Beweisstücke entkräftet sind; da
die drei obem Stände endlich gezeiget haben, dass durch Bei-
behaltung der fortwährenden Verfassung den Stadt und Märkten
kein Nachtheil, durch die angesuchte Neuerung aber den drei
obem Ständen m deme ein empfindlicher Schaden zugehen
würde, weil durch den Zuwachs von mehrem Stimmen einer
Kommunität das Verhältniss der Stände unter sich
verändert und dadurch ihre Freiheiten im wesentlichen
verlezt würden: so bitten die drei obem Stände dieses Her-
zogthums eine hohe Länderstelle, m ihrem Berichte an die
vereinigte Hofstelle dahin anzutragen, dass die Hofrekurrenten
mit ihrem Gesuch um so mehr abgewiesen werden möchten,
als sie mit demselben, in welchem es zwischen den drei obem
Ständen gegen den vierten um eine Rechtsbefugniss zu
thun ist, auch im Wege Rechtens niemals würden aus-
langen können.**
Gratz lun 3. September 1790.
Ferdinand liraf von Attenis m. p.
der Steyrfschen Stände Verordneter.
— 93 -
Beilage V.
Bericht d. i ö* Gab e min ms an die k. vereinigte Hof-
kanzlei vom 17. September 1790 über die Bitte der
landesfnrstl. St&dte nnd Märkte Steiermarks, bei den
allgemeinen Landtagsversammlungen mittels eigener
Ortsdeputirten mit Sitz nnd Stimme zn erscheinen, nnd
über die von Seite der Herren Stände hierüber gemachte
Einwendung ').
Das gehorsamste Gubemium, dem mit hohem Dekret vom
18. und empfang. 21. August d. J. Nr. 1519 — 29 nachEin-
vemehmung der Herren Stände über die angebogene Bitte der
landesiürstl. Städte und Märkte Steiermarks, womit sie den
allgemeinen Landtags-Versammlungen nicht in der Person eines
alle vertretenden Marschalls oder Repräseotantens^ sondern
mittels eigener Ortsdeputirten mit Sitz und Stimme beigezogen
und aus ihrem Mittel auch ein beständiger Ausschussrath ge-
wählet werden möchte, Bericht und Gutachten zu erstatten
aufgetragen worden ist, glaubt der hohen Erwartung am sicher-
sten zu entsprechen, wenn es sich
a) das Recht, auf welches die Städte und Märkte ihre Bitte
gründen, mit Entgegenhaltung der von den Herren Ständen
^ gemachten Einwendungen, und dann auch
b) die Vortheile, welche allenfalls mit der Grewährung ihrer
Bitte verbunden sein können, genauer zu untersuchen be-
mühet
Die Entscheidung der Vorfrage, ob nicht jede der in den
Beilagen verzeichneten 31 steierm. Städte und Märkte fbr ein
besonderes zum Sitz und Stimme geeignetes ständisches Mit-
glied gelten könne und ob es billig seie, dass sie aUe zu-
sammen, als Kommunität betrachtet, sich eben in eine einzige
^) BezOi^ch der nicht zum Abdruck gebrachten Allegate verweisen wir
auf die Anmerkung -zw Beilage IV.
— 94 —
Stimme vereinigen müssen ? — trägt zur Beurtheilung der bei-
den, dem gehorsamsten Gutachten zum Grund gelegten Haupte
abtheilungen sehr vieles bei.
Man muss aufrichtig bekennen, dass diese Behauptung
von Seite der Herren Stande mit der von ihnen selbst an-
erkannten Wahrheit, dass die benannten Städte und Märkte
den vierten und letzten Stand des Provinzialkörpers ausmachen,
sich nicht allerdings vereinigen zu lassen scheine, und wenn
man auch nie in Abrede stellen kann, dass der geistliche,
der Herren- und der Ritterstand den leztem nach dem einem
jeden anklebenden Interesse weit überwiegt, doch das Ver-
hältniss gegen alle Billigkeit verletzet werde, indem man die
Städte und Märkte auf eine einzige Stimme einschränket, wo
inzwischen jeder der drei übrigen höheren Stände noch immer
in der ungehinderten Befugniss erhalten wird, sich durch
mehrere, und was den Herren- und Bitterstand betrifft, durch
beinahe eben so viele Stimmen bei den Landtagsversamm-
lungen zu erklären, als er Glieder zählet, aus denen er zu-
sammengesetzet ist, obgleich viele derselben auch
nicht eine Spanne Erde aufzuweisen haben. Hier-
aus, und aus dem weitem Satz, dass jeder, was er durch einen
Bevollmächtigten zu thun befugt ist, auch durch sich selbst
thun könne, und dass folglich die landesfQrstlichen Städte und
Märkte, nachdem sie auf den Landtagsversammlungen mittels
eines Repräsentanten zu erscheinen befugt sind, auch eben so-
wohl selbst Sitz und Stimme zu nehmen befugt seien, hätte
das gehorsamste Gubemium die in der Natur und Eigenschaft
eines Standes liegende klare Schlussfolge leiten zu dürfen ge-
glaubt, dass, wo es besondere Umstände erheischen,
ihnen das blinde Einverständniss mit der Stimme eines einzi-
gen nicht aufgedrungen, sondern freigelassen werden könnte,
den Landtagsversammlungen durch eigenen Sitz und Stimme
beizuwohnen.
Allein diese Freiheit ist ihnen, so weit es Urkunden
giebt, welche die Sorgfalt älterer Zeiten den kommenden
Enkeln zur Nachlese aufbewahret hat, nie eingestanden worden.
— 95 —
Was auch die Hofrekurrenten mit ihren aus dem 15. Jahr-
hunderte gezogenen Abschriften zu erweisen glauben, wird durch
eben so rechtskräftige Gegenbeweise von dem nämlichen Zeit-
alter widerlegt Die Vorladungen zu den abgehaltenen Land-
tagsberathschlagungen, auf welche sie sich berufen, mögen
immer bei ihrem auch noch so guten Werthe gelassen wer-
den, so verträgt er sich doch nach dem Sinn, den ihnen die
Hofrekurrenten beizulegen suchen, mit den Auszügen aus den
Landtags-Protokollen von dem nfimüchen Jahrhunderte keines-
wegs, welche die Herren Stände zu ihrer Rechtfertigung bei-
gebracht haben.
Aus den Urkunden der Hofrekurrenten vom Jahre 1519
bis 1590 ist nur ersehlicb, dass die Städte Leoben und Mar-
burg bei den Landtagen durch Bevollmächtigte zu erscheinen
voi^efordert worden sind, und dass das Brucker Libell ein
Leobner und ein Oratzer Bürger mit unterschrieben habe.
Die Urkunden der Herren Stände von den Jahren 1561
und 1568 hingegen zeigen, duss den Städten und Märkten
zwar auch ihren Ausschuss zu benennen, jedoch, wie von Alters
herkommen, auf die Landtags - Proposizion nur durch eine
erkieste Person und durch eine Stimme ihre Meinung vor-
zubringen erlaubt worden. Sie zeigen femer, dass die Städte
und Märkte zuwider allem Herkommen und löbl. Gewohnheiten
in den Landeszusammenkünften ein jeder Flecken für sich selbst
seine Stimme zu haben zwar begehrt, dass sich aber dem un-
geachtet der Brauch erhalten habe, dass ihnen alsbald Ab-
schrift der Landtagsproposizion zugestellet und, wenn der
Landmarschall die Landtagsproposizion zu berathschlagen vor-
getragen hat, nach Anhörung der Landleutsthnmen auch auf
ein Ort im Landhaus, in oder ausser der Landstube, zusammen-
zutreten, untereinander Berathschlagungen zu halten, und zu-
letzt, wenn die Umfinge an sie gekommen, durch den Bürger-
meister oder Richter allhier oder sonst einen andern dazu
Erbetenen ihre Stimme auch zu geben gestattet worden. End-
lich zeigen sie, dass sie diese Art, die Städte und Märkte zur
Stimmung zuzulassen mit dem Zusätze an den allerhöchsten
— 96 —
Landesftkrsten angezeigt haben, sie könnten aus diesem alten
Herkommen und Gewohnheit gar nicht gehen und hofften
Se. Erzherzogliche Durchlaucht würden gnädigst darob halten,
dass sie weder in diesem noch anderm efaiige Neuerung nicht
suchen woUen.
Soll man nun diese beiderseitigen Urkunde vei^eichen
(wie sie auch, um in Gegenständen, welche Landesyerfassungen
betreffen, keinen Widerspruch anzunehmen, nothwendig ver-
glichen werden mOssen) : so hat man pro basi yorauszusetzen,
dass, nachdem laut der ständischen Protokolle schon im Jahre
1561 und 1568 das Begehren der Städte und Märkte, den
Landtags-ZusammenkOnften nach der Zahl der Flecken mit Sitz
und Stimme beizuwohnen, dem alten Herkommen und der Ge-
wohnheit zuwiderlaufend befunden worden, sich auch aller Grund
zur Vermuthung verliere, dass diese Gewohnheit jemals be-
standen habe. Hat diese Gewohnheit aber schon vorher nie
bestanden, so abersteigt es alle Möglichkeit, dass sie m dem
nämlichen Jahrhunderte habe erwachen können, in welchem
man ihrer Entstehung das Muster einer von den Ansprttch^i
der Beschwerführer sehr unterschiedenen Beobachtung ent-
gegengesetzet und geltend gemacht hat
Dass alle den vierten Stand ausmachenden 31 Städte und
Märkte ähnliche Vorladungen, wie sie von Marburg und Leoben
beigebracht worden, erhalten haben, wird von den Hofrekur-
renten nicht erwiesen, und kann ohne Zweifel nicht erwiesen
werden, weil man im Widrigen alles, was man in diesen Bezug
aufzufmden im Stand gewesen, beizubringen nicht unterlassen
haben würde. Hieraus folgt also der Schloss, dass von den
31 Städten und Märkten nur die Städte Brück und Leoben
durch eigene Bevollmächtigte zu erscheinen vorgeladen, bei den
übrigen aber dem alten Herkomme der Lauf gelassen, und
ihnen nur der Gebrauch des gemeinschaftlichen hiesigen Re-
präsentanten vorbehalten worden. Wollte man aber auch zu-
geben, dass ähnliche Vorladungen oder Aufforderungen an alle
ohne Ausnahme ergangen wären, so ist aus dem Inhalte der-
selben, ob unter der angesonnenen Erscheinung mittels eines
— 97 —
Bevollmächtigten eben die sonderheitliche Benennung
und Absendung eines Bevollmächtigten von jedem Orte oder
nur die üebertragung der Vollmacht an einen gemeinschaft-
lichen Vertreter gemeinet worden, auf keine Weise deutlich
abzunehmen, am allerwenigsten aber erweislich, dass sie darum,
weil sie zu einer oder der andern Landtags-Zusammenkunft
mittels einzelner Vertreter einberufen worden, auch
einzeln weise Sitz und Stimme genommen und nicht viel-
mehr der oben angeführten üebung, nach angehörter Propo-
sizion und Stimmung der Landleute unter sich, und mit ihrem
Marschall oder Bepräsentar in eine abgesonderte Berathschla-
gung zu treten, gemäss sich gehalten haben. Endlich ist es
zwar auch möglich, dass man nach der besondem Beschaffen-
heit der zur Landtagsberathschlagui^ gezogenen Gegenstände
auch die Intervenirung eines zweiten oder dritten Repräsen-
tanten, vorzüglich der bessern Städte wegen, sogar mit Sitz und
Stimme filr gut befunden habe; allein aus dem, was
sich einer willktthrlich gefallen lässt, erwächst
dem drittenkeinRecht zurForderung und es bleibt
noch immer eine unwiderlegliche Wahrheit, dass die
Städte und Märkte nach altem ständischen Herkommen und
Gewohnheit nicht mehr als eine Stimme zu geben be-
fugt sind, wie es Nikolaus von Bekmann in seiner Idea juris
statutarü et consuetudinarü Styriad et austriaci in der Grazer
Auflege vom Jahre 1688 auf der 452. Seite bemerket, wo er
sagt: Die Städte und Märkte im Herzogthum
Steier sindzweierlei Art Diese Städte qua Land-
stände haben ihren eigenen Marschall, derearum
nomine auf denLandtägen erscheinet und nebst
andern Landesgliedern ein Votum in Landtags-
sachen hat
Nachdem! das gehorsamste Gubemium Eine Hochlöbl ver-
einigte Hofkanzlei mit den Gründen bekannt gemacht hat, aus
welchen sich selbes überzeugt findet, dass die drei hohem Stände
den lezten (Stand) nie änderst als mittelst einer einzigen
Stimme ihren Versammlungen beizuziehen schuldig gewesen,
7
— 98 —
und ihn in eben so viel Stimmen, als erStftdte und Märkte z&hlet,
beizuziehen noch nicht schuldig seien, so gehet es zur Unter-
suchung der Vortheile aber, welche alleniallB mit d^ Gewäh-
rung ihrer Bitte verbunden sein könnten.
Wenn man in die Hauptursache dringet, warum mehrere
landesfbrstliche Stftdte und Märkte mit den drd hohem Stia-
den als ein vierter Stand veremiget worden sind, so dürfte
man nicht sehr irre gehen, wenn man behauptet, dass es nur
darum geschehen seie, weil sie theils selbst Goltonbesitzer,
theils Obrigkeiten und Vertreter unterthänige GrOnde besitzen-
der bürgerlicher Kontribuenten sind, deren Interesse mit dem
Hauptinteresse der vereinigten Stände, you dieser Seite be-
trachtet, in dem genauesten Zusanunenhange stehet Die Herren
Stände sagen es in ihrem Berichte selbst, dass die Bichtig*
Stellung und Vertheilung der Kontribuzion, dann dieAufrecfatr
haltung des öffentlichen Landeskredits, unstreitig die wesent-
liche Grundlage der ständischen Verfassung und die wichtigsten
Gegenstände der ständischen Versammlungen seien. Nun haben
aber die Städte und Märkte, die als äusserst üble
Wirthe von jeher bekannt und ungeachtet der Folgen
ihres gänzlichen Verfalls noch nicht klüger geworden
sind, zur Aufrechthaltung des öflfentlicben Kredits nichts
beitragen können; man muss sie also lediglich wegen Rich-
tigstellung und Vertheilung der Kontribuzion zum
Einfluss an den ständischen Berathschlagungen zugelassen haben.
Untersuchet man, was dieser Einfluss, wenn er ihnen
statt mit einer, mit 31 Stimmen gestattet würde, ftar besondere
Vortheile nach sich zöge, so entdecket sich, dass ihnen als
Gültenbesitzem keine mehreren zuwachsen können, als wofür
ihnen das Ueberge wicht der drei hohem Stände ohnehin
schon Bürge ist; dass ihnen aber auch als Unterthanen
oder als Vertretern der Unterthansgründe besitzenden bürger-
lichen Kontribuenten keine gewähret würden, nachdem der so
sehr grosse und äusserst wichtige Körper der Unterthanen
gar kein Stand ist, und bei den Landtagsversammlungai
mit keiner Stimme gehöret wird.
— 99 —
Dass es derlei Vorthefle bei den gewöhnlichen, gewöhn-
liche Landtagsgegenstande behanddnden Versammlungen gar
keine, oder doch keine besondem giebt, haben die alten Vor-
steher der Städte und Märkte sehr wohl eingesehen; sie haben
ihren Hoffnungen, den Wunsch, der Landtagssitzung mit eben
80 viel Stimmen als Ortschaften beizutreten, noch einst erfüllt
zusehen, freiwillig entsagt, haben den Auf wand, welchen
Zureisen und Zehrung bei dem oft langem Aufenthalte verur-
sachten, den Kräften ihrer Kasse und der Unwichtigkeit des
Erfolg entgegen gehalten und sich begnüget, die Rechte eines
vierten Standes mittels eines Repräsentanten zu behaupten.
Damit sollen sich auch ihre Nachfolger begnagen,
sie soll^ die Unwirksamkeit, oder doch die Entbehr-
lichkeit des sonderheitlichen Beitritts bei derlei
gewöhnlichen Berathschlagungen überdenken; sie sollen den
elenden Stand ihrer meist von Beiträgen armer städtischer
Konsumenten zusamm gebettelten Kasse untersuchen ; sie
aollen, wo sie in ihr^ bürgerlichen Gewerben, in Handel und
Wandel und überhaupt in politischen Veranlassungen einiger
Unterstützung, Erleichterung oder Abhüfe bedürftig zu sein
erachten, ihren Beschwer oder Bittzug von den ihnen vorge-
setzten Kreisäintem zu der Landes stelle nehmen und
dann sich überzeugen, ob sie noch Ursache haben, die ortr
weise Sitzung und Stimmung zu wünschen, oder wohl gar
die Wahl eines perpetuirlicheu Ausschusses aus ihrem
Mittel zu verlangen.
Was das gehorsamste Oubemium gegenwärtig von den
wenigen Vortheflen gesagt hat, welche mit der Oewährung des
Hofrekurses verbunden sind, glaubt man blos in Absicht auf
jene gewöhnlichen, obgleich nicht minder allgemeinen, Versamm-
lungen verstehen zu müssen, wo es sich um die wesent-
liche Grundlage der ständischen Verfassung, das ist: um die
Richtigstellung und Vertheilung der Kontribu^on, daim um
die Aufrechthaltung des öffentlichen Kredits handelt
Es können sich aber ungewöhnliche, noch mehr als
die Richtigstellung und Vertheilung der Kontribuzion zum
7*
— 100 -
Gegenstände habende Berathschlagungen eingeben, wo f Qr die
Städte and Märkte die Gewährung ihrer JKtte von der
äüssersten Wichtigkeit sein wQrda
Man will mit den Worten des ständischen Berichts an*
nehmen, dass die Anfrechthaltung der ständischen und Innungs«
Privilegien, die Selbstverwaltung ihres Gememvermögens und
ihrer Kassen, die Ausübung der Gerichtsbarkeit, die Beförde-
rung des Handds und Wandels, des Gewerbsbetriebs, der
Nahmngswege und Industrie, die Hindanhaltung der so lästigmi
Militär*Einquartterung u. dgl. m. die wichtigsten Gegenstände
sind, welche das Beste der Städte und Märkte betreffen*
Man will nun weiter annehmen, dass derlei Gregenstända,
obgldch sie die drei obern Stände unmittelbar nie be*
troffen haben, doch der unmittelbare Stoff ausserordentlicher
allgememer Berathschlagungen werden können, so ist ja offen-
bar, dass den Städten und Märkten ohne Unbilligkeit das
Mittel und die Gelegenheit nicht entaogen werden darf^ aus
derlei Gegenständen den Stoff zmr unmittelbaren Stimmung und
zur Gründung wesentlicher Yortheüe zu sammehi.
Ohne in die Frage hineinzugehen, ob nicht die Herren
Stände den auf allerhöchste Bewilligung jungst abgehaltenen
LandtagsberathscUagungen Bitten, Beschwerden und Yorstd-
lungen unterzogen haben, welche mit der wesentlichen Grund-
lage ihrer Verfassung auch nicht in einer entfernten
Verbindung stehen, kann man doch gar nicht zweifebi,
dass unter 72 Punkten mehrere vorgekonunen sein müssen,
welche dieselbe höchstens nur mittelbar betroffen haben
und von dem vierten Stand in unmittelbare lieber-
legung hätten genommen werden können. Es hat sich dabei
um Wiederherstellung erloschener Freiheiten und Vorrechte,
um Abschaffung neuer Gesetze und Anstalten, um Einführung
eines erweiterten Wirkungskreises fbr die Heiren Stände, um
Neuerungen in der Verfassung des gegenwärtige Staatssistems,
mithin um Anträge, welche auf das Allgemeine den ge-
nauesten Bezug nehmen, gehandelt Da nun an dem Allge-
meinen auch jeder Einzehie Theil zu nehmen nicht nur be-
— 101 —
rechtiget, sondern zu dem Wohl desselben beizuti*agen sogar
auch schuldig ist^ so wäre hier, wie bei andern ähnlichen Ge-
legenheiten (wobei sich vennuihen lässt, dass die drei hohem
Stände, was zu ihrem moralischen und phisischen Yortbeil,
vielleicht auch ohne Racksicht auf das Ganze beiträglich sein
könnte, gewiss nicht vergessen haben werden) die Billigkeit ein-
getreten, den vierten Stand minder stiefbrüderlich zu
behandeln und ihn als einmal angenommenen, obgleich minder
ansehnlichen, Mitstand seiner vollen Eigenschaft und aller dar
mit verknapften Vortheile gemessen zu lassen.
Aus allem diesen, was man bishero gesagt hat, zieht das
gehorsamste Gubemium no(5h nicht die Folge, dass, so-
bald widergewöhnliche ausserordentliche Berathungen vorkom-
men, mit der Zulassung 31 städtischer Stimmen und mit der
Besetzung eben so vieler Plätze die Absicht schon erreichet
und nur durch die Vollzähligkeit derselben die Natur und
Eigenschaft des vierten Standes, der zur Zeit, wo die Herren
und Ritter nur einen gemeinschaftlichen Stand ausmachten, der
dritte war, aufrecht erhalten werden würde.
Man hat zwar im Eingange bemerket, dass den Städten
und Märkten nach der Natur und Eigenschaft eines Mitstandes
freigelassen werden könnte, den Landtagsversammlungen in
besondem Umständen durch eigenen Sitz und Stimme bei-
zuwohnen, weil sich diese Freiheit auf BiDigkeit gründet und
nicht nur aliein in Oesterreich, ' sondern auch in dem Lande
Krain und vielleicht auch in mehrem andern Provinzen (wo
man von einem gemeinschaftlichen Repräsentanten nichts weiss)
nicht verkannt wird. Gleichwie aber, was billig ist,
nicht immer auch von dem Rechte unterstützet
wird; gleichwie diess dem Einen nicht so obenhm abgespro-
chen werden kann, um es dem Andern zuzulegen, und die
hohem Stände das Recht haben, den letzten (Stand) mit keiner
mehrem, als nur mit emer einzigen Stunme zuzulassen: so
gedenket man keineswegs mit einem dieser statu-
tenmässigen Beobachtung zuwiderlaufenden Gut-
achten aufzutreten, sondern erachtet vielmehr,
— 102 —
dass davon abzugehen mehr Bchftdlich als vor-
theilhaft sein würde.
Den Städten und Märkten würde wenig geholfen sdn,
wenn ihnen, jeder für sich, durch einen BevoUm&cfatigtffli bei
ausserordentlichen Berathschlagungen Sitz zu nehmen das Recht
eingeräumt würde. Der Inhalt deriei Zusammenkünfte ist kein
Gegenstand, der sich augenblicklich fiissen, überlegen und be-
stimmen lässt; kein Gegenstand, dem das mehrere Ja oder
Nein den Ausschlag giebt; kein Gegenstand, der sich, warn
er durch die Unvorsichtigkeit mehrerer Stimmen eme schiefe
Richtung erhielte, in das ächte Geleiss wieder zurückfllhren
Hesse; kein Gegenstand endlich, ftkr den es bemahe gleichgül-
tig ist, wohin oder wie er durch die Mehiheit der Stimmen
geleitet wird.
Ausserordentliche Berathschlagungen, weü sie meist vor
den Thron des Monarchen zu kommen haben und meist auf
enie längere Dauer abzielen, fordern eine vernünftige
Auswahl der Punkte, die zur Ueberiegung kommen sollten;
sie fordern Zeit und Klugheit in der Ueberiegung selbst; sie
fordern die genaueste Behutsamkeit in ihrer Bestimmimg. Nun
heisst aber dies nicht mit Ueberiegung und Behutsamkeit vor-
gehen, wenn Jeder von 31 Stimmenden aus Eigen-
nutz, übel verstandenem Eifer, Mangel ächter Be-
griffe, Partheilichkeit oder wol gar aus Ueber-
eilung und Ungefähr Etwas hinwirft, was weder mit
den Theilen, weder mit dem Ganzen in einer Verbin-
dung stehet Was dem einen Repräsentanten in Bezug auf
seine Stadt oder Markt auch mit guter Ueberiegung vortheil-
haft scheinen könnte, läuft gegen das Interesse des andern.
Mehrere Köpfe haben auch immer mehrere Sinne und so würde
durch die Zulassung mehrerar ungeläuterter Sitz- und
Stimmnehmer das zu einem sichern, guten, dauerhaften Zweck
so unumgänglich nöthige, überlegte Einverständniss nie er-
reicht werden.
Um also die Billi^eit und die Vortheile ab (auf) Seite
der Städte und Märkte mit dem Rechte der hohem Stände
— 103 —
ZU vereinigen, glaubet das gehorsamste Gubemlum das Mittel
selbst in dem von den Herren Ständen beobachte-
ten Herkommen gefunden zu haben.
Nach dem alten Herkomme haben sich
a) alle Städte und Märkte oder vielmehr ihre Vertreter in
dem Versammlungsorte eingefunden;
b) ist ihnen alsbald Abschrift der Landtags-Proposizion zuge-
steDet worden;
c) haben sie nicht nur die von dem Landmarschall zur Berath-
scUagung vorgetragene Landtags-Proposizion, sondern auch
die Stimmen der Landleute mit angehöret;
d) sind sie sodann in oder ausser der Landstube auf einem
Ort im Landhaus zusamm und untereinander in Berath-
schlagungen getreten und
e) haben zuletzt, wenn die Umfrage an sie gekommen, durch
den Bürgermeister oder Richter aUhier oder sonst einen
Erbetenen ihre Stimme gegeben.
In diesem Herkommen bemerket man vorzaglich:
1. dass der Gegenstand der Berathschlagung allen 31 Städten
und Märkten oder ihren Vertretern vorläufig in Abschrift
bekannt gemacht, und dass ihnen
2. zum Einverstfindniss und zur Berathschlagung Zeit gelassen
worden. Man getraut sich hinzuzusetzen
3. dass eine einzige über das Resultat emer solchen ein-
verständlichen Berathschlagung gegebene Stimme, oder selbst
das Resultat der Berathschlagungen eines ganzen, obgleich
lezten, Standes immer so viel Gewicht und Rücksicht ver-
dienen müsse, um, mit dem Resultate und mit den Stimmen
der übrigen Stände verglichen und im Falle des Nichtver-
gleichs der hohem Schlussfassung abgesondert unterzogen
zu werden, wie dies die Herren Stände in Absicht auf die
von dem vierten Stand jüngst eingelegten Beschwerden
Bitten und Wünsche auch wirklich gethan haben.
Haben die hohem Stände diese Gewohnheit bisher un-
verrüdct beibehalten und sind sie auch für die Zukunft bei
derselben zu verbleiben Willens, dann haben die Städte
— 104 —
und Märkte den Entgang von 30 SitzungspUtzen
nicht zu bedauern, ihre durch eine vemOnftige Berath-
schlagung in dem Mund oder in dem Vortrag eines Bevoll-
mächtigten vereinigten 31 Stimmen erhalten in Bezug auf ihre
Festigkeit und Wirksamkeit einen ungleich grössern
Werth, als wenn sie getheilt gegeben worden, und es können
bei minder wichtigen und einfachen Proposizionen, wenn sie
auch ausserordentliche Gegenstände betreffen, sogar die kost-
spieligen Zureisen beseitiget werden, wenn jeder
Stadt und Markt entweder unmittelbar durch die Herren Stände
oder mittelbar durch den Marschall in einer umlaufenden Pro-
posizions -Abschrift der Gegenstand der Berathschlagung be-
kannt gemacht, die Meinung auf der m der Gestalt eines
Bothenregisters eingerichteten Kurrende notirt und solcherge-
stalt der Repräsentant m die Kenntniss gesetzet wQrde, was
er nach Maass der mehr ttbereinstimmendm klagern Mei-
nungen für eine Stimme oder Vorschlag m der Versammlung
zu geben habe.
Referent hat hieraus die nachstehende Sinopsis des ge-
horsamsten Gutachtens gezogen:
A) Die Städte und Märkte haben kein Recht, bei den Land-
tagsversammlungen in mehr als emem Sitz und Stimme zu
erscheinen.
B) Sie haben aber das Rechte Abschriften von der Propo-
sizion zu fordern, die Proposizion und die darüber ausfal-
lenden Stimmen der Landleute m der Rathstube selbst mit
anzuhören und aber die Stimme, welche ihr Bevollmäch-
tigtergeben sollte, vorläufig unterdnand^ zu berathschlagen.
G) Diese Stimme soll m ausserordentlichen Fällen, wo es sich
um die Beförderung des ganz eigenen Interesse der Städte
und Märkte handelt und wo sie mit den Stimmen und
Anträgen der übrigen Stände in Widersprach geräth, die
Kraft haben, nicht platterdings verworfen, sondern höherer
Entscheidung vorgelegt zu werden.
D) Nicht nur bei den gewöhnUchen strikte ständischen, son-
dern auch bei den ausserordenüichen, jedoch minder wich-
— 105 —
tigen und einfachen Proposizionen durch Ortsdeputirte zu
erscheinen ist fbr die meistens armen Städte und Märkte
überflüssig und kostspielig. Sie können daher
nur auf den Weg des Bothenregi«ters und auf
das Vertrauen in ihren gemeinschaftlichen
Marschall angelesen werden.
E) Kann und soll ihnen bei ausserordentlichen Proposizionen
von solcher und ähnlicher Ausbreitung und Wichtigkeit,
wie sie Allerhöchst Se. M^yestät den Herren Landesständen
bei dem Antritt Ihrer Regierung vor den Thron zu brin-
gen allergnädigst gestattet hat, mittels eigener Ortsdepu-
tirten nach dem Versammlungsorte zu reisen und sich
durchgehends des alten Herkommens zu betragen nicht
verwehrt sem.
Die Mehrheit der Stnnmen des gehorsamsten 6u-
bemiums hingegen ist dem sub Lit D. des Gutachtens ange-
tragaien Gebrauch des Bothenregisters als unnoth-
wendig und unausführbar nicht beigefallen, und bei der
Anweisung der Städte und Märkte auf das Vertraue in ihren
Marschall stehen geblieben.
Sie hat den Gebrauch des Bothenregisters für unnoth-
wendig erkannt, weil bei den berührten strikte ständischen
oder zwar ausserordentlichen, jedoch minder wichtigen Propo-
sizionen der Einfluss des vierten Standes zu unbedeutend
ist, als dass ihm daran liegen könnte, den Gegenstand der-
selben zu wissen oder nicht zu wissen.
Für unausführbar, weil der Inhalt der Proposizion,
zu deren Anhörung der Marschall ohnehin immer vorgeladen
würde, nur erst am Tage der Versammlung eröffiiet und meist
an eben dem Tage auch das Gondusum darüber geschöpfet
zu werden pflege und dem Umlauf des Bothenregisters kein
Baum gelassen werden könnte.
Dahero dieses gehorsamste Gubemium auch platter-
dings das ständische Gutachten unterstüzet
Graz am 17. Herbstmonats 1790.
— 106 —
DL
Graf Hermann II. von Cilli.
Eine geschichtliche Lebensskizze
Dr. Frani Krone««
iNicht jedem der mittelalteTlichen Adelshfiiiser ImierOfiter-
reichs war es Yergönni, Ober die Landesgrcnse hinaus Beden-
tong und Namen zu gewinnen, in den Gang grosser Ereignisse
selbstthfttig einzugreifen. Zu den bevorzugten Gttnstlingen des
Geschickes m dieser Sichtung zählt das Geschlecht der Gra-
fen Yon CillL
Schon als „Freie** von Sounek (Snnek) durch Güterbe-
sitz, vornehmlich im Süden der Steiermark, im Santhale —
und dessen Nachbarschaft — gleichwie durch Lehensverhfllt-
nisse und Verwandtschaften ausgezeichnet, — errangen sie mit
der grossen Heunburger Erbschaft eine tonangebende Stellung,
die reicheren Mittel zu grosseren Zwecken '). Ihr Name knüptt
sich nun an den Hauptort der angeerbten Güter, an die alte
Römerstadt Cilli, über welche wohl die Stürme der Zeiten zer-
störend dahingegangen waren und nur kümmerliche Beste einsti-
ger Herrlichkeit *) übrig Hessen.
0 Vgl die Abbandlnngeo K. Tangl's o. d. T. ^IHe Ffeien tod Sonek,
Ahnen der Grafen ▼. Cilli, im X., XI., Xn. und XID, Hefte der Mitth.
des hist. Y. t Steiemuurik.
*) Vgl. das Chronicon Joannis IHctoriensis (Abtes Ton Viktring in Kftm*
ten) h. ?. Böhmer im I. Bde. der fontes rer. germ. L B. cap. ir-lO,
S. 418; 439 — 440. Aeneas Sylvias de s. Earopae, A. ▼. Freher-Stntve
scrr. rer. gern II. Bd.; cap. XYII. „de Styria**. (vgl. a. n. 8).
— 107 —
Das mittelalterliche Gilli, wie es an die Souneker fiel, war
ein offener Ort geworden, halb Ruine, halb Wohnort, ein be-
scheidener Markt, der erst unter den letzten Cilliem durch
Ummauerung ') städtisches Aeusseres gewann.
Den Namen „Grafen von Cilli*' führen fortan, bis zum
jähen Erldschen des b^ühmten Hauses, 10 Souneker^), deren
Geschichte etwas mehr als ein Jahrhundert ausfüllt Die Haupt-
träger des Namens, oder die Altgrafen yon CÜlli, sechs an der
Zahl, Friedrich L, Ulrich I., Hermann L, Hermann H^ Fried-
rich n. und Uli ich H^ der Letzte seines Mannsstammes —
tragen auch zumeist ein gleichartiges Gepräge in ihrem Wollen
und Handeh, einen ausgesprochenen Familiencharakter zur
Schau. Es smd in der Regel unternehmende ehrgeizige Na-
turen, kluge Rechner zu Gunsten des eigenen Yortheiles, voll
Erwerbsdrang, der beinahe den Tadel der Habsucht heraus-
fordert, Verstandesmmschen von starkem Wollen, mächtiger,
verzehrender Leidenschaften fähig, die allerdings deutlich nur
bei den drei letzten Vertretern des Hauses in die Augen sprin-
gen. Uebrigens hat da eine be&ngene, parteiische Gechicht-
s) Cillier Ckronik A. ▼. Hahn Mon. hist. Gollectio II Bd. (1726) S.
710—712; A. ▼. J. A. Gftsar im ITL. Bde. der Ann. dnc. Styr S.
87—88. Vgl. die ürkde. im landscL Arch. t. 1451, 11. April: Graf
Friedrieb von Gull Terleibt den Borgern von Gilli jene st ftd tischen
Rechte, welche andere 00. im Lande be^tzen (Gopie). in der Ein-
leitung der GiUier Ghronik (bei Hahn a. a. 0. S. 666; b. Gäsar & 6)
findet sieb auch der Trümmer der alten Herrlichkeit von GiDi gedacht.
^) Friedrieb I. f 1859, 10. Ang.; Ulrich I f 1868, 26. Juli; Hans
t 1872, 29. April; Hermann L f 1885, 21. März; Wilhebn
t 1892, 19. Sept; Lndwig f U17; Hennann (HI.) f 1426; Her-
mann IL t 1486, 18. Okt; Friedrich H. f 1454, 9. Joni; Ul-
rich IL t 1466, 9. Nov. — üeber daa Genealogische nnd Ghronolo-
gische hat der scbarfeinnige und fleissige £. Fröhlich m seiner Genea-
logia Sounekiomm oomitnm Gelege . . . "^ennae 1755 kl. 4^, 116 SS.
dankenswerthes geschrieben. Vgl. auch m. Abb. „Die zeitgenössischen
Quellen zur Geschichte der Grafen von Gilli, mit Einschluss der sogen.
Gillier Ghronik*' im 8. Jahrg. der Btr. z. K. steierm. G.-Quellen*
1871, Gras, 120 SS. und die n. 6 dt AbtL
-^ 108 —
Bchreibtmg jener Zeiten vielfach schwarz in Schwarz gemüdt
und statt Charakter-, Zerrbilder geschaflfen.
Es ist etwas scharf Maridrtes, etwas Typisches in diesem
Geschlechte, gerade so wie dies ein interessanter Fund unserer
Zeit auch in physischer Beziehung an den Todtenschäddin der
Cillier nachwies. Bei der Mehrzahl femer dürfen wir an hohe
kräftige, hagere Gestalten denken, wie dies zeitgmOssisch von
den letzten Cilliem bekannt ist und dem ritterlichen Thaten-
drange so wie dem persönlichen Ansehen der Meisten ent*
spricht; aucii in dieser Beziehung Iftsst sich somit an dnen
CTtschiedenen Familientypus denken^).
Aber noch emer wichtigen Grundeigenschaft des Hauses
der Cillier, emer Tugend im strengen Sinne des Wortes, sei
gedacht, in welcher wn- neben den glücklichen Fügungen des
Geschickes, das Geheimniss des raschen und sicheren Ge-
deihens der Grafen von Cilli — zu suchen veranlasst werden ;
es ist der lebendige Sinn fbr Ordnung im Haushalte und 6e-
schftftsleben, das Ökonomische Talent und praktische Geschick
des genannten Hauses. Die Cillier waren nicht blos Günstlinge
des Glückes, sie verstanden es auch, seine reichen Gaben klug
festzuhalten und zu mehren, zukünftige Vortheile rechtzeitig
in's Auge zu fassen. Die Macht des Geldes und Kredites war
ihnen bekannt und so hielten sie das Eine zusammen und das
Andere aufrecht
Der praktische Vortheil beseelt ihre trefflich angelegten
Erbverträge und Heiratsverbindungen mit andern mächtigen
und reichen Häusern; — ja selbst mit gekrönten Geschlech-
tem, mit berühmten Dynastieen, werden sie verschwägert
*) Prof. Heschl hat In dieser Beriebimg interessaBte AnfschiaBBe ge-
boten, da es ihm gelang, die in der Gülier Minorftenkirche aufbe-
wahrten Todtenjich&del der letzten Cillier einer kraniologischen Unter-
suchung tu unterziehen. Aeneas Sylms sagt vom Grafen Friedrich IL
(t H64) in der bist Frider. (A. ?. Böder 8. 54--55, A. ▼. K61-
Jar 2jß\ 0ennanno genitori corporis proceritate maiestateqne pene
par'' ^]]d dessen Sohn, den letzten Cillier, Ulrich IL (f 1456),
bezeici * * ^f gleichfalls als hochgewachsenen Mann mit breiter Brust
UQ(/ A ^S/ j^örper (bist. Frid. ed Kollar, 8. 468 f. hist. Bob. cap. 66.).
J
— 109 —
Bei solchem rastlosen Streben nach Gewinn und äusserer
Geltung findet sich wenig Raum für zarte Gefühlsregungen und
behaglichen, reinen Genuss des Erworbenen. Die Cillier sind,
mmdestens die Letzten, Bedeutendsten dieses Hauses, ein fie-
berhatt thätiges, ein hartes Greschlecht und gerade das kost-
barste Kleinod, Familienglack, war ihnen fremd. Der Mangel
desselben zieht sich wie ein Fluch durch die Geschichte der
drei letzten Grafen von Cilli; ein tragisches Geschick lässt
den mächtigsten und berühmtesten von ihnen, kinderlos wer-
den und — auf der Höhe der Liebenserfolge vom politischen
Morde ereilt, das glänzende Haus schliessen.
Wenn nun der Verfasser dieser geschichtlichen Lebens-
skizze Hermann ü. (1380 — 1435) aus der Reihe der Grafen
von CüH herausgriff, so that er dies, von dem Umstände be-
wogen, dass gerade in diesem Cillier die Gnmdeigenschaiten
seines Hauses kräftig und wirksam zur Geltung gelangen, dass
dieser langlebige, gQter- und ämterrdche Mann, der Schwäher
emes Kaisers und Verwandte von Königen, — den eigentlichen
Grund zur Machthohe seines Hauses legte; — anderseits dass er
jene Würdigung noch immer nicht fand, die er in ausgedehntestem
Maasse verdient Nur möge der freundliche Leser nicht ver-
gessen, dass diese aus den Quellen*) geschöpfte Skizze eben
nur umrisse bietet, die mehr den Schwarzstift des Zeichners
als den Farbenpinsel des Malers erkennen lassen. Die quellen-
mässigen Belege sollen diesen umrissen em festeres Gepräge
verleihen.
Hermann H. war der Sohn des gleichnamigen Grafen,
des jungem Sprossen Friedrichs L, der die Reihe der Freien
von Sounek schliesst und den Reigen der Cillier eröffiiet
Sein Vater hatte die bosnische Fürstentochter Katharina zum
Weibe genommen, während sein älterer Bruder Ulrich I^ ein
berühmter ritterlicher Kämpe seiner Zeit^ eine aus dem ange-
*) Die Kritik der zeHgenössischen Quellen zur Geschichte Hennanns H.
findet sich in meiner Kote 4 dtirten Abhandlong Tersaoht Aasfthr-
licheres in meiner jüngst gedmckten Abh. im Arch. f. E. oe. Gesch.
(1878) der Wiener Akad« d. W. hist phfl. Section.
— 110 —
sebenen GescMechte der von Oetüngen ehelichte^. Aus Her-
manns I. Verbindung erwucbsen zwei Söbne, Hanns und Her-
mann IL Des Letzteren Geburt müssen wir um 1350 ansetzeot
da er bereits 1372 als Gemahl einer Tochter des reichen
Grafen von Schaunberg und bald darauf als Vater seines Erst*
gebomen, Friedrich E. anzusehen ist").
Im genannten Jahre starb sein älterer Bruder Hanns, der
eine Montfört - Pfannberg zur Frau genommen *). Vier Jahre
früher war der Oheim, Graf Uhich L, venchieden (1 368, 26. Juli)
und liess einen Sohn, Namens Wilhelm, zurück, der, Jüngeren
Alters als Hermann H., mit diesem das Geleite Hermann L^
dem Altgrafen des Hauses, gab, als dieser im Gefolge Herzogs
Albrecht HL von Oesterreich, 1377 die Ritierfahrt itfs Preussen-
land antrat *^. Es war der erste uns bekannte Schritt des
Helden unserer Skizze in's grosse Leben. Von Breslau ging
der Zug nach Thom und Marienburg, an den Hauptsitz der
deutschen Ordensherrschaft.
Die Fahrt des Ritterheeres an die Memel bot schon
ernste Gefahren, die das Banner von „Steierlant", Altgraf Her^
mann U. und sein Gefolge, nicht scheute. Blutige Eftmpfe
kostete das Eindringen in „Sameit** oder Samogitien, dessen
tapfere Bewohner den christlichen Eindringlingen die W^e
^) Cillier Chronik b. Hahn S. 675— 678, b. Cäsar S. 26-31. Ueber
Ulrichs I. Ritterfahrten s. Peter Suchenwirts Gedichte A. t. Primis-
ser, Wien 1827, S. 51 — 58 „Von graff Ulreichen Ton Tzili" und die
Anm. dasii S. 258->261.
*) Der Heiratapakt zwischen Hermann H. nnd Elisabeth, der Schann-
bergerin, dat. v. 27. Jänner 1871 — Grazer HofschatzgewölbbOcher
(Wien) ~ Index dazu tou Apostelen 8, 173. Vgl. Stolz Regg, z. G.
der Schaunberger im XQ. Bde. der Denkschrr. der Wiener Ak. d.
W. bist. ph. S.
•) Cillier Chr. b. Hahn S. 678—679, b. Cäsar 36—88. Graf Hanns f
1872, 29. April.
*^) üeber diese Preussenfahrt P. Buchenwirts Ged. u. a. 0. S. 8 ff. Tgl.
Hagens oe. Chr. h. t. Pez scrr. rer. austr. L I15t. — Kurz G. Oe.
u. Herzog Albrecht ni. I. 143—4. Das Lied b. Suchenwirt ffthrt den
T. nvon herczog Albrechts ritterschaft*.
— 111 -
Terl^ten. Hier war es auch, wo der Altgraf von CSUi als der
▼omehmste Alterskämpe dem Habsbui^er Albrecht den Ritter-
schlag ertheilte. Am Rackwege, in „Russenia" — Rothruss-
land — bewirthete Hemnann IL den Hersog sammt 82 Rit*
tem, wobei der feurige Saft der „Luttenberger*' Rebe nicht
geschont wurde. Die Heimreise ging aber Kleinpolen, Schlesien
und Mfthren nadi Oesterreidi, von wo aus die Cillier den
RQekweg in die Hdmat einschlugen.
FfUif Jahre vor dieser Preussen&hrt, 1372 30. Sept, datirt
der bekannte Gnadenbrief K. Karls H., der die Grafischaftsrechte
der Cillior von Seiten des deutschen Reiches verbürgt ; einige
Wochen später (7. Nov.) geben die Osterreichischen Herzoge
Albrecht HL und Leopold HL als Ldiens- und Dienstherren
ihren Willebrief zu dieser Erhöhung. In der bezüglichen Ur-
kunde des Luxemburgers erscheinen Hermann (L) und Wilhelm
die „Gevettert von COli **)• I^^ ^^ jedoch nicht zu dem
Fehlschlüsse verleiten, als wäre Graf Wflhelm der ältere der
beiden Jnnggrafen gewesen. Hermann IL war laut unwider-
le^Murer Uiinmdenzeugmsse '") der senior von Beiden, worauf
") Die Urkunde KarrBlY.mit gleichem Dfttam (1872 SO Sept BrOnn),
iroiin den Grafen Hermann I. und WOhelm das Btlndige Yogteiredit
über das Kloster Obemburg in üntersteier bestätigt wird, ist ein Pen-
dant zu dem Privilegium, das, mit richtiger Datirung und richtigerem
Texte, Fröhlich in s. Geneal Souniorum S. 65—70 abdruckte. S. Mitth.
des bist Y. f. St. 6, 258 nr. 172. Das fidsche Datum der Handveste
Ar die Cillier 1862 findet sich auch in Lflnig's Cod. Germ. U, 511.
Die beiden Urkunden, Privileg und Willebrief der Habsburger v 7. Nov.
Nenburg (vgl. Lichnowski 4, Regg. nro. 1092) im Anh. der Cill. Chr.
b. Hahn S. 748 C ; Cäsar 28 ff.
>*) 1884 10. Febr. Cilii. ürkde. f. d. Kl. Studenits (landsch. Arch. orig.
nr. 8480) ercheinen die 8 Grafen in folgender Ordnang: Herrmann I.
als senior, dann Hermann U. junior und Wilhelm — 1888 11. Okt
Cilli (Idsch ArcltCopie); Urkunde betreffend die Gorker Lehen der
Pettauer. An erster Stette findet sich Graf Hermann H., an zweiter
Wilhelm. In dem Belehnungsbriefe des Patriarchen Johann v Aqui-
leja V. 1889, 19. Febr. (s. Muchars Regg. im 2. Bde. des Arch f.
K. V. G Nro. 41, 8. 489-440) nhnmt Wilhehn die Lehen aus-
drücklich im Namen Hermanns H tamquam senioris
— 112 —
schon auch die Thatsacbe hinweist, dass er bedeutend froher
als Wilhefan seinen h&uslichen Herd bestellte.
Letzterer mochte eben nur als Sohn des yerstorbenen
Altgrafen Ulrich L, als Vertreter Einer Linie gewissennassen^
neben seinem Ohme Hermann L, als Reprftsentanten der
Andern, — den Platz in der Urkunde gefunden haben.
Wilhelm's Heirat ffillt in das Jahr 1382, mitUn viel spä-
ter als die Ehe Hermann's IL; fbnf Jahre nach der bespro-
ebenen Preussenfahrt und nach dem wichtigen Vertrage zwischen
den Häusern Gilli und Ortenburg auf gegenseitige Beer-
bung ^*). — Seine Gattin wurde Anna, die pohlische Prinzes*
sm aus dem Königshause der Piasten, das 1370 im Mannes-
stamme erlosch und dem verwandten Könige Ungarns, dem
Angiovinen Ludwig L den Platz räumte. Ludwig war der GOn-
ner Ulrichs L von CUli, der, unter dem Bamer des Ungam-
königs, wider Bulgaren, Servier und TOiken bei Widdin, gegen
die Venediger, vor Zara, ritterlich gestritten. Er vermittelte
die Heu-at, er verbürgte den bedeutenden Mahlschatz der
Braut War es persönliches Wohlwollen allein, oder war vieUetcht
dabei auch der politische Gesichtspunkt massgebend, die Hand
der Piastin einem befreundeten Manne zu verschaffen, dessen
Bangstellung keinen Rivalen fbr die polnische Herrschaft be-
sorgen liesse? **) Anna gebar ihrem Gatten Wilhehn nur eine
Tochter gleichen Namens, die das Geschick auf den pobiischen
Thron, in das Vaterland ihrer Mutter, führte. Doch kehren
wir zu dem Helden uns^er Skizze zurück.
^*) Der Willebrief des Trienter Bischofes zum Ortenburg-Gönser £rb-
vertrage dat. t. 28. Nov. 1377. S. Apostelen's Index 8, 170 nr. 26.
<^) Die YersicheniiigBiirkunde K. Ludwigs tod Ungarn dat t. 27. März
1S82. Die Mitgift Ton 20.000 Goldgulden soU bei kinderlosem Ab-
sterben Beider an Grafen Hermann II. und dessen Erben fsUen.
8. Apostelen's Index 8, 171. 1883, 20. Mai, Bozen — bezeugt H. Leo-
XK)ld m. y. Oesterreich, dass die Grafen ron Gilli auf die vom Her-
zoge mit 19.200 fl. ihnen yerschriebenen Sfttze in der Metlik die
Grftfin Anna von ^Krakan*^ mit einem Tbeile ihres Heiratsgutes ver-
wiesen haben
— 113 —
Es wurde schon oben angedeutet^ dass Hermann n. bald
nach 1372 als Vater eines Sohnes, des erstgebomen Friedrich,
angesehen werden müsse. Letzterer, um 1373 geboren — Aeneas
Sylviufi bezeichnet ihn um 1447 — 54 als Mann in den Acht-
zigen '^), — wurde bald, wie der Heiratspakt vom 30. Sept 1388
ausweist, mit Elisabeth, einer Tochter des angesehenen kroatisch-
dalmatinischen Grafenhauses Frangepani, der Herren von Yeglia
und Modrusch, — vermalt und erhielt in der Folge einen
besonderen GUterbesitz und Hofhalt, zu Gurkfeld, einge-
räumt *•)•
Das Jahr 1385 war für die Lebensstellung Hermann's IL
entscheidend; damals — den 21. März — starb sein Vater
und räumte dem Sohne den Platz als Altgraf des Hauses *').
Als solchen d. i. als „senior" bezeichnet diesen z.B. die Belehnungs-
urkunde des Patriarchen von Aquileja aus dem Jahre 1389 '®).
Doch müssen wir uns natürlich in jeder Angelegenheit des
Hauses den Grafen Wilhelm als Mitregierer denken, wie dies
wohl schon der alte Souneker Hausvertrag von 1262 vor-
schreiben mochte *"). So finden wir z. B. die beiden Grafen,
Hermann an erster, Wilhelm an zweiter Stelle, in der Urkunde
vom 11. Oktober 1388 genannt, wo es sich um die Gurker
Bisthtimslehen, nach dem Abgange der Jungen von Pettau
handelt •'»).
Das Jahr 1389 zeigt uns Hermann U. im Süden und
Norden der österreichischen Ländergruppe mit Taidungsange-
legenheiten vollauf beschäftigt, die stin Talent im Schlichten
fremder Händel schulen und nähren halfen. So m Friaul, wo
>^) In der List Friderici (Böcler^s A. S. 34) „anpra octuagesimura
annum vitam prodaxit** — und später dann, vo von seiner
Romfahrt zur Zeit des Jubeljahres die Rede ist, wird er gar „nonage-
narius" genannt Letzteres ist offenbar irrig; Ersteres das Richtigere.
**) Der Heiratspakt — s Aposteleh's Index 8, 232. lieber den Gnrk-
felder Hofhalt S. die Cillier Chr. bei Hahn S. 683, Cäsar 48.
«'0 Cill. Chr. Hahn 678 9, Cäsar 36- 88.
^«) S. o. n. 12.
»») Vgl. Tangl n. a. 0. S. 89 des Sep. A (X Heft der Mitth )
*ö) S. 0. n. 12.
8
— 114 —
der politische Mord, an dem beryorntgenden Parteiführer Fried-
rich Savorgnano — zu Udine yoUAlhrt, die Einberufdng eines
Adels- und Patrizier - Patlamentes nothwendig machte und
dieses den Grafen von Cilli, den Lehensträger des Hochstiftes
Aquileja, als Schiedmann zu kommen einlud *0* ^^ ^^^ ^^
Jahres sehen wir Hermann ü. in Oedenburg bemüht, als emer
der Sendboten Herzogs Albrecht IE. von Oesterreich, mit den
Bevoltanächtigten K Sigmunds die schwebenden ungarisdi-
Osterreichischen Grenzstreite und Nachbarhändel zu beglddien '*).
Bald darauf um 1391 hören wir seinen Namen wieder in der
Priauler Fehde zwischen TJdine und Cividale genannt**).
Um- 1390 scheint Hermann H. die AmtswOrde eines
Landeshauptmannes von Krain übernommen zu haben, mit
welcher wir schon seinen Grossvater Friedrich I. betraut finden.
Jedenfalls haben wir ihn 1390—1400 (1395) als Haupt der
Erainer Landesverwaltung zu denken **).
Doch lagen noch entscheidendere Dinge im Schoosse der
Zukunft. — Sein Vetter WOhehn nahm an den Kämpfen
Theil, in welche K. Sigmund von Ungarn, der Lux^mbuiiger,
an der untern Donau immer mehr verstrickt wurde. Der Tür-
kenkrieg — die wichtigste politische Frage für den Südosten
des damaligen Europa's, meldet sich an. 1391 iSnden wnr den
Grafen von Cflli daselbst in Waffen. Auf der Rückreise von
der Heeresfahrt starb der Graf zu Wien den 19. Sept, 1392 •*),
Nun war Hermann H. nicht Mos Altgraf, sondern auch Allein-
gebieter in den Cillier Landen. Dass er in GeseUschaft Wilhelms
den Türicenzug mitgemacht habe, ist mehr als unwahrscheinlidi.
Unter den Zeugen, welche die wichtige Holenburger Eini-
gung, den Hausvertrag zwischen der albrechtinischen und leo-
>0 Manzaoo: Annali del Friuli VI. Bd. S. 86.
««) Lichnowski IV. Regg. nro. 2170.
<*) Manzanoa. a. S: 69.
*^) Elon's Arch. z. Gesch. Erains 2. 8. Aufe. v. Richter über Laibach
S. 212^218. nnd 1, S. 20.
**) CilL Chr. u. a. 0. Anhang ra M. Hagen's österr. Chr. b. Pez. scrr.
I. c. 1168.
— 115 —
poldinischen Linie des Hauses Habsburg (1395, 23. Nov.)
feierlich bestätigten, — erscheint auch Hermann U. als einer
der vornehmsten ^^). Nicht lange zuvor (1395, 7. Febr. Wien)
war er als gewandter Vermittler in den Händeln der Herren
von Liechtenstein neben Herzog Albrecht HI. und Fritz, Gra-
fen von Hohenzollem, bestellt worden *'). — Doch der eigent-
liche Wendepunkt in seinem Lebensgange knüpft sich an das
Jalu: 1396. Das sollte ihm den Weg zur Fülle äusseren Glückes
weisen.
König Sigmund rüstete zum grossen Kreuzzuge wider die
Osmanen. Ganz Westeuropa gerieth in kriegerische Bewegung.
Zu Pfingsten sanunelten sich Ritterschaaren in Wien, um von
da südwärts zu ziehen ; am S. Johann des Täufers Tage trafen
die Burgunder unter dem Sohne Philipps des Kühnen, Johann
,iOlme Furcht ', ein; Franzosen hatten sich zahlreich auf den
Weg gemacht — Hermann U. war mit seinen Mannen er-
schienen^ seinem Banner folgten Steiermärker und Oester-
reicher **). So fand sich denn zur Herbstzeit im Bulgarenlande,
um Nikopolis, Schiltau nannten es die Deutschen, ein grosses,
buntes Kreuzheer zusanunen, das vor Begierde brannte, sich
mit den Moslems zu messen. Aber ihm stand eine blutige Ent-
täuschung bevor. Eine furchtbare Niederlage traf die Christen-
heit K. Sigmund entkam mit Mühe dem Schlachtgewühle und
floh südwärts, um in Byzanz am Hofe der Paläologen Halt zu
machen. Unter den wenigen Begleitern, die im Kampfe treu
an seiner Seite ausharrten und ihm auf der Flucht das Geleite
gaben, erscheint der Graf von CSlli * ^.
Zu den Eigenschaften des Luxemburgers zählte vor Allem
ein lebhaftes Dankgefühl und eme, oft bis m Verschwendung
ausartende Freigebigkeit Er verstand wahrhaft königlich zu
lohnen und das erfuhr denn auch an sich das Haus der Cillier. —
<*> Rauch scrr. rer. a.III. 411. Lichnowski 4, Kegg. nro. 9. Hennann II.
fOhxt da den Titel: Hauptmaon t. Erain.
<^) Kurz Oe. u. Albrecht III. 11. 311 Blge. 87.
*9) S. Aschbach'B Gesch. K. Sigmunds I. 98. s. Lichnowski S. 19.
<*) Schiltberger's Reisebuch, neue A. v. Neumann 1859, München.
8*
^ I
— 116 —
Die Urkunde des Königs vom 14. Aug. 1397 preist die
Verdienste, welche sich die Cillier um Ungarns Krone schon
seit den Tagen Ludwigs I. erwarben und legt den Scfalosston
auf die wackem Leistungen Hermann's n. *'*). Dafbr erhält
er Stadt und Gebiet von Warasdin, bald darauf die Bur^^err-
schaften Yinice und Orbac in Zagorien und im Jahre 1 399 ' ')
die Grafechaft Zagorien selbst, den „Seger*, wie die deutsche
Namensform lautet So schrieben sich denn auch alsbald
die Cillier seit Hermann n. Grafen von Gilli und im Seger,
wozu sich später durch Erbschaft der Besitetttel Ortenburg
gesellte.
Bevor Graf Hermann in den TQrkenkrieg gezogen war,
sorgte er für die Abfassung seines letzten Willens'*). Dieses
Testament ist fbr uns von Belange. Wir erfahren daraus, dass
die Mutter des Grafen, Katharina von Bosnien, noch lebte,
seine Gattin hingegen bereits verstorben war.
Es ist darin der Verlobten seines Erstgebornen, Elisabeth,
Grafentochter von Veglia-Modrusch, gedacht und schliesslich
wird Friedrich, dem Grafen von Ortenburg, an's Herz gelegt, Her-
mann's H. Töchtern und der Muhme Anna, Tochter Wilhehn's,
würdige Gatten ausfindig zu machen.
Verpflichtungen und wohlverstandenes Interesse knüpften
den Grafen von Cilli an den luxemburgischen König. Ein
Ereigniss von massgebender Bedeutung bot dem Cillier den
Anlass zu einem hochwichtigen Dienste.
w) S. die ürk. d. 14. Aug. 1897, Ujhely, in Fej^r's Cod. diplom. X, 2,
418-423. — Die HaoptoteUe : .. Bignanter eodem Domino Hermanno
Comite nostro lateri pro toitione penone nostre fideliter et iugiter «d-
haerente, per Danubii et pelagi flumina in galeis remigando ad civi-
tatem ConstantinopoUtanam pervenissemus .... V^eiterhin wird dann
Beiner grossen Verdienste um Dalmatien und Croatien gedacht.
Die Schenkung t. Zagorien d. v. 27. Jftnner J899. Fei6r X, 2,
688-89.
»») 1897, 17. Aug. üjbely. Fej^r a. a. O. S. 428-429. Auch hier wird
der Verdienste der Cillier gedacht
**) S. das Wesentliche dieses Testamentes in Fröhliches Genealogia
S. 77—78.
— 117 —
Gegen Sigmund^s ungarisches Eönigthom hatte sich eine
starke Partei gebildet Die Anhänger des neapolitanischen Prä-
tendenten Ladislaus, Sohnes des, 1386, ermordeten Karl d. K,
reichten den übrigen Aufständischen Ungam's die Hand*'). Im
April des Jahrs 1401 kam es zu einer stOnmschen Szene im
ungarischen Landtage; zur offenen Anklage des Königs und
schliesslich zu seiner Verhaftung. Der königliche Staatsgefan-
gene iBmrde der Obhut der Söhne des vormaligen Palatins
Gara anvertraut und auf Siklö's brachte er die Tage seiner
Haft zu.
Insgeheim scheinen jedoch die Gara*s dem Könige be-
freundet gewesen zu sein oder verstand es dieser, sie zu ge-
winn^i.
Wie dem nun auch sein möge, ein wesentliches Verdienst
um die Freilassung des Luxemburgers erwarb sich Graf Her-
mann von CillL Er unterhandelte mit den Gara's die Freilas-
sung Sigmund's, bei welchem Anlasse auch die Verschwäge-
rung der Häuser Cilli und Gara angebahnt wurde '*). — Aber
ein noch grösserer Vortheil erwuchs dem Grafen von Cilli. —
König Sigmund, seit 1395 verwitwet, fiasste den Entschluss,
die jüngste Tochter des Cilliers, Barbara, zu ehelichen. Bald
nach Sigmund's Befreim^ soll die Verlobung stattgefunden
haben; doch vergingen noch einige Jahre, ehe, bei der Jugend
der Braut, an den Vollzug der Ehe gedacht werden konnte.
Darauf dürfte sich die Angabe der CiUier Chronik zurückführen
lassen, der Graf habe sich gegen die Verbindung seiner Toch-
ter mit dem Könige gesträubt und sei dazu erst von den un-
garischen Herren beredet worden*^).
**) Vgl. daraber Aschbach's Gesch. K. Sigmunds I. (n.) Bd.
*^) Die Quellen hierüber: Eberhard Windek b. Mencken scnr. I. cap. 4.
(unrichtige Chronologie); Thuröczy Ghron. Hung. pars IT. c 9. b.
Schwandtner scrr. rer. H. L Dlugosch bist. Fol. Z. b. Vgl. Katona
bist crit H. XI. Bd. S. 489 ff. Aschbach a. a. 0. 122 F. hat das
Beste darüber. Die Hauptstelle der Gillier Chronik, b. Hahn 679-80 ;
Cäsar 40-46.
*^) 8o sagt die CiUier Chronik a. a. 0. 1406 1. Aug. Siklos. Gr&fin Anna
V. Cilli; Gattin des Grossgrafen (Palatin) Kikia« von Gara, yerochtet
— 118 —
Etwas früher als die Verlobung Barbara's war die schmei-
chelhafte Werbung des ersten jagelionischen Königs Ton Polen,
Wladislaw, um die Hand der Tochter Wilhehns, des verstor-
benen Vetters Hermann 11., und der Piastin Anna, vor sich
gegangen. Eine polnische Gesandtschaft hatte sich in CiDi ein-
gefunden. 1400, im Nov. wurden die Verlobungspakten ausge-
fertigt, die Braut von ihrem Oheime dem Königsboten über-
geben. In Krakau soUte sie zunächst die Sprache des Polen-
landes sich aneignen. Doch fand sie sich damit wenig zurecht
Im Fasching des J. 1401 wurde das Beilager gefeiert, 1402,
im März, die Krönung. Die Cillierin starb als polnische Köni-
gin still und freudenlos den 21. März 1416 '^.
Wie nahe und immer näher nun der CiUier dem Könige
Sigismund, seinem künftigen Schwiegersohne in all dessen viel-
seitigen Händeln und politischen Geschäften trat, lässt sich
leicht ermessen.
Eine so rührige, kräftige Persönlichkeit, kriegerisch und
dabei in den diplomatischen Künsten vollkommen geschult,
war dem planreichen Luxemburger willkommen.
Als dieser, voll Begierde nach dem Throne Böhmen's, sei-
nen leichtgläubigen und charakterschwachen Bruder Wenzel
das zweitemal zum Gefangenen machte (1402^ und nach
Oesterreich schaffen liess, übernahm der Cillier, damals
Vormund seines Schwagers Johann von Schaunberg, den hohen
Gefangenen, der dann zur Haft nach Wien abgeführt wurde ").
Es war dies allerdings ein sonderbares Gegenstück zu jenem
am Anfange desselben Jahres in Ktttemberg zwischen Wenzel
gegen Ausfertigung des Heiratsgutes von 6000 Goldgulden auf alles
Erbrecht; ausgenommen der Fall, dass das Cillier Geschlecht im
Mannesstanmie ausstürbe. Apostelen's Ind. 8, 174, ur. 45.
'<) Die Quellen über diese Angelegenheit: Andreas Ratisbon. Crouica
abgdr. in Höfler's scrr. rer. hussit. fontes rer. austr. 1. A. 6. Bd.
S. 432-433; Dlugosch hist. Pol. I Bd. S. 166 (X. Buch). Nach
diesem Geschichtschreiber vergoss Hermann IL Frendenthränen, als
die polnische Werbung eintraf.
'^) Vgl darüber Aschbach a a. 0. 1. 175; Palacky Gesch. Böhmens 3,
2, 217 8. u. Fessler Gesch. d. U. bearb. y. Klein, 2. Bd. 1869, S. 127 s.
— 119 —
and Sigmund in erheuchelter Brüderlichkeit vereinbarten Ge-
waltbriefe für Hennann von Cilli: er möge, kraft dessen, mit
den ihm verschwägerten Grafen von Ortenburg und den von
(jörz Über die Durchzugsfreiheit der luxemburgischen Kriegs-
völker nach Italien („gen Lamparten^ Unterhandlungen
pflegen *^.
K Sigmund war, wie oben erwähnt, dankbar und bis zur
Verschwendung freigebig; aber er litt auch an ewigen Finanz-
nöthen, denen durch Verpfändungen der ErongUter und könig-
lichen Ländereien abgeholfen werden musste. Beide diese Mo-
mente waren dem Hause CiUi, das über grosses Baarvermögen
gebot, ungemein vortheilhaft Sigmund verlieh seinem künftigen
Schwiegervater das Banat von Slavonien, worunter man in Be-
zug der geographischen Grenzen das heutige slavonisch-kroatische
Königreich verstehen muss'^; er bestätigte ihm die früheren
Schenkungen und verlieh ihm endUch die ausgedehnte Mur-
Drauinsel, die Muraköz, mit dem Vororte Tschakathum — als
erbliche Pfandschaft, um die gewiss nicht übergrosse, aber an
sich nicht für jedes Grafenhaus erschwingUche Summe von
48.000—100.000 Goldgulden *^).
Hermann von Cilli galt seither als der erste und vor-
nehmste unter den weltlichen Magnaten der ungarischen Krone.
^) Die Urkunde d. t. 1. Jänner 1401, Kutiemberg. Apostelen's Index,
1, 110, 119, 1400, 14. Aug. Prag - belehnte K. Wenzel den Grafen
Hennann von GUli und dessen männliche Erben mit dem Reichs*
leben, Burgherrschaft Bohrau Apostelen - 1, 119, HS.
'*) Seit 1408, 1406 l&sst sich mit Sicherheit die BanalwOrde des Cimers
urkundlich verfolgen. Fej^r X, 4, 811—813 hat eine Urkunde im
Bruchst&ck, angeblich z. J. 1403 ; docli wechselt überhaupt der Titel
dieser Wttrde und deren Inhaberschaft. Nachdem die Gegenpaitei des
Eönigthums Sigmunds unterlegen, war es diesem wohl um verlftssliche
GrenzhQter im Süden zu thun.
^) Die Yerpfändungsurkunde dat. t. 14 Mai 1405 und findet sich aus-
zugsweise in tört t^ der Pesther Ak. d. W. IX. H. 49, nr. 120;
(Apostelen 8, 175, 51, bietet eine Bestätigungsurkunde des Kapitels
▼on Chasma, worin ron 100.000 Goldgulden die Rede ist). Vgl Ka-
tona XI, 109; Feger X, 4, 470 .... Samabor's Yerpf&ndung an die
Cillier wurde 1409 8. Sept erneuert
— 120 —
Die Zeugeostellung in den gleichzeitigen Urkunden be-
stätigt dies. — So erscheint in der Vollmacht K. Sigmund's An-
fangs Oktober 1405 Air die Abgesandten und Vertreter seiner
Krone in den Unterhandlungen mit dem Polenreiche, Her-
mann's Name an erster Stelle, vor dem des Palatins NDdas
Gara*0-
Es war dies zu einer Zeit, wo der wOste Thronkampf in
Ungarn ausgetobt, der neapolitanische Prätendent Ladislaus
sein Spiel aufgegeben hatte und die starke Malcontentenpartei
unter Bebek's und Debrö's Fuhrung gedemtlthigt worden war.
Der Pole Stibor, Wojwode Siebenbürgens, die Gara's, die
Frangepani von Veglia-Modrusch und die CQlier bildeten die
vornehmsten Säulen der königlichen Partei.
Graf Hermann E. hat nicht wenig dazu beigetragen,
dass der Thronkrieg von 1402—4 fbr den Luxemburger günstig
ausschlug und mit dessen allgemeiner Anerkennung als Herrscher
Ungarns endigte*'). Zwischen 1406 — 1408 kam es zum Voll-
zuge der Ehe mit Barbara und die Stiftung des Drachenordens
weihte gewissermassen diesen Bund ein, dem häusliches Glück
fremd bleiben sollte. Unter den Rittern des Ordens, welcher
die königlichen Getreuen zu Schutz und Trutz verband, steht
der CSUier Hermann voran, als Erster der Magnaten**).
Zur Zeit, als Barbara, das schöne, üppige und freigeistige
Weib, die Gattin des Luxemburger wurde, hatte ihre Schwester
Anna bereits manches Ehejahr hinter sich, da sie schon 1405 den
Palatin Niklas von Gara geheiratet**). Elisabeth war seit 1400
dem Grafen Heim-ich IV. von Görz verlobt **). Bald darauf
*'; S. tört Ur 9. Bd. S. 49, nr. 118.
*"0 Vgl darüber Aschbach's Werk ü. K Sigmund.
^3) Uebcr diese Heirat und deren Zeitpunkt s. m. Abb. Ü. die ztg. Q
z. G. d. Gfh. V. Gilli a. a. 0., Note 20. Seit 1406 nennt Sigmund
den Grafen von Cilli regelmässig seinen Scbwiegci*vater. Die Stiftungs-
urkunde des Dracbenordens b. Fejer X, 4, 682—693. Zun&cbst er-
scheint Stephan, Despot von Eascicu und gleich nach ihm Her-
mann IL comes Cilie et Zagorie und dessen Erstgeborner Friedrich II.
**) S. o. Note 85.
^^) Vgl Fröhlich'» GeneaL, Coronini, Wassermann ....
— 121 —
erscheint urkundlich Elisabeth, aus dem reichen Hause von
Abensberg, als Gemahlin des zweitgebomen Sohnes, Her-
manns HL *•). Viel früher muss, wie oben angedeutet, der Erst-
geborne, Friedrich, seine Ehe mit der von Veglia-Modrusch
vollzogen haben*').
Es fehlte dem Altgrafen von Cilli nie an Gelegenheit,
seinem Schwiegersohne wichtige diplomaysche Dienste zu leisten,
und ihre Bedeutung musste in dem Maasse wachsen, je mehr
Kronen und Geschältslasten der Luxemburger Sigmund sich
erwarb und aufbürdete. 1410 von einer Partei zum deutschen
Könige gewählt, verstand sich Sigmund zu behaupten und das
GlQck verschaffte ihm 1411/1412 die Anerkennung als alleiniges
Oberhaupt des deutschen Reiches. So war der Cillier Schwieger-
vater des Königs von Ungarn und Deutscbland geworden und
diesem stand, im Falle, dass sein kinderloser Bruder Wenzel
starb, eine dritte Krone, die böhmische, in Aussicht
Im Herbste des Jalires 1409, als die Händel in Friaul,
die Streitigkeiten um das Patriarchat Aquileja in voller Heftig-
keit beharrten, bevollmächtigte IC Sigmund den Cillier zu
Unterhandlungen mit dem hervorragenden Parteimanne, Tristan
Savorgnano **^.
Als die Reibungen mit Polen um das Jahr 1410 wuchsen,
der Heereszug A. 1411 schon eine beschlossene Sache schien —
anderseits aber der Krieg mit Venedig vor der Thttr stand und
die ungetheOten finanziellen und militärischen Kräfte K. Sig-
munds in Anspruch zu nehmen drohte, — kam es zu fried-
lichen Verständigungen des Luxemburgers mit dem Jagellonen
Madislav.
Die beiden Herrscher trafen im März 1412 zusammen;
der ungarische König zeichnete seinen hohen Gast m pnmk-
^*') 1407, 13. Aug. erscheinl urkundlich bereits Gräfin EUsabeCh Yon
Abensberg als Gräfin von CillL Stttlz, Gesch. der Schaonberger, Hegg.
nro. 745.
*«) S. 0. den Text u. Note 16.
*») D. ürk. Auszug im tört tir. X. S. 151, nr. 125, 1409, Ofen, 4. Sept
Vgl. ManzanO; Ann. del Fr. VI. Bd; z. J. 1409.
— 122 —
vollstor Weise ans. UeberaU war da unser Cillier drai Luxem-
burger zur Seite. In dem Lublauer Bundesbriefe beider Könige
V. 16., 16. März 1412 steht sein Name der erste in der Reihe
der weltlichen Zeugen und in der zweiten Urkunde erscheint
er neben drai Primas von Oran und dem Palatin Ungarns als
einer der drei Bürgen der Uebereinkunft ^O* ^^ beiden Könige
zogen mit glänzendem^ Gefolge vom Fusse der Zipser Tatra
nach Kaschau, von da in das BebengelAnde der Hegyallya,
nach der Königsp&lz von Diosgyör bei Eriau ; aber Erlan so-
dann nach Ofen, wo glänzende Festlichkeiten einander drängt».
Bald aber, nachdem der Polenkönig heimgekehrt war — im
Hochsommer des gleichen Jahres — brach Sigmund mit 40.000
Mann zum Kampfe gegen Venedig auf und zog über Stuhl-
weissenburg, Agram, Laibach und Görz auf den Frianler Kriegs-
schauplatz, mit ihm der CilUer.
Im nächsten Frühjahre (1413) ward der König des Krie-
ges müde, denn die Zähigkeit des Widerstandes der Signoria
und anderweitige Seiten kreuzten die Kriegslust des Luxem-
burgers.
Die Behebung des päpstlichen Schisma's, die Dringlichkett
der Kirchenverbesserung, die hussilischen Religionshändel —
sämmtlich Dinge von weitgreifehder Bedeutung, machten Unter-
handlungen mit den drei Päpsten und die Einberufung eines
allgemeinen Condls nothwendig. — So war denn auch wieder
der vornehmste Vermittler der Waffenruhe mit den Venetianem,
Graf Hermann von CfllL Er begab sich Mitte April aus dem
königlichen Lager unweit Udine nach Capodistria, um mit den
Abgesandten der Signoria über die Präliminarien schlüssig zu
werden. Die eigentliche Friedenshandlung sollte in Triest vor
sich gehen ^^).
K. Sigmund, einer der vielgeschäftigsten und reiselustig-
sten Herrscher aller Zeiten, zog von Friaul nach Tirol, von da
nach Graubündten und über Bellinzona den alten Beichsweg
«•) Fej^ X, 5, 279 --285. Dlogosch XI. Bach S. 325.
^) Manzano a. a. 0. 252, 254.
— 123 —
in die Lorabardd. Zu Lodi traf er mit dem Papste zusammen
und hier ward das Concil nach Kostnitz, in die alte Reichsstadt
am Bodensee, ausgeschriebal. Sodann begab sich der König im
Sommer des J. 1414 aus Italien in die Schweiz, von da über
Strassburg an den Rhein bis Aachen und von da gegen Ende
des Jahres zurück an denOberrhein^ in die Concilstadt Gonstanz,
wo Sigmund mit glänzendem Gefolge den 24. Dezember, am
Weihnachtstage, sdnen Einzug hielt.
Wir wissen nicht, ob der Graf von Cilli seinem königli-
chen Schwiegersohne auf dessen wdtwendigen Reisen das Ge-
leite gab; so viel aber ist sicher, dass sich im Gefolge Sig-
munds und seiner Gattin Barbara nach Gonstanz Graf Her-
mann II. und sein Erstgeborner, Friedrich 11. befanden. Ihrer
gedenken als vornehmer Gäste in der Goncilstadt die gleich-
zeitigen Quellen und spätere wissen von dem Turniere zwischen
dem Junggrafen von GiUi und Herzog Friedrich von Tirol zu
erzählen, in welchem jener den Sieg davon getragen habe. Es
war dies jenes Waffenspiel, woi'an sich die verhängnissvolle
Flucht Papst Johannes XXIII. aus Gonstanz knüpfte (20. März
1415) *0-
Viele Wochen weilten somit die Gillier am Grestade des
Bodensees und noch im Apiil bestätigen Urkunden ihre dortige
Anwesenheit. Ob Altgrai Hermann U. erst Mitte Juli mit
seinem k. Schwiegersohne Gonstanz verliess, bleibt fraglich.
Die nächsten Jahre brachten vielerlei Geschäfte, Erfolge
und Kränkungen.
Wir hören im Spätherbste des J. 1417 von Rüstungen
zu einem neuen Kriege, welche der Graf von Cilli und Pippo
Solari, Graf von Ozora, Sigmunds Günstling und Feldherr im
^') S. z. B. das uTidit vonKonstenz'' des glchz. Thomas Prischuch von
Augsburg in Höfler'B scrr. ser. Luss, fontes VI. Bd. der I. A.
S. 373r-d74 und Labb^ Acta concU. XYI. Bd. S. 1407 iL 1423,
1428. Das angebliche Turnier zwischen Friedrich von Cilli und dem
Tiroler Herzoge s. in Fugger's fihrensp. h. v. Birken S. 418 und
Tschudi's Chronik 11. 0. Buoh 6-7; irriger Weise wird der Käme
Hermann statt Friedrich angeführt.
— 124 —
▼enetianisclien Kriege, zu besorgm hatteit Es Uieb aber bei
diesen kriegerischen Gerüchten **). In diesem Jahre traf den
Altgrafen ein herber Yeilust, der Tod seines dritten Sohnes
Ludwig, dem in erster Linie das Ortenburger Erbe in Aussicfat
stand '*) und der war nkht so leicht zu Terschmensen, als dies
bei der unliebsamen Kunde von dem ehelichen Zerwttifhiss
zwischen K. Sigmund und seiner Gattin, Hennann's Tochter,
zwei genussüchtigen Naturen, der Fall sein mochte. Denn diea
Zerwürfoiss, das allerdings 1419—1420 eme Ifingere Verban-
nung der Gattin und schnldlos^i Toditer des KOnigs nach
Ostungam, unter den drückendsten Verhältnissen, zur Folge
hatte, zeigt sich um 1421 wieder buchen *^). Es war diea
zur Zeit, als die Verlobung und Heirat der Königstochter
Elisabeth mit Herzog Albrecht V. von Oesterreich dem Ab-
schlüsse nahe war, wobd Hermann als Grossvater der Braut
den hervorragendsten Unterhändler und Bürgen abgab ^*).
Aber gerade jetzt, wo wir den Landerbesitz des Hauses
in fortwährendem Steigen erblidcen, so vor allem durch das
Aussterben der Ortenburger, womit ihr schönes Erbe in Kärn-
ten und Krain, in letzterem besonders die Gotscliee an ihre
Verwandten die CiUier gedidi^*), so dass^sie sich fortan Graf^
von coli, Ortenburg und im Seger schrieen, gerade jetzt, wo
das Ansehen Hermann's IL und seines Hauses im Höhepunkte
stand, brach über dassdbe eine Famüientragödie herein, die
den tiefsten Schatten auf all' diesen äusseren Ghuiz wirft
**} S. Aschbadi a. a. 0« II. 445. lieber den Friaaler Krieg s. Manzano
VI. 284.
") Vgl. Frötich'B Geneal. S. 100.
»«) Vgl. darüber m. Abb. im 8. Jabrg. der Btr. z K. st. G. Note 22.
»') Vgl Aschbach II. 393, 3. J&nner 1418.
**) lieber das Aussterben der Ortenburger Tgl. Hermann's Gesch. Kärn-
tens I. 127 £ Apostelen hat eine Urkunde (I, 117) verzeichnet, wor-
nach K Sigmund bereits 1420, Mitwoch nach Mathiä, also den 28 Fe-
bruar, seinen Schwäher Hermann von Cilli mit der Grafschaft Orten-
burg belehnte. Dies mnss also eventuell geschehen sein, denn der
letzte Ortenburger starb 29. Harz d* J- $. Cftsar Ann, 4ac- 5U
III. 403,
— 125 —
Friedrich, der Erstgeborne, hatte dem Wunsche des Va-
ters gemäss eine Tochter des reichen und mftchtigra Grafen
von Yeglia-Modmsch, eine Frangepani, geehUcht
Ans der Ehe war zu Anfang des 1 5. Jahrhundertes, jeden-
fidls vor 1406 ein Sohn, Uhieh U^ der Letzte der CSUier,
entsprossen ^^).
Ob die Ehe glüddich begann, ob sich anftnglich die Stan-
desheirat mit anfriehtiger Neigung des Oatten knüpfte, wissen
whr nicht, aber so viel ist gewiss, dass die zweite Hälfte des
beheben Lebens höchst ung^addich schloss.
Graf Friedrieh war eine leidenschaftlich und sinnlich an-
gelegte Natur. Als er die Tochter eines ärmm^en kroatischen
Eddmannes, Veronika von Deschnice (Teschenitz) ^^) — wahr-
scheinlich unter den Dienstfiräuleins semer Gattin ^ kennen
lernte, entzündete die Schönheit dieses Weibes die staricen
Begierden des Grafen. Wir wissen nichts Bestimmtes aber die
Beize der schönen Kroatin, nur die üeberiiderung spricht von
ihrem blonden Haare und so wäre denn schon darin ein Art
Seitenstack zur unglackliehen Agnes Bemauer gefunden. fVied^
rieh war kein Jüngling mehr, er hatte längst schon die Schwelle
des reiferen Mannesalters überschritten, wir mOssen ihn min-
destens als hohen Vierziger denken. Aber gerade den rei-
feren Mann voll starker sinnlicher Triebe erfasst, wie die Er-
fahrung lehrt, eine solche Leidenschaft mächtiger, verzehrender,
wie dies in Jugendjahren der Fall ist und es scheint, dass
Veronika sich den Bewerbungen des Grafen nicht leichtfertig
ergab imd eben desshalb die Leidenschaft desselben verhäng-
nissvoll erhöhte.
>^) Aeneas Sylvias bist Frid ed. Eollar Annal mon. II. 46S, hisi Boh.
66. cap. nennt den letzten Cillier, als er ermordet wurde, einen FOnf-
siger, nnd das geschah 1466.
^") Eberh. Windeck 129. Cap. nennt sie nicht mit Namen, sondern
spricht nnr von ihr als einem „Sloffweibe** des Grafen Friedrich.
Atneas Sylvms: de sita Enr. cap. 17 kennt den Kamen Veronika.
Hanptqnelle ist da die CilHer Chronik 10. 11. 12. Cap b. Hahn
681-686; Cäsar 47 61. Doch bietet Eberhard Winderk höchst
wichtige Ergfinzungen
— 126 —
Aefat Jahre, sagt eine zeitgenössische Quelle, wenn wir
ihr trauen dürfen*'), habe sich unter solchen Ywhiltoissen
das eheliche Zerwttrfiuss der beidm Gatten, Friedrich und
Elisabeth, fortgeschleppt und der Gillier, der b^eits vom Vater
einaü besonderen Hofhalt und Gttterbedtz ausgewiesen ertialten
— sein Weib vollständig gemieden, als die beiderseitige Ver-
wandtschaft, mn dem Aergemiss zu begegnen, eine Aussöhnung
bewirkte. Es war ein Scheinvergleich, von dem die Herzen
nichts wusst^ ; die Gräfin soll ihre Todesahnung am Tage des
Ausgleiches offen ausgesprochen haben'®). Näcfastan Moigais
fand man sie todt im Bette und alle Welt sprach davon, der
Graf sei zum Mörder seines Eheweibes geworden. Jedenfalls
vermochte er nicht die Beschuldigung zu wideriegen * *). Dieses
grause, noch immer nicht aufgehellte und wohl auch nie voll-
ständig aufklärbare Ereigniss war der Vorbote eines zweiten,
der geheimai ehdiehen Verbindung mit Veronika von Deschnic.
Eberhard von Windek, der zeitgenössische Ges<^chtsdireiber
und IM^er K. Sigmunds, kennt sie nur als „Stofweib'' d. L
als Ooncubine des Grafen; die Gillier Chronik und das Gei-
racha* Todtenbnch lassen aber die nachträgliche geheime Ehe
nicht bezweifeln *').
Nach diesen Quellen hätten wir die Katastrophe um 1424
anzusetzen, was sachlich auch besser passt als das Jahr 1422
— in wdchem, wie wir wissen, Altgraf Hermaim IL sei^
neu königlidien Schwiegersohn zum Congresse mit K. Vladislav
von Polen nach Käsmaiic in der Zips begleitete *% wie das aus
der Gillier Qironik bervoigeht
>*) Eberhard Windeck a. a. 0.
^) Ebenda — „ich weis woU, das man mich morgens bei meinem bem
tot vindef«.
*^ Die Gillier Chronik sagt: das allgemeine Gerächt habe den Grafen
Friedrieb als Mörder beseicbnet. Aucb das Weitere spricbt dafür.
*>) Im Geiracber Todtenbucbe, dipl Styrie L S. 882 beisst es: 17. Okt
D. Veronica comitissa Cib'ae.
**) Eberbards von Windeck Zeitangabe Aber die Anklage des Cilliers in
Ofen durcb dien Vetter der Ermordeten ist zu genau, als dass sieb
daran, also an dem Jabre 1424, zweifeln liesse. Anderseits lässt sieb
— 127 —
Der Ältgraf hätte vielleicht dem Sohne den Mord seiner
Gattin eher verziehen als die geheime Ehe, tief unter dem
Range, nach Hermanns stolzen Begriffen; eine Ehe, der ein
Verbrechen voranging. — Friedrich mochte wohl das Scfalinunste,
namentlich für Veronika, befahren, darum barg er sie vor
dem Zorne des Altgrafen — und entwich an den Hof seines
königlichen Schwagers nach Ofen, bis der erste Sturm des
v&terlichen Zornes sich gemildert haben würde **). Hier aber
trat ihn der Neffe der ermordeten Frau, Hans von Veg^a-
Modrusch, als öffentlicher Ankläger und Famüienrächer entgegen
und forderte ihn zum Zweikampfe, obschon, wie er sagte,
der „Bettmörder" seines Eheweibes, eines solchen Kampfes
eigentlich unwürdig sei *^). Es gab ^e für K. ^gmund und
seine Gattin höchst peinliche Scene. Der Zweikampf wurde
hintertrieben und der vornehmste Gast des Hof lagers, IL Erich
von Dänemark sollte den bösen Handd richten **). Wir erfahren
über diese Bichtung nichts, wohl aber bekam das Weitere dem
Junggrafen von Cilli übeL Er wurde von seinem königlichen
Schwager als Verbrecher in eiserne Bande geschlagen an
den zürnenden Vat^r ausgeliefert*'). Dieser warf den Unge-
rathenen in festes Gewahrsam auf der Burg Ober-Cilli und
war entschlossen dem Erstgebornen all seine Besitzungen
und Rechte zu entziehen*^). Um diese Zeit hatte der zweite
gebome Sohn Hermann HL nach dem Tode saner Gattin
aus dem Hause Abensberg eine zweite Ehe geschlossen, die
den Wünschen des Altgrafen vollkommen entsprechen musste.
schwer uinehmen, dass, wenn 1422 die Ermordung der QrUfin statt-
fand, zwei Jahre darüber verstreichen konnten. Ueber den Käs-
marker Congress s. Aschbach in. 8. 178.
*^). Diese Oombination liegt nahe, wenn man den chronologischen und
pragmatisdien Zusammenhang der YorfUle in Auge behalt.
») S. £. Wmd^ek a. a. 0.
**) Sigmund kehrte von der neuen Hochzeitsfeier WladLslaws von Polen
im Mai 1424, vom Dftnenkönige Erich begleitet, nach Oüen henn.
•?) GOl. Chr. Hahn 688-684, Cftsar 49.
-) Von 1424--1429 verschwindet Graf Friedrich aus den Gülier Ur-
kunden. Erst s. 1429 wird er wieder genannt.
— 128 ~
Er ehelichte nfimliGh die Toditer des Herzogs Ernst von
Baiem, die Wittelsbachenn Beatrix**).
Was lag ntther als dar Gedanke, den Erstgebornen ganz aus-
zuscUiessen und Hennann HI. die ganze Erbschaft zuzuwenden.
Aber bald traf den Altgrafen ein harter Schlag, der seine
Entwürfe kreuzte.
Sein zweitgebomer Sohn Hermann IQ. starb eines plötz-
lichen gewaltsamen Todes. Unweit Badmannsdorf, im Krainer
Lande, starzte er vom Pferde und verschied alsbald (1426,
30. Juli), in der Vollkraft der Jahre '''*). Er hinterliess keinen
Sohn, nur eine Tochter Margarethe, die um 1430 den Grafen
von Mondort »Pfannberg ehelichte und als letzter weiblicher
Sprösding des Hauses Cilli, zum zweitenmale, mit dem H^-
zoge von Glogan - Teschai, vermlllt und abermals Witwe ge-
worden, starb ^%
So stand denn die ganze Cillier Erbschaft auf vier Augen.
Auf dem Erstgebornen, dem der Vater noch nicht verziehen
und auf dem Enkel Ulrich, Sohne Friedrichs und der unglttck-
licben iSisabeth, ruhte die Zukunft des Cillier Hauses. Das
mochte den eisern» Sinn des Altgrafen mürber machen, um
so mehr, als mit dem Testamente Stefens Tvartko, des Königs
von Bosnien (v. 2. Sept 1427X eine neue bedeutsame Aus-
sicht, ein Thron in den Suddonauländem, winkte. Dies Testament
bestellte nfimlich zu Erben des Reiches Hennann H. als Sohn
einer bosnischen Prinzessin und dessen Nachkommenschaft ^*).
Aber nicht so rasch konnte der Altgraf die Schmach ver-
gessen, die sein Sohn auf sich gehäuft hatte. Vielleicht gedachte
er, mit Umgehung Friedrichs, dessen heranreifenden Sohn Ul-
rich, Hermann's H. Enkel, zum Erben zu bestellen.
•^ Der Heiratspakt mit der Wittehbarherin, Toditer H Emst's, Pfalz^
grafen, b. R. d. v. 4. Febr. 1424, Salzburg. Apostelen 8, 177.
"•«:) Der Tod Hermann's III vor 1427, also wobl 1426 steht fest. Vgl
Frölicbs Genealogia 8. 97.
*") Der Erbschaftsyerzichtbrief M argaretba's , T. Hermann's III. als
Gattin des MontfoHers d« v. 6. Mirz 1480. Apostelen 8, 178-479.
«) Vgl Aschbach UI. 8. 273.
— I2d —
Zählte doch Ulrich schon mindestens 17 — 18 Jahre und
' erscheint um 1428 urkundlich als Verleiher eines Dorfes an
das Lieblingsstift des Gross vaters, Plettriach in Krain; Aus-
drücklich wurd diese Ortschaft als Erbe sdner Mutter bezeichnet
und erw&hnt, sein Vater Friedrich habe sie bereits dahin ver-
gabt So scheint es denn, als träte Ulrich n. an die Stelle
seines Vaters'*).
Doch die verwickelte Sachlage nahm einen andern Aus-
gang. — Je mehr die Sorge des Altgrafen um sein Haus
wuchs, desto furchtbarer ward seine Erbitterung gegen Vero-
nika von Deschnic. Ihr wurde alle Schuld des Unheils aufge-
lastet; der Altgraf ruhte nicht, bevor er dieses Opfer seines
Grimmes in Händen hatte. Mit ergreifender, schlichter Leben*
digkeit berichtet die Cillier Chronik den Schluss der CiUier
Familientragödie '*). Mit kleinem Dienergeleite irrt Veronika
von einem Zufluchtsorte zum andern, um den Verfolgungen
des Altgrafen zu entgehen; selbst in Wäldern sucht sie ein
zeitweih'ges Versteck. Doch die Späher des Altgrafen entdecken
sie endlich und zerren sie aus dem letzten Zufluchtsorte bei
Pettau hervor. Nun ist sie in der Hand des unversöhnlichsten
Feindes. Sie soll den Tod finden, aber verurtheilt als Hexe,
Zauberin, die mit unlauteren Künsten den Sinn des Junggrafen
Friedrich berückt habe.
Der „Vorsprech" oder Sachwalter wusste jedoch das Nich-
tige solcher Anklage so klar zu machen, dass die Richter über
die Angeklagte das Nichtschuldig sprachen. Es gehörte Herz
und Mannesmuth zu solchem Urtheil, denn der allmächtige
Grundherr wollte um jeden Preis die Verurth^ung des
blind gehassten Weibes in dieser Form, um die Schmach von
dem bezauberten Solme auf die ränkevolle Zauberin zu wälzen.
Als dieser Streich fehlschlug, gab es nur ein Mittel, die Ilache-
lust des Altgrafen zu stillen, Veronika's Tod. Sie wurde zu
") Graf Ulrich von Cilli ividmet dem Kl. Pletrinch das Dorf Wraslas-
dorf in der Metlik, wie es sein Vater Friedrich gewidmet. 1428 . . .
(Orig : landsch. Arch. 6175) Als Zeuge erscheint Altgraf Hermann.
'*) Cill. Chr. b Hahn S 683-C85 Cäsar c. 49-51. •
9
österwitz, auf der CQlier Veste des Santhales, im Bade er-
tränkt Den 28. Oktober „starb Veronika die Gräfin von CiUi"
heisst es wortkarg im Todtenbuche der einstigen Earthause
von Geirach^^) in Untersteier, wohin Graf Friedrieb nachmals
die Reste des heissgeliebten Weibes beisetzen Hess. Das Jahr
ist nur vermuthungsweise auf 1428 zu setzen. Wenigstens
stimmt es am besten mit der Chronologie der anderweitigen
Ereignisse.
Das war das Ende der steiermärkischen Agnes Bemauer.
Sie büsste wohl fremde Schuld und als habe das Geschick dies
Stthnopfer begehrt, um dann gesättigt einzulenken, - verwirk-
licht sich auch bald die Aussöhnung zwischen Vater und Sohn,
dessen schwere Erkrankung in der Kerkerhaft — „vor Herz-
leid** sagt die Chronik — den Altgrafen auch milder stimmen
musste. Es scheint, als habe der Einfluss &. Sigmunds, viel-
leicht Barbara's Fürsprache, dem Gefangenen die Kerkerthüre
geöfibet, — wenn nicht der Ausspruch des Arztes, diese Haft
würde tödtlich enden, das seinige gethan. Nach der Cillier
Chronik habe K. Sigmund für den Schwager die Statthalter-
schaft im fernen Burzen lande Siebenbürgens ausersehen. Graf
Friedrich sei jedoch zu spät bei dem Könige eingetroffen und
die Würde bereits vergeben gewesen • •). Urkundlich wissen
wir, dass Graf Friedrich den 29. April 1429 zu Pressburg
„wegen seiner vielen Verdienste um die Krone" das Schloss
Krupa in Slavonien zu erblichen Besitz erhielt ' ^). Er sei dann
aus Ungarn heimgekehrt; der Vater jedoch nicht sogleich
bereit gewesen, ihm die entzogenen Güter und Schlösser zurück-
zugeben. Zwei Jahre habe er in einer Art Verbannung in Rad-
mannsdorf verlebt '' ^) und sei dann entschlossen gewesen, eine
Pilgerfahrt nach Rom zu unternehmen, offenbar zur Sühnung
") 8. 0. Note 62.
'•) Cill. Chr. — Hahn 686 - 6. Cäsar 51-52.
'''') 1429, 29. April, Pressbnrg — K Sigmund schenkt wegen r. vielen
Verdienste (ob multiplicia ipsius merita) — dem Grafen Friedrich
das castrum Cmppa. — (Apost 8, 179 nro. 65.)
") Cill. Chr. t a. 0.
-^ 131 —
schwerer Schuld. Aber auf der Fahrt gerieth er in die Ge-
fangenschaft des Markgrafen vonFerrara und musste aus der-
selben von seinem Schwager, Grafen Heinrich von Görz, gelöst
werden ' •).
Der Lebensabend Hermann's II. nach dem furchtbaren
Gewitter, das sein Haus heimgesucht hatte, lässt sich in kurze
Daten zusammenfassen. Es fehlte nicht an äusserem Glücke,
aber der tiefe Missklang in der Familie liess wohl ein behag-
liches Zusammenleben nicht aufkommen. 1430 den ersten Mai
erhob zu Pressburg K. Sigmund die drei Grafen von Cälli:
Hermann H., Friedrich IL und Uhich IL in den Stand der
ungarischen Reichsbarono ^^). So treten die CiUier immer mehr
in den Kreis der Interessen Ungarns und dahin neigt sich der
Schwerpunkt ihrer politischen Bedeutung. Das slavonische
Banat Hermann's U., die eigenthümlichen Befugnisse und An-
sprüche, welche die Cillier fortan dem Agramer Bisthum gegen-
über festhalten, ihr Streben, in dem slavonischen Gebiete die
tonangebende Rolle zu spielen — findet seine Ergänzung in
den Ansprüchen auf das bosnische Reichserbe und in der ge-
wiss noch in Hermann's H. Tage fallenden Verbindung seines
Enkels Uhrich H., des letzten Cilliers, mit Katharina, der Tochter
des Fürsten Georg Brankovics von Serbien®*). — So kommt
es, dass ein vom Hause aus deutsches Adelsgeschlecht, das
allerdings mit dem Hauptkeme seiner Besitzungen in der
windischen Steiermark wurzelte, in die Geschicke der südlichen
Slavenwelt verflochten erscheint, ohne dass jedoch seine national-
slaviscihe Tendenzpolitik nur im geringsten erweislich wäre.
Eine solche war damals an sich unmöglich, doppelt unmöglich
bei den CiUiern, welche bis zu ihrem Erlöschen den Grundzug
'*») Ebenda.
w>) Ulk. d. 1. Mfti, 1430 Pressburg. Chmerft Mater. S. 16.
**) Dies scbeint daraus ersicbtlicb, dass der Tod der beiden Söhne Ul-
rich's II., Georg's und Hermann's um 1444 - 1452, ja nach einer
allerdings schlechten Yaiiante, der Cillier Chronik i. J. 1423—1434 sich
ereignete. Ueberdies zählte ja Ulrich II., als der Grossvater starb
mindestens 29 Jahre und die Cillier säumten mit der Ehe nicht.
9*
— 132 —
deutsclieii Wesens nie yerläugnen, es war eine rein territoriale
Frage, die die Cillier im Süden der Denan zu lösen sich an-
schickten.
Aber diese Lösung fand auch bedeutende Gegner. In
Slayonien war man auf die Banalgewalt Hermanns IT. nicht
gut zu sprechen. Mächtige Familien betrachteten den Macht-
au&chwung der Cillier nicht ohne Eifersucht, so z. B. die
Blagaj, deren Fehden mit den Cilliem sich Qber die Zeiten
Hermann's n. ausdehnten *') ; später das Haus der von ThaDöcz.
Aber auch die verschwägerten Frangepani, die Herren von
Yeglia - Modrusch, waren solchen Regungen nicht ganz fremd.
Einen kitzlichen Punkt bildete auch die Amtsgebahmng des
CiDiers als Banus. Er scheint ein Freund strammen Regimentes
gewesen zu sein. Jedenfalls ist eine Urkunde v. J. 1427
höchst bedeutsam. Darin erklärt K. Sigismund, Graf Hermann,
sein Schwiegervater, fbhre Beschwerde aber die Beschuldigung,
dass er als Banus Gewaltmassregeln gegen Adelige und Nicht-
adelige sich habe zu Schulden kommen lassen, insbesondere
wider die Blagaj und bitte für jeden Fall um den Schutz und
Schirm des Königes, den dieser ihm auch gewährte. — Ueber-
dies grollten so manche ungarischen Reichsstände d^ unge-
meinen Bevorzugung des Hauses der Cillier durch den König *').
Die pfandweisen Vei^bungen Warasdins und der Muraköz
erschienen als parteiische Verschleuderungen auf der einen und
unverdiente Bereicherungen auf der andern Seite. So grosses
Glück musste auch eben so grosse Neider finden und mancher
Vorwurf war da nicht unbegründet. Unter anderem erscheint
auch das Verhältniss der Cillier zum Agramer Bisthume un-
klar und streitig ^^). K. Sigismund wusste jedoch, welche Stütze
83) 1427, 16. Febr. Taidungs* und Ausgleichsurkunde zwischen Niklas,
Ladislans u. Anton Gebrfldern von Blagaj, und Hennann von Cflli,
Ban Yon Slayoniea (Apostelen 8, 827, 9)»
83) Urk. d. 13. April, FOldvär. Apostelen 8, 236, 66. tört ikr IX. S.
139—140; nr. 99.
*^) Es war ein Yogtei-, Patronats- und Coac^juturs^ Verhältniss. Vgl. u.
Anderem die Urkunde y. 4. April 1425, wonach das Agramer Dom-
— 133 —
er an Hermaim IL fand, er wusste, dass die GiUier durch
das starke Band der Interessen an ihn gefesselt sden, darum
begünstigte und schützte er sie auch. — An Streitigkeiten
mit dem Hause Habsburg fehlte es auch nicht, ihr Keim war
schon durch die oben angedeutete reichsgräfliche Sonderstel-
lung der Cillier s. 1341—1372 gegeben. Die Habsburger gaben
wohl 1372 ihren Willebrief dazu, aber in ihren Augen blieben
die Cillier dennoch Lehens- und Dienstmannen Habsburgs in
Steiermark, Kärnten und Krain und das waren sie denn auch
wirklich. So mussten sich denn m diesem gemischten streitigen
Verhältnisse Zwiste und Händel vorbereiten, wie solche zu Ende
des 14. Jahrhunderts zwischen den mit Cilli verschwägerten
Schaunbergem in Oberösterreich und den Habsburgem aus-
gefochten wurden. Spuren jener Streitigkeiten treten in der
Epoche Herzog Emst's des Eisernen (1406— 1424, > und in den
Tagen Herzog Friedrichs IV. (1424 — 1436) uns vor Augen *^j.
Schon die langwierigen Streitigkeiten mit dem Kloster St Faul
in Kärnten, mit dem Gurker Bisthum, dessen Lehensträger
die Cillier waren, mit Bamberg, dem in Kärnten so reich be-
güterten Hochstifte ~ boten zugleich Anlässe zu Konflikten
mit den Habsburgem ^% Das Verhältniss der Cillier und Habs-
kapitel den Grafen Hermann v. Cilli zum „Bruder^ und „ Genossen^
aufnimmt (Apostelen 8, 178, 62). Unter Grafen Friedrich II. kam es
zu immer yerwickelteren Streitpunkten in Hinsicht des Einflusses der
Cillier auf das Bisthum.
*^) Vgl. den belehrenden Abschnitt über die Cillier im I. Bde. der Gesch.
K. Friedrichs lY. und Maximilian s von ChmeL —1425, 25. Febr. Wien.
Compromiss zwischen Herzog Friedrich Yon Oesterreich und Al-
brecht y., ausgetragen in Hinsicht der Streitigkeiten Friedrichs mit dem
Grafen Hermann v. Cilli und dessen Fehde mit Bamberg. 1430,
24. Febr 1432, 20. Juni, Cüli; 1433, 6. Jänner. 1438, 15. AprU
Verträge zwischen Herzog Friedrich dem altern, ü Friedrich dem
Jüngern (V.) auf der einen nnd Hermann II. und seinem Hause auf
der andern Seite, über frühere Streitigkeiten, Güter und Erbverhält-
nisse. (Apostelen 8, 237 — 38; nr. 70 -72 u. Chmel an. 0. 1 S. 149
Bezüglich der Beibungen unter H. Ernst d. £. s. w. u. n. 86.)
^^ üeber die Streitigkeiten mit S. Paul — s. die Notizen zu den J.
1408, 1416; 1421 • . io dea Stiftsftnonlen, veröff. ^auszugsweise y.
— 134 --
barger wird gewissennassen zu einer elektrischen Spannung,
die sich dann nach Hermann's II. Tode der äussersten Grenze
näherte und in stärkeren Schlägen entlud.
Im Jahre 1433 wurde sein Schwiegersohn, seit 1419 Erb-
könig Böhmens — wenn gleich als solcher erst 1435 nach
dem Austoben der Hussitenkriege allgemein anerkannt, — mit
der Kaiserkrone geschmückt und sein Enkel Ulrich darf schon,
wie gesagt, bei Lebzeiten des Grossvaters, als Gemal der serbischen
Fttrstentochter Katharina gelten, deren Schwester im Harem
Sultans Murad eme bevorzugte SteUung einnahm"').
Immer höher mochten sich die Blicke des Altgrafen
schwingen, wenn er die glänzenden Verwandtschaften seines
Hauses und die Fülle von Gutem in der Steiermark, in Kärn-
ten und Krain, in Ungarn, Slavonien, in Ober- und Nieder-
Oesterreich überschaute •").
Er befand sich eben bei seinem kaiserlichen Eidame zu
Pressburg, als ihn, den geistig rührigen und körperlich noch
immer nicht gebrochenen Mann — der Tod — im hohen
Greisenalter, den 13. Okt. 1435, ereilte '").
Ankenhofen im S. J. des Arch. f. G. KUrntens 1856 S. 22-23 . .
1408 bot Herzog Ernst den LandeBhauptmann Welser gegen die Cil-
lischen, unter dem Mautenberger Vogte, Ott Pergauer, auf. Von der
Fehde mit Bamberg handelt die oben citirte Urkunde ▼ 24 Febr.
1430; vgl. die v. 25. Febr. 1425 n 85
^') Von der Verwandtschaft der CiUier mit dem Sultan Amurath handelt
die Stelle der CiUier Chr. b. Hahn 710.
*") Diese Gftter finden sich, allerdings ftir die Zeit des Aussterbens der
Cillier, in der Cillier Chronik b. Hahn S. 746-747; Cäsar 142-143
verzeichnet. Die Hauptbestilnde waren bereits unter Hermann II.
beisammen. 1894 z. ß. erscheint auch als Besitzer von Mödling
(Mediich) in N. Oe. Hermann II. (s die Urk in den fontes rer a
II. A 16 Bd S. 887-88) 1411 -U12 Uebereinkünfte Hermann's II.
als gewesenen Vormundes seines Schwagers, Hanns von Schaunberg,
Über eventuelle Erbanfälle; s. Stülz ftber die Schaunbnrger im XII Bde.
der Denkschrr. bist. ph. S. Regg. z. den J. 1411-1412.
»•) Cillier Chronik b. Hahn 686—688, Cäsar 52 - 54, nur ist das Jahr
1434 unrichtig statt 1435 angesetzt. Die Urkunde v. J. 1485 b Ka-
tona XII. 690,1 ist daftir entscheidend.
— 135 —
Die Leiche wurde in seiner Lieblingsstiftung, in der Karth-
ause Neustift zu Pletriach, im Krainer Lande, beigesetzt.
Graf Hermann 11. war kein karger Gönner der Kirche.
Dies beweisen seine frommen Stiftungen, die vor Allem dem
Karthäuser- und Minoritenorden sich zuwandten und es fehlte
auch nicht an Anerkennungen dieses kirchlichen Sinnes in so
mancher geistlichen Urkunde **").
Die Zeit, welche so viele Denkmale der Vergangenheit
zerstört, oder in unnahbaren Verstecken geborgen hält,
schonte doch einer historischen Quelle — bei allen Mängeln —
für uns von unschätzbarem Werthe; — es is t di e Chronik
der Grafen von Cilli^'). In ihrer ursprünglichen Fassung
unzweifelhaft noch dem 15. Jahrhunderte angehörig und —
nach Allem zu schliessen — nicht gar lange nach dem blu-
tigen Ausgange des letzten Cilliers aufgezeichnet, — erscheint
sie als das Werk eines Mönches der Karthause von Pletriach
oder noch eher vielleicht des Minoritenklosters in CillL Was
ihr aber für unsem Zweck einen erhöhten Werth verleiht, ist
der Umstand, dass der unbekannte Verfasser in der Ein-
leitung besagt, er habe seine Chronik „zu Eren und zu einer
Gedechtnus" des Grafen Hermann abgefasst, desselben Cilliers,
der seine Ruhestätte in Pletriach fand, den die Chronik als
scharfen Aechter der Juden preist und dessen bewegtes Leben
^ Ueber die Schenkungen Hermann's IT. an die Klöster der genannten
Orden b. das Diplom. Styrie — f. die Stifter Geirach, Seiz. Doti-
rangen für Pletriach z. B. in den Urkk. v. 1429 22. Jänner, 28. März
(landsch. Arch. Gopien); für die Pfarre S. Stephan z. h. Kreuz b.
Laudstrass (Marian-Fiedlers Oe. Klerisei 7, 24.— 3) f. die Kirche zu
Pöltschach in Kärnten (1430, 22. Jänner, landsch. Arch Cop.) ....
1391, 2. Sept. Seiz. Prior Johann von Chartreuse gewährt den Grafen
Ilermann und Wilhelm von Cilli für ihre Verdienste um den Karth-
äuserorden einen Jahrtag in den Klöstern Seiz, Geirach und Fränitz
in Krain. — 1422, 30. März, Padua (Apostelen 8, 92, 66) gewährt
der Minoriten - Ordensgeneral Franz Angeli von Siena dem Grafen
Ilermann die Begtlnstigung, dass er immer zwei Minoriten als Ka-
plane bei sich haben und einen der Ordenspriester zum Quardian
des Cillier Klosters bestellen könne.
*0 Ueber diese wichtige Quelle vgl. die beiden Note 4 und 6 cit. Abh.
— 136 —
den Mittelpunkt ihrer Darstellung bildet Er gilt ihr als from-
mer Mann, als „rechter Sttner und Friedmacher zwischen Armea
und Reichen« •').
Und nicht mit Unrecht erscheint diese CSuronik dem An-
denken dieses Cilliers gewidmet.
Denn Hermann n. steht so recht da als der Haupttaliger
des Gedeihens, der wachsenden MachtfÜUe seines Hauses. Er
gab ihm den Anstoss und die Mittel zur allgemeinem Geltung.
Er pflanzte den Baum des Cillierglückes und durfte noch in
dessen Schatten ruhen.
Mag uns die ehrgeizige harte Sinnesart dieses Mannes,
dies rast- und rücksichtslose Ringen nach Ehre und Besitz,
dies völlige Aufgehen in den Forderungen der Aussenwelt —
ohne alle sichtliche Weihe zarterer Empfindung — wenig an-
muthen, ja bis zur Abneigung verletzen; der Zug grosser be-
harrlicher Thatkraft, der hohe Schwung seiner Lebenspläne,
das Gewaltige der ganzen Persönlichkeit zwingen doch ander-
seits zur Anerkennung seines bleibenden geschichtlichen Werthes.
••) Die betreffenden Stellen der Gillier Chronik b. Hahn. S. 666, 680,
686. — Das S. 680 über die Verbannung der Juden aus dem Gre-
biete der Ciüier Gesagte wissen wir nicbt näher festzustellen. -Den
Nachruf fasst 686 die Gillier Chronik in die Worte zusammen : i,Nach
dem was grosse klag, dan Er was gar ein frommer Mann und ein
rechter Süner und Friedmacher, wo er mocht, zwischen Armen und
Reichen. **
— 137 —
IV.
Ein Yehmgerichts-Process aus Steiermark.
Von
Dr. Ferdinand BischofT.
Ubgleich die westfälischen Yehmgerichte berechtigt waren,
unter gewissen Beschränkungen ttber Klagen aus allen deutschen
Ländern zu richten und von dieser Befugiuss einen sehr aus-
gedehnten Gebrauch gemacht, ja sich nicht gescheut haben,
selbst über Klagen ausserdeutscher Unterthanen zu entschei-
den, fehlt es doch bisher fast gänzlich an Nachrichten über die
velumgerichtliche Wirksamkeit in den deutsch-österreichischen
Erbländem*). Am meisten davon besitzen wir aus Tirol, ob-
wohl längst erkannt worden, dass das s. g. Gericht der Wis-
senden, von welchem Wigulejus Hund m seinem bairi-
schen Stammbuch (ü. 410) Erwähnung thut, zu den Yehm-
gerichten in keiner Beziehung steht Aus den interessanten
Mittheilungen von J. Ladurner (Archiv f. Gesch. und Alt
TiroPs, Y, 193 fg.) erfahren wir von Berufungen tirolischer
*) Ein Zeugniss solcher Wirksamkeit in Wien s. bei Uormaie r, Gesch.
Wien's, Urkundenbach Nr. 93 ; aach Koch, Chrono]. Gesch. v. Oestr.
J. 1441; Pfister, Gesch. d. Deutschen, III. 620. Was unter der
„Feem des Fttrstenthums u. d. Enns** (Koch, a. o. 0. z. J. 1465)
za verstehen sei, wäre zu ontersachen; keines&lls bedeatet dies:
westfäL Yehmgerichte. — Die Argumentation Herrn an 's, Gesch.
V. K&rnten IL 842 für vehmgerichtliches Wirken in Kärnten scheint mir
wenig überzeugend. — Auch der Umstand, dass im furstbischöfl. La-
vanter Archive ein Codex mit der Amsberger Reformation sich be-
findet (s. Beiträge f. Kunde steir, Gesck-Quellen IV, 143) beweist
nichtSr
I
— 138 —
ünterthanen durch westfälische Vehmgerichte in i J. 1429 bis
1431,1438,1476 und 1482, wie auch vom Vorhandensein zahlrei-
cher Vehmschöffen in Tirol, unter welchen sich der Bischof von
Brixen, der landesfürstliche Landrichter zu Gries, der herzog-
liche Pfleger auf Hocheppan u. s. w. befanden und erachten
es hienach für wahrscheinlich, dass Tirol zu jenen Ländern
gehört, welche zeitweilig recht arg von den Yehmgerichten
heimgesucht wurden. Dafür spricht auch die von Ladurner an-
geführte BcsteUung des Albrecht v. Menkcrshusen zu Bomholt
durch den Herzog mit der Verpflichtung, dessen Ünterthanen,
falls sie mit den Vehmgerichten zu schaffen haben, hilflich und
heiständig zu sein, und die von Ladurner Übersehene Urkunde
K. Friedrich's IIL v. 26. Juni 1475 (Schrötter, Oester.
Staatsrecht, I. S. 214), in welcher der Kaiser über Be-
schwerden des Herzogs Sigismund von Tirol
Vorladungen österreichischer Ünterthanen vor die w. t Vehm-
gerichte verbietet — was übrigens nicht viel geholfen zu
haben scheint So dürftig diese Nachrichten aus Tirol sind, so
sind sie doch — wenn ich nichts übersehen habe — reich-
haltig im Vergleiche mit den diesbezüglichen bekannten Nach-
richten aus den übrigen deutsch - österreichischen Ländern.
Insbesondere aus Steiermark wusste man von einem Her-
eingreifen der Vehmgerichte bisher gar nichts. Auch das st
Landesarchiv bot bis in die jüngste Zeit weder in seinen Ur-
kunden, noch in seinen Handschriften irgend welche Auskunft
darüber. Erst durch die glückliche Entdeckung und archiva-
lische Ausbeutung des Formelbuches des Ulrich Klenegker '),
welchem die steiermärkische Geschichtsforschung auch in an-
deren Beziehungen sehr werthvolle Bcreichenmg verdankt, ge-
langte das Landesarchiv in den Besitz von drei Urkunden,
welche bezeugen, dass auch die schöne Steiermark von dem
gefürchteten unheimlichen Walten der h. Vehme nicht ganz
verschont blieb. Sie sind die Grundlage der folgenden Mitthei-
lungen, finden sich unter den Nummern 6758, 6764 u. 6789 a
<) Uciträge z, Kunde $teierm. Gesch. Quellen I, 10,
— 139 —
des JoanneumS'Archivs und werden von mir als Urk. I, 11, m
bezeichnet werden *).
Im Jahre 1459 wurden Hanns Ungnad, Leotold v. Stu-
benberg, Pankraz Rintscheid, Wolfgang Praun, Lienhart An-
gerer, die Pfannhauser, der Rath und die ganze Gemeinde
Aus See von Sigmund Rllntl (oder Reindl), den wir später
etwas näher kennen lernen werden, vor dem Freistulile des
Wilhelm von der Zünger, Freigrafen in der »freien Krummen
Grafschaft" zu Wickede •) schwer verkli^ Ueber jede vor
den westfälischen Vehmgerichten eingebrachte Klage musste
zuerst durch rechtes Urtheil erkannt werden, ob dieselbe zur
Competenz des Gerichtes gehöre oder nicht und so geschah
es auch hier; es ward zu Recht erkannt, dass die Klage eine
solche sei, über welche zu richten einem Freistuhle wohl ge-
bühre. Hierauf lud der Freigraf die oben genannten Beklagten
in gewöhnlicher Weise zu Recht auf den Donnerstag nach
dem h. Sakramentstag (31. Mai) desselben Jahres, vor ihm
ihren Leib und ihre höchste Ehre zu verantworten (Urk. I.
u. U). Da die erste Ladung in der Regel wenigstens sechs
Wochen vor dem Verhandlungstage erlassen wurde , so dürfte
obige Klage um die Mitte des April erhoben worden sein.
Eine Ladung vor die Vehmgerichte war damals noch keine
gering zu achtende Sache, über welche man sich einfach lunweg-
setzen konnte, obwohl diese Gerichte bereits in Folge mass-
loser Ausschreitungen, Gewaltthaten und anderer Schlechtigkeiten
vieler Freigrafen und FreischöiFen an Ansehen sehr bedeutend
eingebüsst hatten. Doch war es meistens, namentlich bei Niclit-
schöffen des Vehmgerichtes, weniger gefähriich, der Ladung
keine Folge zu leisten, als derselben zu gehorchen; auch
mochten die Beklagten die Ladung als unbegründet, als eine
Verletzung ihrer Gerichtsstandesrechte und Privilegien be-
trachtet und sich so veranlasst gefunden haben, ihren Herrn
1) Eine Notiz über diese Urkunden gab Archivar Herschel im An-
zeiger f. Kde. d. Vorzeit, Band VI, S. 216 n. 255.
') Ueber die freie krumme Grafschaft s. Thierse h, der Ilauptstuhl
des westfal. Femgerichtes S. 18. — Voigt, a. a. O.S. 63, Note 7.
~ 140 —
und Landesjfbrsten um Abhilfe dag^;en zu bitten, der nicht
leicht dulden konnte, dass seine eigene Marktgemeinde und
seine eigenen Amileute vor das auswärtige Gericht geladen
wurden. Aus den Urkunden I und n ersehen wir, dass die
Beklagten der Ladung nicht gefolgt waren und dass E. Fried-
rich dem genannten Freigrafen befohlen hatte, vom gerichtli-
chen Verfahren bei sonstiger Strafe abzustehen, da die Be-
klagten vom K&ger Ehren oder Bechtens wegen niemals ge-
fordert worden sind, ihm diese auch niemals verweigert hätten.
Diese kaiserliche Zuschrift (in welcher, wie nebenbei bemerkt
werden mag, der Kaiser also selbst die subsidiäre Gerichtsbar-
keit des Yehmgerichts auch bezüglich seiner Länder Unter-
thanen und Amtleute noch anerkannte) erwiderte Wilhelm
von der ZQnger mit einer „gütlichen Antwort^, welche uns
zwar ebensowenig als das angefllhrte Schreiben des Kaisers
vorliegt, aber ihrem Inhalte nach, wie dieses, aus einem an-
dern Schreiben des Freigrafen an den Kaiser (nämlich aus
Urkunde I) bekannt wird. Damach schrieb Wilhelm von der
Zünger dem Kaiser, dass die fragliche Angelegenheit sich an-
ders verhalte, als der Kaiser sie dargestellt habe. Der Kläger
habe vor ihm ausgewiesen, dass er seine Klage mit Gerichts-
urtheilbriefen bereits vor des Kaisers Gericht in Neustadt mit
Becht gewonnen habe; er habe wohl dreizehn mit dem kaiser-
lichen Siegel versehene Briefe vorgezeigt, womit der Kaiser
ihm und seinen Gegnern Bechtstage angesetzt hatte und ob-
wohl er diesen kaiserlichen Ladungen und allen Bechtstagen
folgsam gewesen sei, wäre ihm doch . sein Becht nicht wider-
fahren, sondern durch die Beklagten verzogen worden *).
Unter so bewandten Umständen hielt der Freigraf sich
*) Ich Bchliesse mich hier und später bei der Mittheilung des Urkimden-
inhaltes dem Wortlaute der Urkuiden thunlichst ao. Die Urkonde I
ist eine Vorstellung des Freigrafen W. v. d. Ztlnger gegen das kaiscrl.
Jnhibitorium; die Urk. II ein Bericht der Grafen W. v. d. Zanger
u. Hermann v. d. Kchome an den Kaiser Über die Vorhandlung mit
der Bitte um Anhaltung der Beklagten zur UrtheilserfQllung ; die
Urk. III eine Vorstellung des H. t, d. K. gegen kaiserl. Verfügungen.
nicht verpflichtet, dem kaiserlichen Befehle nachzukommen,
Hess demselben aber doch insofern Berücksichtigung zu Theil
werden, als ^ — wie dies von den Freigrafen, 4n ähnlichen
Fällen gewöhnlich geschah — den zur Verhandlung der Sache
bestimmt gewesenen Bechtstag auf einen späteren Tag, nämlich
auf den Montag nach S. Jakob (30. Juli) verlegte.
Die Beklagten folgten dieser Ladung ebensowenig wie der
früheren. In ihrer Abwesadieit fand am festgesetzten Tage die
gerichtliche Verhandlung statt, deren Ei^ebniss wir aus Ur-
kunde n. ersehen. Weil die Beklagten die Ladung nicht ge-
achtet haben, sind sie mit Urtheil und Becht dem h. Reich
und freiem Gericht in Strafe und Brüchte verfaUen und hat
der Kläger sein Recht auf sie gewonnen nach Recht des Ge-
richtes. Darauf setzte der Freigraf denselben einen weiteren
Rechtstag auf den Montag nach S. Jobannis Enthauptung
(3. Sept), damit sie da dem Gericht und dem Kläger leisten,
was sie von Ehren und Rechtswegen schuldig sind und auf sie
gewonnen würde. Thftten sie dies nicht, so müsste er die
letzte Sentenz und Vollgerieht über ihren L^b und Ehre ge-
ben, als der freien beinüidien Gerichte Recht ist
Auch gegen diese Vorschritte des westfUischen Gerichtes
haben die Beklagten vermuthlich des Kaisers Hufe aufgerufen.
Aus der Urkunde I erfahren wir nämlich weiter, dass der
Kaiser dem genannten Freigrafen ein Schreiben gesendet hatte,
worin ihm befohlen war, das Gericht und das ergangene Ur-
theil dem Kläger abzustellen und die Parteien vor ihn, den
Kaiser zu weisen, widrigens aber persönlich oder durch seinen
volbnächtigen Anwalt am fünf und vierzigsten Tage nach
^Empfang des Schreibens vor ihm zu erscheinen, wo dann
über die Einsprachen des Freigrafen gerichtet werden sollte.
Eine ähnliche Vorladung vor den Kaiser scheint auch dem
Kläger zugesendet worden zu sein.
Auf diese k. Zuschrift, welche Wilhehn von der ZOnger
— - wie er sich ausdrückt — „mit Würden" empfangen, schrieb
er dem Kaiser am 29. August 1 459, also kurz vor dem zur Rechts-
verhandhmg angesetzt gewesenen Tage, im Wesentlichen Fol-
— 142 —
gendes: Ich bitte Euer kaiserl. Gnaden demüthig zu wissen,
das8 ich und alle Freigrafen von dem h. Kaiser Karl und
Papst Leo begnadet und gefreit sind, ttber alle Klagen, die
vor uns in des h. Beiches obersten fireien Gerichten ^an einen
freien Stuhl eingebracht und als vor diese Gerichte gehörig
erkannt werden, um unserer Eide und Aemter wegen zu rich-
ten, es wäre denn, dass solche Klagen gemäss der Bestim-
mungen der „zu der Tunnde*' ') und zu[]Arensberg verfassten
und von dem K. Sigismund, der ein wissender Freischöffe und
Kaiser war, bestättigten Reformation, aus den freien heimlichen
Gerichten mit Gelöbniss von Freischöffen, oder mit Urthefl
und Recht herausgezogen würden, wie es der freien Stühle
Recht ist. Da demnach Euer k. Gnaden Ladung und Gebot
gegen die Reformation und gegen E. k. Gn. selbst und das
h. Reich ist, worüber ich jedoch E. k. Gn. nicht mehr schrei-
ben darf noch mag, da E. k. Gn. ia den obersten freien heim-
lichen Gerichten nicht wissender Freischöffe sind, so bitte ich
demüthig, mir und dem Kläger diese ungebürliche und unbil-
lige Ladung abzustellen und mich und alle Freigrafen und
Stuhlherren bei unsem Privilegien und Freiheiten zu erhalten,
wie Euer k. Gnaden dies dem h. Reiche schuldig sind"). —
Auch bitte ich, diese Unterweisung nicht ungnädig aufzuneh-
men, denn falls die Beklagten oder sonst Jemand meinte, dass
ich mich in dieser Sache ungebührUch verhalten hätte, oder
E. k. Gn. Ladung und Gebot Gehorsam schuldig wäre, wollte
') Von einer so bezeicboeten Reformation fand ich nirgends eine Er->
wähnnng. Die Urkunden in dem Dresdner Formelbache sind vielfach
entstellt und scheint auch obige Bezeichnung auf irgend einem Ver-
sehen zu beruhen.
') Ueber den Sinn der im Urknndentexte nächstfolgenden Worte bin ich
nicht ganz sicher, wesshalb ich dieselben hiehcr setze; »vnd somit vnge-
pttrlichen ladung vnd verpietung vcmichtigen, auf das mein gn. herr
herczog von Cleue vnd junckherrn von der Marckh ir gnaden frey-
grauen gericht vnd ander stuelherm vnd freyngrauen nicht verchlagt
werden wann wir frcigrafen das von vnserr aide vnd ambtswegen
vnd vnserr herrn von urr gnaden gerichten vnd freyhaiten wegen
ob das nicht geschieh vnd das dabey lassen mochten . . .
-. 143 —
ich gern vor luemem gn. Herrn oder Junker von Clevö uü«l
der Mark und vor andern Stuhlherren und Freigrafen im Lande
von Westfalen, an den St&tten, wohin es mir und allen Frei-
gi-afen in. Recht zu kommen zusteht, untersuchen und erken-
nen lassen, ob ich mich in der Sache gebürlich verhalten
habe oder nicht und ob es zu gestatten sei, dass E. k. Gn.
mir oder andern Freigrafen untersagen, vor die freien heunli-
chen Gerichte zu laden und nach deren Recht zu richten.
Doch wie dem auch sei, habe ich E. k. Gnaden zu Ehren,
Willen und Gefallen das Gericht gegen die oben genannten
Beklagten verschoben und aufgestellt auf den Montag nach
dem nächsten S. Dionisentag (15. Oct) dem Gerichte uud bei-
den Parteien ohne Kachtheil. Könnten und würden dann die
Beklagten durch ihre Prokuratoren sich gegen die Klage ver-
antworten und nach freien Stuhles Recht sich aus dem
Gericht ziehen, wollte ich ihnen em unbefangener Richter
sein u. s. w.
lieber den weitem Verlauf des Streites giebt das von
Wilhebn von der Zttnger und Hermann von dem Korne, beide
Freigrafen in der freien krummen Grafschaft zu Wickede, am
letztgenannten Verhandlungstag an denKaiser gefertigte Schrei-
ben (Urk. n) erwünschte Kunde, dessen Anfang übrigens schon
bei der obigen Darstellung des Falles berücksichtigt und im
Wesentlichen mitgetheilt wurde. In diesem Schreiben sagen
die genannten Freigrafen dem Kaiser, dass an dem bestimmten
Tage des Klägers volhnächtiger Prokurator vor sie zu Wickede
in das Gericht gekommen sei und geklagt habe, wie die Be-
klagten nicht geleistet hätten, was sie ihm von Ehren und
Rechtswegen und laut seines gewonnenen Urtheilbriefes zu
leisten schuldig waren und dass er begehrt habe, es sollte
nunmehr über der Beklagten Leib und Ehre Vc^gericht und
letzte Sentenz ertheilet werden. Die Erfüllung dieses Begeh-
rens — heisst es dann weiter - hätte ich vorgenannter Wil-
helm Freigraf Icraft meines Amtes dem Prokuratur * nach dem
Inhalt des vom Kläger gewonnenen Urtheilsbriefes nicht ver-
weigern können, wenn nicht Viele aus der Ritterschaft und
— 144 —
den Uinst&ndeiTi des Gerichts den voiigen. Prokurator Utten
und bewegen geholfen hätten, dass er die begehrte letzte
Sentenz K k. Gnaden zu Ehren und Willen noch einige Zeit
lang anstehen liess. Also, gnädigster liebster Herr! habe ich
das letzte Bedit, dem Gerichte und den Partdra ohne
Schaden, verschoben bis auf Montag nach S. Antonstag
(22. Jänner 1460) und jetzt bitten wir K k« Gn. demüthig
um des h. Reiches und E. L Gn. obersten Freigerichtes we-
gen, die Verklagten zu ermahnen, dass sie dem h. Reich und
Freigerichte um Brüchte und Strafe, dem Kläger aber um
seine Ansprache und sein gewonnen Recht leisten, was sie von
Ehre und Rechts wegen schuldig sind, damit wir beide oder
einer von uns auf Anrufen des vorgen. Klägers oder seines
Prokurators an dem festgesetzten Tage nicht die letzte schwere
Sentenz und das Yollgericht Ober der Verklagten Leib und
Ehre geben müssten, was wir lieber verhüthet sdien möchten.
Und was wir E. k. Gn. hierinn zu Ehren Willen und Gefallen
thun könnten sind wir schuldig u. s. w. *).
Auch diese Bemühungen der Freigrafen förderten die
Sache nicht in der von ihnen gewünschten Weise. Auch Cq
22. Jänner verstrich, ohne dass Gericht und Kläger Befriedi-
gung erlangt hätten, oder die letzte Sentenz gefiOlt worden
wäre. Wie es schemt, hatte eme abermalige Fristerstreckung
auf Montag nach dem Sonntag Quasimodo geniti (21. April)
stattgefunden, inzwischen aber der Kaiser, vielleicht in Folge
von Versuchen des Klägers nach Inhalt des gewonnenen Urtheils-
briefes zu dem Seinigen zu kommen, neuerdings gegen wei-
teres vehmricfaterliches Verfahren kräftigen Widerspruch er-
hoben. An dem genamiten Tage sdirieb nämlich Hermann von
dem Korne an den Kaiser „von Geriditswegen^, er habe ,,niit
gebürlicher Würdigkeit*" des Kaisers Brief empfangen, worin
ihm bei seinen Eiden und Pflichten gegen Kaiser, Reich und
^) Es ist bemerkenswerth, dass die Freigrafen demEaiser nicht nur nicht ge-
horchen, sondern demselben, als Obrigkeit der Beklagten, auch noch zn-
mnthen, diese zur Erfftlinng des vehmgerichtlicben Urtheils anznhalten.
— 145 —
Freigrafenamt und mit kaiserlicher MachtyoIIkommenheit ge-
boten wird, des Richtens in der in Rede stehenden Angelegen-
heit sich zu entschlagen. Aber er und alle Freigrafen haben
„mit schweren Huldigungen gelobt, Niemandem billiges und
gebürliches Recht zu verweigern. Nachdem der Kläger seinen
Urtheilsbrief mit rechtem Urtheil nach Freistuhlsrecht erlangt
hat und damit hmauf in seine Hefanat gezogen sei, habe er
keine Macht, ihm sein gewonnenes Recht zu nehmen 0; er sei
vielmehr gebunden, Jedermanns Recht zu stärken, und nicht
zu kränken, und seiner Eide und der Huldigung wegen, die
er der heimlichen Acht gethan habe, schuldig, das hochheilige
würdige Gericht der freien Stühle des h. Reiches in ganzer
Macht und HeiUgkeit zu erhalten, nach allen seinen Kräften,
wie dies der h. Papst Leo und der L grosse Kaiser Karl m.
G. geordnet und zu halten geboten hat, worüber er aber dem
der heimlichen Acht unwissenden Kaiser nicht mehr schreiben
darf. Doch zweifle er nicht an des Kaisers Willen, gleich sei-
nen Vorfahren ein Mehrer des Reiches zu sein und das Reich
bei seiner Macht und HerrUchkeit zu erhalten und dulde der
k. Majestät zu Ehren, dass die letzte schwere Sentenz bis auf
den Eritag nach S: Jacob des Apostelstag (29. Juli) aufge-
schoben werde *). An diesem Tage werde er des Kaisers
Brief mit Würdigkeit in das Gericht bringen und was dann
darüber mit rechtem Urtheil erkannt werden wird, daran wolle
er, wie es sich gebühre, halten.**
Der vorstehenden, aus dem Zusammenhalten der bezeich-
neten drei Urkunden geschöpften Schilderung des Verlaufes
der fraglichen Rechtssache, mögen emige Erörterungen und
Erläuterungen, durch welche dieselbe in helleres Licht gestellt
*) Die offenbar yerdorbene undeutliche Stelle lautet: Vnd wann dann
der klager sein vrtailbrief gewunnen hat . . . vnd damit hinauf an
sein haymat gezogen Was er ewm gn. schreibt an mich gekchömen
des hab ich chain macht im sein gewunnen recht ze nemmen.
*) Die Stelle lautet: Auch ewr k. M. zu eren bis der lest swer sentencien
dem klager nach eren wirdet ausgegeben ze leiden bis des nagsten
ertags n. s. J.
10
— 146 —
wird, nachfolgen. Dabei kommt uns sehr zu Statten, dass der
Abschreiber der Urkunden nicht, wie es bei der Auihahme von
Urkunden in Formelbacher häufig geschah, die Personen- und
Ortsnamen und die Datirungen wegliess.
Als Kläger wu*d in den Urkunden Sigmund Ränntl
genannt, in der einen mit dem Beisatz : der Veste, in der an-
dern: der erbar und Teste. In steiermärkischen Urkunden
aus den Jahren 1454 u. 1455 (s. Göth, Begesten, in den
MittheiL des histor. Ver. f. Steiermark Vm, 495, 499, 501,
504) findet sich ein Sigmund Rainntl, auch Reindl, Pfieger,
Markt- und Geurichter, Pfannhaus- und Gültenbesitzer in
Aussee. Unzweifelhaft haben wir in ihm den Kläger zu er-
kennen.
Auch ttber die Beklagten fanden sich schätzbare Nach-
richten. Leotold von Stubenberg war in der Zeit des
Processes steiermärkischer Landeshauptmann; Hanns Un-
gnad wird in den drei Urkunden selbst als kaiserlicher Kam-
mermeister bezeichnet Beide gehörten dem steierm. Herren-
stande an. Pankraz Rintscheit, dem Ritterstande ange-
hörig, begegnen wir oft im Gefolge des Kaisers; in der Ur-
kunde m wird er als kaiserlicher Rath bezeichnet; Wolf-
gang Praun kommt zuerst vor in einer Urkunde v. 21. Febr.
1435 (Göth, a. 0. 414), laut welcher ihm der Herzog Fried-
rich der Jüngere zwei durch das Ableben seines Vaters Achaz
Praun auf ihn gefallene Hallamtsantheile zu Aussee bestand-
weise innezuhaben und nach dem Herkommen zu verwesen
verlieh. In Urkunden aus den J. 1450 u. 1455 (Göth 480, 502)
erscheint er als Besitzer eines Dörrhauses und mehrerer Pfann-
hausstätten in Aussee. Auch Lienhart Anger er ist urkund-
lich bezeugt und zwar ebenfalls als Verweser des Salzsiedens
zu Aussee (Göth, 480, 495, 504) in d. J. 1450, 1454, 1455
und als gewesener Hauseigenthümer 1462 (Göth, Mitth. IX.
556). Unter den „Pfannhausem", welche vom Kläger neben
den eben Angeführten und dem Rath und der ganzen Ge-
meinde des landesfürstUchen Marktes Aussee belangt wurden,
sind Inhaber und Verweser der Salzpfannhäuser oder Stätten
— 147 —
zu verstehen (s. Franz Kurz, die Salinen in Oester. ob d. E.
in Hormair's Archiv VII, 631 fg.)
Also den höchsten Beamten des Landes, daneben zwei
gleichfalls durch Amt und Stand hervorragende, deq Kaiser
und Landesherm nahestehende, im ganzen Lande hochange-
' sehene Männer, femer zwei Verweser landesfOrstlicher Aemter,
alle Pfannhauser und die ganze Gemeinde eines landesfilrst-
: liehen Marktes fordert der Pfleger, Richter und Bürger des-
selben Marktes vor den Bichterstuhl der in jener Zeit in allen
deutschen Landen nicht minder gehassten als gefbrchteten
Vehme *). In der Praxis der Vehmgerichte war es freilich
nichts Seltenes, dass ganze Stadträthe und Gemeinden und
hohe Amtleute vorgeladen wurden; selbst Landesherren, ja so-
gar den Kaiser vorzuladen scheuten sich einzelne Freigrafen
nicht (Gaupp, von Vehmgerichten 58 fg. Wächter, Bei-
träge z. d. Gesch. 38). In Steiermark aber mochte eine solche
Ladung bis dahin unerhört gewesen sein.
Fragen wir imi den Anlass, der den Kläger zur Er-
greifung dieses ausserordentlichen Mittels trieb, so giebt die
Urkunde I zur Antwort, der Kläger habe seine Zuflucht zu
den westfälischen Gerichten genommen, weil er bei seinem
ordentUchen Richter kein Recht erlangen konnte. Es war einer
der gewöhnlichsten Fälle, dass wegen Ohnmacht oder Lässig-
keit des ordentlichen Gerichtes, oder wegen V^idersetzlichkeit
der Beklagten, die Hilfe des Vehmgerichtes angerufen wurde.
Rechtsverzögerung und selbst Justizverweigerung kamen im
•) Besonders drasUsch und in einer die damalige Zeit charakterisirenden
Weise äusserten diesen Hass gegen Vehmgerichte die Abgeordneten
der Städte und des flachen Landes in Preussen, welche 1441 den
Hochmeister um Abhilfe gegen das Vehmgericht gebeten hatten, aber
zur Antwort erhielten, dass er leider keine erfolgreichen Mittel hiezu
kenne. Darauf sagten die Bevollmächtigten: Können wii* uns der
Feme nicht anders entschlageu; so erlaubet uns nur^ dass wir die
aus der Feme nebst ihren Genossen und Beiliegern ebenfalls wieder
henken dürfen ; wir wollen zu Abentheuer der ihrigen so viele auf-
knüpfen und auf die Seite bringen, als sie der unsrigen. Voigt, die
westfäl. Femgerichte, S. 87,
10*
— 148 —
Mittelalter in Deutschland allenthalben vor. Auch in der Steier-
mark war es nicht anders. Nur allzu oft, namentlich wenn
eigene Interessen mit im Spiele waren, griff der Landesfürst
selbst störend in die Rechtspflege ein, indem er das bereits
vor dem ordentlichen Bichter zu Ende geführte Verfahren für
ungQtig erklärte und die Parteien vor sich forderte, oder dem
ordentlidien Richter, über Bitte eines in seiner Gunst stehen-
den Beklagten gebot, mit dem weiteren Verfahren stille zu
halten, oder den nächsten Rechtstag zu verschieben, oft um
mehrere Monate oder gar um ein ganzes Jahr und darüber,
unter dem Verwände, dass er den Beklagten zu Diensten be-
nöthlge u. dgl. Auch abgesehen von solchen Eingriffen der
Landesfürsten wurden die Bichter, besonders in Zeiten des
Krieges, der Pest oder anderer Landesnoth, oft genug an der
Abhaltung der bestimmten Rechtstage gehindert; manchmal
verzögerten sie selbst durch eigenes Verschulden den Rechts-
gang. Aber auch von Seite der Parteien kamen Verschlep-
pungen der Processe, wenngleich nicht in dem Masse, wie
nach Einführung des s(;^riftlichen römisch - canonischen Ver-
fahrens, nicht selten vor. Unter dem Vorwand einer Krankheit
oder eines anderen Hindernisses des Erscheinens vor Gericht,
oder wegen Unmöglichkeit die zur Beweisführung nöthigen
Zeugen oder Urkunden am bestimmten Tage vorzuführen,
oder wegen Abgang eines Fürsprechers u. s. w. wurden
Fristerstreckungen erwirkt Häufig kam es zu Vergleichs-
verhandlungen, die aber zu kemem befriedigenden Ergebnisse
führten und so nur die Beendigung des Streites verzögern
halfen. — Welcher Art die Verschleppung der Sache Ränntl^s
gewesen sei, wissen wir nicht, dass sie aber eine sehr bedeu-
tende gewesen sein müsse, ist aus der angeführten Bemer-
kung des Wilhelm v. d. Zünger zu entnehmen, laut welcher
dreizehn kaiserlich gebotene Rechtstage die Befriedigung des
Klägers nicht erzielten. So wird es begreiflich, warum S. Ränntl
beim westfälischen Gerichte Hilfe suchte. Denn wo sonst noch
hätte er sie finden können, nachdem die Sache bereits vor des Kö-
nigs und Landesherm eigenem Gerichte verhandelt worden war ?
— 149 —
lieber die weitere Frage, welche Rechte S. Rftnntl ver-
geblich vor dem Gerichte zu Neustadt geltend zu machen be-
müht war, geben die drei Urkunden der Freigrafen keine Aus-
kunft. Nur so viel dürfte aus denselben entnommen werden,
dass es sich nicht um Ansprüche aus einem Verbrechen han-
delte. Ist diese Annahme richtig, wogegen nicht in^s Grewicht
fällt, dass in der Urkunde I die Klage als eine schwere be-
zeichnet ist, da diese Bezeichnung von den Freigrafen ganz
allgemein und häufig auch bei ganz geringfbgigen Elagsforde-
rungen gebraucht wurde ^), so liegt es nahe, die Gründe der
Ansprüche des Bännil in. seinen Eigenschaften als Bürger,
Pfannhauser, Pfleger und Bichter zu Aussee zu suchen und
da neben dem Rath und der Gemeinde Aussee insbesondere
noch die Pfannhauser, Pfannhausverweser und der k. Eammer-
meister beklagt wurden, so wird man kaum fehlgehen, wenn
man vermuthet, S. Ränntl habe — vielleicht neben anderen
Forderungen — Rechte verfolgt, welche zu seiner Eigenschaft
als Pfandhausbesitzer in Beziehung standen. Diese Yermuthung
wird durch den Inhalt zweier der oben angedeuteten Urkun-
den, in denen der Name des S. Ränntl vorkommt, unterstützt
In den Fünfziger-Jahren des XY. Jahrhunderts reorganisirte
K Friedrich das 1. f. Salzwesen in Aussee und brachte zu
diesem Zwecke die in fremden Besitz gekommenen Pfannhäuser
u. dgL wieder an sich (Göth, Regesten dieser Jahre a. a. 0.
Schmutz, Lexikon I. 83.). So kaufte er auch von Sigmund
Ränntl im J. 1454 eine diesem und seinem Bruder Paul an-
gehörige Pfannhausstatt zu Aussee um hundert Pfund Pfennige,
und im Oktober des nächstfolgenden Jahres um achtundzwan-
zig Pfund Pfg. eme wöchentliche Gülte von 18 Denaren von
einer andern Pfannhausstatt des Ränntel. In den darüber aus-
gefertigten Urkunden (Göth, Reg. 495 u. 504) bestätigte Ränntl
zwar den Kaui^reis von L f. Verwesern, worunter der Beklagte
lienhart Angerer angeführt ist, richtig erhalten zu haben;
1) S. z. 6. Usener, die Frei- u. heiml. Gerichte Westfialens, S. S9,
66 u. Urk. 63, S. 215. — Diese Bezeichnung ist insofern gerecht-
fertigt) als jede Klage zur Yenrehmung fUiren konnte.
— 150 —
dies schliesst aber nicht aus. dass ans diesen Rechtsgeschäften,
namentlich dem letzteren, ein Rechtsstreit sich entspinnen
konnte. Auch stimmt zu dieser Annahme recht gut, dass der
Process vor dem Hofgericht zu Neustadt verhandelt wurde.
Wesshalb die Klage beim Yehmgericht auch gegen den ganzen
Markt Ausee, gegen Hanns Ungnad, den Landeshauptmann
und P. Rintscheid gerichtet wurde, lässt sich nicht mit Be-
stunmtheit beantworten, aber sehr leicht mit jener Annahme ver-
einigen. Möglich wäre auch, dass RännÜ, nachdem er — wie
Urkunde I bestätigt — seine Klage vor dem königlichen Ge-
richte gewonnen hatte, das Marktgericht, bez. die Marktge-
meinde und weiter den Landeshauptmann und den Kammer-
meister, in dessen Bereich das 1. f. Salinenwesen zweifellos
gehörte, um Urtheilsvollstreckung vergeblich aufgefordert hatte-
Uebrigens genügte oft ein sehr unbedeutender Anlass, um vor
das Yehmgericht geladen zu werden, und verfuhr dieses hiebei oft
sehr leichtsinnig, wie es auch in unserem Falle die gesetzliche
Form der Ladungen ganzer Gemeinden nicht befolgt hat
RännÜ hat seine Klage — ob selbst oder durch einen
Bevollmächtigten wissen wir leider nicht — vor Wilhelm von
der Zttnger, Freigraf in der freien krummen Grafschaft zu
Wickede, eingebracht Eine Freigrafschaft oder einen Freistuhl
zuWickede habe ich in den bezüglichen Schriften von Kindlinger,
Kopp, Berck, Wigand, Tross, üsener, Yoigt, Seibertz u. Tobien
vergeblich gesucht Das in Senckenberg^s Coi^pus iuris
germ. L pars 2, pag. 83 — 132 abgedruckte, vielleicht um die
Mitte des XY. Jahrhunderts angelegte Rechtsbuch enthält in
seinem unrichtig für die Amsberger Reformation gehaltenen
Theile (1. c. pag. 96) nachstehende auch von Kopp, üb. d.
Verfassg. der heiml. Ger. in W. S. 123 und von Berck,
Gesch. der westf. Ger. L 195 mitgetheilte Stelle: „So hat der
herzog von Qeuen das gericht in der Marck vnd in der herr-
schaft Willestan. — So hat der von Wickede in der Marck
vnder dem herzogen von Cleuen acht stuel in der freyn grum-
men graufschaft". — In einer Urkunde v. J. 1442 ^) erscheint
') Voigt, a. a. 0. Urk. HI* . S. 190.
— 151 —
ein Dieterich von Wickede als Mitstuhlherr des Freistuhls zu "
Brttninghausen in der freien krununen Grafschaft und war noch
im J. 1452 im Besitze dieses Freistuhls (Datt, de pace publ.
772). Da W. V. d. Zünger in seinen Briefen den Herzog von
Cleve imd Junker von der Mark seine Herren nennt, so dürfte
der Freistuhl zu Wickede vielleicht einer von den achten in
der mitgetheilten Stelle sein. Derzeit fehlen mir die zur Lö-
sung dieser Frage, welche übrigens bezüglich unseres Gegen-
standes ohne Bedeutung ist, erforderUchen Hilfsmittel.
Genaueres vermag ich über W i 1 h elm v. d. Zünger nach-
zuweisen. Ein Freigraf dieses Namens kommt ziemlich oft in den
von Usener a. a.0. mitgetheilten Urkunden vor, z. B. ürk.
51, 54, 55, 56, 69, 81 und 82 und zweifellos ist er identisch
mit dem Aussteller der Urkunden I u. H. Usener sagt zwar
(S. 302 AnnL), derselbe sei um die Mitte des J. 1459 ge-
storben. Diese Angabe ist aber gewiss unrichtig und beruht
auf Missverständniss einer Urkunde (a. a. 0. Urk. 69) und
auf Uebersehen des Umstandes, dass dieser Freigraf noch in
andern von Usener selbst a. a. 0. veröffentlichten Urkunden
aus späterer Zeit vorkonunt (Urk. 81, 82). Er war Freigraf zu
Dortmund, auf dem berühmtesten aller Freistühle, und zu
VoUmarstem 1453, zu Waltorp 1456, 1458, 1459, im letzten
Jahre und 1460 auf dem gleichfalls berühmten Freistuhl zu
Vilgist (Velgenstein) und, laut unseren Urkunden I u. ü., zu
Wickede. Er scheint ein sehr rühriger und evocationsbegieriger
Freigraf gewesen zu seiu, der dem Kaiser mancherlei Aerger-
niss bereitet hat und wie andere seiner Amtsgenossen, unge-
achtet immer wiederholter Versicherungen seiner demüthigen
und dienstwilligen Gesinnungen, doch keinen Anstand nahm,
gestützt auf wirkhche und vorgebliche Rechte und Verpflich-
tungen der Freigrafen, den kaiserlichen Geboten den Gehor-
sam zu verweigern, ja selbst des Kaisers oberste Gerichtsbar-
keit über sich und andere Freigrafen nicht anzuerkennen. Bei
Usener S. 89 findet sich ein Bericht eines Boten der Stadt
Frankfurt, der dem W. v. d. Zünger, Freigraf zu Velgenstein,
am 7. Dezember 1459 in seinem Hause zu Schwerte eine
— 152 —
Appellation der Stadt überreichte, von ihm aber sehr barsch
abgefertigt wurde. Gegen Ende des J. 1460 wohnte er mit
einer Tochter auf seiner ländlichen Besitzung im Dorf Hürde
bei Dortmund (a. a. 0. Urk. 81. S. 250).
Es war nichts Seltenes, dass vehmgerichtliche Verhand-
lungen vor mehreren % manchmal selbst vor vielen Freigrafen
stattfanden, so dass es nicht aufiFällig ist, dem W. v. d. Zün-
ger noch einen andern Freigrafen, den Hermann von dem
Korne, beigesellt zu sehen. Ueber diesen aber vermag ich
keine nähere Auskunft zu geben. In dem Verzeichniss der
Freigrafen bei Usener a. a. 0. S. 293 wird ein Hermann von
d. Borne als Freigraf zu Brüninghausen in der freien krum-
men Grafschaft in den J. 1460 und 1461 angefahrt Ob dieser
mit H. V. d. Korne identisch und der letztere Name in unsem
Urkunden unrichtig geschrieben sei, muss ich vorläufig dahin
gestellt sein bissen.
Der Verlauf der Verhandlung vor diesen beiden
Freigrafen war kurz zusammengefasst folgender : Etwa um die
Mitte des April 1459 wurde die Klage erhoben imd erfolgte
die Vorladung auf den 31. Mai; sodann über kaiserliches Ein-
schreiten Fristerstreckung auf den 30. Juli; an diesem Tage
VerurtheUung der Beklagten in contumaciam und Anordnung eines
weiteren Tages zur Urtheüserfüllung auf den 3. September
unter Androhung der letzten schweren Sentenz ; weiters wieder
in Folge kaiserlicher Zuschrift neuerliche Fristerstreckung auf
den 15. Oktober, dann Aufschub der letzten Sentenz auf den
22. Jänner 1460, eine weitere Erstreckung vermuthlich auf
den 21. April, endlich noch auf den 29. Juli. Ueber den wei-
teren Verlauf fehlen die Nachrichten. Also weit über ein Jahr
war die Sache anhängig, ohne zum Abschluss gelangt zu sein,
und inzwischen war ein Contumazuitheil gefällt worden, welches
den Beklagten die Leistung von Bussen und Brüchten und des
^ S. z. 6. üsener, a. a. 0. ürk. 21,22, 61,65 u. v. a. — Tbiersch,
Yervehmung, ürk. 1. — S. auch Berck, Gesch. d. westfUL Femger.
IL 283.
— 153 -*-
gewonnenen klägerischen Rechts auferlegte, aber nichts von Ver-
vehmung enthält — Ein solches Verfahren entspricht sehr wenig
der Vorstellung über die vehmgerichüiche Wirksamkeit, welche
man sich nach den am meisten verbreiteten und gelesenen Darstel-
lungen derselben, z. B. in den neuesten Lehrbüchern der deutschen
Rechtsgeschichte, in den allgemeinen oder rechtswissenschaft-
lichen Encyklopädien und Wörterbüchern, in der deutschen Cultur-
geschichte von Joh. Scherr u. a., in Darstellungen der allge-
meinen und der deutschen Geschichte gebildet hat Denn nach
diesen Schilderungen konunt man zu der Vorstellung, dass die
Vehmgerichte sehr kurzen Process gemacht hatten, indem sie
den vom gesetzten Rechtstag ungehorsam ausgebliebenen Be-
klagten sofort vervehmten und aufhängen liessen. Die meisten
der oben angedeuteten Schriften beruhen auf der vor allen
älteren Schriften über die Vehmgerichte ausgezeichneten Ab-
handlung über dieselben von C. G. v. Wächter (Beitr. z. d.
Geschichte) ; aber auch nach dieser konnte man kaum anderer
Meinung werden, als: der gewönliche Process bei denVehmge-
richten wäre gewesen , dass Unwissende nur einmal oder
höchstens zwei- oder dreimal zu sechs Wochen citirt wurden,
dass sie regelmässig nicht erschienen, weil sie fast sicher
ihre Ueberweisung durch den wissenden Kläger zu erwarten
hatten, dass sie sodann in contumaciam verurtheilt wurden,
dass dieses Urtheil stets in der Vervehmung bestand und
durch die hiezu eidlich verpflichteten Vehmschöflfen früher
oder später durch Aufknüpfen des Vervehmten auf den nächst-
besten Baum vollstreckt wurde.
Obwohl jeder dieser Sätze in den Gesetzen und anderen
Normen der Vehmgerichte begründet ist, geben alle zusammen
doch nur eine unrichtige, mangelhafte, nicht erschöpfende Vor-
stellung von dem Verfahren und der thatsächlichen Wirksam-
keit dieser Gerichte wenigstens während des grössten Theiles des
XV. Jahrhunderts und in der späteren Zeit Zweifellos befolgten
die Vehmgerichte auch noch in dieser Zeit die oben ange-
deuteten Prindpien des Verfahrens; aber diese Grundsätze
galten meist nur für das Verfahren im heimlichen Gerichte
— 1 54 —
welchem jedoch gegen Nichtschöffen mehr oder weniger umfassende
Vorverhandlungen vorhergingen, die häufig zur gänzlichen Befle-
gung der anhängigen Streitigkeiten oder Beschwerden führten^ so
dass es zum Verfahren im heimlichen Gerichte gar nicht kam.
Klagen über streitige Civilrechte gegen Solche, deren
ordentliche Richter sie nicht waren, gehörten nicht vor die
Vehmgerichte ; jedoch war allgemein anerkannt, selbst von
den Bündnissen der Landesherren und Städte gegen diese Gre-
richte, dass man diejenigen, welche kundlich meineidig, ehrlos
und treulos handelten oder welche zu Ehren nicht antwoiten
wollten an den Stätten, wo sich das gebührte, vor das Vehm-
gericht fordern darf. In Folge einer sehr weiten Auslegung
dieser in die Amsberger Reformation aufgenommenen Grund-
sätze und in Folge der Schwäche und sonstigen Mängel der
königlichen und landesherrlichen Gerichte wurden unzählige
Klagen vor die Vehmgerichte gebracht, deren eigentlicher Ge-
genstand civilrechtliche Ansprüche waren, oder welche wenigstens
mittelbar auf Geltendmachung vermögensrechtlicher Interessen
gerichtet waren, wie dies ja selbst bei den meisten Klagen
wegen schweren Verbrechen der Fall war. Ich halte es für
sehr wahrscheinlich, dass die Erledigung solcher Klagen im
XV. Jahrhundert die Thätigkeit der Vehmgerichte mehr in
Anspruch nahm, als die zunächst vor dieselben gehörigen
Vehmwrogen. In solchen Fällen musste häufig, besonders bei
geringfügigen Rechtsansprüchen, sowie wenn nicht aus Verschul-
den des Beklagten die Erledigung des Rechtsstreites vor dem
ordentlichen Gerichte nicht möglich war, höchst grausam er-
scheinen, rücksichtslos sofort gegen die ausgebliebenen Be-
klagten die Vervehmung auszusprechen und die Vollstreckung
der Todesstrafe zu gebieten. Auch wäre demjenigen, der sich
an das Vehmgericht gewendet hatte, weil ihm die Herausgabe
streitiger Güter oder die Erfüllung einer versprochenen oder
anderen schuldigen Leistung u. dgl. verweigert worden war,
mit der sofortigen Vervehmung und Hinrichtung des Gegners
wenig genützt worden. Ueberdies war die Vollstreckung der
Acht ausserhalb Westfalen in Gegenden, wo es keine oder nur
~ 155 —
wenige Vehmschöffen gab, eine oft sehr schwierige Sache und
bot ein weniger rasches Verfahren den Vehmrichtem wohl
auch grössere Vorthefle. Auch befolgten der Kaiser und seine
Gerichte mildere Grundsätze. Aus diesen und vielleicht noch
andern Gründen verzögerten die Vehmgerichte in solchen Fällen
die letzte Sentenz so gut es gieng und suchten dem Kläger
in anderer Weise zu seinem Rechte zu verhelfen.
So gebot mitunter in Fällen, wo vor den ordentlichen
Gerichten kern Recht zu erlaAgen war, das angerufene Vehm-
gericht jenen bei Strafe, den Klägern zu ihrem Recht zu ver-
helfen, vorläufig streitige Sachen zu arrestiren u. dgL So wurde
gewönhch schon in der ersten Ladung der Beklagte aufge-
fordert, sich binnen einer bestimmten Frist mit dem Kläger zu
vergleichen (Us euer 47; Voigt, 10 u. oft noch); die Frei-
grafen bestimmten mitunter den Ort und die Zeit der Ver-
gleichsverhandlung, ja selbst die Personen, welche die Sache
beilegen sollten, und kamen manchmal persönUch zu solchen
Verhandlungen. Oder sie ordneten Entscheidung des Streites
durch Schiedsrichter an, gegen deren Ausspruch Appellation
an den Kaiser u. a. stattfand. (Usener, 50 fg.)
Aber nicht blos eine solche den Streit vermittelnde
Thätigkeit übten die Vehmgerichte. War der (unwissende) Be-
klagte ohne Rechtfertigung bei der Vergleichsverhandlung oder
bei dem ersten Rechtstag vor dem Vehmgerichte nicht erschie-
nen, so begnügte sich dieses nicht damit, den Ausgebliebenen
in die gewöhnliche Busse von sechzig (oder Sechsundsechzig)
Schilling alter Königstumosen ') zu verfallen und etwa dem-
selben einen zweiten und dritten Termin unter Androhung der
letzten schweren Sentenz zu gewähren, sondern es Uess sich
am ersten oder an einem der späteren Termine, manchmal
auch schon vor der Ladung in eine Verhandlung über die An-
*) S. Zur Werthbestimmung der Tnrnosen (r. J. 1407) im Anzeiger för
Kunde d. d. Vorzeit, VII. 447. Damach wären zwölf alte grosse
TumoB gleichwerthig einem Franc ; zwölf kleine T. gleich einem Schil-
ling, zwanzig Schilling gleich einem Pfund oder einem Franc. — In
dem Rechtsbuche bei Senckenberg wird ein Königstumos gleich
anderthalb rheinischen Gulden gerechnet
- 156 -.
Sprüche des Klägers, namentlich über den erlittenen Schaden, die
Kosten u. s. w. ein, erkannte demselben (nach gejftthrtem Beweise)
sein Recht zu und gebot dem beharrlich ausgebliebenen verurtheil-
ten Beklagten, dem Gerichte und dem Kläger zu leisten, was
er von Ehre und Rechtswegen zu leisten schuldig ist und
dieser auf ihn gewonnen hat ; geschähe dieses nicht, so müsste
auf weiteres Begehren des Klägers die letzte schwere Sentenz
und Vollgericht gegeben werden; gewöhnlich fllgte der Frei-
graf hinzu, dass ihm dies sicherlich leid wäre und er es gern
verhütet sehen möchte. Ferners wurde in dem ürtheilsbriefe,
den der Kläger erhielt, diesem und seinem Prokurator die Be-
fugniss ertheilt, des Beklagten Leib und Gut, wie immer sie
dazu kommen mögen, im Holz oder im Felde, auf dem Wasser
oder Lande, in Märkten, auf Strassen, in Städten und Dörfern,
mit geistlichem oder weltlichem Gericht oder auch ohne Gericht
zu ergreifen und zu bekümmern und zu besetzen (arrestitren),
so lange, bis sie vom Gegner volle Befriedigung erhalten hätten.
Niemand sollte mit diesem eine Gemeinschaft haben, denselben
hausen, schützen, geleiten. Häufig trugen überdies die Vehm-
richter den Obrigkeiten des Verurtheilten oder allgemein allen
Herren, Fürsten, Rittern und Knechten, Amtleuten, Schultheis-
sen, Bürgermeistern, Schöffen imd Bütteln auf, den Siegern
bei der Anestirung der Verurtheilten und ihrer Güter zu
helfen ; oder sie richteten direct an sie den Auftrag, die Contu-
mazialstrafen einzutreiben und die Arrestirung selbst vorzu-
nehmen und luden sie zur Verantwortung vor sich, falls sie
diesen Aufträgen nicht nachkämen. Erst wenn alles die
nicht zur Befriedigung der Kläger führte, kam es auf weitere
Begehren dieser zur Vervehmung im heimlichen Gerichte, die
übrigens häufig auch noch in diesem Stadium durch Gewäh-
rung einer s. g. Königstagesfrist u. a. verzögert wurde.
So war das Verfahren der Vehmgerichte in den bezeichneten
Fällen in seinen Hauptzügen während der zweiten Hälfte des XV.
Jahrhunderts, und später (vermuthüch auch früher) beschaffen ').
1) Bei der WillkOrlichkeit, welche sich die Freigrafen in allen Be-
ziehungen erlaubten, fehlt es nicht an mannigfiachen Abweichongen
^ 1 57 -
Belege fllr die Richtigkeit der obigen Darstellung der
Grundzllge des Verfahrens der Vehmgerichte bieten weniger
die eigentlichen Rechtsquellen derselben, als die vehmgericht-
liehen Urkunden. Ich verweise im Allgemeinen namenüich auf
die Urkunden und urkundlich begründeten Mittheilungen über
vehmgerichtliche Processe in den obengenannten Schriften von
U s e n e r und Voigt und insbesondere, anstatt auf viele, nur
auf Usener S. 69 u. Urk. 66, 46 u. 58, und Voigt S. 103
bis 109. Drei FäUe sind es, welche da mitgetheilt sind, zu-
Migerweise alle drei Erbrechtsstreitigkeiten. Im ersten Falle
V. J. 1469 wurde der ausgebüebene Beklagte in Busse und
Brüchte von 66 Schilling alter Eönigstumose verfällt und hatte
der Kläger „sin sache bewiset, beweret, hirwonnen, erstanden,
zugebroicht vnd vff den gen. H. Henne (einen Frankfurter) mit
orteyl vnd recht von heubtsache, kosten, tzerung, hinder vnd
schaden, biss vff datum diss brieffes geUdden, sinen behalt
gethan, nach fryenstuls recht, so gut vnd hoich als anderhalb
hundert Rinscher gülden". Demnach gebietet der Freigraf
dem Rathe zu Frankfurt, dem Kläger zu seinen Sachen zu
verhelfen und desshalb die beweglichen und unbewegUchen
Güter des Beklagten festzuhalten u. s. w. — In dem zweiten
Falle V. J. 1455 (Usener, S. 60 u. UrL 58) gebot der Frei-
graf Mangolt zu Freienhagen nach vorgängiger Untersuchung
der klägerischen Behauptungen, den Frankfurtern Arrestirung
gewisser streitiger Güter und Gewährung des den Klägern
schuldigen Rechtes. Da die Frankfurter dieses Gebot nicht be-
achteten, so wurden sie — ausser in die übhche Gerichts-
busse — verurtheilt, dass sie den Kläger „den rechten suUen
Widder habende machen der obgerürte guter (nämlich der strei-
tigen Erbgüter) vnd korung thun der benanten drier dusend
gülden (d. i. der vom Kläger angesprochene Ersatz für erlit-
ihres Verfahrens ; es war aber auf diese einzugehen an diesem Orte
ebensowenig möglich^ wie alle Einzelheiten des geschilderten Ver-
fahrens genauer zu erörtern. Nur auf die vielfache Uebereinstim-
mung sowohl der Vermittlungsversuche, als des ger. Verfahrens der
Vehmgerichte mit dem der kaiserl. Gerichte soll schon hier hinge-
wiesen werden.
— 158 —
tenen Schaden, Kosten u. s. w.), vnd mag en die abe herma-
nen vor mir demselben gericht oder andern gerichten" u. s.w-
Das vom Kläger hierauf begehrte Vollgericht wurde verscho-
ben und die Frankfurter ermahnt, dem Gerichte die Busse
u. s. w. abzutragen und dem Kläger „willen zu machen vmb
sine erwisten vnd erwunnen sache der drier dusent gülden
vnd der sache oberort", widrigens das Gericht über sie er-
gehen würde. Und als die Frankfurter auch dieser Ermahnung
kerne Folge leisteten, und die höchste Acht gesprochen wer-
den sollte, bat der Freigraf um Mässigung dieser Acht und
wurde sodann fllr recht gewiesen: da die Frankfurter dem
Kläger zu keinem Recht verhelfen und zu Ehren nicht ant-
worten wollen an den gebührlichen Stätten, so möge der Klä-
ger oder Procurator und Beweiser der Sache der von Frank-
furt Leib und Gut aufhalten, bekümmern und besetzen, bis
die Frankfurter dem Kläger in seiner erwiesenen und gewon-
nenen Sache und dem Gerichte Genüge gethan haben, wozu
ihm alle Herren und Fürsten u. s. w. behilflich sein sollen.
Demnach gebietet der Freigraf bei einer Strafe von fünfzig
Goldgulden allen Herren, Fürsten, Bischöfen, Herzogen u. s. w.
auf des Klägers Begehren die Arrestirung der Frankfurter
und ihrer Güter vorzunehmen. In dem bei V o i g t a. a. 0.
mitgetheilten Falle klagte ein Bürger aus Essen gegen mehrere
Danziger vor dem Freistuhle zu Horeide, weil er im Wege
langer Unterhandlungen die Herausgabe gewisser Nachlassgüter
von den Beklagten nicht erwirken konnte. Hierüber bat der
Freigraf den Hochmeister des deutschen Ordens in Preussen,
die Danziger zur Herausgabe des Nachlasses anzuhalten, wie
sie vor Gott und Rechtswegen schuldig sind und gleichzeitig
erliess er an die Beklagten den Befehl, dem Kläger den
Nachlass binnen Monatsfrist herauszugeben, wie sie dies billig
und von Rechtswegen nach ergangenen Sachen schuldig sind,
widrigenfalls aber vor ihm an einem bestimmten Tage zu er-
scheinen u. 8. w., er sähe das schwere Gericht lieber verhütet
Ungeachtet der Hochmeister sich zur Beilegung der Sache er-
bot und auch mehrere Ausgleichsversuche stattfanden, zog der
— 169 —
• Kläger doch unbefriedigt aus Preussen, brachte die Angelegen-
heit wieder vor den genannten Freistuhl und erlangte nun
hier em ürtheil, womach der deutsche Orden dem Kläger ver-
fallen war in dieselbe Summe, die er an die Beklagten zu for-
dern hatte, dazu auch in die Kosten und Schaden. Begründet
war dieses Urtheil damit, dass der (inzwischen verstorbene)
Hochmeister, als Herr des deutschen Ordens, sich selbst mit
Willen in das Gericht gegeben und durch seinen Gelobbrief,
laut welchem dem Kläger von seinen Gegnern Recht geschehen
sollte, diesen also betrogen habe, dass er des Rechtes nicht
hat gemessen können. Dem Kläger ward durch das Urtheil
weiters gestattet, den deutschen Orden und dessen üntersassen
und Güter zu berauben, und aufzuhalten zu Wasser, zu Land
u. s. w. bis er zu dem Seinigen komme. Der Hochmeister aber
wurde zu „einem rechten gerichtlichen Pflichtag" vor den
Freistuhl geladen, ob er da etwas mit Recht gegen dieses Ur-
theil zu sagen wisse. Würde er sich hierin versäumen, so
gieng dann des Klägers gewonnenes Urtheil seinen Gang.
In den hier mitgetheilten drei Fällen kam es vermutlich
gar nicht zur letzten schweren Sentenz *). Darum möge jetzt
noch ein mehrfach interessanter Fall kurz erzählt werden, in
welchem auch diese letzte Sentenz gefällt worden ist*). Kunz
Hasse und sein Knecht Hanns Fussel von Mummersheim klagten
vor dem Freistuhle zuMedebach gegen Hanns Ysenkremerzu
Mainz wegen nicht näher bezeichneter Verhandlung bezüglich
eines Schneidmessers und desshalb, weil Ysenkremer die Kläger
ganze Bösewichte gescholten hatte. Diese Scheltworte wurden
als vehmbrüchig erkannt und der Beklagte auf einen be-
stimmten Rechtstag vorgeladen, an welchem die Kläger sich
von jener Beschimpfung reinigen wollten. Der Tag wurde, un-
geachtet der Abforderung der Sache durch den Mainzer Erz-
bischof, abgehalten, der Beklagte war nicht erschienen, die
Kläger schwuren sich von der Beschimpfung los imd wurde zu
Recht erkannt, dass sie sich der Scheltworte recht verantwortet
') S. axich Datt, De pace publ. 770 fg.
^ Usener, a. a. 0. Urk. XVn, S. 138-U2.
— 160 —
und eoüedigt haben, dass sie derselben so frei nnd los sein
soDen, wie am Tage vor der Beschimpfung, dass sie desshalb
Niemand meiden, hassen u. s. w. möge, sondern sie in Ehren stehen
sollen, wie dies frommen Leuten gebühre. Femer wurde zu Recht
erkannt, dass der Beklagte ihnen gegenüber in derselben Stellung
stehen sollte, in welcher sie gestanden wären, wenn man sie
schuldig erfunden hätte und dass er ihnen aUen zufolge jener Be-
schimpfung erlittenen und noch zu erleidenden Schaden zu er-
setzen habe *). Da ein Ausgleich der Parteien nicht erfolgte,
klagten jene weiter und erlangten durch Urtheil, „dass sie mit
öffentlicher Yerkündung undCitation an den Verklagten ihren
Behalt gethan haben, nämlich K Hasse auf eilfhundert Gulden,
IL Süsel auf sechzehn Gulden**, dass der Beklagte schuldig
sei, diesen Behalt zu zahlen ohne Einrede und sie desselben
Leib und Gut bekümmern mögen zu Wasser, zu Lande, zu Sande,
u. 8. w., wogegen ihn kein Geleite, kerne Freiheit schützen
sollte. Ueber weiteren Ungehorsam des Verurtheilten begehrten
die Kläger die „leste schwer diffamation Sentencie''; doch
ward dem Beklagten zur Warnung noch eine Königstages-
frist gewährt, und ungeachtet fortdauernder Rechtsverweigerung
Seitens des Verurtheilten und Gefangensetzung und Beraubung
der Kläger durch ihn, begnügte sich der Freigraf, wie es
scheint, selbst nachdem den Klägern die letzte schwere Sen-
tenz zugesprochen worden war, zunächst mit einer Warnung
an die Mainzer, mit dem verachteten Ysenkremer keine Ge-
meinschaft zu pflegen. Erst als auch dies nicht zur Befriedi-
gung der Beklagten geführt hatte, erfolgte die Vervehmung,
wodurch derselbe fllr friedlos, rechts- und geleitslos erklärt
und in die Gewalt der Kläger gesetzt wurde, mitihmzuhan-
deln, als sich nach freien Stuhles und der heiligen
heimlichen Acht Recht gebührt. - Da beide Kläger echte
und rechte FreischöflFen waren, so ist wohl anzunehmen, dass sie die
erste gute Gelegenheit benützt haben werden, den Vervehmten aus
dem Leben zu schaffen. Bemerkenswerth ist, dass dennoch die
^) Yergl. den von Wig and in den Denkwürdigkeiten, ges. aus dem Archive
des Eeichskammergerichts S. 120 fg., ndtgetheilten Fall y. J. 1567«
— 161 —
Möglichkeit einer Absolution in den letzten Sätzen der Yer-
vehmungsformel zugestanden ist. DasUrtheil ist vom J. 1523
und in dieser Zeit sahen sich die Yehmgerichte meist genöthigt,
bei ihrem grausamen Spiele mit dem Menschenleben zartere
Saiten aufzuziehen.
Schliesslich sei noch eines Falles erwähnt, der ziemlich
derselben Zeit angehört, in welche die Sache Bänntl*s fiel und
den Nachweis liefert, dass auch in Fällen, in welchen es sich
um schwere Verbrechen handelte, ebenso verfahren worden ist,
wie in den oben mitgetheilfeen Fällen. Ueberdies ersehen wir
aus diesem Falle, dass auch Wilhelm v. d. Zilnger denselben
Grundsätzen des Verfahrens gefolgt sei, welche die Freigrafen
in jenen Fällen beobachtet haben *).
Ein gewisser Wendler hatte gegen Mathias Tietz und
Genossen vor dem Freistuhle zu Dortmund wegen Mordbrand
geklagt Die Beklagten, „vor das offenbare Freiding" geladen,
waren zur Verantwortung nicht erschienen. „Darumb hat der
Prokurator im Namen des M Wendler sin clage, hovetgut,
kost vnd schaden vff sie behalden vnd gewunnen, geachtet vnd
geromet so gut als achtzig overlentische Rynische gülden,
auch . . . ordel vnd recht gewunnen vnd behalden, dass die
obgen . . verclagten dem clager die obgen . . summe gülden,
auch dem freien gerichte die peen vnd bruch bezalen . . sollen,
bynnen geborlicher zeit . . vnd ob die verclagten das nicht
täten, alsdann mögen die clager ... die obgen . summa . . .
wol abemanen, affpfenden vnd affwynnen mit gerichten, geist-
lichen und weltlichen .... vff sunder gerichte, an iren liben
vnd guden . . . Auch ist mit vrteil vnd recht erkant ... ob
die verclagten . . . sich mit dem clager . vnd . . gerichte nicht
entscheiden in geborlicher zyt . . . dass ich ... als dann voll-
gerichte vnd die leste swere sententie vber der verclageden
lip vnd ere geven sol . . ."
Sämmtliche hier mitgetheilten Fälle, so verschieden ge-
staltet sie sonst sind, bewähren unwiderlegbar, dass — ab-
0 S. Maller, ReichstagBtheater unter K Friedrich Y. Bd. I. S. 495.
Vgl. auch a. 0. 8. 498 fg.
11
— 162 —
gesehen von den übrigen Vorverhandlungen, auf welche näher
einzugehen hier nicht möglich ist — vor der letzten schweren
Sentenz, der Vervehmung, gegen den vom angesetzten Rechts-
tag ungehorsam ausgebliebenen Beklagten ein anderes Urtheil
gefült wurde, durch welches dem Kläger seine Sache, sein
Recht oder Anspruch, Hauptgut, Schaden und Kosten ganz all-
gemein und meist nach vorhergegangener „Würderungs Verhand-
lung" dem Werthe nach in einer bestimmten Summe, sowie dem
Gerichte das Recht auf die vom Beklagten verwirkten Bussen
und Brachten zuerkannt und gewöhnlich dem Kläger imd dessen
Prokurator die Befugniss ertheilt wurde, des Beklagten Leib
und Gut anzuhalten, zu p&nden, zu bekümmern, bis er voll-
ständig befriedigt worden sei Zugleich ergieng gewöhnlich an
bestimmte Personen und Obrigkeiten oder allgemein der Be-
fehl, den Kläger bei der Bekummerung zu unterstützen imd
weiter das Verbot, mit dem Verurtheilten irgend welche Ge-
meinschaft zu pflegen, denselben zu hausen, zu beschirmen,
zu geleiten u. s. w., nachdem nicht selten schon früher der
Gemeinde, welcher der Beklagte angehörte, geboten worden,
jede Gememschaft mit demselben abzubrechen, ihn auszu-
weisen u. dgl.
Demnach ist der durch ein solches vorläufiges Contumazur-
theüVerurth eilte bereits ein friedloser geächteter Mann und
wird auch als ein solcher in den Achterklänmgen ausdrücklich
bezeichnet, z. B. bei Usener ürk. 64. In der That sind die
oft in Emzelheiten sehr abweichenden Achtformeln dieser
Urtheile mitunter denen der eigentlichen Vervehmung so ähnlich,
dass es zweifelhaft wird, ob es sich um diese oder jene Art
der Acht handle. Dennoch unterscheiden sie sich wesentlich
von einander. In den Fällen der ersten Art erlangt der Kläger
Gewalt über des Beklagten Leib und Gut nur so weit, als
diess nöthig ist, um sich imd dem Gerichte Befriedigung ihrer
vermögensrechtlichen Ansprüche zu verschaffen, beziehungs-
weise den Beklagten dazu zu zwingen. Durch die Verveh-
mung wird der Geächtete vogelfrei, recht- und friedlos gegen
Jedermann, nach Vehmgerichtsrecht gleich emem, der beip^its
— 163 —
zum Tode verurtheilt wurde. Die Vervehmung ist — kurz
gesagt — gleich der Reichsoberacht, jedoch in ihren Wir-
kungen erhöht durch die Pflicht der Vehmschöffen, den Ver-
vehmten hinzurichten; die gewöhnlich vorhergehende Aech-
tung des ungehorsamen Beklagten dagegen gleicht der Reichs-
acht, bei welcher ja auch, neben den sonstigen Wkkungen
und Folgen der Verfestung, die Verhaftung des Aechters und
Bekummerung seines Vermögens stattfindet '). Von dieser Folge
der Achtsentenz, der Bekummerung, Beschlagnahme des Aech-
ters und seines Gutes, nahm man die Veranlassung, diese
Sentenz „Kummersentencia" zu nennen*), und weil sie
der letzten schweren Sentenz vorangieng, nannte man sie auch
die erste Sentenz. Es bezeugt dieses eine bisher, wie es
scheint, ganz unbeachtet gebliebene Stelle des bei S e n c k e n-
berg a. a. 0. abgedruckten Rechtsbuches, welche überdies
ein trefflicher Beleg für unsere obigen Ausführungen und na-
mentlich dafür ist, dass unsere, den Urkunden der Vehm-
richter entnommene Unterscheidung zwischen der ersten und
letzten Sentenz, oder zwischen Acht und Vervehmung vollkommen
richtig und auch in den Rechtssatzungen der Vehmgerichte begrün-
det ist. Der Artikel 2 9 dieses Rechtsbuches (a. a. 0. L p. 2. pag, 109)
hat folgende Ueberschrift: Von denen die vmb kosten
und schaden verfiert erfordert vnd verwonnen
werden, wie sie niendert glait noch kainer sicher-
hait nit haben sollen, und bestimmt im Wesentlichen:
„Wann ainer vmb costen .. erfordert .. wirt, das ist der erst
sententzvnd istsohoch, als in andren weltlichen
gerichten die acht .... vnd man doch keinem am leben
darumb nichtes tun sol, der nit höher, dann vmb costen vnd
schaden erlangt vnd erfordert ist, sondern man sol in niendert
gelaittn, fryn noch friden" . . . Der folgende Artikel handelt
aber: „Von denen, die verfiert vnd verfaymet
^) S. die vortreffliche Erörtening bei Franklin, das Reichshofgericht,
n. 320 u. fg.
*) S. üsener a. a. 0. 217 u. a. — Gaupp. Von Fehmger. 81. 89.
— Kopp, üb. Yerfassg. d. heiml. Ger. 426 fg.
11*
— 164 —
werden . . . letzte swere sentenz." — Auf das
zweierlei Verfahren und Urtheil weist auch Art 37 hin, in
der Ueberschrift : „Wie kein Freischöffe niemandes wamung
tun sol, der mit recht erlangt ist, es sei vmb costen vnd
schaden oder ganntz verfiert** Das s.g. Osnabrllcker
Rechtsbuch (bei Mascov, Notitia iuris et iudiciorum Brunsvic
Anhang S. 47 fg. u. beiTross Sammlung merkw. Urkunden,
S. 28 fg.) unterscheidet (Tross, S. 53) „brochliche und pein-
liche" Klagen, d. h. wohl solche, welche auf Verurtheilung zu
ßrüchte und Busse oder zu peinlichen Strafen gehen, und be-
schreibt (Tross, S. 31) das Verfahren, womit Jemand sein
Hauptgut, Kosten und Schaden gegen den Beklagten fordert und
bewährt *). Einer besonderen Sentenz hierüber, die aber nicht
zu bezweifeln ist, wird nicht gedacht, jedoch weiter bestinunt,
dass man einen solchen beklagten und verfolgten Mann, falls
er die Klage und „Verfolgniss** nicht achten wollte und gegen
selbe frevelhaft Widerstand leisten zu können meinte, mit
rechtem Urtheile aus dem offenen Freigericht in die heimliche
beschlossene Acht ziehen und daselbst über ihn, wie über einen
Verschmäher und Frevler des Rechtes nach Satzung der heim-
lichen Acht richten möge. In den weiteren Bestimmungen wird
der „letzten schweren Sentenz" öfter erwähnt und so also
auch durch dieses Rechtsbuch die Unterscheidung zweifachen
Verfahrens und zweifacher Sentenz einigermassen bezeugt. Ob
die erste Sentenz, welche wir auch nach diesem, wahrschein-
<) Wigand, das Femgericht Westfalen's, S. 442 N., 47. — Auch
diesem Schriftsteller, obwohl er der richtigen Erkenntniss öfter sehr
nahe stand, entgieng, dass die Yehmgerichte zwei Achtsentenzen
f&llten und diese im WesentUchen im Verhältnisse wie Reichsacht
und Oberacht zu einander standen. S. seine übrigens sehr unklare
Darstellung des Contumatialverfahrens a. a. 0. 419 fg. Ebenso kennt
H. Meyer, Strafverfahren gegen Abwesende, S. 88, auf Grund der
Darstellungen von Wigand und Wächter, nur eine Acht im Sinne der
Beichsoberacht. Eichhorn's richtige Vermuthung einer doppelten
Acht (D. St. u. R. G. S. 421 Note e) wurde von Wächter a. a. 0.
8. 164 als nicht in den Urkunden begründet abgelehnt
— 165 —
lieh ältesten aller Vehmrechtsbücher annehmen zu müssen
glauben, bereits die Bedeutung einer Kummer- und Achtsentenz
im oben behaupteten Sinne gehabt habe, überhaupt die Frage,
seit welcher Zeit eine erste Sentenz von jener Bedeutung bei
den Vehmgerichten vorkam, kann hier nicht näher erörtert
werden und dürfte aus dem bis jetzt vorliegendem Quellen-
material nicht leicht zu entscheiden sein. Zur Erklärung der
Urkunden über die Sache des Sigmund RännÜ dürfte aus den
vorstehenden Ausführungen entnommen werden, dass das von
RännÜ gewonnene Urtheil, dessen diese Urkunden gedenken,
eine Kummersentencia, oder, wie sie wegen der gewöhnlich
darin enthaltenen Aufforderung zur Unterstützung des Klägers
bei der Beschlagnahme auch genannt wurde *), eine Heischungs-
sentencia gewesen sei.
Ueber den Ausgang dieses Processes wissen wir nichts.
Zur letzten schweren Sentenz ist es da, wie in vielen sonst
bekannt gewordenen Vehmgerichtsprocessen, in welchen die
Kaiser oder Landesherren sich in's Mittel gelegt hatten, ver-
muthlich nicht gekommen, so energisch die Freigrafen die Be-
hauptung verfochten, dass eine Sache, die als vor das Vehm-
gericht gehörig erkannt worden ist, nur vor einem solchen
Gerichte zu Ende geführt werden dürfe*), ja sogar vom
Kaiser in Folge an ihn gerichteter Appellation erlassene Ur-
theile kassirten*). Wir haben keine Spur, dass jene Sentenz
im besprochenen Falle erflossen wäre; vielmehr einen Ver-
muthungsgrund dagegen, oder doch gegen die Vollstreckung
der etwa dennoch erfolgten Vervehmung in dem urkundlich
bezeugten Umstände, dass mehrere der namentlich angeführten
Beklagten noch lange Zeit nach dem Jahre 1460 am Leben
waren und wie vorher öffentUche Stellen einnahmen.
Wie es scheint, blieb dieser Process ziemlich vereinzelt
in Steiermark. Unter den Tausenden mittelalterUcher Urkunden
1) XJsener, a. a. 0. S. 211 am £nde.
») S. Thierach, Vervehmung des H. neinrich v. Baiern. S. 127,
129 u. V. a.
«) üsener, a. a. 0. S 94.
— 166 —
des steiennärkischen Landesarchives fand sich, ausser den
drei erörterten Urkunden, kein Zeugniss vehmrichterlicher
Wirksamkeit im Lande ; eben so wenig in andern Quellen seiner
Geschichte. Keine der mannigfachen Massregeln, welche Kaiser
und Landesherren, Adel und Städte in anderen Ländern gegen
die Vehmgerichte ergriffen, kommt in Steiermark vor; nichts
ist bisher bekannt geworden, was das Vorhandensein von
Vehmschöffen beweisen könnte. Möglich und nicht ganz un-
wahrscheinlich ist, dass Sigmund RännÜ Yehmschöffe gewesen
sei ; aber sonst fehlt jeder Anhalt, anzunehmen, dass es Vehm-
schöffen im Lande gegeben habe, so merkwürdig dies bei der
verbreiteten (jedoch nicht erwiesenen) Behauptung, dass es
mehr als hunderttausend Vehmschöffen in Deutschland gegeben
habe, ist. Das Land wird diesen Mangel kaum zu beklagen
gehabt haben, da die nicht in Abrede zu stellende, aber nach
meiner Meinung vielfach übertriebene, heilsame Wirksamkeit
der Vehmgerichte von den dem Einzelnen wie dem gesammten
Rechtszustande höchst nachtheiligen Missbräuchen ihrer zeit-
weilig allzu grossen Gewalt gewiss weit überwogen wurde.
Den sonstigen Inhalt der drei Urkunden des st Landes-
Archives näher zu besprechen ist unnöthig, da dieselben hierin
wie auch der Form nach von den vielen bekannten und in
den citirten Werken benützten Briefen der Freigrafen
nicht abweichen. Erwähnenswerth ist höchstens noch die in
der Urkunde I enthaltene Bemerkung, dass die s. g. Amsber-
ger Reformation der Vehmgerichte v. J. 1437 vom K. Sigis-
mund confirmirt worden sei. Auf die Autorität Wächter's
(Beiträge S. 137 fg.) hin wird von den Meisten, gegen die
Meinung Usener's (a. a. 0. S. 14) imd Seibertz' (Ur-
kundenbuch III. S. 77 in der fast ganz unbeachtet gebliebenen
Note), das Gegentheil angenommen; ich glaube ohne genü-
genden Grund- Wächter sagt: „Die Reformation vom
27. April 1437 wurde an K. Sigismund geschickt, dieser aber,
der im Dezember 1437 starb, kam nicht mehr zur Erledigung
der Sache." Letzteres ist nicht unwahrscheinlich, aber m. E.
ohne Beweis geblieben. Als solchen kann ich wenigstens das
— 167 —
von Wächter angezogene Schreiben K. Friedrich's v. J. 1440
(bei Wigand, a. a. 0. S. 250) nicht anerkennen. Denn die
Worte in demselben: „Wk haben . . vemumen . . wie du . .
eyn bequemliche ordenunge . . verainet vnd dieselb . . Kaiser
Sigmunden . . gesendet habest, der nach dem balde von dieser
weit abgangen vnd verscheiden sey, davon soliche ordenunge
nicht viel nutzes bracht habe", schliessen die Möglichkeit
der Confirmation der Amsberger Reformation durch K Sigis-
mund keineswegs aus und könnten etwa auch bedeuten: weU
E. Sigmund bald nach der Abfassung der Reformation gestorben
ist, habe sie nicht so viel genützt, als sie bei längerem Leben
des Kaisers vielleicht genützt hätte. Die Reformation war am
27. April 1437 fertig, K Sigmund starb erst im Dezember
desselben Jahres ; man hatte also mehr als genügend Zeit, die
Confirmation zu erwirken. Muss demnach die Möglichkeit der
Confirmation zugestanden werden, so gewinnen die von ü s e n e r
a. a. 0. 0 angeführten Stellen, in welchen die Reformation als
königliche oder als kaiserliche, gegeben von K. Sigismund be-
zeichnet wird, sowie insbesondere die ganz bestimmte Angabe
in unserer Urkunde I, die Reformation sei vom K. S i g m u n d
löbl. Gedächtniss, der der freien heimlichen Ge-
richte ein wissender Freischöffe undKaiser war,
confirmiert und bestätigt worden, erhöhte Bedeutung.
Diese Bemerkung steht in einem an den Kaiser Friedrich III.
unmittelbar gerichteten Schreiben der Freigrafen, dient zur
Unterstützung ihres Protestes gegen die kaiserliche Abforderung
der Sache vom Vehmgerichte und wäre zu diesem Zwecke
und in so bestimmter Weise wohl kaum gewagt worden, wenn
sie nicht wirklich begründet gewesen wäre; denn K. Fried-
rich IIL hatte sich wiederholt mit den Angelegenheiten der
Vehmgerichte und namenthch mit der Reformation des K.
Sigismund beschäftigt und musste oder konnte sehr leicht
wissen und erfahren, ob dieselbe von K. Sigismund bestätigt
<) Die daselbst citirte SteUe aus der Urkunde 52 kommt hier nicht in
Betracht uud wurde Yon Usener offenbar missverstanden.
- 168 —
worden sei oder nicht Unter so bewandten Umständen er-
scheint auch die ebenfalls ganz bestimmte Behauptung der
durch K. Sigmund erfolgten Bestätigung der Amsberger Re-
formation, welche sich in der betreffenden Ueberschrift und
am Schlüsse der Reformation der weltlichen Gerichte vom
Kurfürsten Hermann V. von Cöln v. J. 1547 findet (s. S ei-
ber tz, a. a. 0. S. 77 Note u. S. 84, Note 163), als ein be-
achtenswerther Grund für die Annahme, dass die fragliche
Confirmation in der That erfolgt sei. Ich halte übrigens den
Streit durch die vorstehenden Bemerkungen keineswegs für
erledigt und letztere Annahme für erwiesen; aber unläugbar
sprechen sehr erhebliche Gründe für diese Annahme und
gegen die Behauptung Wächte r's. Bestimmter wird sich
diese Frage ohne Auffindung neuer Beweismittel nicht beant-
worten lassen. Es wäre überhaupt sehr zu wünschen, dass die
vielen in Archiven liegenden noch unbekannten Urkunden über
die Vehmgerichte veröffentlicht würden; die noch immer viel-
fach dunkle Geschichte derselben und ihres Verfahrens würde
hiedurch gewiss sehr gefördert werden.
Kleinere Aufsätze
und
littlieiliiiigeii.
— 171
M. Johann Kepler's Heiratsbrief von 1597.
(Angezeigt von Dr. R. Peinlich.)
Eanem glllcklichen Zafalle und einem archivalisch geübten Blicke
verdankt die vaterländische Geschichte die kürzlich vorgekommene Auf-
findung einer höchst interessanten Reliquie, nämlich eines Bruchstückes
vom Heiratsbriefe (Originalurkunde) des weltberühmten Mathematikers
J. Kepler, welcher 1597 bei Gelegenheit seiner Vermählung mit der
Witwe des landschaftlichen Bauschreibers Marx Müller ausgestellt wurde.
Der Chorherr und Archivar des Stiftes Voran, Ottokar Kern-
st o c k, fand diese wertbvoUe Reliquie in der Bibliothek seines Stiftes als
Einbanddecke eines Büchleins, betitelt: „Nomenciator Hadriani Junii me-
dici" (Augsburg, Mich. Manger, 1592), und übergab dieselbe mit Geneh-
migung seines Stiftsvorstandes dem Landesarchive in Graz.
Das Deckelblatt ist Pergament, ungeftlhr 25 Gm. hoch und 15*5
bis 17 Cm. breit Es wurde durch seine Verwendung zum Büchereinbande
an manchen Stellen beschädigt und lässt auch die Schrift an einselner
Stelle gar nicht mehr, an anderen nur schwer erkennen. Von der Ur-
kunde ist über die vordere Hälfte noch etwa ein Siebentel weggeschnitten.
Der k. k. üniversitäts - Professor Dr. Arnold Ritter v. Luschin
unterzog sich mit dem schönsten Erfolge der mühevollen Arbeit, durch
Combination mit ähnlichen Urkunden des 16. Jahrhunderts den fehlenden
Text zu ergänzen.
Da Kepler Steiermark bereits im September 1600 mit Frau und
Kindern verliess und später nur vorübergehend 1601 und 1605, und seine
Frau 1608, nach Graz kam, um die Regelung ihrer finanziellen Verhältnisse,
nämlich die Ausfolgung des väterlichen Erbtheiles der Frau und die Er-
lassung des den Exulanten abverlangten zehnten Pfennigs von den Gütern
derselben zu betreiben, wobei dieser Heiratsbrief nichts zur Sache hatte,
so lässt sich das Verbleiben dieser Urkunde im Lande durch die Annahme
erklären, dass sie sich bei seinem Schwiegervater Jobst Müller zu Mühleck
befand.
Wir lassen beides, den Rest der Originalurkunde und die Ergänzung
von einander geschieden, folgen und bemerken nur, dass Zeile für Zeile
von Seite 172 auf J73 hinüber zu lesen ist.
— 172 —
Jeh M.{agiiter) Johannes Kepler, einer er:{same7») l a:(aHdschafl) in 5:
mich vnd auch für all mein erben, dass ich meiner lieben hauswirti» j^
Bdiaft pamMthreiber witib gegeben und gemacht han zu einer widerlag ihres heyraiguetts *
etig kreueur oder funfzehen paczen guter lanäeswerung in Stetfer gerechnet. Vf^
hundert gülden Beinisch bringt, secz ich meiner lieben frau aü mein hab sie »ei man mg^
tuelrug, dass id% vor meiner lieben wirtin fraiien Barbara an leibserben abgiesf i
Hcrhunderi guidein Beinisch heiratguett und widerlag meiner licocn tcirtin gefallen, i«^
aUdanm mus ihrer erstem ehe, mit weiland y. Lorencz noch vorhanden ist f
Jiegina Lorenczin, vnd aber auch die fahrnuss die ich bei meinen lebzeiten gewiMi'
tau geiaiU werden, meiner lieben hai^wirtin frauen Barbara und meinen nadisten «
Lorenetin aigenthumblich haimbfaüen vnd verbleiben, auagenomen leibskleider, p»f<^
lieben haus/rauen Barbara allerdings freylediglich Jiaimbfallen vnd unwiderru/flich verbleiben f(^'
DoA da mir oft ermeUe mein liebe hausfiau über solch mein empfangen heircUftgurt noeki^
notwendiger, genuegsamber verschreibung versehen, auf da-f sy oder ir erben sich derhedben f'
mad^ meinem todüiehen abgang an all mein gelassen hab vnd guet halten mugc vnd anders zu t0
meinen sdtadenpundt im lande Steyer, als ob desselben clausein, punct vnd artikl AiVra
diesen heyraibriejf mtt meiner handtschrift und betsehafft verfertigt, auch zu merer bekräftigung han
und Adamen Nidnaus beede burger in Gracz, fleissiglichen erpeten, da» sie zusamt mir ire nanun «
4ren naehkomen und allen iren erben an schaden. Der brief ist geben ze Gracz nach Christi geburi ^
den 27, tag de» monais ÄrriUs.
Sebasm
Jf. Jokan Kepler m. p.
Adam
L. 8.
X. S.
Asm «rk nag. Dl« ErgSncacg wurde mit Rücksicht Jtnf dl« bekannten Datea aas Kepler*! Leben und (soweit ei *b|^
m't Benutzung gleichzeitiger Urkunden and Fonnelbiicher vorgenommen. Dem In der Kepler-Lfterator «obl^
kanateii Herrn VerelnsTorstande Dt, R. Peinlich verdanke ich die Nachricht, dass Hans Nldenaos Börf*
nnd Raftbeverwandter in Onz war, welcher mit Kepler auch noch in späterer Zelt in vertrauter und gts^
lieher Bedehnng stand, daher dieser im Jahre 1601 durch die Zelt seines mehrmonatllehen Besaohes ^*^
Hanptetadft In seinem Hanse wohnte (nach einem Briefe Keplet's aus Graz, d. 30. Mal 1601 an seine Frtt^
Tragj; wie aoeh Nidenaus noch 1607 der Regina Lorentzln lUOO fl. schuldete. (Frisch, Keplor's Werke VUl
0. 777) and dass «In Adam Nyednaus am 2. Aug. 1600 unter den Qraeer Vorstadtblirgern erscheint, vei<^
Ihre Bliekkehr zur katholischen Kirche mit Handschrift und Petschaft zur selben Zelt vorsprachen, als Ke;^
wegen d«r Gegenreformation die Steiermark verliess. (H. H. n. Staats-Archiv zu Wien, I. o. HolktB^*^
Steitrm. V, Fase. 1590—1618). Aetenauszüge, welche mir gleichzeitig der Herr Vureins-Sehriftfuhrar L. B«c^'
— 173 —
Original.
eyer mathematicus, bekhenn hiemit für
en Barbara weilendt Marxen Mftllers wolermeldter lanndt-
enänntlicben zwayhimdert golden Reinisch, yeden derselben zu sech-
umb solch licyiatguett vnd widerleg so in ainer summa vier-
verfangne, oder frey verfallene alles mit der bescbaidenbeit, ob sich
wdiches alles in gottes gnädigen willen steet,) so sollen berüerte
ist abgercdt vnd beschlossen worden, das in der ihenigen fahmuss weliche
fall gleich halber thaill irer in dero ersten ehe erzeugten tochter namens
möcht, solle für ain fahrnuss geschätzt, vnd wideromb in zwen gleiche
bnen zugleich ; da aber dern khaine vorhanden, alsdan mergemeldter Regina
vnd was zur mannswehr gehört Mid genennt wirdt, also auch ir meiner
was ihro von mir oder andern an yeczo oder khunfftig geschenckht wurde
mehrers wurde zuebringen, daniber f<oU vnd vriU ick 8i£ jederzeit mit
ter so wol vmb ir beyrath, veimaclit, als vmb ir mehrers zuebringen
nit schuldig .sein solle. Alles treulich vnd pei verpindung des allgc-
nen geschriben waren, ongeuerde. Des zue wahrem vrkund hab ich
Sebastian Spcidl ainer er: la: in Steyer cinnemer, Hannsen Ntdnaus
dterschriben vnd auch Ire bettschaft hieran gehangen haben ; doch inen
tausent fünfhundert sibenundneunzigisteu jar
Speidl m. p.
Nidnaiis m. p. Hanns Nidnaos m. p.
LS.) (LS.
Wldmanstottor zur Verfügung stellte, ergeben, das» entweder nebut dem Rath«
bürger and Handelsmaoii Hans Nidenaus gleichzeitig noch ein anderer, ganz
gleichen Namens, bei dar L ö. Karamorbachhaltung in Graz (seit 1575) 1586 als
RaitdJener, 1599 als Adjunet und 1607 als Amtsverwalter badlenstet war, oder
was nicht unwahrscheinlich ist, dass beide identisch sind. Sebastian Speidl ist
ein Bruder des berühmteren Stefan Speidl zu Vattersdorf '(Liebenau), landschafl*
liehen Secretärs, von woUh' letzterem ein noch heute In Bayern blühendes Frei-
herrengesohlecht abstammt. Die Unterschrift Keplcr's wurde seinen Gehaltsquittungen
aus den J. 1597/8 entnommen, deren Originale das steierm Landesarchiv gleich
dem Helratsbrlefc verwahrt. Das Wort „verfaUena*' in der 5. Zelle v. o. ist aber-
geschrieben und das darunter stehende ,aJgno* durchstiichen. LiMcbln-
^v^--
— 174 —
Ein merkwürdiges Flugblatt. ^)
Das St. Landes- Archiv bewalu*t das Original eines Flugblattes höchst
eigenthQmlicher Art, welches selbst unter den ungezählten Reihen von
Zeitungen, Flugschriften und Flugblättern, welche die Bibliotheken und
Archive des deutschen Reiches und Oesterreichs als grösstentheils noch
ungehobene Schätze ftlr die Quellenforschung bergen, zu den Seltenheiten
gehören dürfte. Es ist ein Spottgedicht auf den Winterkönig, Eurf&rst
Friedrich Y. von der Pfalz, welches ohne Zweifel bald nach dessen Flucht
aus Prag, also Ende 1620 oder Anfang 1621 entstanden ist Nicht so
sehr der Inhalt des Gedichtes, welcher in der fast unerschöpflich erschei-
nenden Flugschriften-Literatur jener Tage nicht vereinzelt dasteht, sondern
besonders die Art der graphischen Darstellung desselben macht dieses
Flugblatt zu einer Merkwürdigkeit. Wir finden in den 41 Zeilen des
Textes eine beträchtliche Anzahl von (52) Worten durch Bilder ersetzt,
so dass wir es hier zugleich mit einem Rebus oder Bilderräthsel zu thun
haben, welches wahrscheinlich zu den iUtesten in deutscher Sprache ver-
fassten gehört. Ueber das Alter der Bilder* Räthsel sind in neuerer Zeit
gründliche Untersuchungen angestellt worden'^). Vereinzelte Beispiele
kommen schon bei griechischen und lateinischen Schriftstellern vor. Auch
den alten Steinmetzzeichen und Eün Stiermonogrammen haftet mehrfach
ein rebusartiger Charakter an. In Frankreich scheint das Bilderräthsel zuerst
weitere Verbreitung gefunden zu haben und zu Aufzeichnungen scherzhaften
Inhaltes verwendet worden zu sein. In den ^Bigareures * des Tabourot wird
das erste Vorkommen der Rebus in das 12. und 13. Jahrhundert versetzt.
Zedier spricht vom „Rebus de Picardie** und bemerkt, dass in
der genannten französischen Landschaft dergleichen scherzhafte Darstel-
lungen mit „ hieroglyphischen " Zeichen üblich sind und dass sie zu
') Die 'beiliegende Autographie des im et. Landes- Archive beftndüolien Originales ist ein
'Wiederabdruck einer im XXII. Jahresberichte der st 1. Obor-Bealschulo zu Gras
enthaltenen ,Sammlang ron Zeitungen und Flugschriften aus der ersten Hälfte des
XVIL Jahrhunderts** von Professor Dr. Hans ron Zwiedlnedc-Siidenhorst, wdoher
von der Direetloi^ der gedachten Anstalt bereitwilligst zugestanden wurde.
*) Boreuz. Galante Hiero^yphen. Iieipzig 1800. — Dr. Oehmann. Zur Kenntniss der
Rebus. Programm des Gymnasiums zu Oppeln 1861. — F. R Hoffmann. Grondzugo
seiner Geschichte des BUder-Rathsels. Berlin I8ß9. (Dies BUchlein war dem Schreiber
dieser Zeilen bis zum Augenblicke der Drucklegung dieses Aufsatzes leider nicht zu-
gänglich.) Notizenflnden sich ausserdem im Anzeiger f. K.d.Vzt. Jahrgangl858 und 1859.
— 175 —
seiner Zeit (Anfang des 18. Jahrhunderts) von französischen Damen nicht
selten zur Anwendung kSmen. Es hätten auch etliche Deutsche auf der-
gleichen Art einen Versuch gethan, unterschiedene Stellen aus der Bibel,
ja das ganze Corpus juris in hieroglyphischen Figuren abzufassen.
Jedenfalls war die Anwendung der Bilden-äthsel im 16. und 17. Jahr-
hundert in Frankreich und Deutschland schon bekannt; denn dafür sprechen
mehrfache Andeutungen im Dictionaire des M^nages (1650) im Gargantua
des Rabelais, in Fischarts und Harsdörfers Schriften. — Ein Seitenstflek
zu dem vorliegenden Rebus findet sich in den Sammlungen des Germani-
schen Museums. Es ist ein 18 Zeilen langes Gedicht, welches ebenfalls
den Winterkönig zum Gegenstaude hat und die Ueberschrift führt: ^Gründ-
liche weiss (Sage)ung. Vom Heydel (Berg) er vermelt was Ihm ein Zi-
geinerin hat Er (Zelt). Von (Fass) Ihm das vnglückh schnell Erwachsen
sey mit (zwei gekreuzte Knochen) vnd (Quell).**
Mit üebertragung der bisweilen ziemlich undeutlichen Bilder lässt
sich der Text unseres Flugblattes in folgender Weise lesen:
Die Bettler auss Böhmerlaiid. ')
Hört zu ir frommen Biderleut,
Zu diser neuen Karren Zeit
Was sich hat zugetragen.
Last euch ein arme Bettlerschar
Ihr Leid vnd eilend klagen.
Solen wir euch sagen wer wir seind?
Wir sein geflohen vor dem Feind.
Das waiss man leider eben*
Der Graff von Thum der fein Gesel
Hats Fersengeld Bald geben.
In Behem war ein Keller offen.
Da habn wir zuvil Pier gesoffen^)
Darumb thet man vns straffen.
Wir achten nichts was man mit güet
Geboten oder gschafen. ^)
*) £• la»st sich au« don vIorFlguroa aieht ersehen, ob damit bestimmte Personlichkoltea
bexdchnet sein sollen. Es scheint WAhrsoheinUoh, das» nur Im Allyenelnon ein Zog Ton
Bettlern dargestellt werden sollte; sonst hätte sich der ohnehin nicht sehr artige
Zeichner kaum versagt, aach die Fraa Pfalzgrafln im Bilde sa Terewigen. YToUten
wir dennoch vier der pfalzischen Flüchtlinge darunter Termuthen: so liesse sieh der
Pfalzgraf mit seinem ältesten Sohnlein, Fürst Christian ron Anhalt und allenfalls
der stets getreue Camararlus nennen.
*) Dürfte eine Anspielung auf die zahlreichen Hoffeste in Prag sein.
*) Dieser Passus bezieht sich wohl auf die Friedensvortchläge, welche Maiimilian ron
Baiem zwei Tage vor der Schlacht am weissen Berg« dem WinterkSnige gemacht
hat, worin er sofortige Thionentsagung rerlangte.
f»,.- ■•
— 176 —
Dimmb min raz mit khrieg vnd scblacht
In Eil veijagt vnd fortgebracht
Hinauss auf frembde Strassen
Vil Krfige Pier vnd ander guet geschier
Habn wir binden gelassen*)
Der Wind der war doch gar nit guet,
Hat vnss genomen Mantel vnd hat,
Den Staub vnd sand geblasen,
Starck wider mss vnd Tnser gsind
In Augen vnd in d' Nasen
Von diesem graussam starcken Wind
Seind wir worden so gar stockblind
Vnd vnsers gsichts beraubet.
Was wir verlobren in der Flucht
Das hat der Feind aufklaubet **)
Wir hatten zuuor Stadt vnd land
Das Engellendlsch Hosenband
Vnd königlichen throne.
Die Augen jetzt nichts zeigen ^) mehr.
Khain Scepter noch khain Krone.
Gott bhQt euch euer liebs gesiebt
Das noch das vatterland ansieht
Dass mdessen wir entraten,
Vnd ohne ainige Zuuersicht
Im .eilend schwinmien vnd waten.
Die beiden letzten Strofen entbehren des poetischen Schwunges nicht
und vereinigen Kraft des Ausdruckes mit Gemüth. Jedenfalls gehört das
vorliegende Poem, was Form und Gehalt betrifft, nicht zu den unbedeutendsten
Volksliedern jener vielbewegten Zeit, deren erregten Pulsschlag man ge-
rade aus jenen literarischen Erzeugnissen am kr&ftigsten herausfühlt, die
einem plötzlichen Ein&ll, einem vorttbergehenden AjQfect ihr Entstehen zu
danken haben. Z. v. S.
*) Da» hier angewondetn, eiomllch schwor xu erkennende Bild soll die Procedor eine«
AdorlAtces darstellen.
^) Krone und Kleinodien, Archiv und Kanilei, welche Friedrich Y. und seine hervor-
ragenden Rithe Fürst Christiaa ron Anhalt und Ludwig Camerariof bei Ihrer Flucht
In Prag zurSekUessen.
'; Dm hier befindliche Bild ist sehr schwer su deuten. Dem Schreiber dieser Zellen
erscheint es als «in Mann, welcher eine Figur zeigt, welch' letztere Thatigkolt damit
dargestellt werden sollte.
— 177
Zur Wiener Weltausstellung 1873.
Der AusschuBB des historischen Vereines hatte zwar anfänglich
beabsichtigt, sich an der Weltausstellung in Wien durch eine Exposition zu
betheiligen, die eine Üebersicht der Ziele, Bestrebungen, Leistungen u. s. w.
des Vereines geben sollte, allein da in Erfahrung gebracht wurde, dass
die Österreichischen Vereine Ton gleicher Tendenz jede selbsständige Aas*
Stellung unterlassen, hielt man es ftkr angezeigt^ in gleicher Weise zu ver-
fahren.
Dafür waren einzelne Mitglieder des Vereines bei der Weltausstel-
lung mit literarischen Leistungen vertreten, von denen namentlich die
beiden zunächst aufgeführten von so hervorragendem Werthe sind, dass
ein kurzer Bericht Ober dieselben hier nicht fehlen darf.
Für das steiermärkische Landesarchiv exponhle der
Vorstand desselben, Professor J. Zahn. Die Ausstellungsgegenstände
waren :
1. Der 1. Band des (sogenannten) Regestenrepertoriums,
d. h. das Verzeichniss der Urkunden des Archivs vom Jahre 810 bis
1299.V)asselbe gewährte nicht nur einen klaren Einblick, in welcher Art
das Inventar der Documente geführt wird und die Nachweise über Her-
stammung, Fond- und Druckort derselben gegeben werden, sondern auch)
wie Nachträge bequem ohne Beiming der Chronologie und Beihenfolge
in den Band eingeschoben werden können.
2. Der 3. Band der Register der Documente des oben be-
merkten Zeitraumes, d. i. das Verzeichniss der in den Urkunden desselben
enthaltenen Namen der Personen, Orte, Sachen und Siegel. Die Ausführ-
lichkeit dieser Bearbeitung zeigt der Umstand, dass die drei Bände dieser
Register von c. 8200 Urkunden nicht weniger als 70.000 Daten enthalten.
8. Ein Modell der Kästen (in sechsfacher Verkleinerung), in
denen die Documente aufbewahrt werden. Jeder Kasten ist mit Doppel-
thüren verschliessbar und enthält 5 gleichfalls verschlossene Kistchen, die
durch Handhaben beweglich und leicht tragbar gemacht sind. In jedem
Kistchen befinden sich in 8 Fächern zum mindesten 200 Stück Urkunden,
in der Regel jedoch 300 — 400. Dass die Aussenseite mit den entsprechen-
den Orientirongssignaturen versehen ist, versteht sich von selbst.
12
— 178 —
4. Diese Objecte waren von einer vom Professor Zahn yerfassten
Druckschrift begleitet, welche den Titel führt: „Bericht aber Zusammen*
setzong, Entwicklang, Bestand und Verwaltung des steierm. Landesarchiyes
zu Graz, vorgelegt bei Abgabe von Proben der Fachkataloge desselben
zur Wiener Weltausstellung von 1873." — Dieser Bericht enth< nebst
dem referirenden und historischen Abschnitte 32 statistische Tabellen,
welche einen deutlichen Ueberblick tlber das archivalische Material in
allen seinen Beziehungen geben. Die 83. Tabelle gewährt eine Uebersicht
der von den Beamten des Archives in der Zeit ihrer Bedienstung an der
Anstalt veröffentlichten Druckschriften. £ine werthvolle Beigabe bilden
zwei Karten, von denen die eine die Uebersicht der Oertlichkeiten gibt,
aus deren Archiven das Joanneums - Archiv zu Graz (1812—1872) sich
bildete, die andere den Grad darstellt, in welchem die ehemaligen steierm.
Patrimonialbezirke in diesem Archive derzeit vertreten sind.
6. Im Anschlusjse an diese Exposition des Landesarchives befand
sich auch das Archiv des steierm. Benediktinerstiftes St. Lambrecht
durch 2 Bände seiner Repertorien vertreten. Dieser Anschluss erhält
dadurch seine Erklärung, dass der vortreffliche Ordnungsplan des Lam-
brechter Archives ein Werk und Verdienst des Landesarchivars Prof.
Zahn ist.
Waren diese Ausstellungsgegenstände vermöge ihrer Natur kein
Gegenstand der Bewunderung für das grosse Publikum, umsomehr er-
regten sie die Aufmerksamkeit und den vollen Beifall der Sachverstän-
digen. Auch die Preis- Jury votirte für dieselben die Verdienstme-
daille; allein bei der überstürzten Hast, mit welcher die Anfertigung der
diesbezüglichen Liste geschah, wurde die Eintragung übersehen.
Dieser leidige Fehler wurde dadurch ausgeglichen, dass das Landes-
archiv, respective der Vorstand desselben, Über Antrag des Generaldirectors
der Ausstellung die Allerhöchste Anerkennung Seiner Majestät
des Kaisers erlangte.
Ebendieselbe Auszeichnung erhielt für sein Ausstellungs-
objekt der k. k. Hauptmann M. Fei ic et ti von Liebenfelss, da es in
derselben Weise, wie oben erwähnt wurde, um die zuerkannte Verdienst-
Medaille gekommen war.
Dieses höchst interessante Ausstellungsobjekt war seine von dem-
selben entworfene und gezeichnete Wandkarte: ,» Steiermark zur Zeit des
Regierungsantrittes des Hauses Habsburg 1282*'.
Den Lesern dieser Blätter sind die musterhaften kartographischen
und gediegenen historischen Arbeiten dieses Gelehrten in den „Beiträgen
zur Kunde steiermärkischer GeschichtsqueUen'^ (9. u. 10. Jahrgang) zu
bekannt, als dass es nothwendig würde, über den hervorragenden Werth
der bezeichneten Karte besondere Worte zu machen. Der kurze ffinweia
— 17§ -
auf den JnhtAi derselben wird genügen, nm bei Freunden der Oeschiclite
den lebhaften Wunsch zu wecken, dass diese ausgezeichnete Arbeit auch
ihnen baldigst zugänglich gemacht werde.
Die Karte — 9 Quadratfuss gross — im Massstabe von 1" = 2000^'
(1 : 144000) entworfen, enthält eine Darstellung alles dessen, was über die
politischen, socialen und kirchlichen Verhältnisse im heutigen Steiermark zu
Ende des 18. Jahrhunderts quellenmässig nachgewiesen, bestimmt und
graphisch wiedergegeben werden konnte. Man findet daher auf derselben
▼erzeichnet und deutlich erkennbar:
1. Die Yertheilung des Besitzes, des landesfürstlichen, des kirch-
lichen und des herrschaftlichen, u. zw. nicht nur die grösseren Complexe,
sondern auch deren zerstreut liegende Güter und Beuten;
2. die Lage von 84 Städten und Märkten und von 1459 Dorf-
Schäften, femer die Bezeichnung der festen Plätze, der Bergwerke, der
Culturen u. s. w.;
8. die politische Eintheilüng mit Unterscheidung der eigentlichen
Steiermark und des damals noch zu Kärnten gehörigen Theiles ;
4. die yerschiedenen Gerichtsbezirke, wie Provinzialgerichte, landes-
fürstliche, Stadt- und Marktgerichte, sowie die Bezirke, welche unter der
Gerichtsbarkeit von Kirchen und Klöstern oder von weltlichen Magnaten
standen; endlich
5. die kirchliche Eintheilüng nach den bischöflichen Diöcesen und
nach Archidiaconaten nebst den Pfarren und Filialen.
Es ergibt sich von selbst, dass eine solche wissenschaftliche Leistung
langjährige mühevolle Studien der ernstesten Art voraussetzt und dass
ausser der kritischen Bearbeitung und Sichtung der Quellen eine nicht
geringe technische Befähigung und Fertigkeit für den graphischen Theil der
Arbeit erforderlich ist Der Yerfertiger unserer Karte vereint das eine mit
dem anderen in ausnehmendem Grade.
Die Anregung zu dieser Arbeit verdanken wir dem Ausspruche des
berühmten Geschichtsforschers Chmel, dass die staatlichen Verhältnisse
des Mittelalters niemals recht verstanden werden könnten, wenn nicht ge-
naue Karten hergestellt würden, „auf denen nicht bloss die Orte bemerkt
sind, sondern auch ihre Eigenschaft, nämlich wem sie gehörten und wie
sie ihm gehörten**. So wie andere Männer der Wissenschaft durch dieses
Mahnwort veranlasst wurden, Karten, diesen Bedingungen mehr oder minder
entsprechend, zu entwerfen, so auch Fe licet ti; aber er ist in derThat
der erste, der eine Arbeit lieferte, die allen obigen Forderungen in der
gelungendsten Weise entspricht. Zu diesem Gelingen trug auch der Um-
stand bei, dass das steiermärkische Landesarchiv nicht nur reichliches hi-
storisches Material bietet, sondern auch die Benützung und Verwerthung
desselben durch seine intelligente musterhafte Ordnung in angenehmer
Weise erleichtert.
— 18Ö —
£« stehen daher die beiden aufgeführten AuBStellungsobjecte, das
Landesarchiv und die Wandkarte, in einer interessanten organischen Ver-
bindung, indem nämlich die Yortrefflichkeit der letzteren den hervorra-
genden Werth des ersteren in besonderer Weise illustrirt und bethätigt
Schulrath Dr. R Peinlich exponirte seine „ beschichte des Oym-
nasiums in Graz**, aus den Programmaufsätzen der genannten Lehranstalt
in den Jahren 1864, 1866, 1869, 1870, 1871 und 1872 in einem Band
zusammengestellt, und eine eigens für die Ausstellung verfasste: „Real-
nnd Personal - Statistik des k. k. L Staatsgymnasiums in Graz von 1774
bis 1872**. Beide. Arbeiten waren der Collectivausstellung des k. k. Mini-
steriums für Cultus und Unterricht angeschlossen, kamen aber nicht vor
die Jury. Die „Geschichte" hat bereits im letzt jälirigen Hefte der „Mitthei-
lungen des historischen Vereines für Steiermark** (Seite 95), dio „Statistik''
in mehreren Fachbl&ttem eine Würdigimg gefunden ; wesshalb eine nähere
Besprechung beider bei Seite gelassen werden darf.
Dr. R. P.
GEDERKBÜCH
DBS
flisTom mmts, ihr stemim.
(Zufolge BeschloBS des historischen Vereines ftlr Steiermark in der XV. all-
gemeinen Jahres - Versammlang am 6. Dezember 1864 f&r verstorbene
verdiente Vereins-Mitglieder angelegt)
frustav Franz Ritter von Schreiner.
Von
Dr. Franz llwof.
leinen homo novus nannten die Römer einen Mann aus
einer Familie stammend, von welcher noch kein Glied ein
höheres Staatsamt bekleidet hatte, einen Mann, der durch eigene
Kraft zuerst zu einem solchen gelangte und dadurch sich und
seine Nachkommen in die Klasse der Nobiles versetzte. Sie
waren dabei ohne Zweifel von dem Gedanken, der sich ihnen
wohl auch aus der Erfahrung ergeben musste, dm*chdrungen,
dass es einem Manne, der keine durch Geburt und Stellung
hervorragenden Ahnen aufzuweisen hat, doppelt und dreifach
schwer Mt, in dem Kampfe, der unser Leben ist, sich durch-
zuringen, durch eigene Kraft emporzuschwingen und in dem
Erkämpften und Errungenen festzuhalten. Ein solcher homo
novus, ein selbstgemachter Mann ist es, dessen Leben auf den
folgenden Blättern geschildert werden soll ^).
^) Als Quelle hiefür dienten mir eine kurze handscfariftliclie Autobiographie
des Verstorbenen, welche ich ebenso wie mündliche Mittheilungen dem
Sohne desselben, Herrn Dr. Moriz von Schreiner, verdanke, und end-
lich mein eigenes Gedächtniss, dieEiinnerung an aU' das, was Schreiner
seit 1649, da idi als angehender Student der Rechte, ihn kennen
lernte und sein Schüler wiurde, erlebte und an die vielen Mittheilungen,
die er mir oftmals gesprächsweise über sein Leben machte. — Eine
Biographie Schreiner's unter dem Titel „Ein Mann der Wissenschaft"
in der Grazer Tagespost 1871, Kr. 88—90, beruht auch auf der oben
erwähnten Autobiographie. — Endlich enthält die juridische zu Pest
in magyarischer Sprache erscheinende Zeitschrift : „ Jogtadomänyi köz-
lony^ (1868, 2. Februar, Nr. 5) eine Biographie Schreiner's, welche
den kgl. ungarischen Justizminister Theodor Pauler zum VerÜEtsser hat.
1*
— 4 —
Gustav Franz Schreiner wurde am 6. Augast' 1793 in
der königlichen Freistadt Presburg geboren. Sein Vater Franz
Xaver war dortselbst Barger, Biemermeister, Hausbesitzer,
zuletzt Mitglied des äusseren Rathes und durch 9 Jahre, nach
der damaligen Verfassimg der königlichen Freistädte Ungarns,
StadtYormund (Tribunus plebis), Vertheidiger und Vertreter
der Bürgerschaft im mneren Rathe (Magistrate) mit dem Rechte,
des Veto gegen jeden der Bürgerschaft nachtheiligen Beschluss
des letzteren; er bekleidete somit öffentliche Ehrenämter, zu
welchen ihn das Vertrauen seiner Mitbürger berufen, obgleich
er nicht einer altungarischen Familie angehörte, sondern aus
Brunn in Mähren stammte, von wo sein Vater (also Professor
Schreiner's Grossvater) nach Presburg ausgewandert war. Seine
Mutter war eine gebome Zollner, aus Wien gebürtig. Das vä-
terUche und Geburtshaus Schreiner's, der Ostseite der Dom-
kirche zunächst gegenüber gelegen, befindet sich noch im Be-
sitze der Familie.
Schreiner erhielt in der Taufe die Namen Franz Xaver
Donat; den Namen Gustav, welcher ihm in der Firmung bei-
gelegt wurde, gesellte er erst seit dem Jahre 1815 den an-
deren zu. Seine erste Erziehung und Bildung erhielt er in
seiner Vaterstadt; da jedoch bereits damals in Ungarn die
Kenntniss mehrerer Sprachen für jeden Gebildeten eine drin-
gende Nothwendigkeit war, so wurde er schon als sechsjähriger
Knabe zur Erlernung der ungarischen Sprache in das auf der
Insel Schutt gelegene ungarische, von deutschen Kolonisten
gegründete Dorf Püspöki (Bischdorf) gegeben. Nach der Rück-
kehr von dort besuchte er in Presburg die Normalschule seiner
Vaterstadt und die ersten vier Klassen des dortigen, damals
unter der Leitung weltlicher Lehrer stehenden Gymnasiums.
Das Schuljahr 18041805 brachte er zum Behufe der Erler-
nung der slovakischen Sprache zu Trentschin bei einem Edel-
mann, Namens Borschizky zu, wo er am dortigen Piaristen-
Gymnasium die erste Humanitätsklasse absolvirte.
Die Gymnasialstudien vollendete er 1806 zu Presburg^
Dem Wunsche semer Mutter folgend, schlug er sodann die
— 5 —
geistliche Laufbahn ein und bewarb sich um die Aufnahme
in eines der Alumnate der Graner Erzdiöcese, der seine Vater-
stadt angehörte; obgleich er das zum Eintritte in ein solches
erforderliche Alter noch lange nicht erreicht hatte, wurde er
doch seiner vorzügüchen Studienzeugnisse wegen und nachdem
er die vorgeschriebene Aufhahmsprüfung ausgezeichnet bestan-
den hatte, aufgenommen, zugleich aber auch verpflichtet, durch
die nächsten drei Jahre sich in dem Presburger Emerichs-
Seminar dem Studium der lateinischen Klassiker zu widmen.
Dies geschah auch in den Jahren 1807 und 1808. Während
dieser Zeit erhielt er von dem Erzherzoge Karl Ambros,
Primas von Ungarn und Erzbischof von Gran, dem Bruder
der Kaiserin Maria Ludovika, die Tonsur und die vier niederen
Weihen. Durch den Krieg des Jahres 1809, in dem die Fran-
zosen Presburg beschossen, besetzten und das Emerichs-Se-
minar in ein Spital verwandelten, wurden die zwölf Kleriker
dieses Alumnates genöthigt, dasselbe zu räumen und sich in
eines der zwei grossen Seminare zu Tyrnau zu verfügen, und
als auch diese zu Spitälern verwendet wurden,, sich zu ihren
Eltern zu begeben.
Durch die weiteren Kriegsereignisse und ihre Folgen
wurden die Seminare von Presburg und Tyrnau den Alumnen
für das nächste Jahr (1810) unzugänglich und so wurde
Schreiner der Vei-pflichtung enthoben, noch ein drittes Jahr
im Emerichs-Seminar zu verleben. Um jedoch in seinen Studien
keine Unterbrechung eintreten zu lassen, erhielt er auf sein
Ansuchen von seiner geistlichen Oberbehörde, dem General-
vikariate der Erzdiöcese Gran, da der erzbischöfliche Stuhl
damals unbesetzt war, die Erlaubniss, das erste Jahr der philo-
sophischen Studien an der Akademie zu Presburg, an der
durchaus weltliche Professoren angestellt waren, zu absolviren.
Im folgenden Jahre (1811) wurden die Alumnen wieder in
die Seminare berufen; Schreiner kam nach Tyrnau, wo er
unter Leitung geistlicher Professoren die Gegenstände des
zweiten philosophischen Jahrganges studirte. - In Wien be-
stand und besteht noch eine Anstalt, das Pazmaneum (von
— e -
Peter Pazman, Erzbischof von Gran, Kardinal und Primas von
Ungarn, gestorben 1687, gegründet), welches die Bestimmung
hat, die ausgezeichnetsten Alumnen der Erzdiöcese Gran auf-
zunehmen und ihnen so Gelegenheit zu geben, an der theolo-
gischen Fakultät der Wiener Universität zu studiren. Schreiner
befand sich unter denen, welche 1812 in das Pazmaneum be-
stimmt waren; da er es aber vorzog, seine kirchliche Lauf-
bahn im deutschen Theile der Monarchie fortzusetzen, so be-
warb er sich um die Aufnahme in die Wiener Erzdiöcese.
welche er auch sofort nach befriedigend abgelegter Aufhahms-
prüfung erlangte. In Wien besuchte er nun als Zögling des
Seminars zum heil. Stephan die Vorlesungen des ersten theo-
logischen Jahrganges der Wiener Hochschule; von seiner
geistlichen Oberbehörde wurde ihm namentlich atfs Herz ge-
legt, sich dem Studium der orientalischen Sprachen zu widmen,
da der Lehrer derselben, Aryda, ein Maronite aus dem Liba-
non, ihn unter allen seinen Zuhörern besonders bevorzugte,
wesshalb Erzbischof Graf Hohenwart auch die Absicht hatte.
Schreiner für das Lehrfach der orientalischen Sprachen aus-
bilden zu lassen. Im Beginne des zweiten Jahrganges der
theologischen Studien, November 1812, trat Schreiner, nicht
ohne bei dem Erzbischofe auf bedeutende Hindemisse zu
stossen, aus dem geistlichen Stande und in den ersten Jahr-
gang der rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät über.
Von da an setzte er die juridischen Studien an der Wiener
Hochschule fort und beendete dieselben im August des Jahres
1816. Bald nach absolvirten Studien unternahm er in Gesell-
schaft dreier junger Maler eine ReLse durcli ganz Italien; da-
durch mag die Anregung gegeben, der Grund gelegt worden
sein zu der Liebe für die bildenden Künste, insbesondere für
die Malerei, die ihn durch sein ganzes Leben begleitete, die
ihn veranlasste, werthvoUe Gemälde zu sammeln und Studien
in diesem ihm sonst femer liegenden Gebiete zu untemehmen,
welche ihn zu einem tüchtigen Bilderkenner machten.
Diese Reise, durch welche sich sein geistiger und
physischer Gesichtskreis so sehr erweiterte, durch welche
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— 7 —
er seine Studien und Kenntnisse über Land und Leute, ins*
besondere auf dem alten Kulturboden Italiens, so namhaft aus-
breiten und vermehren und auch fremder Herren Länder kennen
lernen konnte, war aber ohne Zweifel auf Schreiner auch da-
durch von grossem Einflüsse, dass sie die in ihm schon mächtig
lebende Neigung und Vorliebe für das Studium der Staats-
Wissenschaften nährte und kräftigte. — Die erste Anregung,
sich diesem Gebiete des Wissens speziell zu widmen, war
durch die gewaltigen Ereignisse der Zeit erfolgt, in welche
Schreiner's erste Universitäts-Studienjahre fallen. Die überwäl-
tigende blendende Höhe von Napoleons L Macht und Herrlich-
keit, die Katastrophe in Russland, die glorreiche Erhebung
des deutschen Volkes, der Anschluss Oesterreichs an die gegen
den französischen Usurpator AUüi'ten, die Biesenkämpfe des
Jahres 1813, der zweunalige Marsch der verbündeten Heere
nach Paris, die Friedensschlüsse und der Kongress zu Wien,
der für einen guten Theil Europa's neue territoriale und Staats-
rechtliche Grundlagen festzusetzen die Bestimmung hatte, —
alles Ereignisse, welche Schreiner als junger Mann, an den
eben die Frage der Berufswahl herantrat, miterlebte und von
deren letztem er ja selbst Augenzeuge war, mögen mächtig,
ja gebieterisch bestimmend auf ihn emgewirkt haben, das
Studium der Staatswissenschaften zu seinem Lebensberufe zu
wählen.
Schon während seiner juridischen Studien entwickelte sich
in ihm von Tag zu Tag mächtiger eine entschiedene Vorliebe für
diese Fächer und steigerte sich mit jedem Jahrgange der
Rechte in der Art, dass er sich unter seinen KoQegen, besonders
in den Fächern der Statistik und Politik, während der Studien-
jahre so auszeichnete, dass er noch als Studierender die
Aufmerksamkeit der Professoren dieser Fächer, Zizius und
Wateroth, auf sich lenkte. Diese beiden, namentlich der letztere,
ein Schüler Schlözer's und seiner Zeit ein Liebling Kaiser
Joseph's n., der ihn von Göttingen nach Wien berufen hatte,
können auch als Schreiner's bedeutendste und auf ihn ein-
flussreichste Lehrer bezeichnet werden. Diese waren es nun,
— 8 —
welche Sdureiner aufforderten, sich dem Lehramte za widmen
und ihn zu ihrem Supplenten, Wateroth an der Universität
für Politik, politische Gesetzkunde und die schweren Polizei-
Uebertretungen, Zizius an der Maria - Theresianischen Ritter-
akademie fbr dieselben Fächer bestimmten. An der Universit&t
bekleidete Schreiner diese Stelle in der damals an den öster-
reichischen Hochschulen üblichen Weise, indem er für den
Professor, welchem er zugewiesen war, in dessen Verhinderung
einzelne Vorlesungen abhielt. Am Theresianum aber gestaltete
sich die Sache für Schreiner bald nach Antritt der Supplenten-
stelle ganz anders. Zizius, Professor der Statistik an der Uni-
versität und der Politik am Theresianum, zugleich Mitglied
und General-Referent der Hofkommission in politischen Gesetz-
sachen, Advokat und noch mit mehreren anderen Aemtem
bekleidet, wurde durch diese vielen auf ihm lastenden Ge-
schäfte in einer seine Gesundheit untergrabenden Weise so
in Anspruch genommen, dass er sich, besonders um seiner
Aufgabe in jener Hofkommission entsprechen zu können, ge-
nöthigt sah, sich als Professor einen Urlaub auf unbestimmte
Zeit zu erwirken. Zizius hatte daher emen Stellvertreter für
sich vorzuschlagen und wählte dazu Schreiner, welcher dadurch
von Ostern 1817 bis ScUuss des zweiten Semesters von 1818
als supplirender Professor der politischen Wissenschaften am
Theresianum lehrte. In diesem Jahre kam die Lehrkanzel der
Statistik, der Politik, des österreichischen Staatsrechtes und
der österreichischen politischen Verwaltungsgesetzkunde am
Lyceum zu Olmtttz zur Besetzung; Schreiner unterzog sich
dem Concurse (der schriftlichen Prüfung) für diese Stelle, und
dieser fiel so glänzend aus, dass ihm dieselbe, obwohl er in
dem nachherigen Professor Dr. Franz Fischer einen bedeuten-
den Mitbewerber hatte, und er noch des Doctorates der Rechte,
eines wesentlichen Erfordernisses zur Erlangung einer juridi-
schen Professur ermangelte, mit allerhöchster Entschliessung
vom 29. Dezember 1819 verliehen wurde. Mit seiner Ab-
reise von Wien schied er auch aus dem Hause des Grafik
Philipp von Grttnne, Generals der Cavallerie und Obersthof-
— 9 -
meistere des Erzherzogs Karl, wo er unbeschadet seiner Lehr-
amtsthätigkeit durch drei Jahre als Erzieher ded einzigen Sohnes,
Karl Grafen von Grünne, jetzt General der Cavallerie und Oberat-
Stallmeister des Kaisers, gewirkt hatte.
Die Professur in Olmütz bekleidete Schreiner von 1820
bis 1828. Während dieser Zeit erwarb er sich in Wien nach
Ablegung der vier strengen Prüfungen durch die Promotion
am 4. August 1824 das Doctorat der Rechte. Auch mehrere
Reisen fallen in diese Zeit, so kleinere durch Ungarn, Sachsen,
Böhmen imd Preussisch - Schlesien und 1822 eine grössere
durch Ober-Itatien, die Schweiz, einen Theil Frankreichs und
durch Süd - Deutschland, auf welcher er den jungen Grafen
Mittrowsky (Hörer der Rechte am Theresianum, gestorben
vor wenigen Jahren als kais. Geheünrath und Oberlandesge-
richts-Präsident i. P.), begleitete, den Sohn des damaligen
Gouverneurs von Mähren, der ihm als Führer auf dieser Reise
seinen Sohn anvertraut hatte. Die auf diesen Reisen gesam-
melten Anschauungen, Erfahrungen und Kenntnisse kamen be-
sonders seinen statistischen Studien und Vorträgen 'zu gute.
Im Jahre 1823 winde Schreiner in Olmütz neben seiner Pro-
fessur die provisorische Leitung der dortigen Lycealbibliothek
übertragen, welcher er bis zur definitiven Wiederbesetzung der
Bibliothekarstelle durch ein und ein halb Jahr vorstand.
Schon während dieser seiner Dienstzeit in Olmütz begann
Schreiner's vielseitige Uterarische Thätigkeit auf dem Gebiete
der Statistik, Geographie und Politik, welche er zueret durch
Arbeiten, die in Wagner's Zeitschrift und Hormayr's Archiv
erschienen, darthat.
Im Laufe des Jahres 1828 wurde die Lehrkanzel der
Statistik und der politischen Wissenschaften an der juridischen
Fakultät der Universität zu Graz erledigt; Schi-einer bewarb
sich um diese Stelle und wurde mit a. h. EntSchliessung vom
19. Juli 1828 zum öfifentl. ordentl. Professor dieser Fächer
an der Hochschule zu Graz ernannt. Von da an bis zu semer
um Ostern 1871 erfolgenden Versetzung in den Ruhestand,
— 10 —
also durch dreiundvierzig Jahre bekleidete Schreiner dieses
Lehramt in ausgezeichneter Weise.
In den Monaten August und September 1830 bereiste
Schreiner von Graz aus als Begleiter des Grafen Ferdinand
Attems (Sohn des damaligen Landeshauptmannes Grafen Ignaz
Attems), jetzt erblichen Reichsraihes, Oberitalien von Venedig
bis Mailand und bis zu den oberitalienischen Seen ; am längsten
währte der Aufenthalt in den beiden genannten Städten, und
Schreiner's gründliche kunsthistorische Kenntnisse trugen nicht
wenig dazu bei, dem Grafen Attems, welcher damals noch ein
jugendlicher Studiosus war, den Genuss der reichen Eunstschätze
Italiens in ausgedehntester Weise und in vollstem Masse zu
vermitteln *).
In Graz konnte sich, unterstützt durch die in den hiesigen
Bibliotheken vorhandenen zahlreichen Hilfsmittel, Schreiner's
literarische Thätigkeit in umfangreicher Weise entfalten. Zeug-
niss hievon geben zahlreiche Arbeiten historischen, politi-
schen, statistischen, topographischen und geographischen In-
haltes, welche von da an bis in die letzten Lebensjahre
Schreiner's in zaldreichen Zeitschriften und Sammelwerken er-
schienen *).
Im Jahre 1833 trat Schreiner in das Redactions-Comite
der steiermärkischen Zeitschrift und leitete zuerst mit Vest,
Thinnfeld und Muchar, später mit diesem, Leitner und Schröt-
ter die Herausgabe derselben bis zu ihrem 1848 erfolgten
Aufhören.
Diese umfassenden literarischen Arbeiten brachten Schrei-
ner mit mehreren der ersten Gelehrten Deutschlands auf den
Gebieten der Politik, der Statistik und der Rechtswissenschaften,
so mit Rotteck, Welcker, Rau, Mitterniaier, Berghaus, Wessen-
berg, Schubert, Karl Ritter und mit anderen Männern seiner
Fächer in briefliche, persönliche und freundschaftliche Verbin-
<) Nach gütigen Mittheüungen der gräflichen Familie Attems.
') Ein Yerzeichniss seiner sämnitlichen literarischen Arbeiten folgt im
Anhange.
— 11 —
düng. Friedrich Wilhelm Schubert, einer der vorzüglichsten
Statistiker Deutschlands und Professor der Geschichte und
Staatskunde an der Universität zu Königsberg, der von den
sieben Theilen seines grossen Werkes: „Handbuch der allge-
meinen Staatskunde von Europa * (Königsberg 1839 — 1843)**
nur dreien eine Widmung vorangesetzt hatte, widmete einen
derselben Schreiner, „dem gründlichen und wohlverdienten Ar-
beiter auf dem Felde der Staatskunde als ein Zeichen auf-
richtiger Hochachtung", eine Auszeichnung, welche Schreiner
mit ungemeiner Freude erfüllte.
Als im Jahre 1843 bei Gelegenheit der Naturforecher-
Versammlung Karl Ritter, der berühmte Geograph, Graz be-
suchte, wurde ihm vom Erzheraoge Johann speziell Schreiner
zugewiesen, namentlich um ihm über die Industrie der Steier-
mai-k eingehende Aufschlüsse zu geben. Ritter gedenkt auch
dankbar Sclireiner's in einem Briefe 0-
Von Schreiner's Uterarischen Arbeiten berühren uns hier
zunächst diejenigen, welche die Steiermark, ihre geschichtlichen,
geographischen und statistischen Verhältnisse betreffen. Hieher
gehört der „Allgemeine Kalender für die katholische Geist-
lichkeit'*, welchen Schreiner in den fünf Jahren von 1832 bis
1836 in Verbindung mit einem Professor der Theologie, na-
mentlich für die Priester der Diöcesen Seckau und Lavant
bestimmt, herausgab. Geographische Merkwürdigkeiten der
Steiermark schilderte er mit gewandter Feder in den Aufsätzen
„Oesterreich*s Naturschönheiten" und „Ausflug nach der Höhle
in der Frauenmauer"; Statistik und wirthschaftliche Zustände
unseres Landes fanden in mehreren Aufsätzen eingehende Be-
rücksichtigung, so in „Steiennarks Volksmenge", in „Steier-
marks Waldstand, Holzreichthum und Forstkultur" in den
„Statistischen Nachweisungen über die Landwirthschaftspflege
des österreichischen Kaiserstaates", welche von Oesterreich ob
und unter der Enns und von Steiermark handeln, und
endlich in späteren Jahren noch in der ethnographisch-statisti-
«) Krämer: Karl Ritter (Halle 1870) II. 819.
A
'1
— la-
schen Abhandlung „die Bewohner des Landes**; die ethno-
graphischen Verhältnisse der Steiermark behandelt eine Arbeit
Über die Sprachgrenze zwischen Deutschen und Wenden in
unserem Lande.
Ein besonderes Verdienst um Steiermark und speziell
um Graz erwarb er sich durch das Werk: „Grätz. Ein natur-
historisch-statistisch-topographisches Gemälde dieser Stadt und
ihrer Umgebungen*, welches er (Grätz 1843) im Vereine mit
Muchar, Unger und Weiglein herausgab.
Wie alle Werke Schreiner's ist auch dieses mit dem
grössten Fleisse, mit ausserordentUcher Gründlichkeit und
seinen Gegenstand vollkommen erschöpfend gearbeitet Obwol
dreissig Jahre seit seinem Erscheinen verflossen, ist es doch
noch von keiner der späteren über Graz erschienenen Schriften
weder an Umfang noch viel weniger an innerem Werthe über-
troflfen worden.
Gegen die bis dahin allgemein übliche und auch von
Schreiner in diesem Werke angenommene Schreibung des Na-
mens der Stadt „Grätz* trat bald nach Erscheinen desselben
der bekannte Orientalist Hammcr-Purgstall mündlich und
schriftlich für die Schreibung „Gratz* auf; Schreiner verthei-
digte seine Ansicht in zwei Aufsätzen: „Ueber die heutzutage
einzig richtige Schreibung des Namens der Stadt Grätz* und
„Chronologisches Verzeichniss der gedruckten und unge-
druckten Urkunden, welche den Namen der Stadt Grätz ent-
halten* (Steiermärkische Zeitschrift 1844).
Schreiner*s Thätigkeit beschränkte sich aber durchaus»
nicht auf dieses üterarische Wirken; auch auf dem Gebiete
öfifentlicher praktischer Wirksamkeit war er rastlos thätig und
bemüht, den vielen Anforderungen, welche die Regierung oder
seine Mitbürger an ihn stellten, vollkommen gerecht zu wer-
den. Die Regierung benützte sein Wissen mehriach, indem sie
ihn schon 1832 zum MitgUede der steiermärkischen Provinzial-
Gommerz-Kommission ernannte und in den Jahren 1632 bis
1838 ihn mit mehreren die Steiermark betreffenden statisti-
schen Arbeiten betraute ; und als Erzherzog Johann im Jahre
— 13 —
1837 daran ging, aus dem Schoose der auch vor ihm gegrün-
deten steiermärkischen Landwirthschaftsgesellschaft einen neuen
Verein, den „zur Beförderung und Unterstützung der Industrie
und der Gewerbe in Innerösterreich, dem Lande ob der Enns
und Salzburg" (jetzt „steiennärkischer Gewerbeverein") ent-
stehen zu lassen, da war es Schreiner, welcher von dem kai-
serlichen Prinzen zum Geschäftsleiter und Sekretär des erst
zu gründenden Vereines berufen wurde, alle Vorarbeiten lei-
tete, nicht ohne lebhaften Kampf gegen mancherlei Schwierig-
keiten die Gründung durchführte, sowol den Verein im Ganzen
als auch die einzelnen Anstalten desselben: die Zeichnungs-
schule, das Musterwaaren-Eabinet, die Bibliothek und endlich
auch das steiermärkische Industrie- und Gcwerbeblatt in's Le-
ben rief und so in der That wegen seiner längjährigen viel-
fachen Verdienste um diesen Verem neben dem Erzherzog als
zweiter Gründer desselben bezeichnet werden muss.
Schreiner's materielle Verhältnisse waren namentlich in
dieser Periode nicht besonders günstige; der sehr massige
Professorengehalt reichte nicht hin, eine Familie mit fünf Kin-
dern standesgemäss zu erhalten und diesen eine entsprechende
Erziehung angedeihen zu lassen; da mussten literarische Ar-
beiten das Fehlende schaffen helfen und um diese auf wissen-
schaftlicher Grundlage aufzubauen, bedurfte es des angestreng-
testen Fleisses, der angespanntesten Arbeitsthätigkeit von Seite
Schreiner's; alltäglich sass er um 4 Uhr Morgens bereits am
Schreibtische, wenn er denselben oft auch erst um Mittemacht
verlassen hatte, um auf dem Gebiete seiner Wissenschaften
nicht zurückzubleiben und doch auch literarisch zu produciren.
Seine rastlose Thätigkeit noch in späteren Jahren war in der
üniversitätswelt geradezu sprichwörtlich geworden ; kein Viertel-
stündchen ging unbenutzt vorüber, sogar die viertelstündigen
Pausen zwischen den einzelnen Vorlesungen verwendete er,
um in der Universitätsbibliothek seinen Studien, Forschungen
und Arbeiten obzuliegen.
So war Schreiner seit Jahren als Forscher, Schriftsteller
und Lehrer auf dem Gebiete der politischen Wissenschaften
— 14 —
thätig und hatte, soweit es unter den damaligen VerhSltoissen
zul&ssig war, auch den regsten Anthefl an dem öffentlichen
Leben und an gemeinnützigen Vereinen genommen ; als daher
die Bewegungen des Jahres 1848 begannen, da war es wohl
selbstverständlich, dass auch diese ihn in ihre Strömung ziehen
und auf ihn innerlich und äusserlich mächtig einwirken, ja ihm
eine Rolle im parlamentarischen Leben geradezu aufnöthigen
würden. Als unmittelbar nach den Märztagen ein frischerer,
freierer Geist, als je bisher, auch in die Publicistik eindrang
und in Folge dessen eine Aenderung in der Redaction der
offiziellen Grazer Zeitung nöthig wurde, da drang der damalige
Gouverneur von Steiermark, Graf Wickenburg, mit Bitten und
Vorstellungen so lange in Schreiner, bis dieser sich halb wider
Willen bereit erklärte, die Redaction dieses Journals zu über-
nehmen; die akademische Legion wählte ihn zu ihrem Clief,
und die Universität zu ihrem Vertreter im verstärkten Land-
tage, dessen Sitzungen er aber nur kurze Zeit beiwohnen
konnte, da er inzwischen von drei Wahlbezirken, Weiz, Feld-
bach und Cilli, zum Abgeordneten in das Frankfurter Parla-
ment und von der Landeshauptstadt Graz zum Ersatzmanne
ihres Abgeordneten in dasselbe, des Ritters von Kalchberg,
welcher Sektionschef im österreischischen Finanzministerium ge-
worden, gewählt worden war.
Im Mai- 1848 begab sich Schreiner nach Frankfurt und
verweilte dort bis Ende April des folgenden Jahres. Im Par-
lamente sass Schreiner im linken Centrum und schloss sich
seiner Parteistellung nach jener Fraction an, welche den Namen
von ihrem Versammlungsorte, dem Württemberger Hofe, hatte,
der ausser anderen auch Biedeimann aus Leipzig, Fallati aus
Tübingen, Giskra aus Wien, Hermann aus München, Höfken
aus Heidelberg (später in Wien), Mittermaier aus Tübingen,
Robert von Mohl aus Heidelberg, Teilkampf aus Breslau,
Riesser aus Hamburg, Stenzel aus Breslau, Wydenbrugk aus
Weimar und Wurm aus Hamburg angehörten. — Er wurde
von dem Parlamente sogleich in den ersten seiner Ausschüsse,
in den Mainzer Ausschuss, gewählt, welcher über einen blu-
— 15 —
tigen Konflikt zwischen den Bürgern von Mainz und den
preossischen Besatzungstruppen zu berichten hatte. Sodann
traf ihn auch die Auszeichnung, in den wichtigsten Ausschuss
den Yerfassungsausschuss, gewählt zu werden, in welchem die
bedeutendsten Männer der Versammlung, wie Mühlfeld, An-
drian, Dahlmann, Heinrich Simon, Tellkampf, Beseler, Beckerath,
Fürst Lichnowsky, Robert Blum, Ahrens, Waitz, Lassaulx,
Römer, Droysen, Paul Pfizer, Mittermaier, Welcker, Robert von
Mohl, Bassermann, Max von Gagem, sassen. — Schreiner nahm
an den Sitzxmgen und Arbeiten dieser Ausschüsse, sowie an
allen Verhandlungen des Parlamentes, wie es nach seinem
Naturell nicht anders sein konnte, den regsten Antheil, und
war, wenn er auch auf der Rednerbühne selten erschien, im
Klub und in den Ausschüssen um so thätiger
Als nach der Wahl des Königs von Preussen zum deut-
schen Kaiser durch die Nationalversammlung Oesterreich seine
Abgeordneten zurüclmef, verliess auch Schreiner Frankfurt
und nahm seine Lehrthätigkeit in Graz wieder auf und zwar
unter ganz anderen Verhältnissen als er sie im Jahr vorher
verlassen hatte. Während vor dem Jahre 1848 wenigstens nach
Wunsch und Willen der Regierung die juridische Fakultät nur
eine Fachschule zur Heranbildung der für den Staat nöthigen
Beamten sein sollte, und daher alle Vorlesungen ihrem Inhalte
und Umfange nach strenge vorgeschrieben waren, so dass an-
dere Kollegien gar nicht gehalten werden durften und auch
die Studirenden im Besuche der Vorlesungen unabänderlich
gebunden waren, so wehte jetzt als eine der wenigen, wenn
auch nur theüweise erhaltenen Erbschaften der Märztage, der
Geist der Lehr- und Lemfreiheit in diesen Räumen, und Pro-
fessoren und Studenten stand jetzt die Wahl der zu haltenden
und zu hörenden Kollegien frei. Schreiner's Wirksamkeit als
akademischer Lehrer konnte sich also auch jetzt erst frei
und ungehindert entfalten, was auch, obwol er damals schon
im höheren Mannesalter stand, im vollen Masse der Fall war.
Die Vorlesungen, welche er von da an aUjährlich hielt, na-
mentlich die über Volkswirthschaftslehre und ihre einzelnen
— 16 —
Tbefle, über Finanzwissenschaft, Verfassungs- und Verwaltongs-
Politik gehörten zu den anregendsten, belehrendsten und best-
besuchten Kollegien der Universität; der Verfasser dieser
Biographie und mit ihm gewiss noch viele ältere Schüler
Schreiner's werden sich mit Vergnügen und Genuss der Vor-
lesungen erinnern, welche er in den Jahren 1849 — 1852 über
Nationalökonomie und Ver£etssungspolitik hielt; der grosste
Hörsaal der juridischen Fakultät war bei jedem dieser Vor-
träge bis auf seine letzten Sitzplätze besetzt und an der ThOre
und entlang den Wänden standen noch viele Hörer, welche
alle mit gespanntester Aufmerksamkeit dem freien Vortrage
ihres Lehrers folgten. — In den Studieiyahren 1854-1855
und 1863 — 64 bekleidete Schreiner die Würde des Dekans
der juridischen Fakultät und un Jahre 1852 53 die des Rek-
tors der Universität
Die Zeit der Reaction von 1850 bis 1860 und die dar-
aus sich ergebenden Zustände lasteten auch auf Schreiner
schwer; der seiner Anschauung nach aus ihnen mit unver-
meidlicher Grewissheit sich ergebende Verfall des Staates,
seine Einbusse an Macht und Ansehen nach Aussen hin, Zer-
rüttung und Lähmung im Innern erfüllten ihn mit tiefem pa-
triotischem Schmerze, umsomehr, als er, der Forscher und
Lehrer auf dem Felde der Staats Wissenschaften, das Hohle,
das Unhaltbare aller gegen den Geist der Zeit, gegen Recht
und Selbstbewusstsein der Völker damals geschaiFenen Insti-
tutionen auf das deutlichste erkennen und die traurigen Folgen
solcher Staatskunst voraussehen musste.
Trost und Erhebung boten ihm in diesen Zeiten seine
umfassende Thätigkeit zur Hebung und Fortentwicklung des
steiermärkischen Gewerbevereines und eine grosse literarische
Arbeit, die er damals (1850) begann. Schon frühe, noch wäh-
rend seiner Studienjahre hatte er seine Aufmerksamkeit dem
wunderbar herrlichen Lande Italien zugewendet Diese Stätte
uralter Kultur, diese mit Naturschönheiten und Kunstschätzen
so reich gesegnete Halbinsel, die im Alterthume, im Mittelalter
und noch im sechszehnten Jahrhundert so grossartige geschicht-
i
— 17 —
liehe Ereignisse und eine so hohe Eulturblüte auf ihrem Boden
sich vollziehen sah und jetzt wieder zu neuem Leben zu er-
wachen scheint — dieses Land und seine Bewohner waren
schon früher mehrfach Gegenstand seiner Forschungen, Studien
und literarischen Arbeiten gewesen.
Unmittelbar nach Vollendung seiner Studien hatte er ganz
Italien durchreist und in den späteren Jahren unternahm er
von Graz aus mehrere Beisen dahin, besonders nach Ober-
italien, als deren Ergebniss man einige Arbeiten in der „Steier-
märkischen Zeitschrift^ betrachten kann; so „Erinnerungen an
das österreichische Friaul" (1834), „Reisebilder aus Italien"
(1834) und die Einleitung zu den von EoUmann übersetzten
Briefen des Antonio Canova.
Mehr als alles andere aber zog ihn Venedig, die zaube-
rische Lagunenstadt, an und er beschloss, diese einstige Meeres-
königin sich zum Stoffe eines grossen topographischen und
historischen Werkes zu nehmen. Durch zwei Decennien &st
aljyährlich verweilte Schreiner zwei Monate in Venedig und
brachte diese Zeit mit den eingehendsten Studien und Forschun-
gen über die topographischen, statistischen und wirthschaftlichen
Verhältnisse, über die politische und Kunstgeschichte dieser
Stadt zu ; und nach Hause zurückgekehrt arbeitete und forschte
er die ganze grossartige Literatur über diese Stadt und ihre
Geschichte auf das fleissigste und gründlichste durch und
sanunelte sich so ein wahrhaft riesiges Material als Grundlage
des beabsichtigten Werkes. Nebenbei legte er eine Sammlung
von Photographien von Venedig an, welche die Zahl von vielen
Hunderten erreicht und die grösste und vollständigste der-
artige Sammlung sein dürfte. An die Ausarbeitung des pro-
jectirten grossen Werkes aber kam Schreiner nicht ; nur zwei
allerdings umfangreiche Bruchstücke aus demselben, ein Auf-
satz über „Venedigs Begräbnissstätten" und eine grosse Arbeit
über Gradiska wurden von ihm dem Drucke übergeben ').
1} Pas ganze grossartige handschriftliche Material Schreiner's über Ve-
nedig und die Photographiensammlung befinden sich jetzt im Besitze
seines Sohnes Dr. Moziz von Schreiner in Graz
B
^ I
— 18 —
Als Oesterreich seit 1860 allmählich in die Bahnen con-
stitationeUen Lebens einlenkte, eröffnete sich fUr Schreiner
wieder das Feld parlamentarischer Thätigkeit; in den durch
das a. h. Patent vom 26. Februar 1861 auf den 6. April 1861
einberufenen Landtag wurde er durch den Wahlbezirk der
Mttrkte Frohnleiten, Gratwein, Deutsch - Feistritz, Uebelbach
und Passail als Abgeordneter gewählt; er gehörte diesem Land-
tage bis zu der am 2. Jänner 1867 erfolgten Auflösung an
und wurde bei den unmittelbar darnach stattfindenden Wahlen
von demselben Wahlbezirke wieder in die Landesvertretung
entsendet, deren Mitglied er auch bis zu der am 21 Mai 1870
stattgefundenen Auflösung derselben war.
Schreiner's Landtagsthätigkeit war von derselben Hinge-
bung, demselben Ernste und Eifer getragen, welche er ebenso
in allen anderen Grebieten seiner Wirksamkeit an den Tag
legte; er wurde von seinen Landtagskollegen in den Finanz-
ausschuss und von diesem wieder zum Obmanne gewählt, und
hatte so trotz seines damals schon hohen Alters eine grosse
Arbeitslast zu bewältigen, welcher er aber im vollsten Masse
gerecht wurde und wobei ihm gewiss die parlamentarischen
Erfahrungen, welche er einst zu Frankfurt gemacht, sehr zu
Statten kamen. — Mit wahrer Befriedigung und mit Stolz
konnte Schreiner auf die im Landtagssaala versammelten Man*
ner blicken, denn mehr als die Hälfte derselben waren seine
Schüler gewesen, einst im Hörsaale zu seinen Füssen gesessen
und von ihm in die Grundlehren jener Wissenschaften, welche
sie nun praktisch auszuüben berufen waren, zuerst eingeführt
worden ; und mit inniger Freude erfüllte ihn der gewiss seltene
Fall, dass während der zweiten Landtagsperiode einer seiner
Söhne, welcher seit 1862 Advokat in Graz war, mit ihm in
derselben Landesvertretung sass.
Auch die Regierung, welche ihn lange bei Seite gesetzt
hatte, begann jetzt wieder, sich seines Rathes zu bedienen,
indem sie ihn 1866 den Verhandlungen des Unterrichtsrathes
in Wien beizog.
In diese Zeit Mt auch der Haupttheil der Thätigkeit
— 19 —
Schreiner's im historischen Vereine für Steiermark. Na€hdem
er demselben, auch einer Schöpfung Erzherzogs Johann, schon
seit seiner Gründung (1845) als Mitglied angehört hatte, wurde
er am 25. Juni 1862 von der zwölften allgemeinen Versamm-
lung desselben zum Ausschussmitgliede gewählt
Als im März 1869 die Stelle des Vereinsvorstandes in Erledi-
gung kam, ersuchte ihn der Vereinsausschuss, die Stellvertretung
bis zur nächsten allgemeinen Versammlung zu übernehmen, welche
ihn sodann am 30. Juni 1869 zum Veremsvorstande erwählte.
In dieser Eigenschaft leitete er den Verein bis zum 30. Juni
1870, an welchem Tage er seine Stelle in der allgemeinen
Versammlung mit dem niederlegte, dass er eine allfMlige Wie-
derwahl wegen seines hohen Alters und zunehmender Kränk*
lichkeit unbedingt ablehnen müsse. So hat sich Schreiner
um die Geschichtsforschung und Geschichtschreibung unseres
Landes nicht nur durch seine literarischen Arbeiten, sondern
auch durch sein Wirken im historischen Vereine und an der
Spitze desselben verdient gemacht
Auch dem steiermärkischen Eunstvereine und dem steier-
märkischen Eunstmdustrievereine gehörte Schreiner in dieser
Zeit als Ausschussmitglied an.
So sehr ihn aber seine Schüler verehrten, seine Mitbürger
achteten, eine Auszeichnung von Seite der Regierung, ein
äusseres Zeichen der Anerkennung seiner Verdienste durch
den Staat, dem er seit fast einem halben Jahrhunderte mit
aller Hingebung gedient hatte, war ihm noch nicht zu Theil
geworden.
Eine Erklärung hiefür kann in den noch immer fortwir-
kenden Reminiscenzen seiner Frankfurter Parlamentsthätigkeit,
sowie in seinen allgemein bekannten poUtischen Gesinnungen,
denen er oftmals sowol auf dem Katheder als sonst im Leben
Ausdruck gab, gefunden werden. Erst dem Ministerium Beust-
Hye war es vorbehalten, das Versäumte nachzutragen.
Durch kaiserliche EntSchliessung vom 27. Dezember 1867
wurde Schreiner „in Anerkennung seines nahezu filnfzigjährigen
Wirkens, während dessen sich derselbe durch zahlreiche Ute-
B*
— 20 —
rarische Arbeiten und durch seine sonstige Thätigkeit vielfache
Verdienste um das ihm anvertraute Lehramt erworben, so wie
durch sein taktvolles Benehmen und seine ausgebreiteten
Kenntnisse das Vertrauen semer Mitbürger zu erlangen ge-
wusst hat", der Orden der eisernen Krone dritter Klasse ver-
liehen, dem bald darauf durch das kaiserliche Diplom vom
19. Mai 1868 „den Statuten des Ordens gemäss und in An-
erkennung seines seltenen Eifers und seiner Hingebung jfür
die Wissenschaften, sowie seiner stets an den Tag gelegten
Treue und Ergebenheit an Se. Majestät und das a. h. Kaiser-
haus" seine Erhebung in den Bitterstand des österreichischen
Kaiserstaates folgte.
Noch immer, trotzdem er nicht mehr ferne dem achtzigsten
Lebensjahre stand, verwaltete Schreiner sein Lehramt mit un-
geschwächtem Eifer, mit Lust und Liebe; zu Ostern 1867
waren bereits fünfzig Jahre verflossen, seit Schreiner zum
ersten Male das Katheder als supplirender Professor betreten,
im Oktober 1868 waren es vierzig Jahre, dass er ununter-
brochen an der Universität zu Graz wirkte, und am 29. De-
zember 1869 feierte er sein fllnfzigjähriges Professoren- Jubiläum,
denn an demselben Tage des Jahres 1819 war er zum ö. o.
Professor am Lyceum zu Olmütz ernannt worden.
Als das Gesetz vom 9. April 1870 über die Pensions-
behandlung des Lehrpersonales der vom Staate erhaltenen Lehr-
anstalten erfloss, in Folge dessen jeder Professor, welcher das
siebenzigste Lebensjahr zurückgelegt hat, von Amtswegen in
den Buhestand versetzt wird, traf dieses Los auch Schreiner,
jedoch mit dem, dass ihm durch kais. Entschliessung vom
7. September 1870 ein ansehnlicher Buhegehalt zuerkannt und
angeordnet wurde, dass er sein Lehramt noch bis Ende des
Wintersemesters 1870^71 fortführe.
Noch eme Auszeichnung war dem würdigen Greise be-
schieden, welche ihm durch ein seltenes Zusammentreffen der
dabei obwaltenden Verhältnisse hohe Freude bereitete.
Der Gememderath der Landeshauptstadt Graz bescUoss
in seiner Sitzung am IL April 1871 einstimmig, Professor
X
i
- 21 —
Schreiner „wegen der hohen Verdienste, welche er sich über-
haupt und um die Stadt Graz insbesondere dadurch erworben,
dass er sich durch mehr als vierzig Jahre mit einem Eifer,
der wenig Beispiele aufzuweisen hat, an der hiesigen Univer-
sität dem öffentlichen Lehramte, namentlich der Heranbildung
der Jugend in den Staatswissenschaften gewidmet, dass er ein
ausgezeichnetes topographisch-statistisch-historisches Werk über
Graz verfasst und dass er durch seme hervorragende Mitwir-
kung bei der Gründung des steiermärkischen Industrie- und
Gewerbevereines wesentlich zur Hebung des materiellen Wohl-
standes in Steiermark und besonders in Graz beigetragen^ —
die höchste Auszeichnung, über welche die Gemeindevertretung
verfügen kann, die Würde eines Ehrenbürgers zu verleihen.
Wenige Tage hierauf wurde Professor Schreiner die Mit-
theilung von dieser Ernennung durch eine Deputation des Ge-
meinderathes überbracht, an deren Spitze sein eigener Sohn,
als damaliger Bürgermeister stand und welcher ausser dem
Vicebürgermeister noch drei Gemeinderäthe, alle drei einstmals
Schüler Schreiner's, angehörten. Am 26. Dezember 1871 er-
folgte durch dieselben Abgeordneten der Gemeindevertretung
die Ueberreichung des Ehrenbürgerdiplomes.
Obwol Schremer damals bereits siebenundsiebzig Jahre
zählte, so war doch zu hoffen, dass er bei seinem regen un-
geschwächten Geiste, bei seiner zwar nicht starken, aber ge-
sunden Constitution noch manches Jahr im Kreise seiner Kin-
der und Enkel m verdienter Ruhe und würdiger Müsse ver-
leben könne ; umsomehr als er sich, soweit dies eben Menschen
beschieden sein kann, glücklicher Familienverhältnisse erfreute.
Er war in erster Ehe mit Katharina Schlegel vermählt,
aus welcher fünf Kinder, zwei Töchter und drei Söhne stam-
men, welche letztere schon bei^ des Vaters Lebzeiten hervor-
ragende Stellungen im öffentlichen Leben bekleideten — Gustav
Freiherr von Schreiner^ als k. k. österr. Generalkonsul und
diplomatischer Agent in Kairo, Adolf Bitter von Schreiner
als Generalsekretär der k. k. Südbahngesellschaft in Wien
und Dr. Moriz Ritter von Schreiner als Advokat und von
:< -'
— 22 —
1870 — 1873 als BllrgermeLster von Graz. — Nach dem Tode
seiner ersten Gemalin, deren Verlust er tief betrauerte, da
er sie heiss geliebt hatte (1836), blieb er zehn Jahre lang
Witwer und entschloss sich erst 1846 zur zweiten Ehe und
zwar mit Josefine Mutsclilechner zuschreiten, einer Frau, welcher
er mit inniger Liebe zugethan war und die auch die sorg-
samste Pflegerin und Hüterin seiner Greisenjahre bis zu sei-
nem Tode blieb.
Denn kurze Zeit, nachdem er von dem Lehramte ge-
schieden, nahm ein Herzleiden, das sich zwar schon früher,
aber nie besonders bedenklich gezeigt hatte, immer mehr über-
hand, steigerte sich im Winter von 1871 auf 1872 derart,
dass seine Kräfte sichtlich sanken, und führte am 1. April
1872 seinen Tod herbei
Ein reiches vielbewegtes Leben war damit geschlossen,
in weiten Kreisen hin war seine Wirksamkeit durch ihn selbst,
durch Wort und Schrift, die von ihm ausgingen, und durch
eine Zahl von Schülern, wie wenige Lehrer eine gleich grosse
werden aufweisen können, und von denen viele bedeutende
Stellungen im Leben einnehmen, - ich nenne nur Moriz von
Kaiserfeld, Rechbauer nnd Stremayr — fühlbar und folgenreich ge-
wesen ; ein trefflicher Vater und Gatte, ein ausgezeichneter Lehrer,
ein scharfsinniger Politiker, ein echter Patriot, ein rastlos thätiger
Arbeiter auf dem Felde der Wissenschaften war in ihm ge-
schieden und mit dem Verfasser dieser Biographie, der in dem
VerbUchenen einen väterlichen Freund und Gönner und treuen
Rathgeber zu verehren hatte, werden gewiss Hunderte, die
ihn kannten und zu würdigen wussten, noch für lange hin Er-
innerung und Andenken an ihn im Herzen tragen.
Nicht ohne Schwierigkeiten und ziemlich mühevoll war
die Sammlung von Schreiner's in Druck erschienenen Ar-
beiten, deren Verzeichniss nun folgen soll; sie bestehen mit
wenigen Ausnahmen aus in Zeitschriften und zwar vielfach
auch anonym erschienenen Aufsätzen, was deren Auffindung
— 23 —
und die Feststellung der Autorschaft ungemein erschwerte, um
so mehr, als es an Anhaltspunkten hiefür fast gänzlich
mangelte.
Schreiner selbst schreibt nämUch in seiner schon oben
erwähnten Autobiographie über seine literarischen Arbeiten nur,
dass seine schriftstellerische Thätigkeit in Graz ein reichhal-
tiges Materiale fand, „deren Ergebnisse er (1.) in der Jenaer
Literaturzeitung, (2.) m der grossen Ersch'- und Gruber'schen
allgemeinen Encyklopädie der Wissenschaften und Künste,
(3.) in der ersten Auflage von Welcker und Rotteck's Staats-
lexikon, (4.) in Hormayr's Archiv, (5.) in Wagner's Zeitschrift,
(6.) in den Annalen von Berghaus, (7.) in der steiermärkischen
Zeitschrift, (8.) in Hermann Wagener's Staats- und Gesellschafts-
Lexikon, (9.) in Holtei's Album für den Friedhof der evange-
lischen Gemeinde zu Graz in Steiermark, (10.) in der Augs-
burger Allgemeinen Zeitung, (11.) inHlubek's treuem Bild der
Steiermark, Graz 18G0, in ungemein zahlreichen Artil^eln,
deren nicht wenige sehr umfangreich sind, niederlegte. Ausser-
dem wurde ihm auch noch die Bedaction der steiermärkischen
Zeitschrift von Sr. k. k. Hoheit dem durchl. Erzherzoge Jo-
hann Baptist anvertraut. Auch war er (12.) Mitarbeiter an der
achten Auflage des Brockhausischen C!onversations - Lexikons.
Schreiner arbeitete auch sonst noch mehrere andere selbst-
ständige Werke aus, dahin gehören (13.) eine historisch-stati-
stische Topographie von Grätz, (14.) eine Abhandlung über die
einzig richtige Schreibweise des Namens der Stadt Grätz, fer-
ner (15.) die deutsche Sprachgrenze im Südosten der Steier-
mark, ein Beitrag zu Bemhardi's deutscher Sprachkarte. Er
gab überdies durch mehrere Jahre (16.) einen „Kalender für
die kathoUsche Geisthchkeit^ heraus, in dem der historischen
und statistischen Aufsätze mehre von ihm sich vorfinden."
So weit Schreiner über seine eigene literarische Thätigkeit.
Die unter 13 und 16 verzeichneten selbstständigen Publika-
tionen, sowie die in den Zeitschriften und Sammelwerken 2.,
4., 6., 7., 9., 11. enthaltenen Aufsätze wurden hoffentlich sämmt-
lich ermittelt; was von Arbeiten aus Schreiner's Feder (1.)
— 24 —
die Jenaiscfae Allgemeine Literaturzeitung enthält, konnte nicht
ermittelt werden, weil alle Artikel in derselben entweder
anonym oder nur mit Buchstaben oder Chiffem unterzeichnet
erschienen; in (3.) Rotteck und Welcker's Staatslexikon (I.Auf-
lage) smd eine grosse Anzahl von Artikeln mit S. unterzeichnet,
die meisten derselben haben jedoch, wie sich aus der 2. Auflage
ergibt, Wilhelm Schulz zum Verfasser; es erübrigen nur die Ar-
beiten über Oesterreich, Böhmen, Dalmatien und die Sardinische
Monarchie, welche Schreiner zuzuschreiben sind, da auch Form
und Inhalt derselben dafür sprechen. — Die „Zeitschrift (5.)
für österreichische Rechtsgelehrsamkeit und politische Gesetz-
kunde, herausgegeben von Dr. Vincenz August Wagner" (Wien
1825—40), fortgesetzt vonKudler, Stubenrauch und Tomaschek,
seit 1846—49 unter dem Titel „Oesterreichische Zeitschrift
für Rechts- und Staatswissenschaft" enthält nur einen Aufsatz
(in denJahrgängen 1846 und 1847) statistischen Inhaltes und
mit Dr. S. gezeichnet, welchen man als aus Schreiner's Feder
stammend annehmen darf — In den zwei Decennien von
1830 bis 1850 soll Schreiner ständiger Correspondent für den
politischen Theil der Allgemeinen Augsburger Zeitung gewesen
sein; diese Correspondenzen jedoch aufzufinden und yerzeich-
nen zu wollen, wäre wohl eine fruchtlose Mühe gewesen; es
wurde daher aus der Allgemeinen Zeitung (10) nur ein wissen-
schaftlicher Artikel in das folgende Verzeichniss aufgenommen. —
lieber Schreiner's Theilnahme an (12.) Brockhaus' Conversations-
Lexikon und an (8.) Wagener's Staats- und Gesellschafts-Lexikon
wird sich unten im Verzeichnisse ausgesprochen; und was endlich
die (unter 14 und 15) von Schreiner genannten selbstständigen
Werke betrifft, so vermochte man dieselben als solche nicht
aufzufinden, doch wäre es möglich, dass er darunter Separatab-
drücke gleichnamiger Aufsätze in der Steiermärkischen Zeitschrift
und in der allgememen Zeitung verstand.
Nach diesen Vorbemerkungen möge nun das chronologisch
geordnete Verzeichniss von Schreiner's in Druck gelegten Arbeiten
folgen. Da der Verfasser desselben angesichts der erwälmten
Schwierigkeiten bei dieser bibliographischen Zusammenstellung
— 25 —
besorge!) muss» dass ihm ein oder der andere aus Schreiner's Feder
stammende Artikel, besonders wenn er anonym erschienen ist,
entgangen sein könnte, so erbittet er sich das Recht, allfällige
diesbezügliche Nachträge m den nächsten Heften dieser Mit-
theilungen bringen zu dürfen.
Graz, 6. Januar 1873.
Verzeichniss von Schreiners Schriften.
1827. lieber Jenny's Reisehandbuch (2 Bände, Wien 1823). —
In Hormayr's Archiv für Geschichte, Statistik, Literatur
und Kunst Wien 1827. 18. Jahrgang, Nr. 124, 125,
126, 133, 134 und 185.
1828. Beiträge zur Beförderung der Landeskunde von Mähren
und Schlesien. — In Hormayr's Archiv, 1828, 19. Jahr-
gang Nr. 10, 11, 42, 60, 118, 119.
1830. A. J. Gross, Handbuch für Reisende durch dasErzher-
zogthum Oesterreich, Steiermark, Salzburg etc. München
1831. Angezeigt von S. (Schremer) inHormayr's Archiv
1830, Nr. 76.
1832—1836. Allgemeiner Kalender für die katholische Geist-
lichkeit (Vom 3. Jahrgange an auch u. d. T. : Ein Jahr-
buch für kirchliche Statistik und Topographie, Kirchen-
geschichte, kirchliche Biographie, Liturgie, Kunst und
Gesetzkunde, Bibelstudium und biblische Archäologie,
Homfletik, Kirchengeschichte der Akatholiken, Schul-
und Erziehungswesen etc.) In Verbindung mit einem Pro-
fessor der Theologie herausgegeben von Dr. Gustav
Franz Schreiner. 1.— 5. Jahrgang 1832—1836. Grätz
im Verlage bei Damian und Soi^e. — (üeber diesen
Kalender schreibt Schreiner in seiner Selbstbiographie:
„Er (Schremer) gab überdies durch mehrere Jahre einen
, Kalender für die katholisehe Greistlichkeit'' heraus, in
dem der historischen und statistischen Aufsätze mehre
1^5.!-
— 26 —
von ihm sich befinden^. (Welche Aofeätze dieses Kalen-
ders jedoch aus Schreiner's Feder geflossen, kann nicht
festgestellt werden, da alle in demselben enthaltenen
Artikel ohne Namen der Verüasser abgedruckt sind.)
1833—1837 erschien die achte Originalauflage der „Allge-
meinen deutschen Real-Encyklopädie für die gebildeten
Stände. (Conversations-Lexikon). In zwölf Bänden. Leipzigs
F. A. Brockhaus ^, an welcher Schreiner als Verfasser
zahlreicher, namentUch statistischer Artikel theilnahm und
auch als Mitarbeiter (im 12. Bande, Schlusswort S. XXI)
genannt wird ; da jedoch in diesem Conversations-Lexikon
alle Aufsätze ohne Namen der Verfasser erschienen, so
lässt sich nicht feststellen, welche Artikel desselben aus
Schreiner's Feder stammen.
Von 1833 an führte Schreiner gemeinsam mit Vest, Thinn-
feld und Muchar die Redaction der steiermärkischen
Zeitschrift (erste Folge) 11. u. 12. Heft (1833 u. 1834),
dann mit Muchar, Leitner und Schrötter derselben Zeit-
schrift neuen Folge I. IL IH IV. V. VL Jahrgang, mit
Muchar und Schrötter VIL Jahrgang I.Heft, mit Muchar
Vn. 2., VIIL und IX. (letzten) Jahrgang, (Grätz 1834
bis 1848. Im Verlage der Direction des Lesevereins am
Joanneum und in Gommission bei Damian und Sorge.)
1834. Erinnerungen an das österreichische Friaul. Bruchstücke
aus einem Tagebuche. — In^Steierm.Ztschft.*' 12. Heft,
(Grätz 1834) S. 39—64.
1834. Oesterreich's Naturschönheiten. Ein Vorwort zur steier-
märkischen Zeitschrift. — Steierm. Ztschft N. F. L Jhrg.,
L Heft Graz 1834. S. 1-18.
1834. Reisebilder aus Italien: L Die Fahrt nach Venedig. —
steierm. Ztschft N.F. L Jahrg. L Heft (1834), S. 87-111.
1834. Ausflug nach der Höhle in der Frauenmauer. Mit einem
Plane der Höhle. — Steienn. Ztschft N. F. I. Jahrg^
II. Heft. (1834) S. 3—26.
1835. Einige vertraute Briefe des Antonio Canova. Aus dem
Italienischen übersetzt von Ignaz KoUmann. Mit einem
— 27 ~
Vorworte über den berühmten Bildhauer und seine
Kunstleistungen von Dr. Gustav Franz Schreiner. —
Steierm. Ztsch. N. F. H. Jhrg. I. Heft(1835), S. 132—141.
1835. Steiermarks Volksmenge in Vergleichung mit jener der
übrigen österreichischen Provinzen. Aus ämtlichen Quel-
len geschöpft. — Steierm. Ztschft. N. F. II. Jhrg.
n. Heft (1835). S. 134—181. Dieser Aufsatz ist auch
vollinhaltUch in den „Annalen der Erd-, Völker- und
Staatenkunde", herausgegeben von Heinrich Berghaus
(Berhn) HI. Reihe, 2. Band, 1836, S. 1—49 abgedruckt —
In demselben Bande, S. 522—527, dieser Annalen be-
findet sich eme ohne Namen des Verfassers erschienene
ziemlich ausführliche Anzeige der „Steiermärkischen
Zeitschrift", neue Folge, I. Band, 1. und 2. Heft, von
welcher zu vermuthen ist, dass sie aus Schreiner's Feder
stammt
1835. Böhmen. (Von S.) Im Staatslexikon oder Encyklopädie
der Staatswissenschaften, herausgegeben von Carl von
Rotteck und Carl Welcker. Erste Auflage. Altena 1835,
H. 654—668. — In der 2. Auflage des Staatslexikons
(1848) X. 389—408 abgedruckt und mit 0 ge-
zeichnet
1836. Steiermarks Waldstand, Holzreichthum und Forstkultur
mit steter Berücksichtigung aller übrigen Provinzen des
österreichischen Eaiserthums, durchaus nach amtlichen
Erhebungen. — Steierm. Ztschft N. F. III. Jhrg. I. Heft
(1836) S. 127—168. — Auch abgedruckt in „Berghaus
Annalen" HI. Reihe, 4. Band, S. 34-72 (1837).
1837. Dalmatien. (Von S.) In Rotteck - Welcker's Staatslexikon
(1837) IV. 166 178. — Auch in der 2. Aufl. (1846)
n. 656 663 enthalten und mit S. gezeichnet
1841. Oesterreich, Kaiserthum mit Inbegriff von Ungarn, Sie-
benbürgen u. s. w. — In Rotteck und Welcker's Staats-
lexikon (1841), 12. Band, S. 125—235. — In der
2. Auflage (1848) X. S. 282—389 fast gleichlautend
abgedruckt und mit 0 gezeichnet
:%
28 —
1843. Sardinische Monarchie. (Von S.) In Rotteck- Welcker's
StSÄtslexikon, 1848, XIV, 214- 232. — In der 2. Aufl.
(1848) XI. 765-778 anonym abgedruckt
1843. Grätz. Ein naturhistorisch-statistisch-topographisches Ge-
mälde dieser Stadt und ihrer Umgebungen. Im Vereine
mit Dr. A- v. Muchar, k. k. ö. o. Professor der Philolo-
gie, Dr. Fr. ünger, ö. o. Professor der Zoologie und Bo-
tanik am st st Joanneum, Dr. der Heilkunde Chr. Weig-
lein, von Dr. Gustav Schreiner, k. k. öffentL ordentL
Professor der Staatenkunde. Mit vielen Stahlstichen, einem
Plane der Stadt und einer geognostischen Karte der
Umgebungen. Grätz 1843. Verlag der F. Fersti'schen
Buchhandlung. XVI und 570 S.
1844. Ueber die heut zu Tage einzig richtige Schreibung des
Namens der Stadt Grätz. — Steierm. Ztschft N. F.
VIL Jhrg. IL Heft (1844). S. 123—207.
1844. (Chronologisches Verzeichniss der gedruckten und unge-
druckten Urkunden, welche den Namen der Stadt Grätz
enthalten. — Steierm. Ztschft N. F. Vn. Jhrg. IL Heft
(1844). S. 280—272.
1844. Die deutsche Sprachgrenze im Südosten der Steiermark.
— (Augsburger) Allgemeine Zeitung, Beilage vom 26. u.
27. September 1844.
1846—1847. Statistische Nachweisungen über die Landwirth-
schaftspflege des österreichischen Kaiserstaates. (Von
Hm. Dr. S.) (Handelt von Oesterreich ob und unter der
Enns und Steiermark.) In „Oesterreichische Zeitschrift
für Rechts- und Staatswissenschaft", herausgegeben von
Dr. Jose* Kudler, Dr. M. v. Stubenrauch u. Dr. Ed. To-
maschek. (Wien.) Jahrgang 1846, L Band, S. 478—487;
Jahrgang 1847, IL Band, S. 129—136 und & 227—235.
1848. Von Nr. 43, 16. März 1848 bis Nr. 134 vom
31. Juli erscheint Schreiner als verantwortlicher Re-
dacteur der Grazer Zeitung; wie sich aus seiner Er-
klärung in Nr. 133 ergibt, führte er die Redaction bis
zu seiner Abreise nach Frankfurt selbst und von da an
— 29 —
bis letzten Juli fahrten dieselbe unter seiner fortwäh-
renden Mitwirkung und vollen Verantwortlichkeit seine
Söhne Adolf und Moriz Schreiner.
1857. Venedig's Begräbnissstätten. (Bruchstücke, eines grösseren
noch ungedruckten Werkes über Venedig). — In dem
Album : „Für den Friedhof der evangelischen Gemeinde
in Gratz in Steiermark". Braunschweig, Wien und Gratz
1857. S. 595—666.
1859—1867. Von 1859 bis 1867 erschien das „Neue Con-
versations - Lexikon. Staats- und Gesellschafts-Lexikon.
In Verbindung mit deutschen Gelehrten und Staatsmän-
nern herausgegeben von Hermann Wagener. 23 Bände,
Berlin 1859—1867**. — Schreiner war Mitarbeiter an
diesem Werke, welche Artikel desselben jedoch ihn zum
Verfasser haben, konnte nicht ermittelt werden, da bei
keinem derselben ein Automamen verzeichnet ist
1860. Die Bewohner des Landes (Steiermark). Fünfter Ab-
schnitt des Werkes: ;,Ein treues Bild der Steier-
mark, herausgegeben von der k. k. steiermärkischen
Landwirthschafts-Gesellschaft durch ihren Sekretär Dr.
F. X. Hlubek. Gratz 1860. S. 47-66.
1864. Der Grabensee (1. in Salzburg.) (2. in Kärnten). Ersch'
und Gruber's allgemeine Encyklopädie der Wissenschaften
und Künste: L Section, 77. Band. S. 217.
1864. Gradisca (1. im Küstenlande, 2. und 3. in Italien, 4. und
in der Militärgrenze.) — In obiger Encyklopädie:
L Section, 77. Band. S. 331—332.
1864. Gradisca, die gefürstete Grafschaft. (Geschichte derselben.)
InErsch' und Gruber's Encyklopädie : L Section, 77. Band,
S. 332-480.
1864. Gradiscaner Krieg. Ebenda, L Section, 78, Band, S.
1—15.
1864. Gradistje in Siebenbürgen. Ebenda. L Section, 78. Band,
S. 15.
1864. Gradlitz in Böhmen. Ebenda. L Section, 78. Band, S. 15
bis 16.
— 30 —
1864. Grado. (Topographie.) Ebenda. I. Section, 78. Band,
S. 40—43.
1864. Grado (Geschichte). Ebenda: L Section, 78. Band, S.
391 - 467.
1 868. Gratz (in Steiermark). Ebenda : L Section, 88. Band. S.
161 — 163.
^
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MITTHEILUNGEN
DBS
STORISCHEN VEREINES
FÜR
STEIERMARK.
Herausgegeben
von dessen A-usschiasse.
. HEFT.
CommiBsion der k. k. Universitäts-BucMiandlung
Leuschner & Lubensky.
Graz, 1874.
Im Selbstverlage.
MITTHEILUNGEN
DES
mSTOBISCHM VMEESHS
\
PUB
STEIERMARK.
Herausgegeben
von dessen A-nssohnsse.
^^11- HEFT.
Gtm, 1874.
Im Selbstverläge.
In Gommission der k. k. Ümvenitäts-Buchhaiidliing
Leuschner & Lubensky.
Inhalt.
A. Vereinfi-Angelegeiüieiten.
Gesch&ftB-üeberBicht — Chronik des Vereines.
Seite
Bericht an die 26. JahresYersammlnng am 3 Febmar 1678, Ver-
handlungen IQ derselben, Vorträge: des Grafen Gnndacker
Wurmbrand Ober prähistorische Fnnde in Gleichenberg,
des Professors Dr. Bidermann über die steierm. Ver-
ÜBtssungskrisis um 1790 III
Vorträge in der Quartalyersammlung vom 28. April 1873, Pro-
fessor V. Käferbäck über den Tattermann, Oberliente-
nant L. Beckh-Widmanstetter Ober Grabdenkmale
zu Teuffenbach in Obersteier IX
Vortrag des Professors Dr. Krone s über Graf Hermann n.
Yon CiUi in der Quartalversammlung vom 10. Juli 1873 . Xni
Die erste Wanderversammlung des Vereines zu Leoben am 12.
und 18. October 1873 mit den daselbst gehaltenen Vor-
trägen des Directors Sprung, Professors Dr. Bider-
mann, Professors Dr. v. Luschin, Sohnlrathes Dr.
Peinlich, Werksarztes Au st und Oberlieutenants Beckh-
Widmanstetter xin
Bericht an die 26. Jahresversammlung am 30. Jibmer 1874,
Verhandlungen in derselben, Vorträge des Pfiirrers Dr.
Enabl über die Ausgrabungen in Retznei, des Schulrathes
Dr. Peinlich über den Zustand von Handel und Gewerbe
im 16. Jahrhunderte XXI
Verzeichniss der Ortschronisten XXIX
Veränderungen im Personalstande XXX
üebersicht der Einnahmen und Ausgaben XXXIV
Erwerbungen.
Für die Bibüothek XXXVI
Für das Archiv XLVIH
Für die Kunst- und Alterthums-Sammlung LXVn
fi. Abhandlungen.
S«iU
1. Die Verkehnbesiehiuigeii der Stadt Leoben zu den westlichen
Alpenl&ndem vom 16. bis zum 19. Jahrhunderte. Von Dr. H
J. Bidermann 8
n. InnerOsterreichische Religions-Grayamina aas dem 17. Jahr-
hundert. Ein Beitrag zur Geschichte der Gegenreformation in
InneröBterreich. VonDr.Hansy. Zwiedineck-Südenhorst 37
in. Die Herrschaft König Ottokar's II. von Böhmen in Steiermark.
Ihr Werden, Bestand und Fall (1252—1276). Von Dr. F.
Krones 41
1. Die Vorgänge in den Jahren 1246—1254 bis zum O&er
Frieden 43
2. Die Vertreibung der Ungarn aus der Steiermark und die
dauernde Begründung der Herrschaft Ottokar's im Lande.
Ende 1259—1267, sammt den einleitenden Verhältnissen
seit 1254 o 65
8. Die Adelsyerschwörung von 1268. Die Eftmtner Frage. —
Seifried von M&hrenberg. — Salzburg. — Rudolfs I.
Eönigswahl. — Der Sturz der böhmischen Herrschaft
(1274—1276) 76
4. Regesten von Urkunden als Belege des Textes .... 109
G. Kleinere Anfsätze nnd ICttheilnngen.
I. Steiermärker auf auswärtigen Hochschulen. Von Professor Dr.
Franz Ilwof 149
n. Zur Biografie des Rottenmanner Notars Ulrich Elenneker. Von
P. Florian Einnast , 155
Literatur 156
Register
über die vorkommenden Personen, Orte und Sachen 161
^mt^
A.
Vereins- Angelegenheiten.
Geschäfts-Uebersichi
Chronik des Vereines.
Am 3. Februar 1873 wurde im Joanneum unter dem
Vorsitze des derzeitigen Vorstandes, Landesarchivar's Professor
J. Zahn, die 25. Jahresversammlung des historischen Vereines
für Steiermark abgehalten, in welcher der Vereins-Schriftführer
folgenden Bericht erstattete:
„Durch die in der letzten 24. Jahresversammlung am
24. Juli 1872 beschlossene, dann von der hohen steier-
märkischen Statthalterei mit Erlass vom 5. October 1872^
Z. 12.262, genehmigte Statutenänderung wurden die Jahres-
versanunlungen in die Winterszeit verlegt Es erscheint daher
die gegenwärtige 25. Jahresversammlung insofeme als eine
ausserordentliche, als der Zeitraum, über welchen berichtet
werden soH, nur ein halbes Jahr umschliesst, welches der
Abwicklung früher eingeleiteter Arbeiten und Unternehmungen
angehörte.
Von dem Berichte über das Gedeihen der vom Vereine
in's Leben gerufenen Ortschroniken abgesehen, welcher be-
sonders erstattet werden wird, beehrt sich der Ausschuss mit
der Mittheilung, dass von den heuer fälligen Vereinsschriften
der IX. Jahrgang der „Beiträge" zur Zeit theilweise schon ver-
schickt ist, das XX. Heft der „Mittheilungen" hingegen des man-
nigfachen Inhaltes wegen, erst Mitte Februar vollendet werden
dürfte. Für das Jahr 1873 ist die Herausgabe des X, Jahr-
ganges der „Beiträge" mit einer kostspieligen historischen Karte
der Steiermark ausgestattet.
Das vollständige Orts-, Personen- und Sachen-Register
der bisher erschienenen XX Hefte „Mittheilungen" ist in Aus-
sicht genommen.
Das Register von Muchar's Geschichte der Steiermark
ist abgeschlossen und gegenwärtig in Revision und Vorbe-
m
Mltthell. d. hist. Veretnii f Stoiermark. XZTI. ncft» 1874. A*
- IV -
reitung für den Druck ; das steiermärkische Urkundenbuch ist
im Uinfange von 44 Druckbogen im Reindrucke voDendet und
der Index dazu gegenwärtig in Arbeit begriffen.
Der Stand der Mitglieder beträgt mit Ende des Jahres
1872 305 ordentliche, 36 Ehren-, 20 correspondirende Mit-
glieder und 24 Bezirks-Correspondenten.
Die von der letzten Versammlung zu Ehren- und corre-
spondirenden MitgUedem ernannten Herren: Excellenz Graf
Rudolf Stillfried-Rattonitz in Berlin, Hofräthe Ritter
V. Arneth und Aschbach, Professor Dr. A. Jäger und
Archivsadjunct M. Pangerl, sämmtlich in Wien, haben jeder
einzeln ilu-en Dank für diese Ernennung ausgedrückt
Als verstorben hat der Verein zwei verdiente Ehrenmit-
glieder zu beklagen, den Reichshistoriographen Jodok Stülz,
Abt zu St. Florian, welcher am 28. Juni 1872 zu Hofgastein
verschied, dann den k. k. Regierungsrath und jubihrten Di-
rector des k. k. Hof-, Münz- und Antikencabinets, Dr. Josef
Ritter v. Bergmann, welcher am 29. Juli 1872 zu Graz in
hohem Greisenalter sein fllr die Geschichtsforschung frucht-
bares Leben endete.
Der Schriftentausch wird gegenwärtig mit 190 fachver-
wandten Gesellschaften und einheimischen Lehranstalten unter-
halten. Neu zugewachsen sind die königl. preussische Univer-
sitätsbibUothek zu Königsberg und die k. k. Staatsoberreal-
schule zu Graz.
In Hinblick auf den in der vierten Quartalversammlung
vom 27. Jänner 1871 gegebenen Bericht über die Seitens des
Vereines eingeleiteten Schritte, durch welche eine bessere Ver-
wahrung der inneröst Kammeracten in der Statthaltereiregistratur
erzielt werden sollte, ist der Vereins-Ausschuss in der Lage
mitzutheilen, dass diese Angelegenheit in Folge der thätigen
Verwendung Sr. Excellenz des Herrn Statthalters im Spät-
sommer 1872 ihre günstige Entscheidung fand. Es sind seit-
her diese für die Finanzgeschichte der inneröst Länder vom
16. — 18. Jahrhunderte wichtigen Acten wieder im Vorauerhofe,
wo sie auch schon früher einmal waren, entsprechend unter-
gebracht worden.
Von den Bezirkscorrespondenten haben die Herren :
Kaplan A. Meixner in St Veit am Vogau, über Funde aus
der Römerzeit in der Umgebung seines Stationsplatzes und
im Stiefingthale, Dr. J. K r a u t g a s s e r in Mureck, über Auf-
findimg einer Römennünze, dann einen vom Grafen Platz
zu Freudenau in Oberschwarza entdeckten wohlerhaltenen
Bömerstein Berichte eingesendet Herr Pfarrer Karner über-
— V —
reichte geschichtliche Notizen über die Pfarre und Umgebung
seines Geburtsortes Wundschuh bei Wildon.
Als Geschenkgeber sind dankend zu nennen : Frau Gräfin
Anna v. Säur au, geb. Gräfin v. Goess, Stemkreuzordens-
und Palastdame in Graz, dann die Herren: Anton Au st,
AVerksarzt und Bezirkscorrespondent zu Gaal bei Knittelfeld;
Ernst V. Destouches, Archivar und Chronist der Stadt
München; Georg Göth, Dr. und jubilirter Studiendirector in
Graz; Adolf Kofi er, k. k. Hof- Weinlieferant und Realitäten-
besitzer in Pettau; Franz Krön es, Dr., k. L Universitäts-
Professor in Graz; Anton Meixner, Kaplan und Bezirks-
Corrcspondent in St Veit am Vogau; Carl Woldemar Neu-
mann, k. baier. Hauptmann, correspondirendes Mitglied in
Kegensburg; Johann Parapat, Kaplan zu Rabensberg bei
Stein in Krain ; Ignaz S c h 1 a g g, k. k. Bezirksrichter und
Bezirkscorrespondent in Obdach; Mauriz Strachwitz, Graf^
k. k. Kämmerer und Gutsbesitzer zu Schloss Pichl im Mürz-
thale; Thassilo Weymayr, k. k. Gymnasialprofessor in
Graz; endlich Herr Franz Ninaus, Magister der Chirurgie
in Graz, welcher sich durch Uebergabe eines in Oel gemalten
Portraitbildes besonders verdient machte. Dasselbe betrifft den
1660 in der Steiermark geborenen berühmten Contrapunktisten
und Hof-Obercapellmeister der Kaiser Leopold L, Josef I. und
Carl VI., Johann Josef Fux (t 1724), dessen Lebens-
geschichte erst jüngst der kais. Rath L. v. K ö c h e 1 in Wien
in einem stattlichen Buche abhandelte."
Von geschäftlichen Angelegenheiten dieser Versammlung
betrifft der Bericht des Kassiers zunächst die Rechnung
pro 1872, in welcher an Einnahmen (unter Hinzurechnung
des Uebertrages per 1902 fl. 6 kr.) 4555 fl. 62 kr. figuriren,
welchen 2196 fl. 82 kr. Ausgaben, zumeist für Druckarbeiten,
gegenüberstehen. Der Rest per 2358 fl. 80 kr. und noch meh-
rere kleine Einnahmeposten, welche jedoch durch die bis-
herigen Ausgaben völlig erschöpft werden, ergibt den gegen-
wärtigen Kassastand mit 2351 fl. 90 kr., von welchen 2300 fl.
fruchtbringend angelegt sind. Die bedeutenden Zahlungen für
Druckarbeiten, welche in diesem Jahre fällig werden, nöthigen
den Cassier zur Mahnung, es mögen die gegenwärtig mit
988 fl. aushaftenden MitgUeder-Beiträge coulant berichtigt
werden.
Für die gehabten Auslagen bei Anfertigung neuer styl-
gemässer Diploms-Blanquette wird die Indemnität angesprochen
und ertheilt, gleichzeitig auch über Antrag des Ausschusses
— VI —
die Einhebung einer Taxe von 2 fl. für Ausfertigung der
Diplome an neuaufgenommene Mitglieder und die dem ent-
sprechende Aenderung der Statuten genehmigt; den älteren
Mitgliedern Neuausfertigungen von Diplomen gegen Erlag der
halben Taxe gewährt. Dr. Luschin spricht den Wunsch aus,
dass der Ausschuss für das Jahr 1873 nicht nur allein den
Register der bisherigen XX Hefte „Mittheilungen**, sondern auch
ein Heft mit geschichüichen Aufsätzen herausgebe; ebenso
meint er, dass sich die beträchtlichen Auslagen für Inserate
gelegentlich der öflFenÜichen Versammlungen durch räumliche
>5usammcndrängung und Verminderung der Insertionen herab-
drticken lassen dürften ; beiden Wünschen verspricht der Aus-
schuss Rechnung zu tragen.
Bei der thcilweisen Neuwahl des Ausschusses wurde der
wieder wählbare Cassier, Herr Ernst Fürst, in seiner Function
bestätigt, dann die Herren: Schulrath Gynmasialdirector Dr.
Richard Peinlich zum Vorstande, Professor Dr. Hermann
Jgnaz Bidermann zum Vorstand-Stellvertreter, Major Graf
Heinrich von Attems, Archivsadjunct Dr. Arnold Luschin
und Realschuldirector Heinrich Noö zu Ausschüssen, dann
für den Fall einer Wahlablehnung, welche dann auch wirklich
von Seite des Grafen Attems einlief, Professor Dr. Ferdi-
nand Bischoff zum Ausschuss-Ersatzmanne mit zweijähri-
ger Functionsdauer, Professor Ignaz Schrotter und Cassier
Carl Burghardt zu Revisoren der Rechnung pro 1873
erwählt
Ueber Antrag des Schulrathes Dr. R. Peinlich voürt
die Versammlung den abtretenden Ausschüssen, zumal dem
bisherigen Vorstande Landesarchivar J. Zahn den Dank,
worauf der Letztgenannte im Namen der so Geehrten erwidert
Ueber die nun zum Abschlüsse gelangte Angelegenheit
der Einführung von Ortschroniken wii'd folgender Bericht ver-
lesen :
*
„Die Generalversammlung vom 24. Juli 1872 hat dem
Ausschusse und dem Comite für Einführung von Ortschroniken
freie Hand innerhalb gewisser gestellter Grenzen gegeben, das
Unternehmen aus dem damals vorgelegten Stadium der Be-
rathung in die Wirkhchkeit zu übertragen.
Bei dem Umstände, dass daran die Interessen des Ver-
eines in höherem Grade geknüpft sind, hält sich der Vereins-
Ausschuss immerhin für verpflichtet, der Generalversammlung
von der Art der Ausführung eingehender Mittheilung zu er-
statten.
— vn ~
Wie schon dargelegt worden, richtet sich der Zweck der
Ortschroniken mehr auf die Gegenwart und Zukunft, als nach
der Vergangenheit Desshalb theilt sich die Form derselben in
zwei Theile, in die Ortsbeschreibung und in die eigentüche
Orts- oder Tageschronik. Es war Sache des Comite's, diese
Theile in ihren nothwendig bedingten äusseren Formen, sowie
betreffs ihres Inhaltes klar erscheinen zu lassen. Diess konnte
nur mittelst gewisser Rubriken und Muster geschehen, welche
das Ciomite anlegte und worin nach MögUchkeit darauf geachtet
wurde, den künftigen Chronisten die Fahrung so ersichtUch,
leicht und bequem zu machen, als nur immer wünschenswerth.
Die Formularien, auf welchen die Ortsbeschreibungen
und Chi'oniken eingetragen werden sollen, sind sonach von
mehreren Beilagen begleitet. Diese haben den Zweck, einzu-
füluren in die Aufgabe und durch Beispiele sie zu erleichtem.
Die Vorrede setzt das Ziel auseinander, das dem Ausschusse
vorschwebte ; die zweite Beilage stellt die Rubriken fest, welche
bei Ortsbeschreibungen wesentlich zu berücksichtigen seien;
die dritte Beilage gibt eine wirkhche Ortsbeschreibung, u. z.
von Moskirchen, welche annähernd nach den Forderungen der
zweiten Beilage gearbeitet ist und eigentlich so verdeutschen
sollte, wie die allgemeinen Regeln in's Positive, sozusagen
übersetzt, sich ausnehmen ; die vierte BeOage gibt das Beispiel
einer Ortschronik, zwar von einem fingirten Orte und mit fin-
girten, allein aus dem Leben gegriffenen Thatsachen, und die
letzte endUch enthält die Berichtcoupons, welche jährlich an
den Ausschuss zur Evidenzhaltung der Cluronikenführung ein-
gesendet werden sollen.
Das Comite hat es sich sonach nicht verdriessen lassen,
aUe geistigen und materiellen Mittel aufzuwenden, um die
Sache lebensfähig zu gestalten. Es hat so gehandelt in der
festen Ueberzeugung, dass mit der blossen Anregung, dies
oder jenes habe zu geschehen, gar nichts geholfen, sondern,
dass es geboten sei, die Wünsche und Bedüi&isse so deuüich
als möglich zu veraugenscheinlichen, damit dem unklaren Ver-
ständnisse nachgeholfen. Fehlem und Entschuldigungen vor-
gebeugt und ein möglichst entsprechendes Resultat erzielt
werde. Aehnliche Vorarbeiten und gleiche Hilfe hat nach dem
Wissen des Ausschusses in solcher Erschöpfung kein Verem
seinem Lande geboten und der Ausschuss kann mit gewisser
Befriedigung die Angelegenheit in Lauf bringen, dass, was von
seiner Seite nöthig, nicht vemachlässiget, sondem eher bis zum
Aeussersten vorbereitet worden sei.
Muster der besagten Schriftstücke liegen Ihnen vor. Die-
— Vffl -^
selben werden nächstens, als vom Vereine zu beheben, in
Verlaatbaning gebracht werden, und es wird dann Sache der
Männer, die sich des Zweckes annehmen wollen, sein, sie zu
beheben und so zu benützen, wie 4ie Unterrichts- und anderen
Beispiele der besagten Beilagen es dariegen.
An die Generalversammlung aber apellirt der Ausschuss,
dass deren Theilnehmer für das Unternehme wiricen, dass
sie dafOr Arbeiter gewinnen helfen. Denn nur von solchen
lässt sich die Krönung der Arbeiten des Comite's erwarten.
Und der Ausschuss rechnet, wenn auch nicht auf strömende
Mitwirkung, so doch mehrfeiche, da es nicht veikannt werden
kann, dass das Unternehmen für die Landesgeschichte von
Gewinn und fbr den Mitarbeiter ehrenvoll ist Unter allen
Umständen aber hält der Ausschuss seine Aufgabe als für
dermalen erlediget und legt sie in die Hände jener patriotisch
denkenden Persönlichkeiten, welche mit den Bestrebungen des
Vereines sympathisiren. Es würde dem Ausschusse ein Moment
besonderer Genugthuung sein, könnte er im Jahre 1878, wo
die Einberufung und Prämünmg der bestgeführten Chroniken
stattfinden soll, auf eine Anzahl derselben hinweisen, die ihr
Entstehen seiner Initiative verdanken. Dann würde Steiermark
unter den österreichischen Kronlanden nicht allein das erste
sein, welches mit solchen Mitteln des Unternehmens sich
annimmt, sondern auch das mit Resultaten auf solchem Gebiete
hervortritt Dann hat sich der Zweck des Vereines in dieser
Richtung erfüllt, denn das ist wohl nicht zu bezweifeln, dass
die Sache, wenn einmal in den Gang gebracht, sich selbst
helfen und vorwärts bringen wird."
I *
Hierauf gelangen die Vorträge an die Reihe und es hält
Se. Erlaucht Herr Graf Gundacker Wurmbrand-Stuppach
seinen von Demonstrationen begleiteten Vortrag über die 1872
zu Gleichenberg gemachten prähistorischen Funde.
Anknüpfend an einen Feuilleton-Aufsatz des Med.-Dr.
M. Macher in der Abendausgabe der Grazer „Tagespost"
vom 24. September 1872 vertritt er die Ansicht, dass die
Gebrauclizeit der auf dem südwestlichen Abhänge des Hügels
der Villa Wickenburg in Gleichenberg gefundenen Schalen und
Scherben, dann fünf Stück Steinwaffen (letztere zum Theile den
von Professor U n g e r bei Radkersburg gefundenen ähnlich) nicht
auf Jahrtausende zurückgeschoben werden könne, wie Dr.
Macher meint, sondern kaum einige Jahrhunderte vor unsere
Zeitrechnung zu setzen seien. Graf Wurmbrand sieht durch
diesen Fund eine Ansiedlungsstätte der kymerischen Kelten
— IX -
der nahverwandten Gallier und der Germanen belegt, welche
sich in diesen Gegenden uiederliessen, nachdem sie die Einge-
bomen unterworfen hatten.
Der nun folgende Vortrag des Herrn Professor Dr. H.
J. Bidermann behandelte die steierische Verfassuugskrisis
zur Zeit der ersten französischen Revolution und wurde mit
Hinzugabe einiger interessanter ActenstUcke in das XXI. Heft
der „Mittheilungen" S. 15 — 105 aufgenommen.
Beide Vorträge en-egten lebhaftes Interesse und wurden
mit Beifall aufgenommen.
Die Versammlung währte von 7*6 — 8 Uhr Abends.
Unterm 2. März 1873 bescheinigt die h. steierm. Statt-
halterei die in der letzten Jalu'es Versammlung beschlossene
Statutenänderung.
Am 10. April wird mit der historischen Section der pol-
nischen Akademie der Wissenschaften m Krakau der Schrif-
tentausch eingeleitet.
Am 26. April beschliesst der Ausschuss mit Rücksicht
auf den in der letzten Jahi'esversammlung ausgesprochenen
Wunsch, auch im Jalu*e 1873 ein geschichtliche Aufsätze ent-
haltendes Heft der „Mittheilungen'' mit angeschlossenem Re-
gister für dieses Heft herauszugeben. Der Register der bisher
erschienenen XX Hefte „Mittheilungen" soll in zwei bis drei
jahreweisen Abtheflungen abgesondert ausgegeben und mit der
Ausgabe der vom Archivsadjnncten Dr. Luschin bearbeiteten
Uebersicht aller in den Schriften des Vereines erschienenen
Aufsätze begonnen werden.
Die Auflage der Vereinsschriften wird auf 650 Exemplare
erhöht
Am 28. April hält der Verein seine 11. Vierteljahresver-
sammlung, bei deren Beginn der Vorsitzende Schulrath Dr.
Peinlich sich als neugewählter Vorstand einfahrt, dann einen
Nachruf den zwei jüngst verstorbenen vielverdienten Ehren-
mitgliedern des Vereines, den beiden Topographen Director
Dr. Georg Göth (gcst 69 Jahre alt, Graz, 4. März) und Carl
Schmutz (gest 87 Jahre alt, zu Linz, 20. April) widmet
Professor Virgil Käferbäck besprach die in Deutsch-
land allgemein, auch in Graz bestandene und aus der heid-
nischen Zeit stammende Sitte, zur Sommer-Sonnenwende Feuer
im Freien anzuzünden und Strohmänner oder andere Figuren
— X —
dabei zu verbrennen. Da wurde am Vorabende des Johannis-
tages, 23. Juni, eine riesige, bekleidete Strohpuppe an einer
langen Stange befestigt durch die Stadt gctiagen, aiu Sonnen-
wendfeucr in der Kailau angezündet und dann noch brennend
in die Mur geworfen.
Diese Puppe hiess der Tattermann ! Die Bedeutung dieses
Namens stammt vom Worte tattern, zittern, daher Tattermann
in Steiennark eine Vogelscheuche und einen feigen willenlosen
Menschen bezeichnet
Bei dieser Volksbelustigimg entstanden aber oft bedauer-
liche Exccsse, so dass die bewaffnete Macht nicht selten ein-
schreiten musste, um Ruhe und Ordnung zu schaffen; ja es
kam sogar im Jahre IG 99 zu förmlichen Kämpfen zwischen
dem Civile und dem Militär, so dass man sechs Todte und
eine gi'osse Anzalil Verwundeter zählte. Auch gab das Volk
bei dieser Festlichkeit oft seinem Aerger über sociale Ver-
hältnisse Ausdruck, so prangte einst bei einer Erhöhung der
Fleisch- und Kerzenpreise der Tattermann auf seiner hohen
Stange ganz jnit Wursteln und Kerzen behängt Diess gab
dann oft zu Tunmlten Veranlassung, so dass sich die Regie-
rung genöthigt sah, diese Sitte abzuschaffen, aber trotz wie-
derholter Verbote erhielt sie sich noch fort, bis ihr endUch
die Unruhen vom 23. Juni 1773, wo abermals Militäi- ein-
schreiten musste und der Buchhaltungsoffidal Hu eher durch
einen Schuss das Leben verlor, mehrere Soldaten aber durch
Pistolenschüsse und Steinwürfe verwundet wurden, für immer
ein Ende machten. Unter energischen Drohungen verbot nun
die Regierung diese Festhchkeit für immer und erliess eine
Reihe von Massregeln, jeden Versuch emer Erneuerung der-
selben sogleich zu unterdrücken.
Der Vortragende verwies hiebei auch auf einen Aufsatz
von Professor II wof, welcher schon fiüher die Ansicht Wink-
lern's und auf letzteren gestützt Gebier 's widerlegte, als
stanmie dieser Gebrauch von der Verbrennung eines Tartaren.
Der Voilrag des Oberlieutenants L. Beckh-Wid-
manstetter hatte den beklagenswerthen Zustand vieler
mittelalterlicher Denkmäler zum Gegenstande, welche nicht
selten auf Kosten völüg interesseloser Ueberbleibsel aus der
Römerzeit vernachlässigt werden. Ein Beispiel kaum glaubücher
Rücltsichtslosigkeit stützt diese Thatsache durch die bisherige
Verwahrlosung der Denkmale des uralten, durch rühmUche kile-
gerische Leistungen ausgezeichneten Herrengeschlechtes der
Teuffenbach zu Teuffenbach und Massweg, in der
durch sie gegründeten Margarethen-Ffarrkirche ihres Stammsitzes
- xr —
zu Teuffenbach in Obersteier. Am Fussboden der Kirche, theils
durch Betstühle verdeckt, theils den Schuhnägeln der bäuer-
lichen Besucher preisgegeben, oder in der Umfassungsmauer des
Kirchhofes, waren die hin und wieder nicht nur in geschichtUcher,
sondern auch in künstlerischer Beziehung interessanten Denk*
mäler in Bruchstücken zerstreut emgemauert, mit Bezug auf
die Friedhofinauer mehrere eben nur als einfaches, in kleine
Stücke zerklopftes Steinmateriale, bei Ausbesserungen vei-wendet
worden. Diesen Verwüstungen leistete übrigens eine zu Ende
vorigen Jahrhunderts erschienene Kreisamts- Verordnung, welche
die Verwendung der alten Grabsteine bei Kurchenreparaturen
anordnete, Vorschub.
Der historische Verein nahm sich auf den Bericht des
Vortragenden der Sache an, und schöpfte daraus den Anlass,
im Allgemeinen die Angelegenheit einer besseren Versorgung
der Kirchendenkmäler bei den beiden Landesbischöfen, u. z.
mit erfreuUchem Erfolge anzuregen. HinsichtUch der bescheiden
dotirten Pfarrspfründe zu Teuflfenbach musste aber auf die
Beisteuer der nächsten Interessenten, die Sprossen der auf
den Denkmalen genannten Geschlechter gewiesen werden. Von
ihnen (den P. T. Frauen : Theresia Gräfin von Herberstein-
Dietrichstein in Wien, Anna Gräfin von Saurau-Goess
in Graz, AmaUa Freiin Teuffenbach-Thurn und Antonia
Freiin v. Formentini-Teuffenbach in Görz; den P. T.
Herren: Alfred und Ernst Fürsten zu Windisch-Grätz
in Wien und Graz, Sigmund Freiherr v. Pranckh, königl.
bäirischen Kriegsminister in München, Albin und Arthur Frei-
herren von Teuffenbach-Teuffenbach in Wien und
Görz) wurden auch die Kosten der bisher durchgeführten
Denkmal-Umstellungen gedeckt
Die Umstellung zweier mächtiger Grabsteine, welche
später als Altartische in Verwendung genommen wurden, er-
fordert weitere Verhandlungen mit der Kirchenbehörde, welche
erst durchgeführt werden müssen. Aber selbst das, was bisher
bereits geschehen ist, Uefert ein erfreuliches Resultat und con-
statut für das unscheinbare Kirchlein zu Teu£fenbach eine so
grosse Anzahl von Denkmälern einer und derselben Familie,
wie eine solche wenige andere Kirchen in Oesterreich ent-
halten dürften. Während eine Inventur des Jahres 1780 nur
acht sichtbare Denkmale ergab, wurden bis nun vom Mau-
rermeister Clonfero in Murau unter der Leitung des die
Arbeiten rastlos fördeniden Ortspfarrers Herrn Anton Zugs-
b r a 1 1, 1 8 die Teuffenbacher betreflfende Denkmale zusammen-
gestellt und sämmtliche im Innern der Kirche iintergebracht
- xn -
Diese Denkmale, deren ältestes dem Jahre 1480 ange-
hört, das jüngste aus der Zeit zwischen 1G09 — 1620 stammt,
werden vom Sprecher beschrieben, zugleich aber auch die ihm
anderwärts bekannten Fundstätten Teuifenbach'scher Denkmale
erwähnt Nicht minder gedenkt er der Bedeutung des Ge-
schlechtes für die Steiennaik, wodurch das Interesse für diese
Erinneningsmale eigenthch gehoben wird und betont schliess-
lich jene Namen von geschichtlichem Klange, welche aus
ihnen heraus zu uns sprechen. Es sind dies: Regina, Ge-
mahlüi Hansens v. Teuffenbach (t um 1510), deren Name
uns an ihren berühmten Bruder Sigismund von Dietrich-
stein erimiert ; der als Stifter des Spitals zu Sauerbrunn bei
Judenburg wie als Krieger hochverdiente erste Freiherr Franz
von Teuffenbach (f 1578); und Heinrich Mathias Graf von
T h u r n, der unermüdliche und unglückliche Parteigänger der
protestantischen Sache im 30jährigen Kriege, welcher als Genial
der Tochter des reichen Offo von Teuffenbach auf dem
prachtvollen Grabmale des letzteren genannt ist
Weil aus der Zeit, der die Denkmale angehören, sämmt-
Uche in der Stammtafel vorkommende männUche Teuffenbach
in dieser Weise geehrt wurden, bis auf den vierten Genial
der bekannten 1623 verstorbenen Herrin von Murau, Anna
Gräfin zu Schwarzenberg, geb. Neuman von Wasser-
leo n b u r g, diese aber allen ilu*en Gatten Denkmale widmete,
so hoflPt der Vortragende, in einer der zwei Altartischplatten
das Denkmal CarFs von Teuffenbach noch zu finden.
Nachdem über Antrag des Vorsitzenden beiden Bednem
der Dank der Versammlung votirt wurde, erfolgte der Schluss
der Sitzung.
Am 10. Juli hält der Verein, diesmal im Landtagssaale,
unter dem Vorsitze des Vereinsvorstandes Schulrathes Dr. K.
Peinlich seme 12. Vierte^jahresversammlung.
Professor Dr. H. J. Bidermann begründet den von
ihm im Ausschuss eingebrachten und da acceptirten Antrag,
die nächste Quartalversammlung als Wanderversammlung in
einem erst zu bestimmenden Orte abzuhalten und die Ver-
sanunlung gibt die hiezu statutengemäss nöthige Einwilligung.
In späteren Berathungen des Ausschusses wird die Stadt
Leoben in Obersteier gewählt und die mit ihr diesfalls ge-
pflogenen Verhandlungen führen zmn erwünschten Abschlüsse.
Notar J. C. Hof rieht er aus Windischgraz beantragt,
der historische Verein möge sich beim Grazer Gememderathe
verwenden, dass eine der neu zu benennenden Gassen nach
-^ xm -^
der ältesten Dynastie der Steiermark Traungauergasse benannt
werde. Angenommen.
Hierauf hält Professor Dr. Krön es einen sehr beifällig
aufgenommenen Vortrag über den Altgrafen Hermann H.
von Cilli, welcher dann in das XX. Heft „Mittheilungen",
S. 106 — 144, aufgenommen wurde.
Am 14. Juli beschliesst der Ausschuss die Kürzung der
Administrativberichte in solcher Form, dass nur was von
allgemeiner Wichtigkeit und von besonderem Interesse ist,
zum Drucke komme, weiters die Annahme der Antiquaschrift
als der für wissenschaftliche Publicatioiien immer mehr in
Aufiiahme kommenden, für die „Mittheilungen*'.
Am 8. October berichtet der Schriftführer im Ausschusse
über die gelegentlich seiner Anwesenheit in Linz mündhch
gepflogenen Verhandlungen mit den Erben nach dem ein-
heimischen Topographen Carl Schmutz, nach welchen die
Ueberkommung der von dem genannten fleissigen Forscher
gesanunelten Styriaca als sicher gelten darf.
Das k. k. österreichische Museum für Kunst und Industrie
tritt in literarischen Tauschverkehr mit dem Vereine.
Der Antrag des Bezirkscorrespondenten Dr. J. Kraut-
gasser in Mureck, die Volksschulen jener Landestheile, m
welchen häufig Münzenfunde aus der Römerzeit gemacht
werden, mit Duplikaten von öfters vorkommenden Münzen zu
betheilen, um dadurch die SammeUust im Landvolke zu er-
wecken, wird an das Münzen- und Antikenkabinet am Joan-
neum zur Amtshandlung abgetreten.
Der Ausschuss beschliesst, sich petitionsweise an den h.
steierm. Landtag mit der Bitte um Uebemahme der Druck-
kosten für das Register zu Muchar zu wenden, weil die
ersten fünf Bände dieses Werkes völlig auf Landeskosten her-
ausgegeben wurden, und der Verein ohnehin die Herstellung
des Manuscripts in seinem Kreise besorgte.
Am 12. October versammelten sich zu Leoben die Theil-
nehmer der 13. Vierteljahres-, zugleich ersten Wander-
Versammlung des historischen Vereines für Steiermark, von
welchen die aus Graz zumeist mit dem Postzuge um 12 Uhr
16 Minuten in Leoben eintrafen und daselbst von dem Leobner
Fest-Comit^, bestehend aus den Herren: Anton Lutz, Bür-
germeister zu Leoben, Wilhehn F a i 1 h a u e r, k. k. Postmeister,
Dr. Gregor Fuchs, Director des Realgymnasiums, Frans
— XlV —
Kupetwieser, Professor an der k. k. Montan-Akademie,
Josef Meyer, Gemeinderath, Franz S a v e t z, Hauptschullehrer
und Gemeinde-Ausschuss, und Franz Sprung, Director der
Innerberg'schen Gewerkschaften zu Donawitz bei Leoben, auf
das Freundlichste bewillkommt wurden.
Von Graz waren eingetroffen;
Se. Excellenz der Herr Statthalter Freiherr v. K ü b e c k,
(der Herr Landeshauptmann und Ehrenpräsident Dr. Moriz von
Kaiserfeld sprach in einem Schreiben an den Vereins-
Vorstand sem Bedauern aus, durch Beru&geschäfte an der
Theilnahme gehindert zu sein). Vom Ausschusse: Der
Vereinsvorstand Schulrath Dr. Richard Peinlich, Vorstand-
Stellvertreter Professor Dr. H. J. B i d e r m a n n, Schriftführer
L. Beckh-Widmanstetter, Professor Dr. A. v. Luschin,
Schuldirector N 0 ö. Mitglieder: Gustos Dr. A. Jeitteles,
kais. Rath Pfarrer Dr. Knabl, Professor Korp, Professor
Dr. Franz Krön es, Professor Dr. Georg Lucas, Professor
Macun, Professor J. Reich el, Oberlandesgerichtsrath Jo-
hann Reicher, Professor Johann Rogner, Dr. Medicinaß
Senior. Gäste: Die Philosophen Johann Ebner und
Kümmel, Medianer Victorin Rogner, magistratlicher Cassier
Carl Schneiderlechner mit Gemalin, — aus Judenburg
Dr. P i 1 1 m a y e r, aus Gaal bei Knittelfeld JBezirkscorrespondent
Werksarzt A. A u s t, aus Obdach Bezirkscorrespondent Bezirks-
richter Ignaz Schlagg.
Nachdem „beun Mohren ** das Mittagmal gehalten war,
wurde der vormals von Eggenwald'sche Garten besucht, in
dessen Pavillon General Bonaparte am 18. April 1797
den Präliminarfrieden von Leoben mit • Oesterreich unter-
zeichnete, dann die Wanderung nach dem aufgehobenen ältesten
Benedictinerinnen-Kloster in Göss auf dem Umwege über die
Ruinen des Schlosses Massenberg und den Aussichtspunkt
„Bellevue" angetreten. In G^ss besahen die Anwesenden, vom
Ortspfarrer Andreas Gschirts geleitet, die Stiftskirche, ein
neu aufgefundenes Gemälde, die Kirchenparamente, dann die
Grabdenkmale der Aebtissmen ausser der Kirche; den Schluss
machte ein kürzerer Aufenthalt im Brauhause zu Göss, welcher
zu mehreren Begrüssimgen durch Trinksprüche den Anstoss
gab. Nach Leoben rückgekehrt wurde das Abendessen im
grossen Speisesaale des „Mohren" eingenommen, während das
Absenger'sche Terzett sich produzirte.
Am 1 3. October Morgens 8 Uhr machte über Einladung
des Herrn Werksdirectors Franz Sprung ein grösserer
Jheil der Gesellschaft einen Ausflug nach der vormals Frei-
- XV —
hert V. Mayr, nun Innerberg'schen Gewerkschaft Donawitz.
Dort zeigte Herr Director Sprung die in einzelnen Theilen,
namentlich der schönen Decke noch gut erhaltenen Reste
einer kleinen römischen Grabkapelle, auf welche die Arbeiter
vor circa zehn Jahren gelegentUch der Umlegung des Tro-
faiachbaches stiessen und die dann auf seine Anordnung aus-
gegraben wurde. Die Fundstätte wurde besucht, dort die
Genesis des Fundes vom Herrn Director Sprung erörtert
und noch andere kleinere Fundstücke vorgezeigt
Von 10 Uhr Vormittags bis nahe 1 Uhr Mittags wurde
im grossen Bathssaale der Stadtgemeinde Leoben die Haupt-
versammlung abgehalten, welcher ausser den bereits Vorge-
nannten noch die Mitglieder: Güterbesitzer Freiherr Franz
Mayer von Meinhof, Postverwalter Martin Reitsamer,
Landesgerichts-Rath Ludwig Sprung, Professor Johann
Tschanet, die Gäste: Hochwürden Alois S e e 1 i n g, Stadt-
pfarrer in Leoben, Franz T e c h e t, Vorstadtpfarrer in Waasen,
Andreas Gschirts, Pfarrer in Göss, Hoffath Peter Ritter
von Tunner, Landtagsabgeordneter Freiherr von Zschok,
Staatsanwalt Eugen Mihurko, pens. Finanzrath Alois Fail-
hauer, k. k. Notar Franz von Aichelberg, Advocat Dr.
Josef Gmeiner, Med.-Dr. Homann, Dr. Steyrer, Land-
wehr-Major H e r z n e r, Postofficial Ritter von Seh er er, wei-
ters acht Damen, Bürger der Stadt, Studirende der Berg-
akademie, im Ganzen 112 Personen beiwohnten.
Vorsitzender Schulrath Dr. Richard Peinlich eröfinet
die Versammlung mit einer einleitenden Rede über Zweck und
Bedeutung der Wanderversammlung und gibt von dem Pro-
gramme Kenntniss, worauf der Schriftführer den Geschäfts-
bericht mit besonderer Betonung der sich stets mehrenden
Anmeldungen für Ortschronikenführungen und ebenso für den
abwesenden Cassier den Cassenbericht (Emp^nge einschliess-
lich des Uebertrages vom Vorjahre 3969 fl. 70 kr., Ausgaben
1913 fl. 83 kr., Rest 2055 18. 87 kr.) vorträgt
Dann ersucht Vorsitzender Namens des Ausschusses um
Ertheüung der Indemnität hinsichtlich der durch die tagende
Versammlung verursachten Kosten, welche ertheüt wird.
Schriftführer referirt über den Vorschlag des Ausschusses,
die ordentlichen Mitglieder : Herren Ludwig J o s s e k, k. k.
Bezirkshauptmann in Rann, Hermann Puff, k. k. Hauptmann-
Auditor in Marburg, und Johann Erainz, Volksschullehrer
in Oberwölz, dann den Herrn Franz Tiefenbacher, k. k.
pens. Finanzbeamten in Fehring, zu Bezirkscorrespondenten
zu ernennen. Der Vorschlag wird genehmigt, ebenso jener des
— XVI -
Vorsitzenden, die Herren: Professor Dr. Krones, Professor
Dr. Geoi^ Lucas und Oberlandesgerichtsrath Reicher zu
Ratificatoren des Sitzungsprotokolls zu wählen.
Ueber die Aufforderung des Vorsitzenden, etwaige Wünsche
und Anträge kund zu geben, meldet sich Niemand zum Worte,
es wird daher zu den Vorträgen geschritten.
I. Professor Dr. H. J. Bidermann bespricht die Han-
delsbeziehungen der Stadt Leoben zu den westlichen Alpen-
ländem vom 16. bis zum 19. Jahrhunderte, hebt die Bedeu-
tung des Eisenhandels, durch welchen Leoben seine BerOhmtheit
erlangte, hervor, schildert mit Zugrundelegung tirolischer Ar-
chivaren den regen Verkehr, welcher zwischen Tirol und jener
Stadt besonders im 16. Jahrhundert bestand und verbreitet
sich dabei auch über andere Wechselbeziehungen. Er begrOsst
damit die Stadt und schliesst mit emer Aufforderung zu kräf-
tiger Unterstützung der Zwecke des historischen Vereines.
(Sem Vortrag wurde ohne die Kürzungen, die er vornahm, in-
dem er ihn hielt, als Festschrift ausgegeben und erscheint
auch in diesem XXH. Hefte der Mittheilui^en des histori-
schen Vereines.)
n. Der zweite Vortragende, Professor Dr. Arnold Bitter
V. Luschin, ging von dem Gedanken aus, dass die mittel-
alterlichen Anschauungen vom Wesen und Zwecke der Münze
von den heutigen mannigfach abwichen und dass diese zur
Auffassung des Münzwesens als einer blossen Finanzquelle
hinleitete. Nachdem er sodann das daraus für den Münzberech-
tigten abgeleitete Recht der Münzverrufung und Verschlechte-
rung geschildert, wandte er sich der gedrängten Darstellung
des Münzwesens in Steiermark während des Mittelalters zu,
besprach die im Lande umlaufenden Sorten, versuchte deren
Circulationsgebiet zu begrenzen und die Münz- und Wechsel-
stätten namhaft zu machen. Mit einem Hinweis auf die Finanz-
krise des 15. Jahrhunderts, die Zeit der Schinderlinge, in
welcher der Grazer Bürger und Münzmeister Balthasar
Eggenberger eine wenig gerühmte RoUe spielte, sdüoss
der durch Vorweisung der einzehien Münzsorten erläuterte
Vortrag nach halbstündiger Dauer 0-
ni. Der dritte Vortrag des Schuh*athes Dr. R. Peinlich
behandelte das Rathsstuben-Regiment der steier. Landstädte
im 16. Jahrhunderte mit besonderer Berücksichtigung von
Leoben.
*) Der Vortrag wurde seither im Jännerhefte der Zeitsctirift ftir deutsclie
ColturgeBchichte, Jahrgang 1874) S. 19 ff. veröffentlicht.
— xvn —
Nach einigen einleitenden Worten über die Reichhaltigkeit
nnd Mannigfaltigkeit des Stoffes, folgten Andeutungen ttber
die autonome Stellung der Gemeinde, über den Wirkungs-
kreis der Stadtbehörde, deren Zusammensetzung und Glie-
derung, sowie über die Wahl derselben und die Stellung gegen-
über der Bürgerschaft Annäherungsweise wurde die Zahl der
Bewohner von Leoben und einiger anderer Orte für das Jahr
1528 und die Zahl der rücksässigen Bürger von Leoben im
Jahre 1572 bestimmt Hieran schloss sich die Au&flhlung
der in- und ausserhalb des Bathes mit städtischen Aemtem
zu Leoben betrauten Männer, femer Angaben über die Raths-
ordnung in Betreff der Sitzungen und die Massregeln gegen
Säumige zu Leoben und an anderen Orten. Bei der Bespre-
chung der städtischen Agenden in Beziehung auf den Landes-
fürsten, wurde die Behandlung der landesfürstlichen Generalien
im Rathe dargelegt und die Art der Publicirung an die Be-
wohner des Ortes. Als Beispiel diente eine Polizeiverordnung
vom Jahre 1530 und ein Steckbrief vom Jahre 1579. Dann
folgten einzelne Daten über das Land- und Banngericht zu
Leoben, über die Seltenheit von Verbrechen, welche die Todes-
strafe verdient hatten, über die Stelle, wo der Galgen stand,
über Fälle, wo die Regierung die Urtheilssprüche des Stadt-
gerichtes 1573 und 1575 unzulänglich fand und daher Reas-
summhiing der Untersuchung verlangte, femer ein Process
wegen heimlich von Goldwäschem aufgekauften Goldes (1600),
wo das Stadtgericht wegen Umgehung seines Rechtes durch
landesfbrstliche Beamte die Schuldigen unbestraft liess, endlich
aus den Injurien- und Raufhändeln ein Beispiel sonderbarer
Rechtspflege (1595), wo die gröbüche Antastung des Bürger-
meisters, als er bei einer Rauferei von Amtswegen dazwischen-
trat, ungeahndet blieb. An den Bericht über die Erledigung
der Beschwerden der Bürgerschaft von Leoben durch den
Raul in öffentlicher Versammlung 1591, schloss sich eine
kurze Hindeutung auf die gelegentlichen Festmahlzeiten der
Rathspersonen. Die Verlesung eines bei festlichen Gelegen-
heiten üblichen „Menü" von 18 Gerichten machte den Beschluss.
Die vorgerückte Stunde veranlasst den Vorsitzenden die
Versammlung zu befragen, ob sie geneigt sei, auch noch die
zwei kurzen Mittheilungen anzuhören, welche erst heute Morgens
dem Ausschusse angemeldet wurden ; über die darauf ertheilte
Zustimmung verliest
IV. Herr Bezirkscorrespondent A u s t aus Gaal bei Knit-
telfeld einen warm empfundenen Nekrolog des am 10. No-
vember 1786 zu Schwanberg geborenen und am 27. April 1872
Mllthatl. d. hUL Verein* f. Stelenaurk. XXII. Heft, 1874. B
— XVIII —
yerstorbenen Grossindustriellen Andreas Top per. Dieser
machte sich dadurch besonders bemerkbar, dass er 1818 za
Scheibs in Niederösterreich die erste österreichische Neubruch-
Stahlwaareufabrik in Oesterreich gründete und in Flor brachte.
Er vergass aber auch nicht an seinen Geburtsort Schwanberg
in Steiermark, für welchen er mehrere wohltbätige Stiftungen
errichtete, dort auch am Kirchhofe seinen verstorbenen Elt^m
Andreas (t 1806) und Ursula Topp er (f 1809) em Denkmai
widmete. Der Umstand, dass Topp er nach Beendigung sei-
ner Wanderschaft 1811 eine Knittelfelder Büi^erstochter geeh-
licht hatte, veranlasste den Redner, diese Blume der Erinne-
rung für den Verstorbenen zu pflücken.
V. Endlich bespricht der Vereins-Schriftführer Ob»-
lieutenant Leopold Beckh - Widmanstetter das am
Tage vorher dem Archive des Schlosses Liechtenstein*) bei
Judenburg entnommene, in seiner guten Ausstattung und
Erhaltung vorgewiesene Hauptbuch des kaiserlich befreiten
Handelsherrn Hanns Pagge m Wien, die Jahre 1646 und 47
umfassend. Indem Redner aus dem Buche ziifermässig nach-
weist, dass der Wiener Kaufherr in circa 500 Posten mit
beiläufig IGO Orten in Oesterreich, Steiermark, Kärnten, Ungarn,
Mähren, dann aber auch mit Städten wie Nürnberg, Danzig etc.
in Verbindung stand, dass zu seinen Debitoren Personen jeden
Standes vom deutschen Kaiser bis zum Krämer herab ge-
hörten, legt er das Hauptgewicht auf den Umstand, dass die
Famüie Pagge's mit der Steiermark und weiters auch mit der
Stadt Leoben in näherer Berührung stand. Schon vor mehr
als 100 Jahren wurden die Pagge unter den geadelten handel-
treibenden Familien von St Veit in Kärnten genannt, von wo
sie sich nach dem salzburgischen Lungau und Obersteier ver-
breiteten. Franz war um 1600 des Erzherzogs Ferdinand Rath
und Stadtanwalt in Leoben, Daniel etwas später innerösterr.
Regierungskanzler. Unseres Pagge Mutter war eine Tochter
des reichen Judenburger Handelsherrn und Stadtrichters Bal-
thasar Hainricher, gestorben um 1600, dessen Söhne Hans
und Hermann den Thorhof bei Judenburg zum Schlöss-
chen Hainrichsperg umschufen, dann mit kaiserlicher Bewilli-
gung sich darnach nannten, ein grosses Vermögen sammelten^
aber ohne Kindersegen blieben. Letzterer Umstand veranlasste
den Hermann Hainricher von Hainrichsperg 1644 seinen
*) Vom EigenthOmer, Sr. Divcblaucbt dem Herrn Generalen der Ca-
vallerie Fürsten Friedrich zu Liechtenstein dem Vereine zur
Verfügung gestellt
— XIX —
Schwestersohn Hanns Pagge zu adoptiren, der um 1 646 dann
auch völlig den Namen Hainrichsperg annahm, bald darauf
Wien verliess und sich gänzlich nach Judenburg zog, wo er
bis zu seinem Tode 1676 als Bui^graf waltete und durch
die Erwerbung namhafter Landgüter um Judenburg seinem
Sohne zur Grafenwttrde den Weg bahnte. Als Bürger von
Bedeutung, wussten die Grafen Hainrichsperg sich im neuen
Stande aber nie zu einer ihrem nunmehrigen Range ent-
spredienden Geltung zu bringen, erioschen übrigens auch
sdion 1783.
In dem Hauptbuche unseres „Hanns Hainricher von und
auf Hainrichsperg zum Weyer, sonsten Pagge genannt*', be*
gegnen wir manchem für die Handelsgeschichte Innerösterreichs
wichtigen Namen, so Inzaghi (später Grafen), Haubt, De-
crignis, sämmtlich in Graz — Egger (nun Grafen) in
Leoben — Lis cutin in Judenburg; wir vermissen dann
allerdmgs auch dubiose Forderungen nicht, aber mit Rücksicht
auf die einkommenden hohen Summen in so unnennbaren
Beträgen, dass wir daraus eine hohe Meinung von der Soli-
dität der Pagge'schen Handelsverbindungen schöpfen.
Nachdem nun die Tagesordnung völlig erschöpft war,
schloss Vorsitzender Schulrath Dr. R P e i n 1 i c h um 1 2 V« Uhr
Mittags, nachdem er den Anwesenden für ihr Erscheinen und
ihre Theilnabme den Dank ausgesprochen, die Versammlung.
Unmittelbar darnach vereinigte sich der grössere Theil
der in der Hauptversammlung anwesenden männlichen Per-
sönhchkeiten zu einem gemeinsamen Festmahle beim „Mohren".
— Den ersten Trinkspruch brachte hiebei der Vereinsvorstand
Schulrath Dr. Peinlich auf die GastfreundUchkeit der Ge«
meinde und des Bürgermeisters der Stadt Leoben aus, welchen
Gruss Bürgermeister Lutz mit einem „Hoch'' auf die aus
der Entfernung herbeigekommenen Mitglieder des Vereines,
die Gäste Leobens erwidert Darauf toastirte Scbulrath Dr.
R. Peinlich auf Se. Excellenz den Herrn Statthalter, Pro-
fessor Dr. H. J. Bi der mann auf den Ehrenpräsidenten des
Vereines, den würdigen Staatsmann aus der Heimat, nun-
mehrigem Landeshauptmann Dr. Moriz von Kaiserfeld,
Professor Dr. Arnold von Luschin brachte dem Leobner
Festcomitä sein „Hoch* und Professor Dr. Franz Krön es
gedachte, indem er in einem humorgewürzten Rückbhcke die
Erlebnisse der letzten zwei Tage Revue passiren liess, der
Frauen von Leoben. Noch erhob Freiherr von Mayer-
Meinhof sein Glas, um den 84jährigen „Nestor" des histo-
rischen Vereines, kais. Rath PfaiTcr Dr. Richard KnabI, zu
B*
— XX —
begrüssen und erntete herzliche Erwiderung von dem Greise.
Werksdirector Sprung schloss die Trinksprüche mit einem
solchen auf den Yereinsvorstand, womach sich die Gesellschaft
trennte, die Anwesenden aus Graz, begleitet vom Leobner
Festcomite zur Eisenbahn fuhren und mit dem beOftufig 3 Uhr
nach Brück und Graz abgehenden Zuge nach Graz rück-
kehrten.
In der Ausschuss-Sitzung am 1 4. October behandelte der
Aussc^uss theils vertrauliche, theils noch nicht abgeschlossene
Gegenstände, welche die Elarlegung der Beziehung des Aus-
schusses zu dem Comite fbr Herausgabe steiermfiridscher
Geschichtsquellen betreffen.
In der Ausschuss-Sitzung vom 14. November bescfaliesst
der Ausschuss an Se. Majestät den allergnädigsten Kaiser an-
lässlich des Regierungsjubiläums eme im Entwürfe zugleich
vorgelegte Adresse zu richten. Dieselbe wurde sodann am
Festtage von einer Deputation des Ausschusses Sr. Excellenz
dem Herrn Statthalter überreicht
Schriftführer L. Beckh-Widmanstetter berichtet
über die Beendigung der seiner persönlichen Obsorge über-
lassenen Grabmal-Bergungen in der Pfarrkirche zu Teufen-
bach ') in Obersteier und der damit durch die Widmung eines
Geldbetrages in Verbindung stehenden Umstellung eines am
Fussboden der Yerreibung preisgegebenen, fbr die Genealogie
der Fürsten zu Windisch-Grätz wichtigen Denksteines in der
Franziskanerkirche zu Graz. Derselbe besitzt ausser dem com-
binirten Wappen der Windischgrätz-Wolfsthaler folgende In-
schrift :
In sand Jacobs kapelln
im kloster cze grac habe
n die windischgracz au
ch die wolfthaler. ir. greb
nns Tnd ligt da . taman
wolfthaler der lest 1474.
In der Ausschuss-Sitzung vom 1 6. December wird die Mit-
theilung des Bezirkscorrespondenten Krainz verlesen, nach
welcher die StadtverU'etung von Oberwölz auf seine Anregung
beschlossen hat, circa 20 Original-Pergamenturkunden gegen
») Die wichtigeren Daten über die Teufenbacher Denkm&ler sind der
Skizze des darQber in der 11. Quartalversammlung gehaltenen Vor-
trages S. X zu entnehmen.
— XXI —
Einlieferung von vidimirten Abschriften derselben dem Vereine
in die Verwahrung zu überlassen; ein Anerbieten, welches
der Ausschuss mit Dank annimmt
Die 26. allgemeine Jahresversammlung des Vereines
wurde am 30. Jänner 1874 in Anwesenheit des Herrn Ver-
einspräsidenten, Landeshauptmann Dr. Moriz v. Kaiserfeld
und unter Leitung des Vorstandes, Schulrath Dr. R. Pein-
lich im Joanneum abgehalten, wobei der Schriftführer, Ober-
lieutenant L. Beckh-Widmanstetter Namens des Aus-
schusses Folgendes berichtete:
* *
«Zum ersten Male seit dem Bestände des Vereines ist
der Ausschuss heute in der 26. Hiuiptversammlung in der
Lage, über ein mit dem Kalendeijahre zusammenfallendes
Vereinsjahr zu berichten.
Ausser der Herausgabe der gewöhnlichen Vereinsschriften,
als dem XXL Hefte der „Mittheilungen**, welche in Hinkunft, um
einem mehrfach ausgesprochenen Wunsche zu begegnen, mit
Anüqualettem gedruckt werden sollen, und dem X. Jahr-
gange der «Beiträge", war der Ausschuss auch bemüht, die
Veröffentlichung zweier seit längerer Zeit vorbereiteter Weike
einzuleiten.
Die .Druckl^ung des vollständigen Registers zu den
bisher ausgegebenen XX Heften „Mittheilungen" wurde zwar
durch die Erkrankung des mit der HersteUung der Zettel-
auszüge beschäftigten Herrn und andere Umstände verhindert^
dagegen als eine Abschlagszahlung eine „Uebersicht aller in
den Schriften des historischen Veremes bisher veröffentlichten
Aufsätze, femer der historischen oder die Steiermaik betref-
fenden Artikel in der steiermärkischen Zeitschrift" ausgear*
beitet und dieselbe als erste Lieferung des nun abgesondert
und abtheilungsweise erschemenden Registers der ersten Reihe
unserer „Mittheilungen", gleichzeitig mit den pro 1873 fälligen
Jahresgaben des Vereines an die Mitglieder versendet; von
nun an wird jedem einzelnen Hefte ein R^ister beigegeben
werden.
Die Herstellungskosten der Vereinsschriften sind zwar,
von den allgemeinen Ursachen abgesehen, auch noch durch
die in den beiden letzten Jahrgängen der „Beiträge" enthaltenen
Karten über die Gestaltung unseres Heimatlandes im frühen
Mittelalter einigermassen gestiegen. Allein der Ausschuss recht-
fertigt diese Mehrauslagen mit dem Bestreben, sich durch ähn-
liche Publicationen nicht von anderen Vereinen überflügeln zu
~ xxn —
lassen und meint, dass der Mehrbetrag durch den inneren
Werih des Gebotenen reichlich aufgewogen werde.
Der Index zu Muchar's Geschichte der Steiennark wurde
in den Druck gegeben und ist diese schwierige Arbeit, Dank
der auf sie verwendeten rastlosen Muhe und der uneigen-
nützigen Opferwilligkeit mehrerer Yeremsmitglieder, welche
die Revision übernahmen, bereits bis znm 16. Bogen fertig
gedruckt Es kann somit die völlige Vollendung desselben
im Verlaufe des Jahres 1874 nicht mehr angezweifelt werdea
Weil die ersten fünf Bände des Muchar' sehen Geschichts-
werkes vollständig aus Landesmitteln herausgegeben wurden, der
Verein dagegen die weiteren drei Bände mit gi'ossen Opfern be-
sorgte, auch das Manuscript des Index beschaffte, so hat sich
der Ausschuss an die Munificenz des h. steierm. Landtages mit
der Bitte gewendet, die Druckkosten des Index entweder ganz,
oder doch zum Theile auf das Landesbudget zu übernehmen.
Der hohe Landtag hat auch in Würdigung dieser Umstände
einen Beitrag von 1000 fl. zu diesem Zwecke bewilligt, wofür
demselben der Dank des Vereines durch diese hochgeelule
Versammlung noch ausgesprochen werden möge.
Vom ersten Bande des Urkundenbuches sind nur mehr
der Index und die Vorrede zu drucken. Um jedoch die nach-
folgenden Publicationen in keiner Weise zu verzögern, hat
der Ausschuss schon jetzt die Inangriffnahme des zweiten
Bandes der steiermärkischen Gescliichtsquellen in Aussicht
genommen, er überträgt aber das Votum über die Zulässig-
keit dieses Vorgehens, eventuell die Genehmigung der Kosten
auf eine hochgeehrte Versammlung.
Das Unternehmen der Ortschronikenführungen, welches
der Vereins-Ausschuss in der letzten Jahresversammlung mit
vollendetem Entwürfe einbrachte, erfreut sich im Lande bereits
vielfadier, immerwährend steigender Theilnahme. Wie sehr die
Wichtigkeit erkannt wird, dadurch ein treues Spiegelbild des
in einem Orte sich abwickelnden Lebens der Zukunft zu be-
wahren, beweist die Zahl der Orte, welche bisher Chroniken
anlegten, sie beträgt dermal 24 und vertheilen sich dieselben
auf die 16 Gerichtsbezirke Leibnitz mit 5, Oberwölz mit 3,
Amfels und Umgebung Graz mit je 2, Brück a. M., Deutsch-
landsberg, Feldbach, Fehring, Fürstenfeld, Kindberg, Kirchbach,
Knittelfeld, Neumarkt, Pettau, Tüffer und Wfldon mit je einem
Clu*onisten.
Die Namen der Ortschronisten enthält eine Beilage.
Die grössere Betheiligung des Bezirkes Leibnitz und der
Kachbargegenden ist der Intervention des Herrn Landesschul*
-^ XXIII —
Inspectors J. AI. R o z s e k zu verdanken, welcher gelegentlich
der Augast-Lehrerversammlung zu Leibnitz acht Theilnehmer
derselben zur Uebemahme des Chronistenamtes zu ermuntern
wusste.
In verwandter Richtung erwies sich die Bezirksvertretung
von Leibnitz entgegenkommend, welche einen Beitrag von
50 fl. votirte, zum Falle eine druckfiüiige Ortsbeschreibung
und Chronik zu Stande gebracht wüi-de, die dem Unter-
richte der Ortskunde in den Schulen zweckdienlich wäre,
Ortsbeschreibungen hat auch eine Anzahl von Schülern des
L Staatsgymnasiums im Jahre 1873 geliefeit, u. z. fllr St Anna
am Aigen Alois Stradner, Arnfels Anton Liebisch, Göss
Adolf StoUowski, Gollrad bei Mariazeil Franz Hasenauer,
Gusswerk bei Mariazeil Camillo v. Ruttner, Mariazell
Josef Wiederhof er, Palfau J. Tomofski, Preding J. Prettner
und Kobenz Y. Kaitner.
Das Vorhaben des Ausschusses, eine Betheiligung des
Vereines an der Weltausstellung eintreten zu lassen, scheiterte
an den im Artikel: „Zur Wiener Weltausstellung 1873"
(XXL Heft „Mittheüungen'' S. 177) geschilderten Hindernissen,
ebenda kann aber entnommen werden, welchen Antheil das
steiermftrkische Landesarchiv, das Archiv der Benedictmer-
Abtei ~St Lambrecht und das Vereinsmitglied M. v. Feli-
cetti an der Ausstellung genommen haben.
Schon im Jahre 1872 gedachte der damalige Vereins-
Vorstand Landesarchivar Zahn die in den Statuten vorge-
dachte Einführung der Wanderversammlungen zu versuchen.
Obgleich derselbe die zu einer zweckmässigen, den Erfolg
sichernden Abhaltung der Versammlung nötbigen Andeutungen
zusammengestellt hatte, so stand doch in jener Zeit die dama-
lige Eintheilung des Vereinsjahres und der öffentlichen Ver-
sammlungen diesem Vornehmen hinderlich im Wege. Es blieb
diesem abgelaufenen Jahre vorbehalten, diese in Deutschland
allenthalben und auch in Niederösterreich mit Vortheil erprobte
Institution in's Leben zu führen. Das industriereiche, durcli
eine überaus gastfreimdliche Bewohnerschaft ausgezeichnete
Leoben wurde für diesen ersten Versuch ausersehen und der
schönste Erfolg belohnte denselben, welcher sich zumeist in
einem namhaften Zuwachse von Mitgliedern aus dieser Stadt
äusserte. Der Verein ergreift diese Gelegenheit, um sowohl
der Stadtgemeinde als dem um das Zustandekommen beson-
ders verdienten Mitgliede, Gymnasialdirector Dr. Gregor Fuchs
den besonderen Dank zu sagen.
Von den Bezirkscorrespondenten, welche nach einem Be-
~ XXIV —
Schlüsse der Lcobner Wanderversammlung durch die Herren
Bezirkshauptmann Ludwig Jossek fttr Rann, Hauptmann-
Auditor Hermann Puff für Marburg, pens. Finanzbenmten
Franz Tiefenbacher für Fehring imd Lehrer Johann
Krainz für Oberwölz vermehrt erscheinen, erwies sich zumal
der letztere sehr thätig. Er veranlasste die Gemeindevertretung
der Stadt Oberwölz zu dem Beschlüsse, die noch in ihrem
Besitze befindlichen circa 20 Original-Urkunden dem Vereme
gegen Besorgung beglaubigter Abschriften abzutreten. Ausserdem
machten sich die Herren Bezirkscorresp. Meixner und Kraut-
gasser durch Beriditlegungen um das Vereinsinteresse verdient.
Die vom Bezirkscorresp. Kaplan A. M e i x n e r in St Veit
am Vogau angeregten Nachgrabungen in Reznej bei Ehrenhausen,
führten zur Blosslegung einer römischen Villa und wird Herr Pfarrer
K n a b I heute über die Entdeckungen daselbst näher berichten.
Auch aus Murau hatte Herr Bezirksadjunct v. Rieben
von dem Vorkommen vermuthlich römischer Baureste im
Königreiche, d. i. in der Gegend nächst dem Bade Einöd bei
Neumarkt an der steirisch-kämtnischen Grenze, aufmerksam
gemacht; der darüber eingeholte Bericht des Herrn Bezirks-
corresp. P. Cölestin Kodermann in St Lampredit ergab
jedoch keine Handhabe für eine weitere Verfolgung der Sache.
Die dem Vereins-Schriftführer L. Beckh-W.idman-
stetterzur eigenen Besorgung überlassenen Umstellungen der
freiherrlich Teuffenbach'schen Familiendenkmäler in der gleich-
namigen Pfarrkirche ihres SUimmortes in Obersteier wurden
(in Verbindung mit der Erhaltung eines solchen das fürstliche
Geschlecht Windisch-Grätz l)etreffenden Denksteines vom Jahre
1474 in der Franziskanerkirche in Graz), vollzogen und dürfte
nun das lürchlein in Teufenbach mit seiner grossen Anzahl
von gut geborgenen Denkmälern einer und derselben Familie
ein Beispiel zur Nachahmung an anderen Orten geben.
Schon im vorigen Jahre hatte So. Durchlaucht, der Herr
General der Cavallerie, Fürst Friedrich zu Liechtenstein, sein
Archiv im Schlosse zu Liechtenstein zur Auswahl des histo-
risch Werthvollen zur Verfügung gestellt Im jüngst abgelau-
fenen Monate November kam dasselbe nach vorheriger flüch-
tiger Auswahl dem Vereine in neun Kisten im Gewichte
von 22 Centnem zu. Soweit sich bei der vorgenommenen
ersten Scheidung dieser Archivalien übersehen hess, enthalten
dieselben eine stattliche Reihe von Stiftregistem der Herr-
schaften Liechtenstein, Weyer und Rieggersdorf (Gabelkhov^),
dann mehrerer Gülten nächst Judenburg vom 17. Jahrhun-
derte herwärts, eine sehr grosse Anzahl von Urkunden und
— XXV —
Acten, die vormaligen Unterthanen jener Güter betreffend,
dann auch besonders yiel Materiale über die einst auf den
genannten Gütern sesshaft gewesenen Adelsgesclilechter Gabd-
khoven und Hainrichsbei^
Als Gescbenkgeber gebührt m erster Reihe dem b. steienn.
Landtage bezüglich der auch für das Jahr 1873 gewährten Sub-
vention von 525 fl. der Dank des Vereines, der Grossindustrielle
und Güterbesitzer Franz Freiherr Mayr v. Meinhof wen-
dete dem Vereine als besondere Gabe 20 fl. zu; Herr Carl
Gottfried Bitter v. Leitner widmete das ihm zugefallene
Honorar per 157$ fl. für sdnen im XX. Hefte abgedruckten
Gedenkbuch- Aufsatz über den Archivar Josef Wartinger
zum seinerzeitigen Ankaufe einer eigenen Grabstelle für W a r-
tinger und wurde dieser Betrag bis zur Verwendung auf
ein besonderes Sparcassebuch angel^ Auch intervenirte Herr
V. Leitner in dankenswerther Weise bei Erwerbung eines
Portndtbildes unseres heimatlichen Dichters Johann Georg
Fellinger. Frau Josefine Göth gab aus dem Nachlasse
ihres verewigten Gemals Dr. G. Göth das Manuscript zu
dessen ungedruckt gebliebener Topographie des Grazer Kreises
sammt der bezüglichen C!orrespondenz, einen von Dr. Göth
mühsam zusammengestellten Zettelkatalog steirischer Orte und
Personen mit literarischen Verweisungen nebst emer Partie
Bücher. Ausserdem wurde der Verein durch die unter den
Erwerbungen ausgewiesenen Geschenke erfreut
Im Mitgliederstande sind namhafte Veränderungen zu
Gunsten des Vereines zu verzeichnen und mit Rücksicht auf
die sich fortwährend erhöhenden HersteOungskosten aller
Druckarbeiten wäre es nur zu wünschen, dass die Zahl un-
serer Theilnehmer noch weiters sich erhöhe. Es sind 71 ordent-
liche Mitglieder eingetreten, entgegen 26 ausgetreten oder
gestorben, so dass der dermalige Stand der Mitglieder, aus
355 ordentlichen, 30 Ehren- und 16 correspondirenden Mit-
gliedern, dann 26 Bezirkscorrespondenten, die Zahl der durch
Schriftentausch verbundenen Gesellschaften 170 betr>
Der Tod brachte dem Vereine empfindliche Verluste. Von
den Ehrenmitgliedern starben die zwei ehemaligen Statthalter
der Steiermark, kais. geheimen Käthe Moriz Freiherr v.
Burger undMichael Graf zu Strassoldo-Graffenberg
— der einstmalige Vorstand des germanischen Museums in
Nomberg Dr. Johann Freiherr v. Aufsess, — der jubilirte
illyrische Gubemial-Vicepräsident, geheimer Rath Carl Graf
Welsperg-Baitenau, dann die beiden Topografen der
Steiermark, Carl Schmutz, pensiou. Secretär der oberöster-
— XXVI —
reichischen Landwirthschafts-Gesellschaft, und Dr. Georg G o t h,
jub. Stndiendirector in Graz. — Von den correspondirenden
Mit^iedem schieden der Regiemngsrath und langjährige Prä-
sident der kais. Akademie der Wissenschaften, Theodor Ritter
V. Karajan in Wien und der Geschichtsforscher Dr. Wolf-
gang Menzel in Stuttgart aus dem Leben. Von den Ter-
storbenen ordentlichen Mitgliedern verdient der durch eine
lange Reihe von Jahren in Graz ihätige jubilirte Gubemial-
Vicepräsident Josef Fell n er besondere Erwähnung.
Andereraeits wurde von den lebenden und thätigen Ge-
schichtsforschern unseres Vereines, Professor Dr. Adam Wolf
zum wirklichen, Landesarchivar Professor Josef Zahn zum
corresp. Mitgliede der kais. Akademie der Wissenschaften,
unser Ausschussmitglied, der vormalige Adjunct am steierm.
Landesarchive, Dr. Arnold Ritter v. Luschin zum ausser-
ordentlichen Professor der hiesigen Universität ernannt
Der Bericht des Cassiers betrifft die im Anhange abge-
druckte Uebersicht der Einnahmen und Ausgaben des Ver-
eines im Jahre 1873, worauf der Jahres veranschlag für das
Jahr 1874 vorgetragen und genehmigt wird.
Die Anträge des Ausschusses, dem hohen steiermärkischen
Landtage fbr düe grossmüthige Subventionirung des Registers
zum Mudiar^schen Geschichts werke den Dank der tagenden
Versammlung zu votiren, — Herrn Adolf Berg er, Vorstand
des ftlrstlich Schwarzenbei^'schen Centralarchives in Wien,
zum corresp. Mitgliede und Herrn Dr. Gregor Fuchs, Director
des Realgymnasiums in Leoben, zum Bezirkscorrespondenten
zu ernennen, — die Honorare des Hilfsbeamten auf 1 5 fl.,
des Vereinsdieners auf 8 fl. monatlich zu erhöhen, — unge-
achtet der L Band der steiermärkischen Geschichtsquellen
noch nicht abgeschlossen werden konnte, doch sofort mit dem
Drucke des H. Bandes (das Steiermark. Landrecht enthaltend)
zu beginnen: werden insgesammt ohne Debatte angenommen.
Ebenso wird der vom Herrn Landesarchivar Professor Zahn
gestellte Antrag, der Verein solle am 21. Juni d. J. das Jubiläum
seines 2 5 jSlirigen Bestandes festlich begehen, acceptirt und votirt
die Versammlung die zur Ausfllhrung nöthigen Geldmittel *).
*) Weil gpätere genaae Erhebungen ergaben, dass der GrQndungstag
des historischen Vereines für Steiermark auf den 27. April 1843
flült, am 21. Juni 1849 derselbe nur den Verband mit dem bestan-
denen historischen Vereine für Innerösterreich löste und sich selbst-
Btändig erklärte, unterblieb die projectiite Feier.
- XXVII —
Bei der Üieilweisen Erneuerung des Ausschusses werden
der wieder wählbare Schriftführer Oberiieuteuant Leopold
Beckh-Widmanstetter mit Acclamation für seine bis-
herige Function wiedergewählt, die Herren Professoren Dr.
Ferdinand Bischoff zum Vorstand-Stellvertreter, Professor
Dr. Carl Gross und Oberlandesgerichtsrath Johann Reicher
zu Ausschüssen; Professor Ignaz Schrotter und Ober-
rechmmgsrath Franz Z ei dl er zu Revisoren der Jahresrech-
nung pro 1874, Hauptmann Moriz v. Felicetti, Feldmar*
schall-Lieutenant Florian Freiherr v, M a c c h i o und Professor
Johann Rogner zu Ratificatoren des Sitzungs-Protokolles
gewählt
Nachdem so der geschäftliche Theil des Programmes
erschöpft war, hielt der HeiT kais. Rath Pfarrer Dr. Richard
K n a b 1 in viertelstündiger freier Rede eine Besprechung der
bisherigen und noch nicht abgeschlossenen Ausgrabungen in
Retznei, einem in geringer Entfernung nördlich von Ehren-
hausen gelegenen Dörfchen, welches von der Stätte der ein-
stigen Römerstadt Flavia Solva etwa V« Stunde entfernt ist.
Die im Juli 1873 bei Urbarmachung einer Bodenstrecke auf-
gedeckte Fundstätte legte antike Grundmauern blos, mit theils
zusammenhängenden, theils getrennten Gemächern und Kammern,
wovon eim'ge mit hübschen Wandmalereien und einförmigen
Mosaikböden ausgestattet waren; nicht minder fanden sich
Spuren von Badekammem mit Wasserabzugscanälen, dann
Reste von Bleiröhren, Beheizungsherden und einige wenige
Anticaglien vor. Aus dem bisher Aufgedeckten schloss man
auf die Reste einer einst hier bestandenen römischen Villa,
wodurch sich Redner veranlasst fand, das Wesen der römi-
schen Villen zu erörtern und zur Nachforschung nach anderen
dergleichen Landhäusern in der Nähe der bedeutenderen
römischen Ansiedlungen in der Steiermark, namentUch Pettau
und CiUi anzuregen.
Der Vortrag des Herrn Schulrathes Dr. R. Peinlich
behandelte den Stand ' der Gewerbe, des Handels und der
Industrie im 16. Jahrhunderte in der Steiermark. Derselbe
war durch verschiedene Gefährdungen seit dem 13. Jahr-
hunderte im Rückschritte begriffen und im 1 6. in einer ziem-
lich kläglichen Lage. Nach Aufzälilung und kurzer Charak-
teristilc der wichtigsten Handelsstädte wurden die hervor-
ragendsten Produkte, welche em landesfürstliches Privilegium
erlangt hatten, femer die bedeutendsten Montanprodukte, vom
Eisen auch der Umfang des Verkehres angegeben. Von den
Hindernissen für den commerdellen und industriellen Auf-
— xxvni —
Schwung wurden angeflüirt die Lage des Landes, die gerin-
gere Ausdehnung der geschlossenen Städte, die Verheerung
durch Feuersbrünste (vom 13. bis 16. Jahrhundert), die Folg»
der Einschliessung durch Wall und Graben (mit zwei Bei-
spielen Yon strenger Ahndung bei Umgehung der ThorsperreX
die Beschränkung durch das Zunftwesm und die Monopoli-
sirung und selbst durch die eigenen städtischen Handelsrechte,
womit der Vortrag wegen YorgerQckter Zeit mit Uebei^hung
der weiteren h^nmenden und drückenden Verhältnisse um
8 Uhr schloss.
— '^)(§r
— XXIX —
Orte-Chronisteii.
Die P. T. Herren :
Aust Anton, Werksarzt (Bezirkscorresp.), Air Gaal, Bezirk
Knittelfeld.
Böser Friedrich, Schullehrer, für Fürstenfeld.
D iens tler Georg, SchuUebrer, fbr Wolfsberg, Bezirk Kirchbach.
Fels Julius, Fabriks-Chemiker, für Hrastnik, Bezirk Tüffer.
Frodl Carl, Schullehrer, fÜJ- Schönberg, Bezkk Oberwölz.
Grub er Filipp, Schullehrer, für Strass, Bezirk Leibnitz.
Hirschmann Virgil, Pfetrrer, fttr StüboU, Bezirk Umg. Graz.
Kahr Franz, Schullehrer, für Leibnitz.
Kappel Franz, Schullehrer, fllr Gleinstätten, Bezirk Amfels.
Krainz Johann, Schullehrer (Bezirkscorresp. \ für Oberwölz.
Künstner Jakob, Grundbesitzer und Gemeindevorsteher, fbr
Winklem, Bezirk Oberwölz.
Kurzmann Michael, Schullehrer, für St. Nicolai ob Dnussling,
Bezirk Leibnitz.
Mikusch Alois, Schullehrer, für Zeierling, Bezirk Deutsch*
Landsberg.
Nepel Adolj^ SchuUehrer, für Leutschach, Bezirk Amfels.
Noest Ignaz, Postofficid, für Steinbrück, Bezirk Tüffer in
Untersteier.
Orth Cajetan, Schullehrer, für Ehrenhausen, Bezirk Leibnitz.
Pezlederer Anton, Apotheker und Büi^ermeister , für
Kindberg.
Pirker Franz, Schullehrer, für Wildon.
R a i s p Ferdinand, Gutsverwalter (Bezirkscorresp.), für Pettau.
Schmid Ernst, Wundarzt, für St Marein am Pickelbach,
Bezirk Umgebung Graz.
Stopp ach er Oswald, Schullehrer, fttr Perchau, Bezirk Neu-
markt in Obersteier.
Strohmayer Ferdinand, Wundarzt, für Kegersburg, Bezirk
Feldbach.
Tiefenbacher Franz, k. k. pens. Finanzbeamter (Bezu*ks-
corresp.), fttr Fehring.
Vo gl sang Alois, Gutsbesitzer, für St. Lorenzen im Mürzthal,
Bezirk Brück a. M.
Zinn au er Marcus, Schullehrer, für St Nicolai im Sausal,
Bezirk Leibnitz.
— XXX —
Veränderungen
im
TMi 1. ligut 1S72 Ut hk ües Jakrei WZ.
Neu aufgenommene ordentliche Mitglieder.
Die Frau: Khünburg, Therese Gräfin, gebome Gräfin
G 0 ö » s, k. k. Kämmererswitwe und Stemkreuzordenfidame in
Graz. — Die Herren: Aichelberg Franz von, k. k. Notar
in Leoben. — Gampi Edier zu Montesanto Louis von,
Gutsbesitzer zu Cles in Sudtirol. — Cum an o Constantin,
Dr. und Privatier in Connons. — Failhauer Alois, k. k.
Finanzrath in Pension in Leoben. — Failhauer Wilhelm,
k. k. Postmeister und Realitätenbesitzer in Leoben. — F e 1-
berbauer Leopold, iürstbischöflich geistlicher Rath, Dechant
und Pfarrer in Schwanberg. — Forheimer Eduard, Pri-
vatier in Wien. — Friess Gottfried Edmund, Gapitular
des Benedictinerstiftes Seitenstetten und Professor der Ge-
schichte am Obei^mnasium dortselbst. — Friesach Carl,
Dr. d. Phil, k. k. Regierungsrath und a. o. Professor der Ma-
thematik an der Carl-Franzens-Universität in Graz. — G m ei-
ne r Josef, Dr. d. Rechte und Advocat in Leoben. — G r i e s s 1
Anton, Stadtpfarrkaplan und Katechet in Leoben. — Gschirts
Andreas, Pfarrer in Göss bei Leoben. — Guggenberger
Josef, Professor am 1. Realgymnasium m Leoben. — Haim
Johann, Stadtpfarrkaplan imd Katechet in Leoben. — Has-
linger Carl, Gemeindesecretär in Leoben. — Hauslab Franz,
Ritter von, k. k. geheimer Rath, Feldzeugmeister und lebens-
länglicher Reichsrath m Wien. — Hebenstreit Alois, Or-
der Theologie, päpsü. Kämmerer und Domvicar in Graz. —
Ho ff er Franz, Dr. und Advocat in Leoben. — Janiss Franz,
Cooperator an der Vorstadtpfarre Waasen in Leoben. — J o s s e k
Ludwig, k. k. Bezu*kshauptmann in Rann. — Karabacek Josef,
Dr., Docent für orientalische Paläografie in Wien. — Kern-
— XXXI —
stock Ottokar, Chorherr und Archivar des Augustinerstiftes
zu Vorau. — K 1 i n g e r Franz, Dr., k. k. o. ö. Professor der
Theologie, f. b. geistLßath in Graz. — Kof 1er Adolf, Hofwein-
lieferant und Realitätenbesitzer zu Pettau. — Korp Franz,
Professor am k. k. I. Staatsgymnasium in Graz. — Krainz
Johann, Volksschullehrer in Oberwölz. — Krzyzanowski
de Wola-Sienienska Stanislaus, Dr^ correspondirendes
Mitglied der polnischen Akademie der Wissenschaften in Erakau.
— Kupelwieser Franz, k. k. Professor an der Bergakademie
in Leoben. — Leitner Friedrich Ritter von, Dr., L k. Statt-
haltereiconcipist in Graz. — Linken höller Carl, Kaplan
m Hatzendorf bei Fehring. — Lucas Geoi^, Dr. der Philos.
und Professor am k. k. L Staatsgymnasium in Graz. — Lutz
Anton, Bürgermeister in Leoben. — M a c c h i o Florian Fra-
herr von, k. k. Feldmarschali-Lieutenant im R in Graz. —
Macun Johann, Professor am L Staatsgymnasium in Graz. —
Mayer Josef, Glasermeister und Hausbesitzer in Leoben. -^
Mayr Carl, k. k. Statthaltereirath in Graz. — Mihurko
Eugen, k. Il Staatsanwalt in Leoben. — Mittarsch Josef,
Pfarrer in Veitsberg bei Leoben. — M ü 1 1 n e r Alfons, k. k.
Professor an der Lehrerbfldungsanstalt in Marburg. — Ober-
strasser Josef, Beaütätenb^itzer in Leoben. — Osterer
Johann, Gutsbesitzer in Leoben. — Pal tauf Christian Sig-
mund, Dr. der Med. und Chirurgie, Magister der Geburtshilfe
und Director des 1. Bades Neuhaus in Graz. — Parapat
Johann, Cooperator in Rabensberg bei Stein in Krain. —
P i c h 1 e r Alois, bürgerl. Handelsmann, Haus- und Realitäten-
besitzer in Oberwölz. — P ö 1 z 1 Franz, Dr., k. k. o. ö. Pro-
fessor des Bibelstudiums in Graz. — Prem Simon, Professor
am 1. Realgymnasium in Leoben. — Puff Hermann, k. k.
Hauptmann- Auditor in Marburg. — R a c h o y Franz, Bergver-
walter in Leoben. — R e i c h e 1 Josef, Professor am L Staats-
gymnasium in Graz. — Reicher Johann, k. k. Oberlandes-
gerichtsrath in Graz. — Reitsamer Martin, k. k. Postverwalter
in Leoben. — Rogner Johann, Dr., k. k. Director und st
I. Professor m Graz. — Schachner Ambrosius, Kaufmann
in Leoben. — S chin dler Heinrich, Oberlehrer und Bezurks-
Schulinspector in Leoben. — Schott Johann von, k. k. Artil-
leriemajor in Pension in Leoben. — S e e 1 i n g Alois, fürstbisch,
geistl. Rath, Dechant und Stadtpfarrer in Leoben. — Seunig
Eduard, Dr. der Rechte in Laibach. — Spielberger Georg,
k. k. Steuereinnehmer in Oberwölz. — Spork Eugen, Re-
dacteur des „Steirerseppel" in Graz. — Sprung Franz,
Director der Innerberg'schen Gewerkschaften in Donawitz bei
— xxxn -
Leoben. — Sprung Ludwig, Dr. d. R. und Landesgerichts-
rath in Leoben. — Stelz er Dominik, Secretär der städti-
schen Sparcasse in Leoben. — Stern Andreas, Dr. und Vor-
steher des Wirthschaftsamtes in Leoben. — S k u h a I a Johann,
Kaplan an der Hauptpfarre St Georgen in Gonobitz. —
Tech et Franz, Vorstadtpfarrer in Waasen zu Leoben. —
Tschanet Johann, Professor am 1. Realgymnasium und Be-
zirksschulinspector in Leoben. — Tunner Peter Bitter von,
k. k. Hofrath und Director der Bergidcademie in Leoben. —
Uran itsch Anton, Dr., Hof- und Gerichtsadvocat, Gemeinde-
rath in Graz. — Valentinitsch Franz, Professor an der
k. k. Staats-Oberrealschule in Graz. — Wilhelm Anton,
BechnungsfOhrer der Innerberger Gewerkschaft in Seegraben
bd Leoben. — Winter Gustav, Dr., Concipist im k. k. ge-
heimen Haus-, Hof- und Staats-Archive in Wien. — Wohlfarth
Carl, Buchhändler in Graz. — Wucherer von Huldenfeld
Peter Freiherr, k. k. Kämmerer und Hofirath im Ruhestande
in Graz. — Wünscher Eduard, Gasthofbesitzer in Leoben.
Zeidler Franz, Oberrechnungsrath der k. k. Statthalterei in
Graz.
Ausgetretene ordentliche Mitglieder.
Die P. T. Herren : Bernhard Lewis, Journalist in Wien.
— Bonar Ernst Freiherr von, Gutsbesitzer inDobl. — Gaup-
mann Rudolf, Professor am Realgymnasium in Pettau. —
Gleispach Carl Graf von, k. k. Kämmerer, geheimer Rath
und lebenslänglicher Reichsrath in Graz. — Grub er Philipp,
Bürgerschullehrer in Hartberg. — G o 1 d e n b 1 u m, Dr. A. J^
Schriftsteller in Odessa. — H e n n Carl, Badedirector in Toifer.
— Hönisch Johann, Dr., k. k. Oberstabsarzt im Ruhest in
Graz. — Hub er Heinrich, Journalist, ehedem in Graz. —
Hugelmann Carl, Dr. der Rechte und Privatdocent an der
Universität in Graz. — K o n ö n i k Peter, Professor in Pettau.
— Maresch Anton, Landesschulinspector in Troppau. —
Pogatschnigg, Dr. Valentin, k. k. Professor an der Militär-
Akademie in Wr.-Neustadt — Seh äff er Heinrich, k. k.
Hauptmann im 47. Lin.-Infant-Regimente in Klagenfurt —
Tomasche k Carl, Dr., k. k. Universitätsprofessor in Wien. —
Weiss V. Teuffenstein Carl Freiherr, k. k. Sectionschef
a. D. zu Schloss Harmsdorf bei Graz. — Z e i 1 i n g e r Franz,
Sensengewerk in Uebelbach.
— XXXIII —
Gestorben die P. T. Herren :
Aufs es s Johann Freiherr von, Dr. Juris, königl bairischer
Kämmerer, Johanniter-Ordensritter , Gründer und erster
Vorstand des germanischen Museums in Nürnberg, Eliren*
mitglied, zu Münsterlingen bei Constanz am 6. Mai 1872,
71 Jahre alt.
Burger Moriz Freiherr von, k. k. geheimer Rath, ehe-
maliger Statthalter von Steiermark, später Marineminister,
Ehrenmitglied, zu Wien am 2. October 1873, 69 Jahre alt.
Cuman^ Constantin, Dr. und Privatier zu Cormons, im
Jahre 1873 zu Cormons.
Dajnko Peter, geistl. Rath, Dechant und Pfarrer zu Gross-
sonntag, am 2. März 1873, 86 Jahre alt
F e 1 1 n e r Josef, k. k. jub. Statthalterei- Vicepräsident, zu Graz
am 19. Mai 1873, 83 Jahi-e alt
Göth Georg, Dr., jub. Studiendirector und Gustos am Joan-
iieum, ehemaliger Vereins- Vorstand und Schriftführer, Ehren-
und ordentliches Mitglied, zu Graz am 4. März 1873,
69 Jahre alt
K a r a j a n Theodor Ritter von, Dr., k. k. Professor und ehe-
maliger Präsident der kais. Akademie der Wissenschaften
in Wien, corresp. Mitgüed, zu Wien den 28. April 1873,
64 Jahre alt
Menzel Wolfgang, Dr., Geschichtsforscher, corresp. Mitglied,
zu Stuttgart am 23. April 1873, 74 Jahre alt
P i s 1 0 r Johann Ritter von, Gutsbesitzer, ehemaliger st st Aus-
schussrath, zu Radkersburg am 4. Mai 1873, 86 Jahre alt
Schmutz Carl, Secretär der oberösterreichischen Landwirth-
schaftsgesellschaft, steiermärkischcr Topograph, Ehrenmitglied,
zu Linz am 20. April 1873, 87 Jalire alt
Strassoldo Michael Graf, k. k. geheimer Rath und Statt-
halter der Steiennark un Ruhestande, Ehrenmitglied, am
26. December 1873, 74 Jahre alt
Welsperg-Raitenau und Primör Carl Graf, k. k. geh.
Rath und Kämmerer, Ehren- und ordentliches Mitglied, zu
Wien am 12. October 1873, 95 Jahre alt
— s.\M-^'
ICittlicil. d. hlst. Vereins f. Steiermark. XXIT. lieft, 1674.
— XXXIV -
U e b e r-
der Einnahmen und Ausgaben
Einnahmen
Eluela
fi. kr.
2«-
fl. kr.
Kaisarest mit Schluss 1872
Interessen von den angelegten Capitalien .
Beiträge.
Die ordentlichen Mitglieder haben eingezahlt . 1112
Anssergewöhnliche Spende des Franz Freiherm ;
Mayr v. Meinhof in Leoben ,i 20
42
12
Jahres-Subvcntion der h. Steiermark. Landschaft . —
Für verkaufte Yerlagsartikel
Ft\r verkaufte alte Inventarsgegenstände . . .
Taxen für ausgestellte Diplome
Widmung des Ehrenmitgliedes Carl Gottfried
Ritter v. Leitner zum seinerzeitigen Ankaufe
einer eigenen Grabstelle für den Archivar Josef
Wartinger . .
— '2368
-ii 130
80
21
1132
— ! 625 —
50
54
91
-I 15
50
50
Zusammen
• •
Werden die jenseits nachgewiesenen Ausgaben
abgezogen mit * . . . .
bleibt Uebertrag für das Jahr 1874
— 14307
2349
84
1959 71
von welchem 1615 fl. 50 kr. in der steierm. Sparkasse angelegt sind.
I
-- XXXV
Sicht
für das Kalenderjahi 1873-
Qehalte: Honorar fflr den HilfebcamleD .
Entiohnunp; ftlr don Verpinsdiencr . . .
ItemimeratioDCn an die VereinskeilienstcUn
Kanzleierfordernisae: Papier, gewöhnliche
Porti, Spesen, Austragen unü Veraendung der
Vereins Schriften durch die Buehhondlunft . ,
Veipftckung nnd Transport der vom Schlosse Liech-
tenstein erhaltenen Aichivalien
HerBtellnnfi des neuen Diplomes
Für die kalligi'aphische Aiisrcrtif^ting von Diplomen
Adresse an Se. M^esiät den Kaiser anlässlich
der 25jührigen Kegieninge- Jubelfeier ....
Oeffentlich 6 Vereins- Veraammlungen: ;
Kosten der Inserate, Eniladtmgen u s, w. . . . '
Beiträge: An das germ. Naiional -Museum in
KQmberg
„ an den Gesammtieretn der dentsclien 1
histor, Vereine in Darmstadt, 5 Thlr, j
Ankäufe von BOchem und einem Porträt des i
fiteierm. Dichters Fellinger |l
Ortschroniken: Druck des Unterrichtes nnd ,
FonnuUnen ftlr Chroniken . , .' l 118
Einbinden derselben
Pablicatfonen:
„Miltheilungen" 20. Heft
21. Heft anf die lithogr. Beilage
FQr das Begister zu den 20 Heften ,Mitthei-
langen", Vorarbeiten
Druck der „Uebersichf der in den bisher er-
schienenen Verein Escluiften enthaltenen Aufsätze
„Beilräge" zur Kunde Steiermark. Geschichfa-
qiiellen, 10 Jahrgang, Teit 593 fi. 40 kr., die
Karte 170 fl. — kr., zusammen
Urkiindenbuch, I. Dand, Theilbetrag des Honorars
_l
=
261
98;
951
701
10
70
1
S41
743 40
aoj-
— — 2349 34
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— XXXYI —
li
I
h
Den Sammlungen des Vereines
sind im Jahre 1873 zugekommen:
JL. Für aie Bibllothels.
I. Dvroh Sohenkung.
3434. Aust Anton, Bezirkscorresp« zu St Gaal bei Knittelfeld :
a) Erbrechtsordnung vom Jahre 1787; b) 14 Ansichten
der vorzüglichsten Städte Griechenlands.
3435. Berger Adolf, Archivar des fürstl. Schwarzenberg'schen
Central-Archives in Wien, sein Werk: Die Archive
des fttrstl. Hauses Schwarzenberg, ältere Lmie. (Bei-
träge zur Geschichte und Statistik derselben), 1873, Wien.
3430. Göth Josefine, Witwe des jub. Studiendirectors Dr. Geoi^
Göth in Graz, aus dessen Nachlasse: Alte steierm.
Zeitschrift, Jahrg. 1821—1828, N. F. Jahrg. 1834 bis
1848; — Fuchs Gregor, Prof., Geschichte des Bene-
dictinerstiftes Admont, 1859, Graz; — Graf J., Bür-
germeister in Leoben, Nachrichten über Leoben und
Umgegend, 1824, Graz; — Kalchberg Wilhehii Frei-
herr von, Schlosscommandant in Graz, Der Grazer
Schlossberg und seine Umgebung 1856, Graz; —
Peinlich, Dr., Benno Kreil, Abt zu Admont (Nekrolog),
1863, Graz; — Polsterer A, J., Dr., Graz und seine
Umgebungen, 1827, Graz; — Pra§U W. W., Dr.,
Gleichenberg in semer allmähligen Entwicklung zu
einer Curanstalt, 1850, Graz; — Kamsauer Ignaz,
Topograf.-staüstische Darstellung des Bezürkes Umge-
bung Graz m Steiermark (litJ^^g.), 1868, Graz; — Stur
Dyonis, k. k. Bergrath, Geologie der Steiermark, 1871,
Graz; — Wartinger Josef, Archivar, Kurzgefasste Ge-
schichte der Steiermark, 1815, Grätz; — - Winklem
Joh. Bapt V., Pfarrer, a) Biografische und literarische
Nachrichten von den Schriftstellern und Künstlem in der
Steiermark, 1810, Grätz; — b) chronologische Geschichte
des Herzogthums Steiermark," 1820, Grätz.
— xxxvn —
3437. Grenser Alfred, Buchhändler in Wien: Die Kaiserstein,
Geschichte des Hauses Pusikan, 1873, Wien.
3438. Helfert, Alexander Freiherr von, k. k. Geheimrath in
Wien, sein Werk: Maria Louise, Erzherzogin von
Oesterreich, Kaiserin der Franzosen, 1873, Wien.
3439. Hofrichter J. C., k. k. Notar in Windischgrätz : a) Prü-
fling aus der Ziffer- und Buclistaben-Rechnung des
Lyceum in Grax, 1794; — b) drei Schülerverzeich-
nisse des Grazer Gymnasiums aus den Jahren 1790
bis 1793; — c) Zeitungsblatt und Theaterzettel aus
dem Beginne des 19. Jahrhunderts; — d) einige Zei-
tungsaufsätze geschichtlichen Inhalts in Ausschnitten.
3440. Dg Adalbert, Dr. und Custos am Museum in Wien, sein
Werk: Heraclius, von den Farben und Künsten der
Römer. Originaltext und Uebersetzung, 1873. Wien.
3441. Kohn Natan, Dr., Adjunct am Münzen- und Antiken-
cabinete des Joanneums in Graz, seine Abhandlung:
Der angebliche Votivaltar des Tribunen Scudilo, 1873.
3442. Krones Franz, Dr., k. k. Universitätsprofessor in Graz,
seine Schriften: a) Cillier Chronik. Kritische Unter-
suchungen ihres Textes und Gehaltes, 1873, Wien; —
b) Die Grafen von Cilli (Skizzen als Separatabdruck
aus der Grazer „Tagespost"), 1873, Graz; — c) Stu-
dien über Bedeutung und Ursprung deutscher Orts-
namen der Steiermark, 1872; — d) Die österreichische
Chronik Jacob Unrest's, 1872, Wien.
3443. Krzyzanowski de Wola Sienienska Stanislaus R v., Dr.
der Philos. und a. o. Mitglied der Akademie der Wissen-
schaften in Krakau, seine Schriften : a) Tulczyn, Mono-
grafia, 1862, Krakau; — b) Pamiatki polskie (von Grab-
denkmälern), 1863, Kiew; — c) Silva rerum ksiedza
szymona Krzysztofowicza (Chronik von 1763 — 1808),
Odessa, 1864; — d) KoScioc N. Maryi Panhy w Mohy-
lowie nad Dniestrem. (Die S. Marienkirche in Mohilow
am Dniester), Krakau, 1867; — e) Listy Jana de Witte
(Briefe des Generals Johann de Witte), Krakau, 1868 ;
— f) Skorowidz miejscowosci b. wdztwa bradawskiego
(Topografie der Ukraine), Krakau, 18G9; — g) Rocznik
dla archeologöw, numizmatykow i bibliografow polskich
rok 1869. (Jahrbuch für polnische Archeologen, Numis-
matiker und Bibliographen). Krakau, 1870; — h) Slo\vnik
heraldyczny. (Heraldisches Wörterbuch). Krakau, 1870;
— i) 0 Grobowcach (von Grabdenkmälern), Krakau,
1870; — k) De Simonis Okolscii monachi ordini Sancto
I — xxxvm —
r
i
■ ■
■
Doiuiiiico sacro addicti vita et scriptis historids. (Ueber
das Leben des Simon Okolski.) Krakau, 1870; — 1) Sta-
nislaus Dunin Karwicki de ordinanda republica. (Sta-
nislaus Dunin Karwicki, über die Grundsätze der Re-
giening eines Staates.) Krakau, 1871 ; — m) Materialy
do monograüi Bodu Krzyzanowskich z Woli Sienienskiej
i Krzyzanowic herbu Debno.
3444. Lavant, das Ordinariat des Bisthums: Personalstand
pro 1873.
3445. Macher Mathias, Dr. Med. und jubilirter k. k. Bezirks-
Ärzt, seine Schrift: Das Anna-Einderspital und der
Kinderspitalsverein in Graz von 1844—1872, Graz, 1873.
3446. Maschek Ludwig, kais. Rath in Zara, sem Werk: Ma-
nuale del regno di Dalmazia, 2. und 4. Jahrg. 1872
und 1873.
3447. Peinlich R, Dr., k. k. Schulrath in Graz, Ortsreper-
torium des Herzogthums Steiermark, Graz, 1872.
3448. Rast Ferdinand Freiherr von (Pseudonym Hilarius), in
Marburg: die Nr. 54 und 55 der „Marburger Zeitung"
vom 4. und 7. Mai 1873 mit seinem Aufsatze: Aus
Marburgs Vorzeit Die Gründung des hiesigen Bttrger-
spitales.
3449. Reyer Constantin, Turnlehrer in Graz, seine Abhand-
lung : Vorarbeit zu einer Statistik der deutschen Tum-
vereme des XV. Tumkreises (Deutsch-Oesterreich), Graz,
1873.
3450. Seckau, das Ordinariat des Bisthums: geistlicher Per-
sonalstand, 1873.
3451. Stillfried-Rattonitz Rudolf Graf, Dr., kais. deutscher
Geheun-Rath und Oberceremoniemneister in Berlm,
sein Werk: Zum urkundlichen Beweise über die Ab-
stammung des preussischen Königshauses von den
Grafen von HohenzoUem. (Separatabdruck aus dem
zweiten Bande der HohenzoUer'schen Foi*schungen.)
Berlin, 1873.
3452. Tiefenbacher Franz, k. k. pens. Finanzbeamter zu Feh-
ring: a) Johann Weikhard Freiherr von Valvasor's
„Topographia ducatus CamioliaB modenia;'* 1G79; —
b) Incoronazione di S. M. J. R. A. Ferdinande I. e Ile del
regno lonibardo-vcncto, 6. Settembre 1838, von Ale-
sandro Sanquirico.
— XXXIX —
2. Im Schrfftentausch mit fachverwandten Akademien, Vereinen und
Geeellsoliaflen.
3453. Agram, südslavische Akademie der Wissenschaften:
a) Bad jugoslavenske Academije znanosti i um-
jetnosti, Heft 20 bis 22; — b) Acta conju-
rationem Bani Petri a Zrinio et Comitis a Fran-
gipani, 1873.
3454. — der Verein für südslavische Geschichte: Arkiv,
Knjiga, 1872.
3455. Amsterdam, die königl. Akademie der Wissenschaften:
a) Jaarbock van de koninklyke Akademie van We-
tenschappen, 1871 ; — b) Verslagen en Mededeelingen
der koninklyke Akademie Affdeeling Letterkunde, tweede
reeks, twede Deel, 1872; — c) Verslagen en Mede-
deelingen Affdeeling Naturkunde, tweede reeks, zesde
(6) Deel, 1872; — d) Processen-Verbaal, Affdeeling
Naturkunde, Mai 1871 bis Ende April 1872.
3456. Ansbach, histor. Verein ftür den kön. bair. Regierungs-
bezirk Mittelfranken: 38. Jahresbericht, 1871 — 72.
3457. Bayreuth, histor. Verein für Oberfranken : Archiv, 12. Bd.,
1.— 2. Heft, 1872-1873.
3458. Berlin, königl. preuss. Akademie der Wissenschaften:
a) Monatsbericht vom November 1872 bis incl.
December 1873; — b) phiL und histor. Abhand-
lungen aus dem Jahre 1872, gedruckt 1873.
3459. — Verein für die Geschichte der Stadt Berlin:
a) Chronik; — b) Urkundenbuch ; — c) Ver-
einsschriften, Jahrg. 1865, 1871 und 1873; —
d) Jahresberichte 1869, 1872 und 1873.
34G0. — Verein „deutscher Herold" : Monatsschrift, 3. Jahr-
gang 1873.
3461. Bern, histor. Verein des Cantons: Archiv, 8. Bd.,
2. Heft 1873.
3462. Bistritz, das evang. Obergymnasium: Programm des
Schuyahres 1872—1873.
3463. Bozen, der christliche Kunstverein: Kunstfreund, 2. Jahr-
gang 1873.
3464. Breslau, schles. Gesellschaft vaterländischer Cultur:
a) 49. Jahresbericht für 1871 ; — b) Abhand-
lungen der Naturwissenschaften und Median pro
1869 — 1872; — c) Abhandlungen, phil.-histor.
Abtheilung, 1871.
3465. — Verein für Geschichte und Alterthum Schlesiens:
a) Zeitschrift, 11. Bd., 2.Heft, 1872 ; — b) Scrip-
— XL ~
tores rerum süesicanim, 8. Bd., 1873; — c) Jah-
resberichte 1871 und 1872.
3466. Brunn, histor.-stat Section der mähr.-scides. Gesellschaft
zur Beförderung des Ackerbaues, der Naturkunde etc. :
a) Schriften der Section, 20. Bd., (Geschichte der mähr.-
schles. Gesellschaft von Chr. Ritter d'Elvert, Brunn 1870;
— b) 21. Bd., Geschichte der Musik in Mähren und
Schlesien, von demselben, Brttnn 1873; — c) C. Diebl,
Landwirthschafts-Reminiscenzen und Conjuncturen im
hunderten Grttndungsjahre der Gesellschaft, Brunn 1870;
— d) Notizenblatt der Gesellschaft vom 2. bis inclusive
18. Jahrg., 1856 bis incl. 1872.
3467. Brüssel, königl. Akademie der Wissenschaften:
a) Bulletins deTAkademie, 2. Serie, 31.— 34. Bd, (39.,
40. u. 41. Jahrg.), 1871 u. 1872; — b) Annuaire (38. u.
30. Jahrg.) 1872 und 1873; — c) Centieme annivereaire
de fondation (1772 1872), 2 Bde., 1872 ; — d) Tables
de Mortalite et leur developpement, von Ad. Quetelet,
1872.
3468. Chambery, sociöte savoisienne d'histoire et d'archeologie
M mou^s et documents, 12 Bd., 1872.
3469. Christiania, Yerem zur Erhaltung und Aufbewahrung
nordischer Vorzeitdenkmäler :
a) Foreningen, 1872; b) Beretning om den al-
mindelige Udstilling for Tromso Stift, 1872 ; — c) Lieb-
lein, J., Recherches sur la Chronologie Egyptienne, 1873.
3470. Darmstadt, histor. Verein für das G. H. Hessen : Archiv
für hessische Geschichte und Alterthumskunde, 13. Bd.,
I.Heft, 1872.
3471. D^on, Kommission des antiquites du departement de la
Cote d'Or:
a) Memofres, 8. Bd., 2. Liefrg., 1872; — b) Voies
romaines du departement de la Cote d'Or, 1872.
3472. Donaueschingen, Verein für Geschichte und Naturge-
schichte: Schriften, 2. Heft, 1872.
3473. Dorpat, gelehrte estnische Gesellschaft: a) Verhand-
lungen, 7. Bd., 3. und 4. Heft, 1873; — - b) Sitzungs-
berichte, Jahrg. 1872.
3474. Dresden, königl. sächsischer Alterthumsverein : Mitthei-
lungen, 23. Heft, 1873.
3475. Elberfeld, Bergischer Geschichts- Verein : Zeitschiift^
8. Bd., 1872.
3476. Emden, Gesellschaft für bildende Kunst und Alterthümer
Jahrbuch, Heft 1. 1872.
— XLI —
3477. Ei-furt, Verein fllr Geschichte und Altevthumskunde :
a) Mittheihingen, G.Heft, 1878; — b) Hermann K.,
Bibliotheka Erfurtina, 18f)3.
3478. Frankfurt a. M., Verein für Geschichte und Alterthums-
kunde :
a) Archiv, N. F. 6. Bd., 1872; — b) Mittheilungen,
4. Bd. Nr. 3, October 1872 ; — c) Neujahrblatt für 1872.
3479. Frankfurt a. d. Oder, histor. statistischer Verein: Mit-
tlieilungen, 9. bis 12. Heft, 1873.
3480. Frauenfeld, histor. Verein des Cantons Thurgau: Bei-
träge zur vaterl. Geschichte 11., 12. und 13. Heft,
1870, 1872 und 1873.
3481. Freiberg in Sachsen, Alterthums-Verein : Mittheilungen,
10. Heft, 1873.
3482. Freiburg im Breisgau, Verein zur Beförderung der
Geschichtskunde: Zeitschrift 2. Bd., 3. Hefl^ 1872, —
3. Bd., 1—2. Heft, 1873.
3483. St Gallen (Schweiz), histor. Verein: Mittheilungen zur
Vaterland. Geschichte, 13. (N. F.) 3. Heft, 1872.
3484. Görlitz, Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften :
Neues Lausitzisches Magazin, 49. Bd., 2. Hälfte, 1872,
r»0. Bd., I.Heft, 1873.
3485. Göttingen, königl. Gesellschaft der Wissenschaften:
Nachrichten 1872.
3486. Graz, Carl Franzens-Üniversität :
a) Die Entstehungszeit des österr. Landrechtes
(kritische Studie von Dr. A. Ritter v. Luschin) ; —
b) Personalstand ftlr den Sommersemester 1873;
— c) Programm für den Wintersemester 1873, 74.
3487. — technische Hochschule am Joanneum: Programm
pro 1873/74.
3488. — Joanneum: 61. Jahresbericht, 1872.
3489. — n. Staatsgymnasiimi : Jahresbericht 1873.
3490. — st landschaftl. Oberrealschide : 22. Jahresbericht,
1873.
3491. — k.k. Staats-Oberrealschule : I.Jahresbericht, 1873.
3492. — Verein der Aerzte in Steiermark: Sitzungsberichte
des 10. Vereinsjahres 1872 73.
3493. — christlicher Kunstverein der Diöcese Seckau: Kir-
chenschmuck, Jahrgang 1873.
3494. — akadem. Leseverein : 6. Jahresbericht, 1873.
3495. Greifswalde, die Gesellschaft für Pommer'sche Geschichte
und Alterthumskunde : Pommer'sche Genealogien, 2. Bd.
2. lieft, 1873.
— XLU —
3496. Halle, thüringisch-sächsischer Veieiii für Erforschung des
vaterl. Alterthums : Neue Mittheilungen aus dem Gebiete
histor.-antiquarischer Forschung, 18. Bd., 2. Heft 1871,
3. Heft 1873.
3497. Hamburg, Verein für hamburgische Geschichte: Ham-
burg's Bürgerbewaffiiung von C. F. Gaedechens, 1872.
3498. Hanau, Bezirksverein für hessische Geschichte und
Alterthumskunde : Mittheüungen Nr. 4, 1873.
3499. Hannover, histor. Verein für Niedersachsen: Zeitschrift,
Jahrgang 1871.
3500. Hard, Vorarlberger Museumsverein, 13. Rechenschafts-
bericht, 1873.
3501. Hermannstadt, Verein für siebenbürgische Landeskunde :
a) Jahresbericht pro 1871/72; — b) Archiv, N. F.
X. Bd., 2. und 3. Heft, 1872; — c) Programm des
Gymnasiums in Hermannstadt, 1871/72; — d) Pro-
gramm des Gymnasiums in Schässburg, 1871/72.
3502. Hohenleuben, Voigtländisch-alterthumsforschender Verein :
a) Mittheüungen aus dem Archive; — b) Jahres-
berichte, 41., 42 und 43.
3503. Innsbruck, Ferdinandeum : Zeitschrift, 3. Folge, 17. Heft,
1872.
3504. Klagenfurt, naturhisL Landesmuseum: Jahrbuch, ll.Hft,
20— 21. Jahrg., 1871—1872.
3505. Köta, histor. Verein für den Niederrhein: Annalen,
24. Heft, 1872.
3506. Königsberg, königliche und Üniversitäts-Bibliothek: Alt-
preussische Monatsschrift, neue Folge, 9. Bd., 7. und
8. Heft;, 10. Bd. 1. bis 8. Heft, 1872—1873.
3507. Kopenhagen, königl. dänische Gesellschaft für nordische
Alteithumskunde :
a) Aarboger, 1872, 2,— 4. Heft, 1873, I.Heft; —
b) Tillaeg til Aarboger, Jahrg. 1872; — c) Memoires,
Nouvelle Serie, 1872.
3508. Krakau, histor. Commission der königl. poln. Akad. der
Wissenschaften :
Scriptores rerum polonicarura, 1. Bd., 1872.
3509. Lausanne, Society de la Suisse romande: Memoires
et documents, 27. und 28. Bd., 1872—1873.
3510. Leeuwarden, Friesch (Jenootschap van Gescliied-, Oud-
heid*en Taalkunde.
a) De vrye Fries, Mengelingen, 12. Deel (Nieuwe
Reeks, 6. Deel, 3) 1872; — b) 44 Verslag der Han-
delingen, over het Jaar 1871 bis 1872; — c) Friesche
— XLIU —
Oiidheden. Afbeehlingen van merkwardige Voorwerpen
van Wetenschap en Kunst 3. Aflevering, 1872.
3511. Leipzig, königl. Sachs. Gesellschaft der Wissenschaften:
a) Berichte über die Verhandlungen der Ge-
sellschaft 1870 und 1871; — b) Lange Ludwig,
der homerische Gebrauch der Partikel Ei, 1872;
— c) Philippi Adolf, über die römischen Trium-
phalreliefe und ihre Stellung in der Kunstgeschichte,
1872; — d) Voigt Georg, die Geschichtsschrei-
bung über den Zug Carl's V. gegen Tunis 1535,
1872; — e) Voigt Moriz, über den Bedeutungs-
^vechsel gewisser die Zeitrechnung und den öko-
nomischen Erfolg einer That bezeichnender tech-
nischer lateinischer Ausdrücke, 1872.
3512. — Verein für Geschichte Leipzigs : Schriften, 1. Bd.,
1873.
3513. — deutsche morgenländ. Gesellschaft: Zeitschrift,
26. Bd., 3. und 4. Heft, 1872; — 27. Bd., 1. bis
3. Heft, 1873 und Register zum 11.— 20. Bd., 1872.
3514. — füi-stlich Jablonowski'sche Gesellschaft: Preis-
schriften, 17. Bd., 1873.
3515. Leoben, landschaftl. Realgymnasium: 7. Jahi'esbericht,
1873.
3516. Linz, Museum Francisco-Carolinum :
a) 31. Jahresbericht nebst 26. Lieferung der Beiträge
zur Landeskunde von Oesterreich ob derEnns, 1873; —
b) das Museum (Darstellung seiner 40j&hrigen Wirk-
samkeit gelegentlich der Weltausstellung), 1873.
3517. Luxembui^, Society archeologique: Publications, 27. Bd.,
(5. der neuen Serie), 1873.
3518. liuzem, histor. Verein der fttnf Orte Luzem, üri, Schwyz,
Unterwaiden und Zug: Geschichtsfreund, 28. Bd., 1873.
3519. Mitau, kurl&ndische Gesellschaft für Literatur und Kunst:
Sitzungsbericht pro 1872.
3520. Mons, societe des sciences, des arts et des lettres du
Hainaut :
a) Memoires et Publications, 7.— 8. Bd., 1872, 1873; —
b) Programm des für das Jahr 1873 ausgeschriebenen
Coiicurses.
3521. Montb^liard, la Societe d'emulaüon: Memoires, 2. Se-
rie, 4. Bd.
3522. München, königl. bairische Akademie der Wissenschaften :
a) Sitzungsberichte, Hefte 2 bis 5 von 1872,
1 bis 3 von 1873; — b) Inhalts- Verzeiclmiss der
— XLIV —
Sitzungsberichte vom Jahre 1860 — 1870; —
c) Gedächtnissrede auf Friedrich Adolf Trendelea-
bürg, Yon Dr. Carl v. Prantl, 1873; — d) Mit-
gliederverzeichniss der Akademie ; ~ e) Rede von
J. V. Döllinger, gehalten am 25. Juli 1873 zur
Vorfeier des Geburtsfestes Sr. Majestät des Königs
Ludwig n., Manchen, 1873.
3523. — histor. Verein von und für Oberbaiem:
a) 32. und 33. Jahresbericht, 1869—1870; —
b) Archiv, 32. Bd., 1. Heft.
3524. Monster, literarischer Handweiser: Nr. 129 bis 146,
12. Jahrg., 1873,
3525. Nürnberg, germanisches Museum:
a) Anzeiger, 19. Jahrg., 1872; — b) Die Aufgaben
und die Mittel des germanischen Museums. (Eine Denk-
schrift) 1872.
3526. Paderborn, Verein für Geschichte und Alterthumskunde
Westphalens: Zeitschrift, 29. — 31. band (in 5 Heften),
1871—1873.
3527. Paris, histor. Institut für Frankreich: LHnvestigateur,
38. Jahrg. von Juli bis Ende December 1872, 39. Jahr-
gang 1873.
3528. Pettau, Realgymnasium: 3. Jahresbericht 1872.
3529. Pest, die königl. ungar. Akademie der Wissenschaften:
a» Almanach, 1872 und 1873; b) Ertesitö (Sitzimgs-
berichte), 5., 6. Jahi^., compL, dann vom 7. die Hefte
1—7, 1871—1873; c) Magyar törtenelmi tar (ung.
I Geschichtsquellen), 2. Jahrg., 16.— 18. Bd., 1871—1872;
I — d) Ertekezesek a törteneti (Mitth. a. d. Gesclüchts-
wissensch.), 2. Bd., Hefte 1—9, 1872/1873; — e) Török
magyarkori törtenelmi emlekek (Geschichtsdenkmäler
I aus der ungarisch-türkischen Zeit) 7. und 8. Bd., 1871
und 1872; — f) Monumenta hungarifle histor, (Magyar
törtenelmi emlekek) vom 8. Bde ein Nachtrag, Diarium
i von 1663—1674, 1871 dann 17.Bd., l.Abth., 1872 und
j 24. Bd., 1873; — g) Archivum Räköczianum II. Rä-
I köczi Ferencz leveltara (Briefe von Franz Rakoczi)
I 1. und 2. Abth., je der 1. Bd. 1872/73; — h) Magyar-
I orszäg helyrajzi törtenete (topografische Geschichte
Ungarns) 2. Bd. 1872; — i) A hazai es klllföldi isko-
lazas, 1873; — k) A regi Pest Tötäneti tanulmany
I 1873.
3530. Poitieres, Gesellschaft der Alterthumsforscher des west-
lichen Frankreich: Bulletin, 3. und 4. Quai-tal 1872.
— XLV —
3531. Prag, königl. böhmische Gesellschaft der Wissenschaften :
Sitzungsberichte, Jahrg. 1871 und 1872 comp!.,
1873, Nr. 1 bis 8 ; — Abhandlungen, 6. F., 5. Bd.,
1872.
3532. — Verein fllr Geschichte der Deutschen in Böhmen:
a) Mittheilungen, 9. Jahrg. Nr. 7 und 8, 10
und 11. Jahrg. complett, 12. Jahrg. Nr. 1 und 2
(1871—1873); — b) Jahresberichte, 9, 10 u. 11
(1871, 1872 und 1873); — c) Mit^eder-Ver-
zeichniss pro 1872/73; — d) Lippert, Geschichte
der Stadt Leitmeritz (Abth. 3 der Beiträge zur
Geschichte Böhmens), 1871 ; — e) Dr. Laube, aus
der Vergangenheit Joachimsthals, 1873; — {) Dr.
Leeder, Beiträge zur Geschichte von Aman, 1872.
3533. — Lese- und Redehalle der deutschen Studenten :
Jahresbericht pro 1872/73.
3534. Reval, ehstländisch-literarische Gesellschaft: Beiträge
zur Kunde Ehst-, Liv- und Kurlands, l.Bd. 4. Heft 1873.
3535. Riga, Gesellschaft für Geschichte und Alterthumskunde
der Ostseeprovinzen Busslands:
a) Mittheilungen, 10. und 11. Bd., 1. bis 3. Heft,
180 5; — b) Luther an die Christen in Livland zur
Feier des 50jähr. Amtsjubiläums des evangel. Bischofes
Dr. C. C. Ullmann in St Petersburg, 1866.
3536. Salzburg, Gesellschaft für Salzburger Landeskunde:
Mittheilungen, 12. Vereinsjahr, 1872.
3537. Schwerin, Verein ftlr meklenburgische Geschichte und
Alterthumskunde, Jahrbuch, 37. Jahrg., 1872.
3538. Sigmaringen, Verein ftlr Geschichte und Alterthumskunde
in Hohenzollem : Mittheilungen, 11. Jahrg., 1872/73.
3539. Stade, Verein für Geschichte und Alterthümer der Her-
zogthümer Bremen und Verden:
a) Altarschrein der Kirche zu Altenbruch, von H. Almers,
1873; — b) Catalog der Bibliothek des Vereines, 1873.
3540. Stettin, Gesellschaft für Pommer'sche Geschichte und
Alterthumskunde: Baltische Studien, 24. Jahrg., 1872.
3541. Strassburg, la Societe pour la conservation des monu-
ments historiques d'Alsace : Bulletin, 2. Serie, 8. Bd.,
1872.
3542. Stuttgart, königl. statistisch-topogr. Bureau: Wttrttem-
bergisdie Jahrbücher für Statistik und Landes-
kunde, Jahrg. 1871.
3543. — württembei^fischer Alterthumsverem : Jahreshefl,
2. Bd., I.Heft, 1873.
M
— XLVI -
3545. Tettnang, Verein fbr Geschichte des Bodensee's und
seiner Umgebungen: Schriften, 1. bis 4. Heft, 18C9
bis 1873.
3546. Trier, Gesellschaft für nützliche Forschungen: Archeo-
logische Funde in Trier und Umgegend, Festschrtft, 1873.
3547. Ulm, Verein für Kunst und AlterÜmm in Ulm und Ober-
schwaben: Verhandlungen, neue Reihe, 5. Heft;, 1873.
3548. Utrecht, de histor. Genootschap:
a) Kroniek, 6. Serie, 2. und 3. Theil, 27. u. 28. Jhrg.,
1872 und 1873; — b) Werken, neue Serie Nr. 17, 18,
19, 1872—1873, (Rogge's Briefe von Johann Wten-
bogaert und v. Vloten Onderzoek) ; — c) Catalogus der
Boekery, 1872.
3549. Weinsberg, histor. Verein für das württembergische
Franken: Zeitschrift, 8 Bd., 2. und 3. Hft., 9. Bd. 1. Hft,
Jahrgänge 1869, 1870 und 1871.
3550. Wernigerode, Harz-Verein ftlr Geschichte und Alter-
thumskunde: Zeitschrift, 5. Jahrg., 3. und 4. Heft, 1872,
6. Jahrg., 1. und 2. Heft 1873.
3551. Wien, kais. Akademie der Wi&senschaft;en :
a) Sitzungsberichte phil.-histor. Classe, 70. Bd.,
Heft 1 bis 3, 1872; 71. Bd., Heft 1—4, 1872;
72. Bd., Heft 1; 73. Bd., Heft 1—3; Register VH
zu den Bänden 61 bis 70, 1872; — b) Denk-
schriften, 21. Bd.; — c) Archiv für Kunde österr.
Geschichtsquellen, 48. und 49. Band complett,
50. Bd., 1. Hälfte; — Fontes rerum austriacarum
36. Bd., 2. Abth.; 37. Bd., 2. Abth.; Diplomataria
et acta.
3552. — k. k. Central-Commission zur. Erforschung und Er-
haltung der Baudenkmale *. Mittheil., 18. Jahrgang,
1873.
3553. — k. k. statistische Central-Commission: Mitthei-
lungen, 19. Jahrg., 4. Heft, 1872; — Statistik
des Judentimms in Oesterreich-Ungam, 1873.
3554. — österr. Museum für Kunst und Industrie:
a) Gatalog der Omamentstich-Sammlung des
Museums, 1865; — b) Catalog der ehemaligen
Bock'schen Sammlung von Webereien und Sticke-
reien des Mittelalters und der Renaissance, 1865; —
c) die Kuustindustrie auf der Ausstellung zu Dublin
(Bericht des Custos J. Falke, 1865) ; — d) Catalog
der Bibliothek des Museums, 1869; — e) Catalog
der österr. Kunstgewerbe- Ausstellung 1871; —
— XLvn —
f) die Ausstellung österr. Kunstgewerbe vom
4. November 1871 bis 4. Februar 1872; —
g) Wegweiser durch das k. k. Museum 1873.
3555. Wien, k. k. geographische Gesellschaft: Mittheilungen,
15. Bd. (5. der N. F.), Jahrg. 1872.
3556. — Verem für Landeskunde in Niederösterreich:
a) Blätter N. Folge, 6. Jahrgang, 1872; —
b) Topographie von Niederösterr., 4. Heft, 1871.
3557. — heraldisch-genealogischer Verein Adler : Zeitschrift,
Jahrg. 1873.
3558. — deutsch-österr. Alpenverein: Zeitschrift, Jahrg.
1872, Heft 1—4.
3559. — der Tourist, Jahrg. 1873.
3560. — Leseverein der deutschen Studenten: 2. Jahres-
bericht 1872/73.
3561. Wiesbaden, Verein für Nassau'sdie Alterthumskunde und
Geschichtsforschung: Annalen, 12. Bd., 1873.
3562. Würzburg, histor. Verein für Unterfranken und Aschaffen-
bui^: Archiv, 22. Bd., 1. Heft;, 1873.
3563. Zürich, allgemeine geschichtsforschende Gesellschaft der
Schweiz: Archiv, 18. Bd., 1873.
3564. Zwickau, Verein zur Verbreitung guter und wohlfeiler
Volksschriften :
a) 31. Jahresbericht 1871/72; — b) der deutsche
Volkskrieg gegen Frankreich, 1870/71, von Dr. Otto
Kammel, 3. Bd., 2. Abth., 1872; — c) Schlichte Ge-
schichten von Rudolf Müldener, 1872; — d) die Ver-
kehrsmittel der Gegenwart, von Oskar Friedrich, 1. 1872;
e) Apologetische Vorträge, 1872; — f) Sonnenblumen,
von F. Schmid-Schwarzenberg, 1873; — g) Zugabe
zum Kalender 1873.
3. Durch Ankauf.
3565. Bauer, Dr. Ludwig, Director des grossherz. hessischen
Haus- und Staatsarchives : Hess. Urkunden, 5. Bd., 1873.
3566. Darmstadt, Gesammtverein der deutschen Geschichts- und
Alterthumsvereine : Correspondenzblatt, Jahrg. 1873.
3567. Mainz, römisch-germanisches Centralmuseum : Die Alter-
thümer unserer heidnischen Vorzeit von Dr. L. Linden-
schmit, 3. Heft des 3. Bd., 1873.
— XLvm —
IB. FCkr das jALrchiv«
I. Urkunden und Acten.
Die Stadtgemeinde Oberwölz überliess mit Vorbehalt
des Eigenthumsrechtes folgende in ihrem Besitze befindliche
Urkunden :
1468. 1358, St Gallustag, o. 0. — Bischof Albrecht von
Freysing bestätigt den Bfirgem zu Oberwölz ihre alten
Stadtrechte. Orig. Pgmt., 1 hgd. Siegel.
14G9. 1447, Montag nach Oswald, Graz. — Hans von Stu-
benberg, Hauptmann in Steyer, befiehlt dem Richter
und Rathe von Oberwöl?, den Erhart Heurissel in
Empfangnahme des ilun zustehenden Erbes nach der
seel. Kathrey HueiSschmidin zu Oberweltz nicht zu
liindem. Orig. Pap., rückw. aufged. S.
1470. 1473, 24. April, 0. 0. — Richter, Rath und die Ge-
meinde der Stadt Oberwölz überlassen dem Meister
Balthasar Bader und seiner Hausfrau die städtische
Badestube kaufreclitsweise unter dem Siegel der Stadt
Orig. Pgmt, 1 hgd. zerb. S.
1471. 1511, Montag nach Matthäus, Graz. — Die steierm.
Landschaft mahnt den Richter und Rath von Oberwölz,
einen Steuerausstand von 80 Pfund Pfennige bis zum
Sonntage nach dem Martinstag zu bezahlen. Orig. Pap.,
4 aufged. PetsclL
1472. 1525, 13. Jänner, Wien. — Ferdinand, Prinz in Spa-
nien, Erzherzog von Oesterreich, bestätigt über die Bitte
des Cliristof Weltzer, bischöfl. Freysing'schen Pflegers
zu Weltz, den Bürgern zu Oberweltz und St Peter (am
Kammersberg) die ihnen schon von den Herzogen
Wilhehn und Albrecht ertheilten Freiheiten. Orig. Pgmt,
1 hgd. S.
1473. 1528, Mittwoch nach St Blasius, o. 0. — Christina,
ehel. Tochter des Benedict Anprant, hat sich mit ihrem
bisherigen Dienstgeber Meister Lienhart Schneider,
Bürger in Oberwölz, über ihre Forderungen vei^lichen
und gibt Verzicht Sigler Michael Mabilla, Stadtrichter,
und Mai-x Frostl, Bürger zu Oberwölz. Orig. Pap., 2 Petsch.
1474. 1531, Freitag nach Florian, Oberwölz. — Hieronyraus
Auer quittirt für seine Hausfrau Agnes dem Wolfgang,
einem Sohne des Lienhart Schneider, Bürger zu Ober-
— XLIX —
wölz, einen schuldigen Lidlohn. Sigler: Konrad Khin-
tinger, Stadtrichter zu Oberwölz. Orig. Pap., 1 aufged.
Petsch.
1475. 1550, 27. Jänner, o. 0. — Peter Domner zu Hintereck
in der Pfarre Weltz beurkundet seine Verehelichung
mit Jungfrau Katharina, Tochter des Hans Hugent (?) in
der Pöla. Orig. Pgmt. 2 hgd. Petsch.
1476. 1567, 20. Jänner, o. 0. — Franzischkh von Teuffen-
bach, Ritter etc., bescheinigt den Bürgern von Ober-
wölz den Besitz einer Urkunde, Kraft welcher am Mitt-
woch nach Domine longo in der Fasten 1419, Wülfing
von Stubenberg dem Hanns von Teuffenbach, damaügen
Hauptmann der Herrschaft Rottenfels und Oberwölz,
eine IS Joch grosse Wiese im Burgfried von Ober-
wölz verkaufte. Diese letztere Urkunde ist inserirt.
Orig. Pgmt
1477. 1Ü67, 6. November, Graz. — Erzherzog Carl vonOester-
reich-Steiermark bestätigt den Bürgern zu Oberwölz
und St Peter am Kammersberg ihre Privilegien. Orig. Pgt.
1478. 1582, 1. September, o. 0. — Richter und Rath der
Stadt Oberwölz verkaufen der Frau Regina, Witwe
nach Gregor Thalhammer (evang.) Pfarrer zu Frauen-
burg, einen Garten an der Welz, rainend an die Gärten
der Oberwölzer Bürger Wolf Derflinger und Florian
Leitner am Wege nach St Pongratz, unter dem Siegel
der Stade. Orig. Pgmt
1479. 1600, 7. Juli, Freising. — Ernst, Churfürst und Erz-
bischof von Köln, Administrator des Stiftes Freising,
bestätigt den Bürgern zu Oberwölz im Aiibetrachte,
dass sich dieselben wieder zum rechten Glauben be-
kehren liessen, ihre städtischen Privilegien. Orig. Pgmt,
1 S.
1480. 1617, 10. Februar, o. 0. — Gesellenbrief der Fleisch-
hauer von Oberwölz für Martin Ofedler. Orig. Pgmt,
4 hgd. P.
1481. 1620, 27. Mai, Freismg. — Bischof Veit Adam von
Freising bestätigt den Bürgern von Oberwölz ihre
städtischen Privilegien. Orig. Pgmt., 1 S.
1482. 1639, 3. März, Wien. — Kaiser Ferdinand UI. bestätigt
den Bürgern zu Oberwölz und St Peter am Kammers-
berg ihre Freiheiten. Orig. Pgmt, 1 S.
1483. 1648, 24. April, o. 0. — Vergleich zwischen der Stadt
Murau einer-, der Stadt Oberwölz und der Hofmark
St Peter unter dem Kanmiersberg andererseits, durch
jfitthell. d. "biMt, yer«iu f. Btoienaark. XXII. Heft, 1874. D
\
welchen mit Rücksicht auf die befreite Niederlage in
Murau die Verführung der Kaufmannswaaren auf den
umliegenden Strassen und Wegen geregelt wird. Sigler
Johann Adolf Graf zu Schwarzenberg, Herr zu Murau^
Herr Adam Jocher, Pfandinhaber auf Rothenfels, und
die beiden Städte, wechselweise an den zwei ausgefer-
tigten Urkunden. Orig. Pgmt mit dem Siegel des Grafen
und der Stadt Murau. Dabei ein Nachtrag auf Per-
gament mit dem Siegel von Murau.
1484. 1656, 17. März, Freising. — Bischof Albrecht Sigmund
zu Freising bestätigt den Bürgern der Stadt Oberwölz
und der Hofmark St Peter ihre hergebrachten Frei-
heiten. Orig. Pgmt, 1 S.
1485. 1660, 25. Jänner, Judenburg. — Gesellenbrief der
Fleischhauer von Judenburg für den Hans Abstorifer.
Orig. Pgmt
1486. 1674, 12. Jänner, Wien. — Kaiser Leopold I. bestätigt
den Bürgern von Oberwölz und St Peter unter dem
Kammersberg ihre hergebrachten Freiheiten. Orig. Pgmt,
1 Siegel.
Geschenkt haben die Herren :
Johann Krainz, Yolksschullehrer und Bezirks-Correspondent
in Oberwölz:
1487. 1494, 8. Juli, o. O. — Verbrüderungsurkunde der
Bäcker und MüUer zu Judenburg, Murau, Neumarkt
und Oberwölz. Sigler: die Brüder Ulrich und Sigmund
Welzer, Pfleger und Anwälte zu Oberwölz. Orig. Pgmt,
2 hgd. S. — dann ein Yidimus des Jahres 1706 auf
Papier.
1488. 1509, 2. September, Oberwölz, und
1514, 21. Juli, ebenda — die Bäcker und Bäckerknechte
zu Oberwölz verkünden ihren Handwerksgenossen, dass
sich Andrä Weinberger und Ulrich Preynner in ihre
Bruderschaft aufnehmen Hessen. Zwei Orig. Pgmte., das
ältere zeigt Spuren eines aufgedrückt gewesenen Sie-
gels, am jüngeren ist das Siegel erhalten.
1489. 1543, 3. JuU, o. 0. — Hans Khamrer zu Khrumeckh
verkauft dem Michael Prantl, Bürger zu Oberwölz ein
Grundstück daselbst. Sigler: Peter Schwinger, Stadt-
richter, Hans Oeller am Püchl, Zechmeister der St Mar-
tinskirche in Oberwölz. Orig. Pgmt, 2 hgde. S., beide
beschädigt
1490. 1602, 29. April, 0. O. — Georg Grienauer, Rathsbürger
— LI ~
zu Oberwölz beurkundet seine Verehelichung mit Jung-
frau Agnes Gotfridt Mitsiegler: Vincenz HoflFer, Stadt-
richter zu Oberwölz. Orig. Pgmt, zwei hgde. S. ifehlen.
1491. 1611, 25. Juli, 0. 0. — Anna Freiin zu Teuflfenbach,
Frau zu Murau, gebome Neuman von Wasserleonburg,
verkauft dem Bürger Willibald Monetschein zu Murau
das Burgrecht auf dem wäUischen Streckhammer an
der Kanten nebst zugehörigen Gründen. Einfache Ab-
schrift
1492. 1635, 22. Juli, Frauenburg. — Wolf Herr von Stuben-
berg Erbschenk in Steyer, kais. Rath und Kämmerer,
belehnt seinen Pfleger Andrä Geyer für sich und seine
Ehefrau Katharina, geb. Muehrer, mit der sogenannten
Bauemfeind-Hube zu Mainhardsdorf in der Lackhen bei
Oberwölz und anderen benannten Stücken. Emfache
Papierabschrift.
1493. 1649, 16. December, Graz. — Die Zechmeister des
Leinweber-Handwerks in Graz gestatten den Leinen-
webem in Oberwölz, sich der von ersteren errichteten,
vom Kaiser Ferdinand KT. ddo. Wien, 21. Juli 1649
bestätigten Zunft- und Handwerksordnung zu unter-
werfen und stellen die letztere wörtlich ihrer Bewilli-
gung voran. Orig.-Pgmt in Buchform, 1 hgd. S.
1494. 1651, 26. Februar, Oberwölz. — Mathias Luegj, Bürger
und Fleischhauer zu Oberwölz spricht den Andreas
Gressing zum Gesellen. Orig. Pgmt, 3 hgd. S., abge-
rissen.
1495. 1651, 20. September, Friesach. — Dr. Nicolaus Battaglia,
Propst zu Friesach und Erzpriester in ünterkämten,
und Michael Zauchenperger, Salzburg. Vicedomamts-
Verwalter in Friesach, verkaufen als verordnete Inspec-
toren des Collegiatstiftes St Bartholomä in Friesach,
dem Bürger und Handeismanne Georg Mayer zu Murau
zwei Zehente in der Pfarre St. Georgen ob Murau.
Vidim. Papier-Abschr.
1496. 1676, 12. October, Zeiring. — Thomas Langanger,
Stift Admont'scher Verwalter und Zehentbestandmann
des Gutes Mainhardsdorf bei Oberwölz, überträgt dem
Benedictinerstifte Admont das Eigenthums-, Yogtei- und
Patronatsrecht über die von ihm erbaute Kapelle Maria-
Altötting in Winklem. Einf. Pap.-Abschr
1497. 1696 — 1700. — Drei Regierungsdecrete an und ein
Gesuch von den Bäckern und Müllern in Oberwölz in
Zunftsachen. Orig. und Abschr.
— LH «-
1498. 1706, 7. Juli, Graz. — Die Zechmeister des Leinweber-
Handwerks in Graz iheilen den verbundenen Lein-
webern in Oberwölz, die den ersteren vom Kaiser Josef L
ddo. Wien 9. November 1705 bestätigte Handwerks-
ordnung in extenso mit. Orig. Pgmt in Buchform, 1 hgd. S.
1499. 1709, 20. November, Graz. — Die Hauptlade des Mül-
lerhandwerkes in Graz übermittelt dem Müllerhand-
werk der Stadt Oberwölz ein Transumpt der den
ersteren vom Erzherzoge Ferdinand von Innerösterreich
ddo. Graz 1. November 1608 ertheflten, 20 Artikel
umfassenden Handwerksordnung. Orig.*Pap. in Buchform
mit Pergamenteinband und 2 hgd. S.
1500. 1710—1740. Zehn Stück Kaufrechtsbriefe von den
Zechpröpsten der Kirchen St Martin und St Sigismund
in Oberwölz an Unterthanen der beiden Gotteshäuser.
Orig. Pap, mit aufgedr. Petschaften.
1501. 1716, 20. Juli, Murau. — Adam Franz Fürst zu Schwär-
zenberg belehnt die Freifrau Sabina Theresia Putterer,
geb. Freiin Weisersheim, Witwe nach Franz Josef Frei-
herm Putterer, als Notgerhabin ihres minderjährigen
Sohnes Franz Gottlieb Freiherm Putterer mit einer
Hube am Pichel bei Schöder. Orig. Pgmt 1 hgd. S.
1502. 1720, 17. Juli, Murau. — Franz Sigmund von Monsperg,
Kathsbürger und Handelsherr zu Murau, beurkundet,
dass ihm sein Bruder Carl Anton von Monsperg als
Universalerbe der von ihrem Vater Johann Wilhelm
von Monsperg hinterlassenen Hammerwerke zu Murau
und Fresen, seinen mütterlichen und väterlichen Erbs-
antheil völlig bezahlt bat, unter seinem und dem Siegel
der Stadt Murau. Vidim. Pap.-Abschr.
1503. 1724, 28. März, Graz. — Kaiser Carl YL dehnt durch
den innerösterr. geheimen Rath die den Leinwebern
in Graz ddo. Wien 26. October 1712 ertheilte Zunft-
und Handwerksordnung auch auf die Leinweber der
Stadt Oberwölz aus. Orig.-Pgmt in Buchform gebimden
mit 1 hgd. S.
1504. 1725, 15. September, Murau. — Kaufvertrag zwischen
Herrn Johann Rudolf Egger, Rathsbürger, kais. Kammer-
gutsbeförderer und Hammerherm zu Murau an der
Ranten als Verkäufer, und dem Herrn Carl Anton von
Monsperg, kais. Kammergutsbeförderer und Hammer-
herm an der Fresen und Murau als Käufer des an der
Ranten ausser Murau liegenden Wälschhammers sammt
Haramerhaus, Garten, den anstossenden Gründen, des
— LHI —
Hauses zu Murau am Erchtagplatz sammt Stadel und
Garten etc. Eaufschilling 2400 fl. Zeugen : Johann Mi-
chael Fundo, Verwalter der Herrschaften Gstatt und
Strechau, Franz Leopold Winkhler, Schwarzenberg'scher
Eisenverweser, Franz Michael Kolb und Franz Anton
Steyerer zu Murau.
1505. 1746, 3. December, Graz. — Die Zechmeister der Lein-
weber von Graz theilen der verbundenen Weberknap-
penschaft in Oberwölz, das von der Königin Maria
Theresia neu ertheilte Handwerks-Privilegium ddto.
5. Juli 1745 in extenso mit. Orig. Pgmt in Buchform.
1506. 1747, 4. Februar, Graz. — Königin Maria Theresia
dehnt durch den innerösterr. geheimen Rath die den
Leinwebern in Graz ddo. Wien 5. Juli 1745 ertheilte
Handwerksordnung auch auf die Leinweber der Stadt
Oberwölz aus. Orig.-Pgmt in Buchform, 1 hgd. S.
1507. 1749, 2. Jänner, Augsburg. — Josef, Landgraf zu
Hessen, Bischof zu Augsburg etc. verleiht dem Johann
Peter GarzaroU von Garzarolshofen den Hofrathscha-
rakter. Vid. Abschr., Pap.
1508. 1759, 12. Jänner, o. 0. — Mathias Gottlieb Praunseys,
Unterthan der Herrschaft Waydhofen an der Ybs und
Zerrenhammermeister in der Gross-Mendling, verkauft
dieses sein Hammerwerk um 7000 fl. dem Johann
Schröckenfuchs, Zerrenhammermeister zu Hollenstein und
seiner Ehefrau Katharina ; zugleich Uebergabs-Inventar.
Orig. Pap.
1509. 1769, 22. April, ünzmarkt. — Kasper Anton Welz und
seine Gattin Maria Josefa, geb. von Garzarolli, ver-
schreiben sich gegenseitig ihr ganzes Vermögen, sollten
sie jedoch mit Kindern gesegnet werden, so habe diese
Verschreibung nur auf die eine Hälfte ihres Besitzes
Bezug, die andere gehöre den Kindern. Sigler: Carl
Philipp Rauch, Landger.-Verwalter in Frauenburg und
Johann Josef Egger, Syndicus in Unzmarkt — Zwei
abgesonderte Urkunden, erstere in vid. Abschr., letztere
Original.
1510. 1772, 26. Mai, Murau. — Eva Clara, in erster Ehe
vermählt mit Franz Steyrer, nun Witwe nach Carl von
Monsperg, errichtet zu Gunsten ihrer Kinder erster Ehe :
Franz Steyrer und Elisabeth, verehelichte Hueber, ihren
letzten Willen. Einf. Pap.-Abschr.
1511. 1780, 25. August, Murau. — Fürst Josef zu Schwar-
zenberg etc., gibt den zur Herrschaft Murau gehörigen,
— LIV —
an der Kanten bei der Brücke gelegenen sogenannten
wälschen halben Hammer sammt gemauerten Stock und
Garten etc., wie ihn ehemals Herr Franz Steyrer inne
hatte, nun der Frau Katharina Zinner kaufrechtsweise.
Orig. Pap.
1512. 1782, 1. Juli, Graz. — Frau Maria Theresia Pucher,
geb. Mayer, verkauft ihre dem CoUegiatstifte in Friesach
dienstbaren, um Murau liegenden Zehente für 4000 fl.
dem Herrn Peregrin Zinner. Einf. Pap. Abschr.
1513. 1787—1817. — 28 Stück Schulprüfungs- und Dienst-
zeugnisse für Leopold Lucas Müller, geb. zu Bischoflak
in Oberkrain, zuletzt bis 1817 durch vier Jahre bi-
schöflich Gurk'scher Verwalter der Herrschaften Rasten-
feld und Mayerhofen in Kärnten. Orig. Pap.
1514. 1803, 20. Juni, Murau. — Richter und Rath der Stadt
Murau verkaufen dem Herrn Peregrin Zinner, fürstüch
Schwarzenberg'scher Oberverweser in Murau, einen
* Stadel ausserhalb dem Wagbrückenthor kaufrechtsweise.
Orig. Pap.
1515. 1809, August. — Correspondenz mit dem Hammer-
werke Pachem, die Aufbringung einer französischen
Kriegscontribution betreffend.
1516. 1850, 6. November, Stift Admont. — Abt Benno und
der Convent der Benedictinerabtei Admont cediren die
ihnen eigenthümliche Kapelle Maria Altötting in Wink-
lem sammt den dazu gehörigen Gründen, Vogtei- und
Patronatsrechten und Pflichten in das Eigenthum der
Gemeinde Winklem. Einf. Pap. Abschr.
1517. 1760—1828. — 17 Stück diverse Schriften, die Lein-
weberzunft zu Oberwölz betreffend.
1518. — 16 Urkunden und Acten verschiedenen geringfü-
gigen Inhaltes.
Carl Ritter v. Pichl-Gamsenfels, Gutsbesitzer und Bezirks-
Correspondent zu Schloss Eggenwald bei Radkersburg:
1519. 1807, 12. April, Augsburg. — Lehrbrief für den Lust-
und Blumengärtner Johann Georg Adelwerg aus Unter-
hausen. 0. Perg.
1520. 1808, 6. December, Marburg. — Intimat des Kreisamtes
Marburg, die Vereinigung mehrerer Gülten zu einer
Herrschaft unter dem Namen Neuweinsberg betreffend.
O. Perg.
— LV —
Michael Eundegraber, Caplan zu St Georgen a. d. Stiefig n-
1521. 1772, 26. Juni, Wien. — Kaiserin Maria Theresia be-
stätigt den bürgerl. Fleischhackern zu Marburg die ihnen
1638 vom Kaiser Ferdinand HL gegebene Handwerks-
ordnung. Abschr.
Frau Johanna P eitler, k. k. Notarswitwe und Gutsbesitzerin
zu Schloss Wildbach:
1522. 1582, . . Juni, St Andrä im Lavantthale. — Bischof
Georg V. Seggau und Lavant überlässt seinem Pfleger
zu Twimberg, Andrä Weiss, zur Belohnung seiner Dienste
benannte stiftische Wein-, Getreide- und Hirsch zehende
zu St Florian a. d. Lassnitz bestandweise gegen jähr-
liche 300 Pfund Pfen. auf 12 Jahre. 0. Perg.
II. Handschriften.
Sämmtlich Geschenke, u. z. von den Hm. Bezirkscorrespondenten :
Johann Krainz, Schullehrer in Oberwölz:
490. 1682—1780, Meisterbuch der Bäcker und Müller zu
Oberwölz. Pap. in Pgmt geb. 4".
491. 1683 — 1791, Gesellen- und Lehrjungenbuch der Bäcker
und Müller zu Oberwölz. Pap. in Perg. geb. 4".
Anton Meixner, Kaplan in St Veit am Vogau:
492. Medicinbuch, Handschrift von c. 1700 des Georg Saupt-
mann, Laboranten zu Deutmansdorf (aus dem Archive
des Schlosses St Georgen a. d. Stiefing).
493. Das „Paradeiss-Gspiel", eine Parabel, welche zu Hitzen-
dorf und Umgebung jährlich (im Fasching) zur Auf-
führung kommt Copie eines Manuscripts aus Hitzendorf.
494. Lieder, Sagen, Mythen und Märchen als Fortsetzung der
früheren einschlägigen Einsendungen (s. Handschr. 484).
495. Auszüge aus der Pfarrchronik von St. Georgen a. d.
Stiefing, milde Stiftungen betreffend.
Carl Ritter v. Pichl- Gamsenfels, Gutsbesitzer zu Schloss
Eggenwald :
496. Acten mit genealogischen Aufschlüssen über die aus Strass-
burg am Bhein stammende, nach Steiermark eingewan-
derte Familie v. Schaumberg des einfachen Adelstandes.
Frau Josefine Göth, geb. Prandstätter, Studiendirectors -Witwe
in Graz:
497. Das Manuscript der ungedruckt gebliebenen Topographie
des Grazer Kreises von weiland Director Dr. Georg
Göth, sammt den darauf Bezug nehmenden Correspon-
denzen des Verfassers. 17*/, Pfd.
'I
i
— LVI —
498. Ein Zettelkatalog von steiennärkischen Orts- und Per-
sonennamen mit literarischen Verweisungen, zusammen-
gestellt von t Director Dr. Georg Göth. Circa 1850.
Endlich gestattete Se. Durchlaucht der Herr k. k. geheime
Rath, General der Cavallerie und lebenslängliche Reichsrath,
Friedrich Fürst von und zu Liechtenstein, aus seinem
Archive im Schlosse Liechtenstein bei Judenburg das für ge-
schichtliche Zwecke verwendbare auszuwählen, was im Herbste
1873 geschah und darauf eine Anzahl von Handschriften, Acten
und Urkunden im Gesammtgewichte von 22 Centnem nach
Graz geliefert wurde.
Aus dieser Sendung, zumeist die vordem vereinigt gewe-
senen Herrschaften Liechtenstein, Rie^ersdorf (Gabelkhoven)
und Weyer, dann die Spitalsgült heil. Geist, sämmtlich in und
um Judenburg gelegen, betreffend, sind hervorzuheben:
Eine Sammlung aller im Judenburger Kreise und für den-
selben ergangenen Gurrenden und Verordnungen der Landes-
und Ereisbehörden, dann des Appellationsgerichtes, die Jahre
1784, 85, 90, 91, 92, 95, 97, 98 1802, 6, 7, 9 bis inclus.
43 umfassend, theilweise gebimden und auch hin und wieder
doppelt vorhanden.
Urbare:
Der Herrschaft Liechtenstein vom Jahre 1702 (Or.)
und ddo. 21. Juni 1714, Abschrift; der Spitalsgült Heilig en-
geist in Judenburg von 1608 und 1666; der Euchel-
aigengült vom Jahre 1567; des dem Kloster Seiz gehörig
gewesenen Kallwangeramtes im Paltenthale in Ober-
steier ddo. 7. Mai 1598.
Stiftregister, u. z.:
Herrschaft Liechtenstein mit 105 Jahrgängen aus
den Jahren 1650 - 1837.
Hschft. Riegersdorf, 79 Jahrgänge aus der Zeit von
1660—1820.
HschfL Weyer, 74 Jahrgge. aus der Zeit von 1660—1837.
Gült heil. Geist, 124 Jahrgge. aus der Zeit von 1650
bis 1848.
Ausserdem mehrere Stiftregister, kleinere Gülten und ein-
zelne Aemter aus der Umgebung von Judenburg betre£fend.
Eine Reihe von Geld- und Naturalien-Rechnungsbüchem,
auf diese Güter bezüglich.
300 Packete mit Urkunden, Verlassabhandlungen und an-
deren Acten, Bauerngüter der genannten Herrschaften betre£fend.
Nahezu 1 400 einzehie Pergament-, dann circa 400 Papier-
— Lvn -
Urkunden, Kauf-, Schenkungs-, Heirats- oder Schirmbriefe flir
XJnterthanen der Herrschaften Liechtenstein, Riegersdorf, Weyer,
Spielberg, der Spitalsgtilt heil. Geist, der Kuchelaigengült etc.,
durchweg Originalien, weiters fünf grosse Packete mit unge-
zählten derlei Urkunden, Yerlassabhandlungen, Schätzungen
und anderen aus dem Unterthanenverhältnisse fliessenden
Amtshandlungen derselben Grundobrigkeiten vom 16. Jahr-
hunderte herwärts.
Ueber 800 Verlass- und Uebergabsinventare über Bauern-
güter vom 16. Jahrhunderte herwärts.
Mehrere Packete mit Gerichtsacten aus dem laufenden
Jahrhunderte.
Ein Packet mit Acten über die Greisenegg'sche Spital-
stiftung zum heil. Geist in Judenburg.
Ein Packet über die Zach-, dann Moshardt'schen Euchel-
aigengülten.
Ein Packet über die Herrschaft Liechtenstein aus der
Zeit, als dieselbe die Freiherren von Königsbrunn besassen,
1719 bis 1814.
Ein Packet über die Herrschaft Eiegersdorf aus der Zeit
des Besitzes der zuletzt gräflichen Familie Gabelkhoven, 1569
bis 1775, dann der nachfolgenden Besitzer bis 1814.
Ein Packet über die Familie der Grafen von Hainrichs-
perg*) und ihre Herrschaft Weyer.
Ein Packet über die milden und frommen Stiftungen der
Heinrichsperg in Judenburg.
Ein Packet über den Passhammer an der Pols bei Judenburg.
Zwei Handelsbücher des Kaufinannes Johann Pagge (nach-
mals Freih. v, Hainrichsperg) in Wien, aus dem 1 7. Jahrhdte.
Schliesslich folgende für die Local- und Geschlechterge-
schichte von Judenburg und Umgebung wichtige Urkunden:
1421, 16. October, Graz. — Herzog Ernst von Oester-
reich und Steiermark schenkt dem von seinem Kammenneister
Hans Greyssnegkher gegründeten Armenspitale in Judenburg
die ihm von den Judenburger Fleischhackem jährUch zu lie-
fernden zwei Ochsen im Werthe von sechs Pfd. Pfen. Abschr.
1424, 26. October, Liechtenstein. — Rudolf und Otto v.
Liechtenstein belehnen den Hans Lobnynger mit einem Gute
zu Czeltweg. Abschr.
1429, 9. Juli, 0. 0. — Hans Wildonier, Bürger zu Juden-
*) Ueber die Grafen v. Hainrichsperg, vorher Bürger Hainricher in Ju-
denburg, siehe unter den Erwerbungen für das Archiv, Mittheilungen
XIX. Heft 1871, Seite LXVII, Nr. 1878—1382, ebenfaUs aus dem
Archive zu Liechtenstein.
I
— Lvm —
bürg, verkauft sein Apothekerhaus in Judenburg dem dortigen
Bürger Stefan Scheller um 32 Pfd. Pfen. Or.
1430, 17. September, Liechtenstein. — Anna, Witwe Ru-
dolf s, Mutter Leonhard's von Liechtenstein, begabt den Andrä
Kemer mit dem Gödleynsacker ob Judenburg kaufrechtsweise.
Abschr.
1441, 16. April, 0. 0. — Heinrich Lantschacher verleiht
dem Michael Lackner das Poppelgut im Salachgraben bei
Oberwölz kaufrechtsweise. Or.
1445, 10. März, o. 0. — Alex, Sohn der f Sighartün bei
der Murbrücke zu Judenburg, verkauft benannte Aecker da-
nächst dem Hans Smydel, Bürger zu Judenburg. Or.
1455, 8. Jänner, o. 0. — Hans Layer zu Strettweg ver-
kauft einen Acker im Spitalfeld bei Judenburg dem dortigen
Bürger, Meister Andrä dem Goltsmid, genannt Marchhouer. Or.
1458, 14. September, o. 0. — Benannte Meister, Gesellen
und Jünger des Schmiedehandwerks der St^dt Enittelfeld und
Umgebung vereinigen sich zu einer Bruderschaft. Abschr.
1460, 4. Juni, o. 0. — Michael Lackner in SaJach ver-
sichert das Heiratsgut seiner Ehefrau Margaretha auf seiner
Pöppelhube. Gleichz. PgmtschfL, ob Orig.?
1489, 28. März, o. 0. — Berman Frangkh, Bürger zu
Judenburg, verkauft sein Burgrecht an einer Fleischbank in
Judenburg dem Cristan Amering. Or.
1491, 24. April, 0. 0. — Barbara v. Paynn, Aebtissin des
Claraklosters im Paradeis nächst Judenburg, verleiht dem Juden-
burger Bürger Cristan Amering einen Garten in der Stadt
burgrechtsweise. Or.
1500, 14. Juli, Judenburg. — Heinrich Doss, Rathsbürger
zu Judenburg verkauft seinem Schwiegervater Cristan Amering,
Rathsbürger daselbst, benannte Gründe in der Nähe der Stadt Or.
1502, 27. Februar, o. 0. — Der Zechmeister der Niklas-
Pfarrkirche zu Judenburg, Rathsbürger Cristan Hatzes, begabt
den Rathsbürger Cristan Emering mit dem Burgrechte auf zwei
Krautgärten bei der Stadt Or.
1509, 28. Februar, o. 0. — Die Kinder und Erben nach
dem i Ciistan Emering beurkunden, dass ihnen die Witwe
ihres Vaters resp. Schwiegervaters, Frau Mai^areth, das ge-
sammte väteriiche Hab' und Gut völlig abgetreten hat Or.
1 509, 9. März, o. 0. — Die Kinder des t Cristan Eme-
ring überantworten ihrer nun verwitweten Mutter, Frau Mar-
gareth, einen Stadl und Baumgarten nächst der Stadt Or.
1512, 10. März, o. 0. — Appolonia, des y Judenburger
Rathsbürgers Cristan Aemering Tochter, nun des Andrä Freydl,
— LIX —
Bürgers zu Wolfeberg Hausfrau, quittirt ihrem Bruder Ruprecht
Amering den Empfang- ihres väterlichen Erbes. Or.
1514, 13. November, o. 0. — Cristan Weyland, Bürger
zu Yillach und seine Hausfrau Ursula, des f Cristan Amering
zu Judenburg Tochter, vereinbaren sich hinsichtlich ihres väter-
lichen Erbtheiles mit ihrem Bruder Ruprecht Amering, Bürger
zu Judenburg. Or.
1515, 3. April, o. 0. — Benedict und Adrian die Gloyacher
verkaufen dem Knittelfelder Bürger Bemhardin Gerolt ihren
frei eigenen, mit 1 2 Pfd. Herrengült beansagten Hof zu Pöls-
hofen. Or.
1516, 15. Juni, o. 0. — Meister Bemhardin Amering,
Chorherr und Pfarrer zu St Stefan bei Stainz, Sohn des f
Judenburger Rathsbürgers Cristan A., quittirt seinem Bruder
Ruprecht A. den Empfang seines väterlichen Erbtheiles. Or.
1521, 29 September, o. 0. — Der Rath der Stadt Juden-
burg tauscht Namens der Nicolaus-Pfarrkirche daselbst mit
• dem edlen Christof Prancker von Pranckh benannte nächst der
Stadt gelegene Grundstücke. Or.
* 1522, 24. April, o. 0. Hans NeydtarflF, Bürger zuMurau,
verkauft mehrere näher benannte Besitzungen zu St Georgen
ob Murau, theils von dem Landesfürsten, theils von den Liechten-
steinern zu Lehen, dem Judenb. Bürger Ruprecht Embring. Or.
1525, 9. Februar und 7. April, o. 0. — Franz Tonhauser,
Ritter, Hauptmann und Vicedom zu Friesach, verleiht auf Be-
fehl des Cardinais Matthäus zu Salzburg dem Judenburger
Bürger Ruprecht Amering zwei Grundstücke nächst Vohnsdorf
bei Judenburg kaufrechtsweise. Beide Pap. Abschriften.
1527, 9. Mai, o. 0. — Christof Welzer v. Eberstein d. Aelt,
Ritter, verkauft seinem Vetter Christof Pranngkher von Prannghk
sein freieigenes Haus und Hofmarch in der Stadt Judenburg. Or.
1527, 11. Juli, Judenburg. — Die Kinder des Heinrich
Toss, welche er mit seiner f Ehefrau Catharina Ambring hatte,
quittiren ihrem Vater bei nunmehr erreichter Volljährigkeit
den Empfang des ihnen nach ihrem Grossvater Cristan Ambring
zugefallenen Erbes von 171 Pfd., 4 Schil. Pfen. Or.
1531, 8. Juni, o. 0. — Ruprecht Ambring, Rathsbürger
zu Judenburg, vertauscht mit dem Kaplan der Johanns-Kapelle
im Schlosse Liechtenstein, Johann Gastromair, mehrere benannte
Gründe. Or.
1533, .... 0. 0. -- Meister Leonliart (sonst Bemhardin
genannt) Ambring, Pfarrer zu Judenburg, verwechselt mit sei-
nem Bruder Ruprecht Emering mehrere um Judenburg gele-
gene Grundstücke. Or.
I
t
i
LX —
1534, 12. October, o. 0. — Die vier Kinder Bach dem
Judenburger RathsbUi^er Heinrich Toss aus seiner Ehe mit
I Emtraut Retzer verkaufen benannte ererbte Grundstücke für
180 Pfd. Pfenige dem Augustin Körbler, Pfleger zu Frauen-
burg. Or.
1534, 6. September, Judenburg. — Ruprecht Emering,
d. z. Bürgermeister zu Judenburg überlässt seinem Unterthan
Yincenz RingshüeÜ das Kaufrecht an der RingshüeÜhube. Or.
I 1539, 30. Juni, Gräcz. — Ursula, Witwe nach Hans Zeller,
I Bäcker und Bürger zu Graz, nun Ehefrau des Hans Stain-
t perger, Bäcker und Bürger zu Graz, überantwortet Namens
l ihrer Zeller'schen Kinder zwei dem Grazer Stadtpfarrer Dr.
Johann Emnst unterthänige Weingärten in der Langwiesen,
dem Grazer Bürger Hans Kämpf und seiner Schwester Eli-
sabeth, um damit die von ihrem früheren Manne contrabirten
Schulden theüweise zu tilgen. Or.
1544, 10. März, Judenburg. — Hans Aindlitzhofer, Bürger
zu Judenburg, verkauft dem dortigen Bürger Michael Mayer
einen Garten sammt Stadl im Burgfried der Stadt Or.
1544, 15. Juni, o. 0. — Eustach Branckher v. Pranckh
zu Rieckhersdorf verkauft seinem Bruder Ruprecht Branckher
V. Pranckh sein freieigenes Haus sammt Zugehör in der Stadt
Judenburg. Or.
1545, 14. Jänner, Judenburg. — Ruprecht Emering er-
sucht brieflich die Herren Georg und Otto von Liechtenstein
zu Murau, ihm das als Peutllehen gegebene Gschöllergut zu
St Martin, nun wo er vom König Ferdinand in den Adel-
mannsstand erhoben wurde, als Ritterlehen zu verleihen. Or.
1545, 3. Juli, Trofaiach. — Christof Puchler, Pfarrer zu
Trofeiach und Conunissär des Erzpriesterthumes in Obersteier,
fordert den Pfarrer zu Pols Veit Zesar vor sich, damit er
über die wegen gemachter Schulden und ausgestossener Schmach-
worte vom edl und vesten Ruprecht Ambring in Judenburg
wider ihn vorgebrachte Klage Rede stehe. Gleichz. Pap. Abschr.
1554, 26. Juni, Judenburg. — Der Gültensinhaber am
Pölshofe bei Judenburg, Hans Brauch in Judenburg, löst für
750 Pfd. Pfen. das Kaufrecht an benanntem Hofe von dem
derzeitigen Inhaber Georg zu Pölshofen ein, worauf am
29. September d. J., Georg Pölshofer die Ablösung dieses seines
Kaufrechtes durch den Hans Brauch beurkundet Beide Or.
1555, 26. November, Judenburg. — Simon Grien, Bürger
zu Judenburg, verkauft dem Rathsbüi^er daselbst, Marx Plue-
macher, sein Haus, Mühle etc. am Purbache nächst dem win-
dischen Stadtthore. Or.
— LXI —
1558, 30. Jänner, o. 0. — Clemens Körbler zu Juden-
burg verkauft dem Oswald Einpacher am Passhammer imter
Pols seinen mit vier Pfd. Herrengült beansagten Hofanger zu
Dietersdorf. Or.
1559, 11. November, Judenburg. — Der Ritter Franzischk
V. Teuffenpach, kais. und steierm. landsch. Kriegsrath an den
windischen und croatischen Grenzen, beurkundet für sich und
seine Brüder Walthasar, Deutschordenscomthur, Erasmus und
Bemhai'd einen Tausch um mehrere Gülten mit seinem Schwager
Ruprecht Branckher v. Pranckh. Or.
1561, 24. April, o. 0. — Georg Werth begibt sich mit
seinem bisher frei besessenen Acker im Purkfelde ob Pols
unter den Schutz des Judenburger Rathsbürgers Hans Brauch
als dessen nunmehriger Unterthan und der letztere schirmt
diesem seinem neuen Unterthan seinen Acker ddo. 1561,
29. September. Beide Or.
1 56 7, 23. Mai, o. 0. — Dorothea, des f Judenburger Bürgers
Hans Gollawitzer Tochter, nun des Judenburger Bürgers und
Maurers Josef von Camersee Hausfrau, verkauft einen Garten im
Burgfriede der Stadt Judenburg dem Michael Maier, Bürger
daselbst. Or.
1570, 19. Februar, Murau. — Christof v. Liechtenstein,
Herr zu Murau, oberster Erbkämmerer in Steier und Land-
marschall in Kärnten, als des Namens der Aelteste und j^ der-
zeit regierender Herr", belehnt die vier Söhne des verstor-
benen Franz Gapelhouer, Wolf, Georg, Abraham und Maxi-
milian mit dem Whmbler- und dem Pambkircherhofe zu St.
Georgen ob Murau. Or.
1573, 28. November, Judenburg. — Der Rath dieser
Stadt verkauft Namens der St Barbara-Bruderschaft daselbst
dem Rathsbürger Jacob Mayer einen Krautgarten vor dem
Landthore. Or.
1585, 31. Jänner, Judenburg. — Georg Bernhard Ursen-
peckh zu Potschach, Obersterblandstabelmeister in Steier, über-
läset seinen Thorhof bei Judenburg kaufrechtsweise dem
Georg Salzmann, Rathsbürger zu Judenburg und Hammer-
meister im Murboden und Pölsthal. Or.
1585, 17. Juni, o. 0. — Maria, Tochter des f Juden-
burger Rathsbürgers Hans Brauch, nun Gattin des Grazer
Bürgera Christof Lechner, verkauft ihrer Schwester Anna, jetzt
Hausfrau des Judenburger Bürgers Balthasar Hainricher, einen
Acker. Or.
1589, 19. März, Pux. — Hans Sigmund von Greisenegg
zu Eberstein und Homberg, Erzherzogs Carl von Oesterreich
I
— Lxn —
Truchsess, verkauft seine Güter im salzburgischen Longau
dem Pfleger zu Werfen, Christof v. Khuenburg zu Khuenegg.
Or. Concept
1589, 5. September, o. 0. — Maximilian Gablkhouer ver-
! kauft seinem Bruder Abraham benannte Gtdten. Or.
1591, 24. März, Judenburg. — Die Witwe Anna v. Prankh
geb. Zach schenkt ihrem Sohne Romanus die sogenannte
Rosenegkhube und einen Weingarten im Teufenpach. Or.
1592, 1. Jänner, Judenburg. — Balthasar von Pranckh,
landsch. Rittmeister im Viertel Judenbui^ und Ennsthal, voll-
zieht mit seinem Vetter Romanus v. Pranckh einen Gülten-
tausch. Or.
1594, 24. April, Judenburg im Pranckh'schen Hause. —
Romanus v. Pranckh schenkt seiner Gemalin Susanna geb.
TJeberacker, anlas sUch ihrer jüngst stattgehabten Hochzeit,
anstatt der landes gebräuchigen ihrem Stande angemessenen
goldenen Kette seine Hube am Roseneckh. Or.
1595, 10. April, Judenburg. — BalÜiasar Hainricher,
Rathsbtirger zu Judenburg, überlässt dem Obdacher Bürger
Michael Huber die Rüdenleiten bei Obdach kaufrechtsweise. Or.
1595, 18. Juni, Judenburg. — Christof Gablkhouer der
Mittlere beurkundet seine Verehelichung mit Jungfrau Judith,
Tochter des kais. Oberhauptmannes zu Kreuz, Jörg Ambros
Wätnickh und versichert das Heiratsgut seiner Frau und die
etwaige Witwenversorgung. Or.
1596, 4. Mai, Judenburg. — Die Brüder von Pranckh
verabreden sich mit dem Christof Gablkhouer dem Aelteren
wegen Verkauf ihres Schlosses Rieggersdorf nächst Judenburg.
Kaufschilling 11.000 fl. und 50 Ducaten. Or.
1596, 17. December, Judenburg. — Katharina Haydn geb.
V. Pranckh verkauft dem Walthasar Hainricher, Rathsbürger
und Handelsmann zu Judenburg, Hammermeister im Pölsthal,
benannte Herrengülten. Or.
1597, 10. Mai, o. 0. — Ursula Schaffinann geb. ToDin-
ger verkauft benannte Herrengülten dem Walthasar Hain-
richer. Or.
1597, 29. September, o. 0. — Carl Freih. zu TeufFen-
bach auf Offenburg etc. belehnt als Gewalts- und Lehensträger
seiner Gemalin, Freiin Anna, Frau zu Murau, geb. Neuman
V. Wasserleonburg, den edl und vesten Christof Gabelkhouer
mit dem zur Herrschaft Murau lehenpflichtigen Hofe zu Rieg-
gersdorf an der Pols. Or.
1598, 8. October, o. 0. Wühehn Rauhenperger zu Han-
feiden verkauft mit Einwilligung der Eigenthümer des Stiftes
— Lxni —
zum heil. Geist in Judenbiirg, Adrian und Hans Franz Vet-
tern y. Greisenegg, dann des gegenwärtigen Sazinhabers dieser
Stiftung AdatQ v. Gallenberg zum Gallenstein, Erbvogtes zu
Münkendorf, dem Zeiringer Bürger Walthasar Pühler sein Kauf-
recht an einem Anger zu Oberwinden. Or.
1603, 21. Jänner, Graz. — Der steirische Landesver-
weser Hans Sigmund Wagen v. Wagensperg fordert die Erben
nach Hans Sigmund v. Greissenegg auf, dem Judenburger
Rathsbürger Georg Salzman eine Forderung von 212 fl. zu
bezahlen. Or.
1606, 12. September, Graz. — Die steierm. Verordneten
überantworten benannte in Folge von Steuerausständen ge-
pfändete Unterthanen der Spitalstiftung zum heU. Geist in
Judenburg, dem Georg Wucherer zu Drasendorf satzweise. Or.
1607, 13. Februar, Graz. — Erzherzog Ferdinand von
Oesterreich übergibt die zerrüttete Greisenegg'sche Spitals-
stiftung zimi heil. Geist in Judenburg dem JesuitencoHegium
in Graz mit der Widmung der Einkünfte für das Ferdinan-
deum daselbst Or.
1607, 11. Mai, Graz. — Der steirische Landesverweser
Hans Sigmund von Schrottenpach überantwortet benannte
Gallenberg'sche gepfändete Gülten, den Brüdern Hans, Hör-
man und Balthasar Hainricher. Or.
1608, 2. September, Judenburg. — Hans Gtebmhofer zu
Judenburg verkauft 8 Pfd. Geldes steirischer Herrengült dem
Rathsbürger Georg Salzmann in Judenburg. Or.
1609, 10. Juli, Judenburg. — Christof Ruprecht von
Prangckh zu Poppendorf verkauft dem Christof Gablkhouer
zu Riegersdorf einen Unterthan zu Dietersdorf. Or.
1612, 10. Juli, 0. 0. — Paul von Kraussnegg Freih. zu
Hollnegg und Frauenburg, des verstorbenen Kaisers Rudolf IL
gewesener Hofkanmierpräsident, gibt die seiner (wahrschein-
lich pfandweise innegehabten) Herrschaft Frauenburg unter-
thänige Haselöde am Zizenbach kaufrechtsweise dem Bartlmä
Zizmayr. Or.
1616, 24. Jänner, Klagenfurt. — Freih. Christof David
Ursenpeckh, Landeshauptmann in Kärnten, schenkt seinen mit
6 Pfd. steirischer Herrengült beansagten Thorhof (Schlösschen
Heinrichsperg bei Judenburg) den Brüdern Hans und Hennan
Hainricher, in Anerkennung ihrer dem Geschenkgeber gelei-
steten Dienste. Or.
1617, 21. März, Judenburg, — Hans Adam v. Pranckh
verkauft dem Judenbürger Rathsbürger Emreich Salzmann die
Gült an der Schindtierhube in der Rastatt. Or.
— LXIV
1617, 12. Mai, Judenburg. — Der Rath der Stadt Juden-
burg gibt Revers über eine mit 300 fl. doürte wohlthätige
Stiftung der Brüder Hans und Hennan Hainricher. Or.
1618, 2. Mai, Grosslobming. — Christof Schaffman zum
Hemerless und Grosslobming verkauft dem Judenburger Bürger
Emreich Salzmann seine Gült an der Wolfgerhube in Oberweg. Or.
1621, 9. April, Jndenburg. — Die drei Brüder Wolf
Adam; Hans Alban und Daniel von Gallenberg zum Gallen-
stein, Erbvögte zu Minkendorf, verkaufen, um die Schulden
ihres Vaters bezahlen zu können, sechs benannte Unterthanen
in der Umgebung von Judenburg dem Herman Hainricher,
Inhaber der Herrschaft Liechtenstein. Or.
1621, 18. November, Judenburg. — Christof Friedrich
Zach zu Lobming verkauft dem Jesuitencollegium in Graz
einen Acker zu Strettweg. Or.
1622, 16. Juni, Riegersdorf. — Maximilian v. Gablkhoven
löst benannte um 2680 fl. versetzte Güter von seinem Vetter
Christof Gablkhouer zu Riegersdorf wieder ein. Or.
1626, 24. Februar, Judenburg. — Hans Jacob Putterer
zum Aigen und auf Liechtenstein verkauft mehrere seiner
Gülten dem Herman Hainricher von und auf Hainrichsperg. 0.
1627, 28. Mai, Murau. — Graf Georg Ludwig zu Schwar-
zenberg, als nach Ableben seiner Gemalin Anna geb. Neumann
V. Wasserleonburg in Kraft einer Schenkung Eigenthümer der
Herrschaft Murau, belehnt den Reichart Gabelkhouer mit dem
Hofe zu Rieggersdorf. Or.
1628, 27. März, Lobming. — Christof Adam von und zu
Teuffenpach auf Massweg, Spielberg und Hart bestätigt den
Brüdern Reichart und Franz Christof v. Gablkhouen ihr Kauf-
recht an zwei Vogteigründen. Or.
1628, 10. April, Judenburg. — Der Rath der Stadt Juden-
burg beurkundet die Erweiterung der im Jahre 1617 durch
die Brüder Hans (mittlerweile f) und Herman Hainricher ge-
machten Stiftung per 300 fl., bis auf 1100 fl. durch Herman
von und auf Hainrichsperg und verpflichtet sich zur Einhaltung
der Bestimmungen des inserirten Willbriefes. Or.
1628, 22. September, Judenburg. — Susanna, geb. Praun-
falckh. Gemahn des Freih. Georg Heinrich von Dietrichstein,
verkauft 70 Pfd. 4 Seh. 7 '/. Pfen. Geldes ihrer Herrengülten
in Obersteier dem Herman von und auf Hainrichsperg. Dabei
das betreffende Urbar. Or.
1629, 30. März, Graz. — Freih. Hans Friedrich von und
zu Teuffenbach verkauft 29 Pfd. 21 Pfen. Geldes Herren-
gülten um Judenburg für 3164 Gulden und 30 Ducaten dem
— LXV —
Herman H. von und auf Hainrichsperg. Dabei das betreffende
Urbar. Or.
1629, 30. August, Graz. — Kaiser Ferdinand II. belehnt
die Brüder Reichhardt und Franz Christof Gablkhover mit
einem Fischwasser an der Pols. Or.
1629, 30. August, Judenburg. — Philibert Schrantz auf
Schranzenegg und Forchtenstein verkauft benannte Gülten,
Alpen und den „schönen Wald'' in Banach für 2240 fl. dem
Herman Hainricher von und auf Hainrichsperg. Dabei das be-
zügl. Urbar. Or.
1630, 28. April, Judenburg. — Sigmund Friedrich Zach
zu Grosslobming verkauft seine mit 46 Pfd. HerrengUlt bean-
sagte Kuchelaigengült seinem Vetter Christof Friedrich Zach. Or.
1630, 20. November, Regensburg. — Kaiser Ferdi-
nand n. verkündet, dass er sich das Fischereu-echt in der
Mur von der Thalheimer bis zur Judenburger Brücke als ein
freies Eigenthum angeeignet und dem Burggrafen zu Juden-
burg Hörman Hainricher die Inspection über die Fischerei
anbefohlen habe. Or.
1637, 5. Juni, Schloss Weyer. — Bürgermeister, Richter
und Rath der Stadt Judenburg reversiren über eine, nach dem
eingeschalteten Willbriefe vom gleichen Tage, durch Hörman
Hainricher von und auf Hainrichsperg zum Weyer, kais. Burg-
grafen in Judenburg, zu Gunsten verarmter Bürgersleute er-
richtete Stiftung per 1000 fl. Or.
1638, 3. September, Judenburg. — Emreich Salzman,
Rathsbürger in Judenburg, verkauft dem Hermann Hainricher
von und auf Hainrichsperg benannte Gülten. Or.
1640, 12. December, Schloss Weyer. — Der Rath der
Stadt Judenburg gibt über eine weitere, mit 600 fl. zu Gun-
sten verarmter Bürgersleute aus Judenburg dotirte Stiftung
des Judenburger Burggrafen Hörman Hainricher von und aiä
Hainrichsperg Revers. Or.
1641, 1. März, Graz. — Hans Ernst der Aeltere Freih.
von Pranckh auf Pux, verkauft der Frau Maria Elisabeth von
Pranckh geb. Zehetner einen Weingarten zu Neudorf. Or.
1642, 8. Februar und 1644, 1. August, Schloss Weyer, —
Hörman Hainricher von und zum Hainrichsperg etc. überlässt
das Kaufrecht an benannten Gründen dem Georg Hueber,
derzeit Bürgermeister zu Judenburg. Beide Or.
1648, 18. April, o. Ö. — Anna Weger geb. Hainricher
am Passhammer, verkauft ihrem Bruder Hörman Hainricher
etc. 2 Pfd. Herrengülten. Or.
1 649, 3. Mai, Passhof. — Anna Weger, geb. Hainricher,
MittheU. d. htot. Yarciu f. Bt«lennark. XZII. Heft« 1814. E
I ■
_ LXVI —
verkauft dem Hauptmanne Mathias Pölchinger zu Waschhofen
ihr freieigenthttmliches Gut Passhof sammt dem Hammer, der
Mühle und Säge etc. für 1700 fl. und 10 Ducaten. Or.
1650, 12. April, Judenburg. — Der Rath der Stadt
Judenburg beurkundet den Empfang von 500 fl., welche der
t Judenburger Burggraf Hörman Hainricher von und auf Hain-
richsperg zu einem Gottesdienste in der durch ihn erbauten
Capelle bei der Pfarrkirche gestiftet hat, welchen Betrag nun
die Schwester und Allodialerbin, Frau Salome Pagge, geb.
Hainricher, erlegte. Or.
1651, 17. Juli, Weyer. — Johann Hainricher von und auf
, Hainrichsperg zum Weyer, Pagge genannt, kais. Bath und
Burggraf zu Judenburg, als in dem Fideicommiss-Testamente
ddto 28. Jänner 1646 eingesetzter Erbe seines f Vetters
Hörman Hainricher von und auf Hainrichsperg zum Weyer,
kais. Burggrafen zu Judenburg — überantwortet eine von dem
letzteren der Barbara Philippitsch geb. Pagge (Schwester des
Ausstellers) vermeinte Hube, der Beschenkten. Or.
1652, 14. August, Prag. — Kaiser Ferdinand HI. schenkt
seinem Rathe und Burggrafen zu Judenburg, Johann Hain-
richer von und auf Hainrichsperg zu Weyer, Pagge genannt,
eine bisher kais. Jagd in dem Bezirke der Herrschaft Weyer. Or.
1652, 31. December, o. 0. — Urbar über 30 Pfd. Her-
rengült in Obersteier, welche Frau Sidonia Vegelin geb. Mayr,
Witwe zu Pichelhofen, dem Judenburger Burggrafen Johann
v. Hainrichsperg-Pagge verkauft hat Or.
1653, 26. April, Weyer. — Die Bruderschaften der Stadt-
pfarrkirche zu Judenburg vollziehen mit dem Johann von Hain-
richsperg einen Gültentausch. Or.
1655, 19. August, 0. 0. — Hans Georg Moser von imd
zum Münzgraben verkauft dem Freih. Zacharias v. Gabel-
khoven zu Riegersdorf eine Gült. Or.
1657, 2. März, Weyer. — Johann Hamricher von und
auf Hainrichsperg etc. begabt die Frau Magdalena Liscutin in
Judenburg mit benannten Grundstücken. Or.
1657, 28. October, Neumarkt. — Wolf Andrä v. Pichl,
kais. Einnehmer zu Neumarkt, verkauft dem dortigen Raths-
bürger Gregor Aeckherl benannte Besitzungen in Neumarkt Or.
1660, 21. December, St Oswald ob Pols. — Die Zech-
leute der St Wolfgangs -Bruderschaft zu St Oswald in Ober-
steier, verkaufen ihre schon nahezu 100 Jahre verpfändeten
28 Pfd. Herrengülten dem edlen Johann Paris von Rehlingen
zum Goldenstein. Or.
1662, 5. November, Passhammer. — Mathias Pölchinger
— Lxvn —
am Passhammer, Hauptmann, tlberlässt dem Sensenschmied
Hans Moser ein Haus am Passhammer kaufirechtsweise. Or.
1665, 16. Juni, Schloss Eppenstein. — Gregor Ignaz v.
Sidenitz, Edler Herr zu Eppenstein etc., und Johann v. Hain-
richsperg etc. verwechseln benannte Gülten. Or.
1666, 24. März, o. 0. — Reichardt v. Gablkhoven zu
Rieckersdorf begabt den derzeit. Stadtrichter zu Judenburg, Adam
Ferdinand Felber, mit dem Kaojfrechte auf drei Aecker. Or.
1667, 27. April, Riegersdorf. — Die Schwestern Anna,
Maria und Johanna Margaretha v. Gabelkhoven überlassen
ihrem Vetter Zacharias Freih. v. Gabelkhoven ihre Antheile
an dem Gute Riegersdorf geschenkweise. Or.
1670, 20. März, Schloss Weyer. — Der Judenburger
Rathsbürger und Maurermeister Mathes Leuthner, überlässt
sein Kaufrecht auf einer Keusche im Purbache dem Sebastian
Rützmayr, Flossmeister zu Judenburg. Or.
1676, 22- Juli, Graz. — Die Witwe Sophia Eleonora
Freiin Schätzl, geb. Freiin v. Eibiswald, verkauft ihren er-
erbten Antheil an der Herrschaft PurgstaQ der Marie Eleonora
Freiin v. Eibiswald, Gemalin des Grafen Otto Wilhelm v.
Schrottenpach, für 6500 fl. Or.
1679, 22 Jänner, Graz. — Sidonia Constantia Freün v.
Gabelkhoven, geb. Freiin v. Prankh, vergleicht sich mit ihren
drei Söhnen Johann Seifrid, Georg Christian imd Johann Za-
charias hinsichtUch ihrer Witwenansprüche. Or.
1688, 6. Mai, Judenburg. — Johann Christof Lischkutin,
kais. Hof handelsmann und Tabakpächter in Graz, verkauft dem
Fräulein Maria EUsabeth Gräfin v. Gleispach sein Kaufrecht
an einer Keusche sammt Garten in Judenburg. Or.
1690, 21. Juni, Graz. - Kaiser Leopold I. belehnt den
Freih. Johann Seifried von Gabelkhoven mit einem Fischwasser
im Pölsflusse. Abschr.
1690, 20. September, Graz. — Kaufsabrede über vom
Zacharias Freih. v. Gablkhoven seinem Bruder Johann Sei-
fried verkaufte 28 Pfd. 5 Schil. 20 Pfen. Herrengülten in
und um Neumarkt. Or.
1697, 20. Jänner, Wien. — Heiratsabrede zwischen dem
Freih. Johann Seifried v. Gabelkhoven und der Maria The-
resia Freiin v. Gienger. Or.
1707, 8. April, Riegersdorf. — Vertrag zwischen Johann
Zacharias und Johann Philipp Anton Freih. v. Gabelkhoven,
vermöge welchem ersterer dem letzteren das Gut Riegersdorf
gegen Vorbehalt lebenslängUcher Versorgung am Schlosse
übergibt Or.
— Lxvm —
1711, 27. März, Judenburg. — Johann Sigmund Zach
zu Grosslobming, Yarrach und Ainödt, verkauft aus seinen
EuchehugengUlten mehrere Unterthanen dem Moriz Anton von
und zu Mosshardt auf Dttmberg. Or.
1717, 26. Juni, Judenburg. — Urbar über c. 61 Pfd.
Herrengülten, welche die Witwe des Freih. Raimund v. Reh-
lingen an den Freih. Johann Franz v^ Königsbrunn ver-
kaufte. Or.
1724, 1. Juli, Graz. — Johann Filipp Anton Graf von
Gabelkhoven verkauft dem Georg Balthasar Grafen v. Chri-
stallnigg ein Haus in Elagenfurt Or.
1729, 27. JSnner, Seckau. — Franz Albrecht Zach zu
Grosslobming, Yarrach und Ainödt, überlässt einen Untorthan
seinem Yetter Freih. Moriz Anton von und zu Mosshardt Or.
1730, 8. August, Herrschaft liechtonstein. — Johann
Franz Freih. v. Königsbrunn, Herr auf Liechtenstein, verleiht
dem Jacob Setznagl die Kollerhube in Niederwölz. — Weiters
an demselben Tage dem Baron Kainbach'schen Mautheinnehmer
zu Zeiring Ben^iard Reicher benannte Gründe bei Unter-
zeiring kaufrechtsweise. Beide Or.
1734, 31. März, Herrschaft Murau. — Eieonora Amalia,
verw. Fürstin zu Schwarzenberg, geb. Fürstin zu Lobkowitz,
als Yormünderin ihres Sohnes, Erbprinzen Josef Adam zu
Schwarzenberg, Herzogs zu Crumau, belehnt den Grafen Jo-
hann Philipp Anton von und zu Gabelkhoven mit dem zur
Herrschaft Murau lehenpflichtigen Hofe zu Biegersdorf an der
Pols, Pfarre Fohnsdort Or.
1736, 20. August, Weyer. — Die Grafen Carl, Ignaz,
Anton und Josef von und zu Hainrichsberg, Herren der Herr-
schaften Weyer, Spielberg, Rottenbach und Neudorf, verleihen
dem Elias Weinmeister benannte Wiesen nächst Möderbruck. Or.
1758, 8. April, Weyer. — Anton Josef Yictorin und Franz
Josef Grafen v. Hainrichsperg etc., beide kais. Hofkriegsräthe,
verleihen dem Herrn Johann Dival und seiner Hausfrau Mag-
dalena einen Garten sammt Keusche in Judenburg kaufrechts-
weise. Or.
1762, 19. Juni, Marburg und Graz. — Yertrag zwischen
Anton Seifried Freih. v. Mosbard und Franz Anton Freih. v.
Königsbrunn, vermöge welchem ersterer dem letzteren die
sogenannte Kuchelaigengült in Obersteier um 2500 fl. ver-
kauft;. Or.
— LXIX
O* Für cito Kunst- und A.ltert1iiims-Sainiii1un|2f.
1122. Porträtbild des steierm. Dichters Johann Georg Fel-
linger. Gekauft.
1123. Vierzehn Stück Münzen aus der Römerzeit. Geschenk
des Herrn Adolf E o f 1 e r, k. k. Hofweinlieferanten und
Bealitätenbesitzers in Pettau.
1124. Ein Richtschwert der ehemaligen Herrschaft Eothenfels.
Geschenk des Herrn Schullehrers Johann Krainz in
Oberwölz.
1125. Zwei kleine Silbermünzen auf die dem Kaiser Fer-
dinand I. 1837 dargebrachte Huldigung in Siebenbürgen
und die 1838 stattgehabte Krönung in Mailand. Geschenk
des Herrn Franz Tiefenbacher, pens. k. k. Finanz-
beamten in Fehring.
1126. a) Zwei Holzversteinerungen von Eichen- und Erlenholz,
gefunden 1872 zu Hochgrasnitz in den windischen Bü-
heln; b) eine in Eisen gegossene Miniaturbüste des
Kaisers Franz von Oesterreich ; c) ein Cameol mit ein-
gravirter Rose und der im Halbbogen darüber ange-
brachten Inschrift „LAMOIJR" ; d) 20 Stück verschie-
dene Siegelstöcke und Petschafte. Geschenke des Herrn
Anton Meixner, Caplans in St. Veit am Yogau.
Beriehligong.
In der Üebersicht der Einnahineii und Ausgaben für das Jahr 1873,
S. XXXIV und XXXY wurden bei den Ausgaben für Publicationen, die
Ziffern der Summe Terwechselt; letztere ergibt sich bei Addition der
einzelnen Posten mit 1454 fl. 12 kr., die Totalsumme der Ausgaben dann
mit 2347 fl. 84 kr.
\
B.
Abhandlungen.
— 3 —
Die Verkehrsbezieliunpn der Stadt Leoben
zu den
westlichen Alpenländern
vom 10. bis zum 19. Jahrhunderte.'
Von
Dr. H. J. Bidermetnn.
Yieljähriger Aufenthalt in Tirol hat mir Gelegenheit
verschafft, in dortigen Archiven nach Spuren der Handelsbe-
ziehungen zu forschen, welche zwischen Steiermark und den
westlichen Alpenländern in früheren Jahrhunderten bestanden.
Den Antrieb zu dieser Nachforschung empfing ich durch die
Erinnerung an das Land, in dem ich nun wieder lebe und das
ich zuerst als Student, dann wieder während der Mussestunden
meines lehramtlichen Tirociniums kennen und schätzen gelernt
hatte. So oft mir bei meinen tirolischen Archivstudien auf
Steiermark Bezügliches unterkam, notirte ich es mir, ohne seiner
Verwendung sicher oder auch nur darüber mit mir selber im
Klaren zu sein. Dieser YorUebe verdanke ich die Möglichkeit,
heute der Stadt zu Ehren, in welcher der historische Verein
für Steiermark seine erste Wanderversammlung abhält, aus
fernab liegenden QueUen Geschöpftes als Tribut, den die Wissen-
schaft ihrer Vergangenheit zollt, zu verkünden.*)
Mein Bericht hat, wie sich bei Leoben von selbst ver-
steht, zumeist das Eisen zum Gegenstatid.
Das Eisen ist der unentbehrliche Behelf, mit dessen Hilfe die
* Nachstehendes wurde mit üebergehung von Einzelnheiten in der
Sitzung des historischen Vereines für Sieiermark, welche dieser im
October 1878 (anlässlich seiner ersten Wanderversammlung) in
Leoben hielt, vorgetragen.
MltthaU. d. hM. Yerciiu f. Steleraartc. XXU. Heft, 1874.
— 4 —
Menschheit das Gebäude ihrer heutigen Civilisation, Künste und
Wissenschaften nicht ausgenommen, aufgebaut hat und wo-
durch sie dasselbe erhält; es ist das wirksamste Mittel, rohe
Völker ftlr die Segnungen der Kultur empfänglich zu machen
und zwar nicht sowohl durch gewaltthätige Anwendung, als viel-
mehr durch Hintanhaltung der beständigen Noth,
mit der solche Völker, so lange ihnen der Gebrauch des Ei-
sens versagt ist, ringen, welcher Kampf eben ihre Rohheit be-
dingt; es vermittelt die Verkörperung von Gedanken, die im
Kriege wie im Frieden von der grössten Tragweite, ja epoche-
machend sind; es fixirt Erfindungen (und ist deren Träger),
ohne welche die Welt zur Stunde kaum halb so mächtig, kaum
halb so reich wäre, als sie ist; sein Verbrauch gibt einen
Gradmesser für das wirthschaftliche Gedeihen der Völker ab ;
seme Hervorbringung überragt an Bedeutung die jedes anderen
Metalles (schon als deren natürliche Voraussetzung und vennöge
der grossen Anzahl Menschen, welche sie beschäftiget); der
Handel damit kommt sonach Bedürfhissen entgegen, welche zu
den wichtigsten nicht nur, sondern auch zu den edelsten zählen,
nach deren Befriedigung die Menschheit sich sehnt ^).
Eine Stadt, welcher gerade dieser Handel zu einer Be-
rühmtheit verhalf, wie wenige Handelsplätze in der Vorzeit
sie genossen, darf stolz sein auf diese ihre Stellung im Welt-
verkehr und das Bewusstsein davon mag Alle durchdringen,
welche — sei es als femblickende, scharf calculirende Han-
delsherren, sei es als gewissenhafte, berufeeifrige Ge-
nossen und Diener — das grosse Werk vollbringen oder
deren Voreltern es vollbrachten. Nicht minder darf sich freilich
auch der Berg- und Hüttenmann seines massgebenden An-
*) Käber ausgeftihrt und mit Beispielen aus der Gheschichte aüer Zeiten
belegt Bind diese Gedanken in der Bro schüre des Dr. E. Schweick-
hardt: „Das Eisen in histor. und national-Ökonom. Beziehung",
Tübingen 1841. Vgl. auch Prof. Mi schler's Werk über das deutsche
Eisenhüttengewerbe, die yon Fr. G. Winck herausgegeb. Deutsche
Gewerbs-Zeitung, 17. Jahrg. (1851), S. 255 und Zippe's Ge-
schichte der Metalle S. 142—144.
ML.
— 5 —
thefles an dem Ruhme freuen, den die Stadt Leoben sich erwarb.
Ohne i h n hätte der hiesige Eisenhandel nie erblühen können.
Aber ebensowenig hätte ohne diesen Handel er in Leobens
Umgegend ein lohnendes Feld der Thätigkeit und opferwillige
Gönner seines geistigen Fortschrittes gefunden.
Das ist der — nicht neue — Standpunkt, von welchem
aus ich den geschichtlichen Rückblick wage, der das soeben
Gesagte rechtfertigen, mindestens es erläutern und durch Bei-
spiele, die keine Gemeinplätze sind, verdeutlichen soll
Vergegenwärtigt man sich die Gebirgsreihen, durch welche
das Innthal von den Thälem der Mur und der Enns
geschieden ist, kennt man den weiten Umweg, welchen schwere
Frachtfuhren vor der chausseemässigen Herstellung der Pass-
thum-Strasse einschlagen mussten, um aus diesen beiden Thälem
ins Innthal zu gelangen, so ist man von Vorne herein gewiss
nicht geneigt, einen in den Beginn der neueren Zeit zurück-
reichenden, regen Verkehr zwischen jenen Gegenden auch
nur als mögUch vorauszusetzen. Und doch bestand ein solcher
im 16. Jahrhunderte bereits. Er bestand nicht nur der natürlichen
Hindemisse ungeachtet, sondern auch trotz den mannigfachen
Erschwerungen, welche Stappel- und sonstige Vorkauferechte
Mauthschranken und s. g. Widmungssysteme ihm bereiteten.
Freilich hinderten derlei Einrichtungen nicht allein den
fraglichen Handelszug. Der Vertrieb des kärntnischen
und des innerbergischen Eisens kämpfte mit den gleichen
Schwierigkeiten und die dadurch geschaffenen widernatürlichen
Verhältnisse waren es eben, welche dem Leobner (oder Vor-
deraberger) Eisen den Weg nach Tirol bahnten, das naturge-
mäss mit dem Ankaufe dieses Artikels an Kärnten als an das
unmittelbare, durch's Pusterthal leicht zugänghche Nachbarland
gewiesen ' war. — Das kärntnische Eisen durfte nämlich bis
zu den Tagen Kaiser Joseph's H. blos in südlicher Richtung
über die Grenzen des Landes hinaus abgesetzt werden. Der
Ausgang durch's Pusterthal und auf den paralell laufenden.
— 6 —
nach Tirol fahrenden Gebii^wegen war ihm so gut verwehrt,
als dem innerbergischen Eisen der Absatz südlich, östlich oder
westlich vom steiermärkischen Erzberge.
Diese Absatzgebiete waren vielmehr (mit geringer Aus-
nahme) dem Leobner Eisen reservirt, das nach Tirol entweder
ttber Aussee, Ischl, Salzburg, Reichenhall und Wörgl, sodann
den Inn entlang aufwärts oder (um der verbotenen Concur-
renz mit dem kärntnischen Eisen, dessen Hauptstappelplatz
vom 15. Jahrhundert herwärts St. Veit war, auszuweichen)
über Murau, Tamsweg, den Katschberg, Gmünd, Sachsenburg,
Greiffenburg und Oberdrauburg , ausnahmsweise wohl auch
durch's MöUthal, gelangte.
Der Ausgangspunkt dieses Handels war, wie gesagt, d i e
Stadt Leoben, welche dies ursprünglich allerdings weniger
der Rührigkeit ihrer Bürger als vielmehr der Gnade des Lan-
desfürsten verdankte. Denn durch eine vom österreichischen
Herzoge Friedrich HI. getroffene Verfügung ) erhielt die Stadt
das Recht, alles in Vordemberg erzeugte, für WäUischhämmer
geeignete Roheisen an sich zu ziehen und an die Hammer-
meister sowohl, als an die Eisenhändler zu verkaufen. Dasselbe
durfte die Strasse über Rottenmann erst dann einschlagen,
nachdem die Leobner vom Zwischenhandel ihren Gewinn ge-
zogen und die Erlaubniss zur Verfrachtung in dieser Richtung
ertheilt hatten, wo es blos an dem in der Murauer Gegend
erzeugten Eisen einen Concurrenten hatte. Daher begegnen
wir dem Vordernberger Eisen allenthalben unter dem
Namen des Leobner. Wenn nun gleich diese Bezeichnung
der Stadt eine Berühmtheit verschaffte, auf welche sie vor-
mals nur als privilegirte Vermittlerin Anspruch hatte, so fiel
ihr doch die eben erwähnte Rolle nicht ohne vorgangiges Ver-
dienst zu; die ihr erwiesene Gnade der Landesfürsten war
kein unmotivirtes Geschenk, kein Ausfluss autokratischen Be-
liebens. Die Stadt übernahm, indem sie besagtes Recht an-
2) Zuschrift an die von Trofaiach und Vorderuberg ddo. Graz, 12. Mär«
1314. (Abschrift im steierm. Landes* Archive.)
— 7^ —
trat, oder wenigstens bald nachher den Vordemberger Schmelz-
werksbesitzem gegenüber, welche späterhin Badmeister hiesseni
gewisse Verpflichtungen. Die Erfüllung dieser setzte ein nam-
haftes Vermögen, Pünktlichkeit und Umsicht voraus. Die Roh-
produzenten sollten der Sorge für den Absatz überhoben, stets
Yorschussweise mit hinreichendem Betriebskapitale versehen
und durch raschen Vertrieb ihrer Erzeugnisse zu beharrlicher
Ergänzung der Vorräthe ermuntert werden. Schon das in die
Leobner Bürgerschaft diesfalls gesetzte Vertrauen.beweist, dass
der Begünstigung, die es derselben eintrug, ein achtenswerthes
Streben voranging, aus dem der echte kaufmännische Sinn zum
Frommen aller Betheiligten sich entwickelte.
Es geschah nicht ohne Anwendung dieses Sinnes, dass
mit Anfang des 16. Jahrhunderts das Leobner Eisen
in Tirol das böhmische, oberbaierische und fränkische oder
vielmehr die hieraus verfertigten Werkzeuge und Waffen ver-
drängte. Die „Passbriefe*', welche in den mit „Entbieten und
Bevelch'' überschriebenen Eopeibüchem des tirolischen Statt-
halterei- Archivs erhalten sind, weisen schon für das Jahr 1513
einen im October des vorhergehenden Jahres von der tiroli-
schen Kammer verfügten Bezug von 485 Säm Eisen aus Leoben
nach. Diese Quantität, in deutschen Gentnem ausgedrückt deren
1087 Vi, war für's Innsbrucker Zeughaus, die dortige „Plattne-
rei** (d. h. Hamischschmiede) und für das dortige Hauskam-
meramt des Landesfürsten bestimmt In späteren Jahren er-
scheint auch die Haller Saline unter den mit Leobner Eisen
bedachten landesfürsflichen Anstalten. Die bezogene Menge
schwankte von Jahr zu Jahr. So betrug sie 1518: 280, 1521 :
188, 1522: 143, 1523: 675 Säm. Im letzgenannten Jahre
bezifferte sich der Bedarf der Haller Saline allein auf 125
Säm = 312% Ctr. „allerlei Eisens"; dem Innsbrucker Zeug-
hause wurden 350 Ctr. Kugehi uad 200 Ctr. Stabeisen zuge-
führt Vom Jahre 1530 an sank die Bedarfiszififer , alle In-
stitute zusammengenommen, nicht mehr unter 500 Säm, nach-
dem sie im Jahre 1 528 wegen Herstellung einer neuen Pfanne
im Haller Salzsudhause, wozu 403 Säm benöthiget wurden,
^ /^■' ^
— 10 —
verarbeitet ward. Tirol selber dagegen lieferte in älterer
Zeit so wenig Eisenwaare, dass kaum ein paar kleine Bezirke
der Zufuhr entbehren konnten. Eisenerz ward zwar im frühen
Mittelalter auf dem Berge Malegnon zwischen Folgaria und
Vicenza, zu Fursill im Grödnerthale, bei Orsana im Sulzberge
und im Unterinnthale bei Wattens gegraben. Doch aberdauerte
keiner dieser Bergbaue das 1 5. Jahrhundert und die Ausbeute
war nie eine namhafte. Die an ihre Stelle getretenen Unter-
nehmungen zu Predazzo im Meimserthale und zu Buchenstein,
wo der Brixner Bischof als Landesherr eine Zeit lang das
nach dem Wappen seiner Kirche Ferro d'Agnello benannte
Roheisen erzeugen liess, gelangten so wenig, als das Eisen-
bergwerk im Thale Primör, womit Kaiser Ferdinand I. 1550
den Ritter Simon Botsch belehnte, zu nachhaltiger Blüthe;
das letztgenannte schon desshalb nicht, weil Erzherzog Ferdi-
nand von Tirol, als er im Jahre 1 568 dessen Verkauf an den
Freiherm Christof von Welsperg ratificirte, dem neuen Besitzer
ausdrückUch zur Pflicht machte, das gewonnene Eisen nur nach
Venedig und sonst in's italienische Ausland, überhaupt in Gre-
genden abzusetzen, „wo es dem Leobnischen Eisen an
dessen Ausgang keinen Schaden bringen mag^ ^.
Die landesfürstliche Kammer zu Innsbruck, auf deren
Antrag ohne Zweifel diese Beschränkung verhängt wurde, liess
es auch an sonstiger Rücksichtnahme auf die steiermärkische
Eisenproduction nicht fehlen.
So verwendete sie sich unterm 6. October 1597 beim
Erzherzoge Ferdinand, dem damaligen Beherrscher Inneröster-
reichs, um Nachsicht zu Gunsten des Hammerwerksbesitzers
Wolfgang Hertz zu Leoben, damit dessen Hammer von der
drakonischen Unterdrückung ausgenommen werde, welche der
Erzherzog damals in Ansehung aller Hammerwerke zu Leoben
und 5 — 6 Meilen im Umkreise um diese Stadt verfügt hatte,
um das von denselben consumirte Holz den Radgewerken zu-
^ Bezüglich des hier über die tirolische Eisenindustrie der Vorzeit Ge-
sagten verweise ich auf y. See gor's oben citirte Abhandlung.
i
— 11 —
zuwenden. Aus dem bezüglichen Schreiben der Innsbrucker
Kanuner ') erfahren wir , dass Hertz seit 30 Jahren Lieferant
des Bedarfes der Hailer Saline an steiermärkischem Eisen war.
Jüngst erst hatte die Kammer den Lieferungsvertrag mit ihm
auf weitere 5 Jahre erneuert und zwar über ein jährliches
Quantum von 700 SäUL Der Betrieb der Saline, sagt die
Kammer, käme in Aufliegenheit, wenn der Erzherzog das frag-
liche Hammerwerk nicht fortbestehen hesse.
Den Transport besorgte damals der „oberste Eisenhandels-
Verwalter" Augustin Eyperger. Wenige Jahre später, im April
1603, begegnen wir in den Acten des tirolischen Statthalterei-
Archives der zu Kaufbeum (zwischen Augsburg imd Reutte in
Tirol) ansässigen Firma „Mathias Precheler tmd Mitverwandte"
als Vermittlerin bei Deckung jenes Bedarfes. Die Salinenver-
waltung zu Hall schickte sich eben an, Versuche mit neuen
Sudpfannen zu machen, welche freilich gar kläghch verliefen ''),
und benöthigte dazu eine riesige Menge Eisen. Jene Firma
übernahm die Beistellung u. z. „allerlei Eisens: kleiner und
grosser Flammen, Stabeisens, Stahl, Thürpleche u. s. w.", je-
doch „allein aus Teutschen Hämmern, als von Rotenmann vnd
den Hammerwerken daselbst". Noch war indessen seit dem
Abschlüsse des Lieferungsvertrages kein Jahr verflossen, als
dieselbe bei der Innsbrucker Kammer um eine Aulbesserung
der Lieferungsbedingnisse ansuchte, weil der Preis des steiri-
schen Eisens inzwischen gestiegen, auch der Fuhrlohn theurer
geworden und manche andere Auslage gewachsen sei, so dass
die grosse Kapitalsanlage, welche in dem Eisenhandel steckt,
ihr fast keinen Zinsengenuss mehr gewähre. Die Vergünsti-
gung, welche sie sich ausbat, bestand in der beim Kaiser zu
erwirkenden Erlaubniss, zu jeder Linzer Messe den Eisenmaga-
zinen der Stadt Steyer gegen diejenige Bezahlung, welche an-
dere ausländische Handelsleute dafür leisten, 800 Ztr. Stahl
T) „MisBiven am Hof« im tirol. Statth.-Arcli., Jhrg. 1697, S. 277.
^) Ghmel, Oesterr. Geschichtsforscher, IL Bd, 2. Hft, 8. 338. Vgl.
Guarinoni's „Gräuel der Verwüstung", S. 372.
— 12 —
und Eisen entnehmen zu dürfen. Und in der That befürwortete
die Innsbrucker Kammer dieses Anliegen '') ; ein Beweis, wie
viel ihr an der Zuhaltung des Vertrages lag, zugleich aber
auch eine Andeutung, dass die Eisenhändler der Stadt Leoben
zu Anfang des 1 7. Jahrhunderts durchaus nicht die alleinigen
Gebieter auf dem tirolischen Eisenmarkte waren, sondern den
Erlös filr das, was sie dahin absetzten, zum Theile wenigstens,
der Ueberlegenheit ihrer Concurrenz, beziehungsweise der
Vortrefiflichkeit des Vordemberger Eisens verdankten.
Weitere Belege hiefür bietet das Innsbrucker Stadt-
Archiv. Zu meiner nicht geringen (Jeberraschung fand ich
dort ein Actenconvolut, welches weitläufige Verhandlungen über
die Zulassung des Leobner Eisens in Tirol enthält *°).
Damach herrschte hier im Jahre 1624 empfindlicher
Mangel an brauchbarem Eisen. Zwar existirte nun seit Kurzem
ein Eisenschmelzwerk zu Kleinboden am Fusse des St Pan-
krazenberges, unweit Fügen, also nahe am Eingang in's Ziller-
thal, und es scheint, dass diesem Unternehmen zu Liebe da-
mals die Einfuhr des Eisens über die Grenzen Tirols sogar
einem hohen Zolle unterlag. Allein gerade in dieser vernunft-
widrigen Fürsorge lag auch bereits das Geständniss, dass mit
dem Zillerthaler Schmelzwerke dem Lande wenig gedient seL
Schon auf dem Landtage vom Jahre 1619 beschwerten sich
die Stände Tirols über die Sperre der Eisenzufuhr aus Kärnten ^ %
womit nicht etwa die Zufuhr kärntnischen Eisens, sondern
die des steiermärkischen, das von Murau über Tamsweg und
durch Kärnten ging, gemeint war. Und wenn auch der « Ziller-
thaler HandeP die ärarischen Industrieanstalten um einen
Gulden per Saum billiger, als es von Leoben aus geschah, mit
Stahl und Eisen zu versehen sich erbot, so genügte doch
seine Erzeugung kaum diesen, geschweige denn, dass sie nach
') „Missiven an Hof^, Jhrg. 1608, S. 230.
<<>) Es trägt die Signatur: I. Abth. Nr. 872 und begreift auch als Bei-
lage die Nummer 464, so wie den Fascikel 872 Vt in sich.
<>) Hist Statist Archiv fllr Süddeutschland, H. Bd. (1808), S. 328.
— 13 —
Qualität und Quantität dem Begehr der Privatindustrie des
Landes entsprochen hätte. Die sich mehrenden Klagen bewo-
gen die oberöster. Regierung zu Innsbruck, welche Behörde da-
mals die Landespolizei handhabte, mittelst eines unterm 1 0. Oc-
tober 1624 an alle Obrigkeiten Tirols gerichteten Rundschrei-
bens Erkundigungen über die Grösse des Bedarfs anLeobner
Eisen einzuziehen. Vorher schon hatte sie den Statthalter von
Innerösterreich um Aushilfe angegangen und von diesem die
Antwort erhalten: es könne nur durch Leobner Eisen die
Noth gelindert werden. Welche Bedarfismengen von den Obrig-
keiten einberichtet wurden und was zunächst verfügt wurde,
um diesen Wünschen Rechnung zu tragen, ist mir nicht be-
kannt Ich weiss nur aus anderer Quelle, dass im Vmtschgau
der Jammer anhielt ^').
Trat auch vorerst eine Milderung der Prohibitivmassregeln
ein, welche das Uebel verschuldeten, so kehrte die Regierung
doch bald wieder zu dieser verfehlten Wirthschafts - Politik
zurück. Ein Rundschreiben vom 9. October 1664 verpflichtete
alle tirolischen Eisenhändler, zwei Drittheile ihres Be-
darfs beim Zillerthaler Eisenwerke einzukaufen, dessen
Besitzer, der o. ö. Regierungsrath Joh. Karl Fieger, Freiherr auf
Friedberg, erklärt hatte, das Werk auflassen zu müssen, wenn
ihm nicht solcher Gestalt unter die Arme gegriffen würde.
Dem wollte sich kein Eisenhändler fügen. Die Stände baten
den Kaiser Leopold auf dem Huldigungs-Landtage von 1665,
Fieger's Privatvortheil den Forderungen des Gemeinwohles
unterzuordnen und Jedem, der Eisen braucht, zu gestatten,
dass er es sich dort hole, „wo man selbiges am Besten und
Nutzbarlichsten bekommen kann** ^ '). Der Magistrat der Stadt
Innsbruck remonstrirte dagegen unterm 17. Oktober und
27. November 1665. In seinen Vorstellungen betonte er na-
mentlich, dass das Leobner Eisen, gegen dessen Einfuhr
<^) Ephraim Kofi er, handschfU. Gesch. von Gdflan in der tiroliscnen
Musealbibliothek, III. h. 32.
*') Acten im Archive der Tiroler Landschaft
.rr
— 14 —
jenes Mandat die Spitze kehre, trotz der weiten Fracht um
1 fl. 40 kr. per Saum billiger zu stehen komme, als das merk*
lieh schlechtere ZDlerthaler Product Die Regierung hatte mittler-
weile zu Hall eine Niederlage für letzteres in's Leben gerufen,
aus welcher der Gentner zum Preise von 15 fl. 40 kr. be-
zogen werden konnte. Allein Niemand beruhigte sich dabei.
Erst im Wege der Abfindung gewann Fieger Abnehmer und
gelangte so jener Regierungsbefehl theilweise zum Vollzüge.
So liessen sich Andrä Pranger und Karl Aschauer, die hervor-
ragendsten Metallhändler Tirols, mit Beginn des Jahres 1666
herbei, jährhch 1800—2000 Säm Zillerthaler Eisen käuflich
unter der Bedingung zu übernehmen, dass sie daneben jähr-
lich 600 — 800 Säm ausländisches (das wül sagen: steiermar-
kisches) Eisen m Verschleiss bringen durften.
Während dies m Tirol vorging, säumten auch die drei
Vordemberger „Eisenglieder", wozu die Stadt Leoben als Ver-
leger des Vordemberger Eisens gehörte, nicht, ihr gekränktes
Interesse zu wahren. Doch richteten sie vorerst wenig aus. Der
Konflikt zog sich mehr als 20 Jahre lang hin. Als un Jahre
1678 der zu Leoben ansässige Freiherr Viktor von Prandtegg
um die Erlaubniss einschritt, durch 5 Jahre jährlich 400 Ctr.
Leobner Eisen in's Unterinnthal zu freiem Verkaufe importiren
zu dürfen, ward ihm dies rundweg abgeschlagen. Wie wenig
tröstlich auch derartige Bescheide für die steiermärkischen
und tirolischen Schicksalsgenossen lauteten, so gaben doch
diese die Sache, für die sie eingetreten waren, nicht verloren.
Sie verbündeten sich fömdich zu gemeinschaftlichem Vorgehen
und schickten wiederholt Abgeordnete an's kaiserhche Hoflager,
deren vereinte Bemühungen endlich auch Erleichterungen er-
wirkten, obschon das fragliche Mandat der Hauptsache nach
in Geltung büeb. Und selbst das Wenige, was sie erreichten,
kostete viel. So verehrte die Stadt Innsbruck allein, um ge-
neigtes Gehör zu finden, dem Hofrathe der Hofkanzlei Adam
Remich 300 fl. Ein Bedienter des Hofkanzlers erhielt 6 fl.
Ausserdem wurden für ein silbernes „Geschirr** auf des Inns-
brucker Magistratsrathes Schmelzel Ordre 45 fl. ausgelegt und
— 15 —
vorher schon ^aren 629 19. 30 kr. in dieser Angelegenheit
aufgewendet worden. Der Repräsentant des „Zillerthaler Han-
dels" hatte eben pfiffiger Weise einen Landsmann des Hof-
vicekanzlers Freiherm von Buccelini, welcher in Verhinderung
des Hofkanzlers Grafen Strattmann zumeist die Sache in die
Hand nahm, nämlich den Wiener Advokaten Romanini zum
Rechtsfreund erkoren und gegen einen solchen Anwalt war
schwer aufzukommen. Aber auch die Vertreter der Stadt Inns-
bruck, welche sich da in's Mittel legten, Uessen sich ihre Dienste
aus dem städtischen Säckel theuer bezahlen. Ein Herr Jakob
Christof Wagner prätendirte an Diäten ftir 121 Tage, die er
am kais. Hoflager zu Wien, Linz und Wiener-Neustadt zu-
brachte, 726 fl. und f(lr seine Mühewaltung obendrein eine
Remuneration von 450 fl. nebst einem ^Trühele". Im Ganzen
opferte die Stadt diesem Zwecke über 2000 fl. Um den Einfluss
zu paralisiren, welchen der Zillerthaler Repräsentant, Peter Täsch,
dadurch zu gewinnen suchte, dass er in der Person eines Abbate
Ferrari einen zweiten (geheimen) Agenten am Wiener Hofe
bestellte, steckte sich die Stadt hinter den Hyeronimitaner-Mönch
P. Hyppolit aus Pergine, der als Prediger in Wien lebte.
Tirolischer Seits betheiligten sich an diesem Kampfe
für unbehinderte Zulassung des Leobner Eisens in Tirol
ausser der Landeshauptstadt noch die Städte Meran, Bozen
und Hall, femer die Landesviertel an der Etsch, Burg-
grafenamt, Ober- und Unter-Innthal. Eine von diesen AUen
unterfertigte Eingabe wanderte im Jahre 1685 nach Wien.
Die Gegenpartei schüchterte nun freilich den Einen und An-
deren, der da als Unterzeichner füngirt hatte, dergestalt ein,
dass hintendrein Widerrufe erfolgten. So stellten ein Schwager
des Zillerthaler Repräsentanten Peter Täsch, welcher als Ver-
treter des Viertels Unterinnthal da mitgethan hatte, und der
Mandatar der Stadt Hall, Dr. Paprian, ihr Mitwissen nach-
träglich in Abrede. Daraus kann auf die Stärke der Agitation
geschlossen werden, welche in den Bergen Tirols damals des
Leobner Eisens halber stattfand.
Die Vordemberger „Eisenglieder", deren vornehmster
— 16 —
Wortfllhrer der Gewerk Joh. Paul Egger war, nahmen zur
Presse ihre Zuflucht und da in jener Zeit noch keine Tag-
blätter zur YerfQgung standen, liessen sie ihre Erwidenmg
auf eine vom Zillerthaler Gewerken Fieger am 22. September
1685 in Innsbruck producirte Yertheidigungsschrift unter dem
Titel einer „Information' abgesondert m den Druck legen.
Aus diesen beiden Streitschriften ist zu ersehen, dass
vor dem Jahre 1664 der Absatz des Leobner Eisens nach
Tirol, dem Allgäu, GraubUndten und der oberen
Schweiz jährlich 6000 bis 7000 Säm, deren jeder 2Vt Ctr.
wog, betrug. In Hall kostete der Centner desselben 15— 15 Yt fl^
während das Zillerthaler Eisen damals „beim Stockh' d. h.
am Erzeugungsorte auf 15 fl., in Hall aber auf 16 fl. 40 kr.
zu stehen kam. Seither war der Preis des letzteren fOr die
Haller Niederlage auf 1 5 fl. herabgesetzt worden und um den
Zwang zur Abnahme weniger gehässig erscheinen zu lassen,
lag hier im Jahre 1685 ftlr den „gemeinen Mann' Leobner
Eisen zum Preise von 14 '/a fl. per Ztr. bereit, welche
klug berechnete Einrichtung zugleich dazu diente, den Werth
des Leobner Eisens in den Augen der tirolischen Bevöl-
kerung immer tiefer herabzusetzen. Fieger war mit dem
Aerar dahin übereingekommen, dass dieses statt der Bergfrohne
von ihm jährlich Eisen bis zum Werthbetrage von 2000 fl.
unentgeltlich übernahm, womit die Haller Saline und der
Bergwerkshandel zu Schwaz dotirt wurden. Von der genannten
Pfannhaus-Verwaltung, vom Controlor des kais. Zeughauses in
Innsbruck und vom Stubaier Richter Christof Kapferer brachte
er auch Zeugnisse bei, dass das Zillerthaler Eisen besser sei,
als das Leobner. Die Aussage des Stubaier Richters unter-
stützten die Huf- und Sensenschmiede dieses gewerbsamen
Thaies mit der drastischen Versicherung, dass sie „beim
Leobner Eisen nit fortkhommen khunten, sondern verderben
miessten". Hackenschmiede gaben die gleiche Erklärung ab.
Dem entgegen behaupteten die Vordemberger in ihrer „Mor-
mation"* : das Leobner Eisen sei um ein Drittel dauerhafter,
als das ZiUerthaler ; die Haller Salzpfannen müssten, seit man
— 17 —
letzteres dazu verwende, um ein Drittel dicker gemacht wer-
den, was zur Folge habe, dass man nun um ein Drittel mehr Holz
zu ihrer Erhitzung benöthiget und die Salzkruste an der in-
neren Kesselwand sich stärker anlegt Die Freunde des Leob-
ner Eisens widersprachen auch den über dessen Theuerung
vorgebrachten Angaben. Im Nothfalle, meinten sie, werde das-
selbe zum Preise von 12 fl. pr. Ctr. nach Innsbruck gestellt
werden können. Der Hauptsitz des Handels damit war aber in
Tirol die Stadt Hall, deren Bürgermeister Jakob Wenzl da-
mals dessen Vertrieb sich höcWich angelegen sein liess. Fieger
erbUckte in diesem Eaufmanne den vornehmsten Gegner seines
Unternehmens. Um zu zeigen, wie wenig Beachtung dieses
Handelshaus und jedes Seinesgleichen verdiene, wies er auf
die Gefahr hin, die für's ganze Land Tirol entstände, wenn
aus Anlass eines Krieges oder einer Seuche die Zufuhr des
Leobner Eisens suspendirt werden müsste und sodann im In-
nern des Landes kein ergiebiges Eisenwerk vorhanden wäre.
Er rechnete der Regierung vor, wie viel an Steuern und
Zinsungen sie von den Zillertlialer Eisenarbeitem, an Zoll für
Waffen und Sensen von den durch diese mit Rohmaterial ver-
sehenen Schmieden des Landes jährUch einnehme. Er vindicirte
sich auch noch viel andere Verdienste um's Aerar und hoffte,
damit am ehesten durchzudringen.
Allein die Wiener Centralstellen beurtheilten die Sach-
lage minder einseitig und wenn sie auch das Zillerthaler Eisen-
werk nicht dem Verfalle preisgeben wollten, so nahmen sie
doch auf die Consumenten einigermassen Bedacht Eine kais.
EntSchliessung vom 18. Februar 1686 erhöhte daher die Ziffer
des Leobner Eisens, das nun wieder jährlich in's Inn- und
Wippthal gebracht werden durfte, auf 1500—2000 Säm.
(Für's Puster- und Etschthal war die fragliche Beschränkung
ohnehin nie in Kraft getreten.) Allein die Verlautbarung dieses
Zugeständnisses verzögerte sich bis zum Hochsommer. Die
Stadt Innsbruck führte darüber unterm 10. Juli 1686 Klage.
Ihr war der Entgang des Leobner Eisens so schmerzlich ge-
fallen, dass sie in ihrem Bestellungsdrange jene a. h. Ent-
MittheU. d. bist Tereins f. gtelanuark. ZXU. Heft, 1874. 2
— 18 —
Schliessung gar nicht abwartete, sondern bereits am 26. Januar
1686 mit dem Murauer Eisenobmanne Gressing einen auf
200 Zentner lautenden Lieferungsvertrag schloss. Der Reprä-
sentant des Zillerthaler Eisenwerks erhielt hievon Eenntniss
und veranlasste die Sequestrirung von 172 Zentnern, welche
in ErfÜUung des Vertrages zu Eastengstadt abgelagert wurden.
Die Stadt beschwerte sich nun neuerdings beim Kaiser, der
unterm 2. October 1686 die vorerwähnte Klage damit er-
ledigte, dass er die tirolischen Landesstellen anwies, seinen
früheren Befehl zu exequiren. Als Fieger wahrnahm, dass er
dies nicht länger mehr zu hintertreiben im Stande sei, er-
frechte er sich, vom Leobner Eisen zu Battenberg im Unter-
innthale eine Mauthgebühr von 36 kr. per Saimi eigenmächtig
einzuheben. Ein kaiserliches Mandat vom 5. April 1687 unter-
sagte diesen Unfug; doch Fieger kehrte sich nicht an das
Verbot und beim Schlüsse der Verhandlungen, welche in den
von mir benutzten Innsbrucker Stadtacten verzeichnet sind,
dauerte die Bedrückung des Verkehres durch den gewaltthä-
tigen Zillerthaler Gewerken fort
Welche Bewandtniss es mit der Zeugenschaft der Stubaier
Schmiede hatte, auf die Fieger, um das Leobner Eisen als un-
brauchbar hinzustellen, sich berief, lehrt ein Gesuch eben dieser
Eisenarbeiter an ihre Gerichtsherrschaft vom Jahre 1 700, wo-
rin dieselben das Zillerthaler Eisen genau so qualifidren, wie
sie früher das Leobner verdächtiget hatten. Sie drangen auf
Verbesserung des Rohstoffes, weil sonst die Stubaier Waare
allen Credit zu verlieren Gefahr liefe.
Ich stiess auf diese Eingabe im Stubaier Gerichts-
archive und fand neben ihr dort eine zweite aus dem Be-
ginne des Jahres 1702, in welcher die Schmiede des Thaies
um die Erlaubniss bitten, kärntnisches Eisen aus der
gräflich Lodron'schen Hütte zu Gmünd beziehen zu dürfen.
Inzwischen fristete das Zillerthaler Eisenwerk seine er-
künstelte Existenz. Es bezog die Erze aus dem gegen den
Inn abdachenden Oexlbachthale über's JocL Als das Aerar das
nämliche Spatheisensteinlager in Angriff nahm und zu dessen
\
j
— 19 —
Verwerthimg im Jahre 1774 das Eisenschmelzwerk zu Jenbach
in Betrieb setzte, fühlte sich die Meger'sche Gewerkschaft
dieser einheimischen Concurrenz schon gar nicht gewachsen.
Sie trat daher ihren ganzen Montanbesitz an's Aerar ab, wel-
ches kurz zuvor auch den Pillerseer Eisenhandel an sich ge-
kauft hatte und nun eine sehr rationelle Thätigkeit entfaltete '^).
Diese wurde dem Leobner Eisen bald gefährlicher, als ihm die
von der Regierung zum Schutze des Zillerthaler Werkes er-
griffenen Massregeln gewesen waren, zu deren Umgehung ge-
wiss auch Schmuggler die Hand boten.
Das Eisenzeug - Abgabssystem der beiden Haupteisen-
kammer-Güter Inner- und Vordemberg vom 25. November 1769
bescheert noch den „Handelsfreunden^ in Tirol jährliche 4000 Ctr.
Stahl, Mock und grobe Streckwaare *'). Wenige Jahre später
überstieg auch dieser herabgeminderte Ansatz den reelen Be-
darf, ungeachtet die alten Beschränkungen immer laxer gehand-
habt wurden.
Hatten die Eisenconsumenten in Tirol früher sich beklagt,
dass sie zum Ankaufe emheimischen Eisens gezwungen würden,
so klagten sie nun über die Kargheit, womit das landesfürst-
liche Bergwesens-Directorat zu Schwaz die bei ihm einlaufenden
Bestellungen auf Eisen und Stahl befriedigte.
Dieser Zurückhaltung aDein war es mehr zu danken, dass
z. B. die Stubaier Schmiede um das Jahr 1785 durchschnitt-
lich neben 500 Ctr. tirolischen Stahls noch 19 Ctr. steirischen
und 70 Ctr. Blech gleichen Ursprunges neben 62 Ctr. kärntni-
schen Eisens und 1875 Ctr. tirolischen Stabeisens verarbeiteten ' ^).
Dafür aber nahm die Durchfuhr steiermärkischen Eisens
durch Nordtirol damals grosse Dimensionen an. Und damit
gelange ich zur Besprechung der Yerkehrsbeziehungen, in wel-
<^) An t Fächer, der tirolische k. k. u. mitgewerkschaftliche Eisen-
handel, im Berg- u. Hüttenmännisch. Jahrbuch der k. L Montan-
Lehranstalt zu Leoben, IV. Band (1854) S. 220 ff.
«5) Codex Austriacus, VI. Band, S. 1226.
i<^) Handschriftl. Bericht des Gub.-Bathes y. Sardagna in derBibl. Tiro-
lensis zu Innsbruck.
2*
— 20 —
eben insbesondere aucb Leoben — zunächst was das Eisen
anbelangt — zu Südtirol und den übrigen Alpenländem
im Westen stand.
leb will mich diesfalls kurz fassen, nicht blos der vorge-
schrittenen Zeit halber, sondern auch wegen der Zerstreutheit
der einschlägigen Quellen.
Schon in dem Befehlschreiben Kaiser Maxmilians L vom
25. Januar 1507, womit dieser die herkömmliche Vertheilung
des steiermärkischen Eisens in Erinnerung brachte ^^), werden
als Absatzorte für das Leobner Eisen das Land an der
Etsch, Salzburg, Baiern und Schwaben bezeichnet.
240 Jahre später wiederholte Maria Theresia diese Widmung *^).
Das Land an der £ t s c h erhielt seinen Eisenbedarf zumeist
auf der Strasse über Murau, Tamsweg, Gmünd und Oberdrau-
burg. Dieser weite Transport unterlag den mannigfachsten Be-
schwernissen. Der Abgaben nicht zu gedenken, die davon zu
entrichten waren, war für ihn die Benützung sogenannter Rott-
fuhren vorgeschrieben, d. h. einer Vorspannseinrichtung mit
Pferdewechsel gegen Bezahlung gewisser Taxen. Um dieser
Bedrückung auszuweichen, schlössen am 7. December 1751,
wie ich aus den Acten des Regierungs-Archives zu Klagen-
furt weiss, die Eisenhändler Dierling und Holzer zu Bozen
Gastinger zu Mühlbach, Sagmeister zu B r i x e n, Oberhuber,
und Kranz zu Lienz mit der Gemeinde Oberdrauburg einen
Vertrag, durch welchen diese sich verpflichtete, das Fuder
Eisen (zu 15 Ctr.) von Greiffenburg in Kärnten bis Lienz um
3 fl. zu liefern und die Fracht in Drauburg höchstens 3 Tage
lang liegen zu lassen. Auch gestattete die Gemeinde, dass so-
genannte Adritura-Fuhren zur Weiterbeförderung des Eisens
ohne besondere Abfindung von da an benützt werden duiilen.
Das Niederlags- und Rottführ-Privilegium der Greiffenburger
in Ansehung des ihren Markt passirenden Eisens und Stahls
^^) Abschrift im Moshardt'schen Mapt-Kodex des steierm. Landes-ArchiTS,
Bl. 72b —73.
«^) Codex Austriacns V. Bd., S 872.
— 21 —
sowie der Nägelldsten datirte aus dem Jahre 1454, wo Kaiser
Friedrich es ihnen verlieh. So alt, ja gewiss älter noch war
also jene Zufuhr. Als das Privilegium im Jahre 1782 aufge-
hoben ward, gab es in Greiffenburg nicht weniger als 43 Rott-
iühr-Gerechtsame, deren jede einen Preis von 50 bis 100 fl.
hatte. Was Salzburg betrifiFt, so unterhielten die Leobner
Hammermeister im Vereine mit den meisten Berufsgenossen
der oberen Steiermark in der Hauptstadt dieses Namens eine
ansehnliche Niederlage von sogenanntem „geschlagenen Zeug'',
deren Rentabilität aDerdings mitunter zu wünschen übrig Hess.
Kriegswirren und Contumaz- Anstalten beeinträchtigten dieselbe
besonders in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Aber
noch im Jahre 1769 glaubte man dieser Niederlage, beziehungs-
weise dem Fürstenthume Salzburg 920 Ctr. Bruch- und Streck-
eisen und 3080 Ctr. Stalil, Mock- und Grobeisen zuweisen zu
sollen ' ^). Des Eisenhandels, der die S c h w e i z mit Steiermark
verband, wird m der 1793 gedruckten „gründlichen Vorstel-
lung der Beschaffenheit des teutschen Gomerciiwesens" ge-
dacht Dort ist S. 24 ein kais. Patent vom 6. November 1693
citirt, welches bestimmte, dass Eisen und Stahl und die Sensen,
welche sonst nach der Schweiz importirt zu werden pflegen,
höchstens nach den von der französischen Grenze entfernten
Kantonen gebracht werden dürften, nicht aber nach Basel, Frei-
burg, Solothum, Genf u. s. w.
Lindau am Bodensee, damals noch eine unabhängige Reichs-
stadt, wurde zur Controlstätte bestimmt und eine Niederlage
für Waaren, welche dem Feinde beim Kriegführen Vorschub
leisten könnten, daselbst etablirt Die im Spätherbste des Jahres
1690 zu Konstanz am Bodensee für den Sensenhandel aus
Oesterreich nach der Schweiz publicirten Sperr - Massregeln
riefen Beschwerden in Menge hervor; doch scheint es, dass
österreichischer Seits das ZiUerthaler Eisenwerk davon am
meisten betroffen wurde. Tieferen Einblick in diese Verkehrs-
beziehungen gewährt die Correspondenz des Handelshauses
>*; Codex Austriacus, VI. Bd., S. 1225.
— 22 —
„Mathias Eöglers Erben ^ zu Hall in Tirol. Die mehrere hun-
dert Geschäftsbriefe, welche in den Anfang des 18. Jahrhun-
derts zurückreichen, umfassende Gorrespondenz '^) enthält solche
von den Firmen „Zässleins Wittwe^ in Basel, „Rauschenbach",
„H. Ott** in Schaffhausen und „J. H. Frohn*' in Frankfurt am
Main, welche Sensen, Sicheln und Stahl zum Gegenstande haben.
Insbesondere betont der Frankfurter Kaufmann Frohn in einem
Briefe aus dem Jahre 1744: er beziehe Sensen und Sicheln
aus Steiermark über Hall, Bregenz und Schaffhausen, um
sie nach Genf weiter zu senden.
Waren das auch nicht ausschliesslich Leobner Handels-
güter, so befanden sich doch ohne Zweifel solche darunter.
Bisher war vom Eisen die Rede. Damit sind aber die
älteren Verkehrsbeziehungen Tirols zu den westlichen Alpen-
ländem nicht erschöpft
Die Approvisionirung Tirols, namentlich der Bergwerke
und grösseren Städte, machte nicht selten Zufuhren von Le-
bensmitteln nöthig, deren Einkauf auch in der Umgegend von
Leoben stattfand. Im 16. Jahrhunderte kamen Fleischhauer
aus Innsbruck und Schwaz regelmässig zu diesem Ende hie-
her imd die Ochsentriebe, welche sie heimschickten, kreuzten
sich unterwegs mit langen Zügen von Saumthieren, auf deren
Rücken Lodenstücke, Handschuhpäcke, Körbe mit Glas und
Kupferrollen ruhten. Auch Wachs und metallische Farbstoffe
trug die Gegenströmung des Verkehres aus Tirol nach Leoben
oder führte sie wenigstens hier durch.
Und richtet man den Blick über den Tausch der Sach-
güter hinaus ; fasst man den Wechselverkekr der Personen in's
Auge, so ditogt sich einem eine kaum zu bewältigende Fülle
von Wahrnehmungen auf, die ich dem gegenwärtigen Vortrage
einzubeziehen, selbstverständlich verzichten muss.
Nur des Wasserbaumeisters Hanns Gasteiger, des
Kammergrafen Anreiter v. Ziernfeld und des Jesuiten-
*^) Sie wurde mir durch die Güte des dennaligen Chefs dieses Handels-
hauses, Herrn Jos. Christof Feistenberger, zugänglich.
— 23 -
Rectors Gentilotti sei hier gedacht^ welche drei aus Tirol
stammenden Männer, der Erste vermöge seiner Bauten ^ *), na-
mentlich durch den schon im Jahre 1567 privilegirten Vor-
schlag, am Erzberge eine Eisenbahn zu bauen, der Zweite ver-
möge seiner Amtirung, wie nicht minder vermöge seines Grund-
besitzes *') und der Dritte als Gründer der nach seinem Orden
benannten Kirche in Leoben ^*) zu dieser Stadt in nähere Be-
ziehung getreten sind. Hinwider hat Leoben manchen tüchtigen
Bergmann an Tirol abgegeben und bis in die neueste Zeit
herauf währte, durch die Anziehungskraft der Bergakademie
begünstigt, dieser Wechsel.
So finden wir, wie weit wir auch umerhalb der Grenzen,
die ich meinem heutigen Vortrage steckte, um uns blicken,
allenthalben Anknüpfungspunkte und Fäden, um daraus ein
Bild der Regsamkeit zu weben, welche ernst die Stadt Leoben
und deren Umgegend mit den westlichen Alpenländem verband.
Das Eisen zumal, das ihre Bürger schmieden Hessen
oder als „rauhe" Waare von den Radgewerken erhandelten,
um Tiroler Kundschaften damit zu versehen, griff belebend in
jene Wechselbeziehungen ein. Während es Einzelne bereichem
half, nützte es noch weit mehr der Volkswirthschaft im All-
gemeinen. Wie die daraus gefertigten Klammem Bindeglieder
im Kleinen sind, so umspannte es im Grossen räumlich aus-
einander liegende Interessen. In Farbe und Kupfer verwandelt
kehrte es henn. Als Brechstange und Schlägel bahnte es mensch-
lichem Fleisse die Wege in's Innere der Tiroler Berge und der
reiche materielle Segen, der diesen entströmte, der Au&chwung,
der sich daran knüpfte — sie waren zum Theile das Resultat
'0 Alb. y. Muchar, a. a. 0. S. 54—66 u. in seinem Aufsatze : „Die
ältesten Erfindungen und die frühesten Privilegien f&r industrieUen
Fleiss in Innerösterreich'' und im 4. Jhrg. der n. F. der Steiermark.
Zeitschrift (1887), 2. Hft., S. 11. Gasteiger war, als er nach Steier-
mark kam, Bürger von München, jedoch nicht von Geburt, son-
dern Kraft besonderer Verleihung des Bürgerrechts an ihn.
s<) Josef Graf; Nachrichten über Leoben, Graz, 1824, S. 118—124.
><) Ebenda S. 124.
— 24 —
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der Bemühungen hiesiger Bürger. Wenn die Silberausbeute
Tirols im 16. Jahrhunderte mehr oder minder den Preisstand
auf allen europäischen Handelsplätzen beeinflusste, wenn sie
Luxusbedürfhisse weckte, denen die Möglichkeit ihrer Befriedi-
gung zur Seite ging, wenn sie solcher Gestalt ungezählten
Arbeitskräften eine lohnende und, was mehr sagen will, den
Lebensgang rechtzeitig fördernde Beschäftigung sicherte: so
durfte über all' den rauschenden Wirkungen als eine der Ur-
sachen das steiermärkische Eisen nicht vergessen werden, das,
mit dem vaterländischen Dichter Karl Gottfried von Leitner
zu reden, „aussen schlicht und innen stark" dieser Bezeich-
nung sich da in Wahrheit würdig erwies. Und wenn die Frachter
Tirols mit ihren schwer belasteten Fuhrwerken der im Getriebe
des Weltverkehres ihnen zugefallenen Aufgabe nachgingen, wenn
der dortige Bauer, hinter seinem beschlagenen Pfluge einher-
schreitend, die Erdschollen wendete, welche ihn nähren sollten,
wenn er, seine Wiesen mähend, der Viehzucht oblag: dann
hatte abermals Leobner Eisen seinen Antheil daran.
Wenn die Haller Saline Ueberschüsse an Salz producirte,
welche einen Ausfuhrartikel nach der Schweiz bildeten und zu
einem lebhaften Stichhandel mit vorarlbergischen Milchproducten
Anlass gaben, wenn demzufolge das ferne Oberinnthal seme
stiefmütterliche Ausstattung mit Nahrungsquellen leichter ver-
schmerzte, die Schweizer Viehzucht blühte und der Gütertrans-
port in jener Richtung durch gesicherte Rückfracht erleichtert
ward, vollzog sich damit nur eine Metamorphose, deren Kern
das Leobner Wappen trug.
Und mit dem gleichen Rechte kann der Schauplatz sol-
chen Ineinandergreifens von Ursache und Wirkung in dem ge-
gebenen Falle nach den Kantonen der Schweiz, in's salzbur-
gische Gebirgsland und an's nördliche Gestade des Bodensees
verlegt worden.
Ueber der Grossartigkeit der Rundschau, die sich uns da
öfihet, mögen die Schatten, welche seinerzeit die monopolistische
Stellung der Leobner Bürgerschaft warf, wie die Flecken an
der Sonne hier unbeachtet bleiben. Sie waren auch nicht so
— 25 —
dunkel, als ihr Reflex auf der Netzbaut gewisser Theoretiker
welche in schrankenloser Bewegung das einzige Heil der Volks-
wirthschaft erblicken und an alle Culturstufen den gleichen
Maasstab legen.
Sei dem übrigens wie immer; — dass die geistige Ein-
kehr bei den Boten der Vergangenheit nicht blos Staub auf-
wirbelt, sondern auch erfrischend wirken kann, glaube ich ge-
zeigt zu haben. Es ist das ein Verdienst des Stoffes und nicht
dessen, der sich dafür begeistert. Derartige Schätze zu
heben, soll Niemand sich gereuen lassen, dem
sie zugänglich sind; am wenigsten Derjenige,
der sie selber verwahrt, etwa gar sein Eigen
nennt
Die Umgegend von Leoben birgt sicherlich noch manchen
Urkundenschatz, wozu nicht blos steife Pergamentblätter ge-
hören. Die meisten Gewerksinhaber, deren Familien in die Ge-
schichte des Vordemberger Eisenwesens verflochten sind, dürf-
ten unter ihren Privatpapieren Aufzeichnungen von allgemeinem
Interesse bei sich versperrt halten. Und manche Gemeindetruhe,
mancher alte Kanzleikasten strotzt vielleicht noch von derar-
tigem Inhalte. Alte Rechnungen, Correspondenzen, Tagbücher
und was dergleichen anschemend unwichtige Schriften mehr
sind, verdienen dem Stillleben, welchem sie als Staffage dienen,
entrissen zu werden; sei es nun dadurch, dass der Besitzer
selber sie zu einer geschichtlichen Skizze verarbeitet und sein
Elaborat dem historischen Vereinig zur Verfügung stellt, oder
dass er die ihn daheim höchstens belästigenden Papiere dem
Landesarchiv zur Einverleibung anbietet, wobei
er nicht nur in Bezug auf Familiengeheimnisse der grössten
Discretion versichert sein kann, sondern auch eine bessere
Unterbringung erzielt
Einzelner löblicher Anläufe ungeachtet kam noch immer
keine Gesammtdarstellung der Geschichte des steiermärkischen
Eisenwesens zu Stande. Mein heutiger Beitrag füllt nicht so-
wohl eine Lücke in der Reihe der Vorarbeiten aus, als er viel-
mehr zu erkennen gibt, wie viel es da noch nachzutragen gälte.
— 26 —
Wäre es nun nicht ein dankbares oder mindestens ein dankens*
werthes Beginnen, wenn durch Ergänzung dessen, was Mu-
char, Göth und Graf geleistet haben, über die Vordem-
berger Industriegruppe ein Geschichtswerk geschrieben werden
wollte, wie es kürzlich der Oberbergverwalter Friedrich Mü-
nichsdorfer in Ansehung des Htittenberger Erzbei^es ge-
Uefert hat und wie in Ansehung der Eisenindustrie der u n-
garischen Länder ich vor 16 Jahren emes zu Stande brachte?
Solltees eine yergebliche Erwartung sein, wenn man
sich mit der Hofihung trägt, dass geschichtskundige Praktiker,
wie der Gubemialrath Franz Ritter v. Ferro, welcher die
Geschichte der Innerberger Hauptgewerkschaft schrieb, und der
imi Kärntens Montangeschichte vielverdiente Inspector Jakob
Scheliessnigg waren, Nachfolger auf diesem Gebiete finden
werden ?
Die Arbeiten Beider zieren die Jahrbücher der montani-
stischen Lehranstalt zu Vordemberg, welche der damalige Pro-
fessor und nunmehrige Hofrath Peter Tunner, selber ein Stück
Geschichte und zwar von epochaler Bedeutung, zu redigiren
angefangen hat Sie wären aber in den Schriften der histori-
schen Vereine der Länder, welche sie angehen, nicht minder
am Platze gewesen.
Lassen Sie mich mit der Moral dieser Bemerkungen schUes-
sen. Sie lautet: der historische Verein für Steier-
mark, m dessen Namen ich hier zu sprechen mich berech-
tiget fühle, erwartet, dass seine Wanderversammlung in
Leoben ihm und dem Landesarchive, das seine Rüst-
kammer bildet, erfreulichen Zuwachs einträgt, Zuwachs an thä-
tigen, mindestens Geld für die kostspieligen Vereinszwecke
spendenden Mitgliedem, an Au&ätzen geschichtUdien Inhaltes
und an Stoff zur Ausarbeitung solcher.
^>SSS3<B^
J
— 27 —
InneröslerreichischeReliiions-Cravamina
aus dem 17- Jahrhuiidert.
Ein Beitrag zor Gesdiichle der fiegenrefonnatioo io loiierüslerreidi
I>r. Hans von Zwiedineok-Süden hörst.
Uie Grazer Universitäts-Bibliothek bewahrt unter den
zahkeichen Flugschriften, von welchen ich allein aus der
ersten Hälfte des XVII. Jalirhunderts bisher 130 Nummern
aufzählen und namhaft machen konnte ')) in einem Bande '),
in welchem zwölf verschiedene Druckschriften aus jener Zeit
zusammengebunden sind, auch ein sieben Quartbogen starkes
Büchlein, welches m semem Titel folgende Inhaltsangabe
enthält :
I. Siebentzig wichtige Motiven, Warumben die kön.
Mayest in Polen, Senatores vnd der Adel derselben Cron,
wider Vngam, Böhem, vnd die confoederirte Länder, dieser
zeit mit femdlichem Vberzug, oder sonsten in andern weg
zu entgegen nichts handeln, noch dem angenommenen De-
fensionwerk sich widersetzen sollen:
n. Beständige Ablaynung der Vrsachen, welcher willen
die kön. Mayest. in Franckreich wider Vngam, Böhem vnd
die vereinigte Länder htilfF zu laysten ersucht worden;
Beydes aus Polnischer vnd respective frantzösischer
Sprachen inn das Teutsche übergesetzt
0 Zeitungen und Flogschriflten aus der ersten Hälfte des XVII. Jahr^
hunderts. I. Sammlung. Graz 1878.
*) Sign. 51/26 b.
— 28 —
ni. Gravamina Religionis der löblichen Evangelischen
Stände in Steyer, Eämdten vnnd Crain etc. Darauss die über
grosse Gewissens Bedrangnussen männigkhch zu vememen
hat Gedruckt im Jahr MDCXX.
An die zweite Schrift ist noch angefügt:
Der Theologischen Facultät zu Wittenberg Bedencken
auff die Frag: Ob der Rom. Eayserlichen Majestät, die
Evangelischen Fürsten vnd Stände im Krieg wider jhre
Evangelische Religions Verwandten, mit gutem Gewissen
hülffliche Assistenz laysten können vnd sollen.
Die dritte Schrift, mit welcher wir uns hier etwas ein-
gehender beschäftigen wollen, ftlhrt den besonderen Titel:
ReUgions-Gravamina, der dreyen Landen Steyer, Eämdten
vnnd Crayn, so viel deroselben Mitglieder, als die mehreres
der alleinseligmachenden Evangelischen Religion zugethan
sind; wider die Religions Persecutions Conmiissarien etc.
Nach einer kurzen Einleitung, in welcher gesagt wu-d,
dass die „Religions- und Gewissens- Beschwerungen Land-,
Reichs- ja Weltkündig*- seien, werden in 21 Punkten haupt-
sächlich folgende Thatsachen hervorgehoben: Schliessung der
Hauptministeria und Gymnasia zu Grätz, Judenburg, Elagen-
ftirt und Laibach; Schliessung und Sprengung vieler Pfarren
und anderer Kirchen, Verjagung der Seelsorger, Prediger und
Schuldiener; Zerstörung von Friedhöfen, Beschimpfung und
Beraubimg von Leichen der Evangelischen, Verbrennung hei-
liger Bücher.
Als „Jammer über alle Jammer" wird bezeichnet, dass
viele tausend Bekenner der evangelischen Wahrheit zu schänd-
licher verdammlicher Verläugnuss ihrer christlichen „Religion"
genöthigt wurden.
Eingehend wird in den Punkten 14 — 18 das Verfahren
kritisirt, welches gegen die „beständigen Bekenner" einge-
leitet wurde. Diese seien gezwungen worden, „theils in sechs
Wochen, drey tagen, theils in acht tagen, theils bei Sonnen-
schein, theils auch im harten Winter vnd starcken Vngewitter
das Landt zu uerlassen, da doch der Reichs Religionsfrieden
— 29 —
de Anno 1555 denen Vnterthanen auss jhrer Herrn vnd
andern herrschaften Gebiet der Religion halben zu ziehen,
allein auff jhr freye Willkür stellet, wie die formalia lauten. **
Es sei ihnen durch ein Spedaledict verboten worden, „ihre in
der Eile vnverkauften Güter bestandsweis anderen zu ver-
lassen** (in Pacht zu geben), „damit sie dieselben um einen
Spott hergeben und gleichsam verschenken müssen.** Ausser-
dem habe man ihnen von ihrem gesammten Vermögen den
zehnten Pfennig als „Nachsteuer** abgenommen und sich dabei
auf das Beispiel der Beichsfürsten und den oben erwähnten
Beligionsfheden berufen. Dieser aber bezöge sich nur auf das
an jedem Orte bestehende Herkommen und davon sei in
diesen Landen nichts bekannt Zur Zahlung der „Nachsteur**
habe man „richtige vnd gar Hoffschalden per modum com-
pensationis** nicht angenonunen, sondern ihnen den letzten
Nothpfennig abverlangt Eine „infamia** sieht die Beschwerde-
schrift darin, dass die Verbannung bei Leib- und Lebensstrafe
auf ewig „extendirt** wird, „dass einer nicht mehr hindörflfe,
da seine in Gott ruhende Eltern vnd er viel Jahr redlich vnd
ohne alle klag gehauset, da doch der vom Gegentheil ange-
zogene BeUgionsfried aussdrücklich vermeldet, das solchs eines
jeglichen der Beligion halben willkürlicher Auss vnd Abzug
denselben allen vnd jeden an jhren Ehren vnnachtheilich vnd
vnuerkleinerlich seyn soll.** Den evangelischen Herren und
Landleuten, wird weiter behauptet, seien die Ehrenämter ent-
zogen oder wenn sie für solche von Einer Ehrsamen Land-
schaft vorgeschlagen worden, seien andere an ihrer Stelle
berufen worden. Ja man habe sogar solchen Personen, die
mit eigenem Willen ausser Lands gezogen sind, die Zahlung
des 10. Pfennigs aufgetragen imd ihnen die Beligionsübung
ausser Landes untersagt, „dahin doch Ihrer Durchlaucht Juris-
diction sich nicht erstreckt vnd niemandt de jure extra terri-
torium suum etwas zu schaffen oder zu straffen hat''.
Von besonderem Interesse und für die Beurtheilung der
besprochenen Schrift von Wichtigkeit sind die letzten zwei
Punkte, deren Wortlaut hier folgen boU:
- 30 —
„20. Vnd was bey diesen hauptbeschwerongen bey
jedem punct vai gongten ittr al^onderliche höbe excess,
Vofug, gewalttbätige attentata vnnd Bedraognusaen, hauffen-
weiss fürgelaufTeii, welche doch einsthefls zu verschmertzen,
wann nur noch eine Linderung vnd Besserung zu hoffen
were; Noo aber wil vns alle derogleichen hofihung mit
Ihrer Fürstl. Durchl. Jüngst den 8. December dieses 1609.
Jahrs, eitbeilten ungnädigsten Resolution allerdings abge-
schnitten seyn, inn deme hOchstgedachte Ihre FOrstL Durchl.
sich categorice rund vnd lauter einmal vor alles dahin er-
kläret: bei Ihrer meynui^ biss in jhre Gruben zu ver-
harren; Item, dass sie zu keiner andern Besolution zu
bringen vnd za bewegen, sondern lieber alles vnnd jedes,
so sie von den Gnaden Gottes betten, in die Schantz vnnd
witligklicb darzosetzen, als von Ihrer meynung im wenig-
sten zu weichen gedencken; Item, bedrohen, den Ständen
gleichwohl vnuerhofite widrige erzeigungen nit vngerochen
verbleiben, sondern obgelegen seyn zu lassen, was zu er-
haltung jhrer Gerechtigkeit seyn möchte.
21. Vnd was schliesslicheD zum allerbeschwerlichsten,
dass Dir FürsU. Durchl. dero getrewe Landstftnde inn BeU-
gionssachen nicht mehr hören wollen, sondern perpetuum
Silentium nunmehr öfFters als 30. September Anno 1598.
Den 5. Maij Anno 1599 den 5. Martü Anno 1601. Vnd
jUngstlichen bemelten 8. December Anno 1609 mit grossen
Vngnadeo vnd schweren comminationen imponirt, vnnd dass
sie keine derogleichen Rehgions- und Beschwerschrifft mehr
annehmen wollen, Inmassen sie albereit den 3. Febr. Anno
1599 ein Schrift vmb dass kein GeisÜicher bey vorge-
habter prsesentirung gewesen, von denen Evangelischen
Herren und Landleuten nicht angenommen, welches dann
dnra & acerba vox regnantis est, non velle audire, & scripta
accipere, contra qnam vetula iUa objiciebat Regi Macedonum
Fbilippo audientiam recusanti: si non vis audire, noli ergo
regnare, da doch dergleichen beschwerungen in Religions-
sacben, vnd m spede wider die Geisüidien nichts newes,
— 31 —
sondern je vnd allezeit vorgelauifen, so williglich von denen
LandsfUrsten vnd regierenden Herren angenommen vnd ge-
bürlich in Sachen gebraucht worden, wie wir in der Stey-
rischen Landesvest (Fol. 31) ein schön Exempel haben, das
noch Anno 1518 als Lutherufi die Oberhand bekommen,
Kayser Maximilian dem Ersten die Lande wider die Geist-
lichen vnnd PriesterschaSt einen gantzen Catalogum vielerley
beschwerungen, Anordnungen vnnd saumnuss der Clerisey
in Handlungen jhrer Benefiden, Gottesdiensten, Stifitungen,
Seelsorg, in administration der Kirchen und Pfarrlichen
Rechten, Praelaturen, Probsteyen, Abteyen, Canonicaten,
Pfründen, Gommenden vnnd andern Courtisanischen Sachen
zu beschwerung der Land, übergeben, Ihre Kays. Mayest.
vmb abwendung zu soUicitiren, sondern auch was Ihro als
Herren vnnd Landesfürsten gebürte, ein einsehen zu haben,
allergnädigist versprochen; Derogleichen remedirung man
jetzo ebenfaUs in weit mehrem terminis (da das übel über-
hand gar, vnnd viel zu viel genommen, ita ut vix spes sit
salutis) bedörfftig.
Von PoUtischen obgedachter dreyer Stände vnnd Landen
Beschwerungen were gleicher gestalt viel zu sagen vnnd
klagen, davon bey anderer Gelegenheit meidung beschehen
solle.«
Ueber die Entstehung und Bedeutung dieser Be-
schwerdeschrift lässt sich mit Berücksichtigung der bisher über
die Verhandlungen zwischen Erzherzog Ferdinand und den
protestantischen Ständen bekannt gewordenen Actenstücke
Einiges festsetzen, welches ich im Folgenden zusanmienfasse :
Was zunächst die Zeit der Entstehung betrifft, so scheint
mir aus dem Texte zweifellos hervorzugehen, dass man ftlr
dieselbe die letzten Tage des Jahres 1609 ansetzen muss, da
die in den letzten zwei Punkten besonders hervorgehobene
„ungnädige Resolution« Ferdinands vom 8. December dieses
1 609. Jahres datirt wird, welche Bezeichnung genau wörtlich
zu nehmen ist und ausserdem noch durch die nachträgliche
Erwähnung im 21. Punkte als „jüngstlich" bestätigt wird.
— 32 —
Es lag nahe, die Landtagshandlungen dieses Jahres zu
Rathe zu ziehen und dieselben erwiesen, dass sich die Land-
schaft allerdings gerade damals besonders eifrig um die Erle-
digung ihrer Beschwerden angenommen hatte. Die Verord-
neten-Belation ') erwähnt darüber Nachstehendes :
„Beschwär Artid erledigung betreflfend.
Letztlichen berichten ain Ers. Landschafit wir auch hiemit
gehorsambUch, das wir auf derselben im Landtag yberge-
bene Politische Beschwär Articl biss dato yber öffteres viel-
faltiges sollicitiren vnd anhalten ainige resolution nicht er-
langen mügen. Welches an ihme selbst nicht ein geringe
beschwärung ist, alls berürte Articl samenüich, dann da
sich iemandt billich beschwärt befindet, denselben aber
nicht geholfen wierdet, da man Ihme doch zuhülff khommen
khan vnd solle, ist es sodann die grösste vnd maiste be-
schwärung, sonderlich aber ist dises hochzubeUagen, das es
nunmehr ganz vnd gar zu ainer gewohnheit khommen, das
solche ainer Er: La: Gravamina gemännigkUch ybers Jahr
zu hofif vngeacht berürtes sollidtim vnd anhaltens, vner-
ledigter aufgehalten werden!^
Der Landtag legt desshalb seine Gravamina nochmals vor,
welche auch im Anhange zu der Relation vollinhaltlich auf-
geführt werden. Dieselben behandeln die Anlagen, Einlagen,
wie auch die Ausstände der Städte und Märkte. Die Hof-
kammer-Anticipationes, die alten und neuen Reichshilf Aus-
stände, die Yerkaufung der Landgttlten, sowie eme „Beschwä-
rung, das die Herrn vnd Landleuth alhie zu Grätz kheine
Bürgers-Heuser khauffen noch darauf leihen sollten'. Aehn-
liche Beschwerden kehren in den Landtagshandlungen. von
1611, 1613, 1615 wieder und erstrecken sich ausser den ge-
nannten Gegenständen auch auf die Eisensteigerung, Salz-
ringerung, die „Vngarische Traitfuhr", das Lehenrecht und
den Prsßcedenzstreit, welchen die Innerösterreichischen Stände
mit den oberösterreichischen seit dem Linzer Generalconvent
') Steierm. Landes- Archiv. Landtagshandlung 1609. pag. 190.
\
— 33 —
von 1614 wegen des Vortrittes und der Votirung führten.
Die religiösen Verhältnisse werden in allen diesen Beschwerde-
schriften nicht berührt; es hat überhaupt den Anschein, als
sei mit Absicht zwischen poUtischen und Rehgions-Beschwer-
artikeln (gravamina) unterschieden worden, wenigstens fllhren
die zuletzt erwähnten, offidell vom Landtage aufgestellten
stets die Bezeichnung „politisch" bei sich, während der Titel
der uns vorliegenden Flugschrift den Ausdruck „Religions-
Gravamina" an der Spitze trägt Die Erklärung für diesen
Umstand ist im Texte unserer Gravamina selbst gegeben. Es
ist nämlich sehr einleuchtend, dass die steirischen Stände dem
Erzherzoge imd dessen Regierung jeden Vorwand nehmen
woQten, womit die Nichtbeachtung ihrer Beschwerden hätte
begründet werden können. Nachdem Ferdinand, wie hier er-
wähnt wird, sich mehrmals standhaft geweigert hatte, irgend
welche Beschwerden in Religionsangelegenheiten anzunehmen,
war vorauszusehen, dass seine Regierung jede derartige Ein-
gabe unberücksichtigt lassen würde, sobald auch nur irgend ein
Punkt sich auf religiöse Dinge bezog. Man nannte daher die
Beschwerden, die sich auf Steuern und Rechtsangelegenheiten
bezogen, „politische", um ihren Unterschied von den ver-
pönten Religionsbeschwerden sofort kenntUch zu machen.
Aber nicht nur, dass diese Gravamina selbst in den
Landtagshandlungen nicht erwähnt werden, es findet sich
sowohl in diesen, wie auch in den Protokollen über die
Sitzungen der Verordneten, sowie in den landesftLrstlichen
Patenten nicht die geringste Andeutung über die Entschlies-
sungen des Erzherzogs Ferdinand, welche im 21. Punkte der
Gravamina erwähnt und vom 30. September 1598, 5. Mai
1599, 5. März 1601 und 8. December 1609 datirt werden.
Dennoch sind uns dieselben nicht ganz unbekannt; es ist
kaum zu zweifeln, dass die Resolution vom 30. September
1598 mit der Ausweisung der evangelischen Priester aus
Graz, welche am 28. d. M. stattfand, zusammenhängt. Die
Resolution vom 5. Mai 1599 dürfte wohl identisch sein mit
der von Hurter reprodudrten „Hauptresolution ueber der
ICltthell. d. bist. Yeroina f. SUlermark, ZXII. Heft, 18T4. 8
— 34 —
Herrn und Landleuth in disen dreyen Erblannden Steyr,
Khämdten vnd Crain, der Augspurgerischen Confession zuge-
than, eingebrachte Religions-Beschwärungen" ^ j. Dieselbe wurde
den zum Landtage von 1599 (Jänner bis April) versammelten
steirischen Herren evangelischen Glaubens zugestellt, welchen
sich zahlreiche Abgesandte aus Kärnten und Erain ange-
schlossen hatten, um in zwei Beschwerdeschriften vom 22. Jänner
und 8. Februar gegen die vorangegangenen Gewaltacte des
Erzherzogs zu protestiren und Beligionsfreiheil zu verlangen.
Die Hauptresolution enthält den Schlusspassus: „So wollen
sich demnach die Herrn vnd Landleuth Augspurgerischer Con-
fession in dem Namen Gottes nunmehr zu rhue begeben, in
Ir Durl. etc. weitter nit sezen, Sich auch nicht vnderstehen,
Irer DurL was solliches verrer zuezumuetten, dadurch Sy Ir
wissen vnd gewissen zum höchsten onerierten vnnd entlichen
die vnhuldt Gottes yber sich zu Ehewigem verderben laden
soUen. Vnd diss ist also Irer Für. Durl. enntliche gewisse
Resolution, will vnd mamung, darbey Sy biss in Ir grueben
zuuerharren vnd sich auf ainiche widrige mainung, durch
khainerley mitü (mit Gottes Beyständiger Hilff) dauon bringen
vnd bewögen zulassen für allzeit gnedigist endtschlossen.''
Das Datum dieses sehr umfangreichen Actenstückes ist
der letzte April 1599. Für Jedermann, der in Ferdinand und
seinen Käthen nicht ausschliessUch die muthigen Kämpfer für
eine erhabene, das Glück des Volkes begründende Idee sieht,
wie der im Zustande reUgiöser Extase geschichtsschreibende
Herr von Hurter, ist hinter dem Gemische von Drohung und
Bitte, welches dieses Actenstück durchdringt, hinter dem eif-
rigen Bemühen, die Verfassungswidrigkeit der von den Stan-
desherren eingeleiteten Schritte nachzuweisen, die Verlegenheit
der Kegierung leicht ersichtlich. Die gepriesene Festigkeit
hätte Ferdinand wenig genützt, wenn die Stände ebenso fest
und unerschrocken gewesen wären. Ihr Rückzug ist aus d^
bisher bekannten Thatsachen kaum erMärUch und man wird
^) Hurter, Geschichte K. Ferdinands und seiner Eltern. IV 496.
— 35 —
versucht, dem uns leider nicht geschilderten Spiele hinter den
Coulissen mehr Bedeutung beizulegen, als den officjellen Acten-
stücken. Für den 5. März 1601 enthält Hurter's Darstellung
kemerlei Erwähnung; die Resolution vom 8. December 1609
ist die Antwort auf eine Eingabe der evangelischen Herren,
welche manche Anklänge an die Gravamina enthält; wie z. B.
die Beschwerde wegen Ausschliessung von sämmthchen Aem-
tem. Die Antwort enthält nach Hurter's Mittheilung auch die
in den Gravamina citirte Stelle: „rund sage er (der Erz-
herzog) es heraus, dass er eher alles, was er von Gottes
Gnaden besitze, in die Schanzen schlagen, als von dieser
Ueberzeugung im geringsten weichen wollte.^ Eine nochmalige
Antwort auf diese Resolution erschien den in Graz versam-
melten innerösterreichischen Standesherren offenbar gänzlich
aussichtslos und sie mochten daher, erbittert durch die Hart-
näckigkeit der Begierung, wohl daran denken, ihre Klagen
anderswo vorzubringen und die Aufinerksamkeit jener Kreise
auf sich zu ziehen, welche begierig jede Gelegenheit ergriffen,
um der Opposition gegen das Habsburgische Haus und seine
Begierungsmethode neue Nahrung zu verschaffen.
Unter dem unmittelbaren Eindrucke, welchen die Reso-
lution vom Jahre 1609 auf die damals in Graz versammelten
evangelischen Standesherren hervorgerufen hat, entstanden
die Gravamina, In Verbindung mit den Verhandlungen dieses
Jahres steht auch ein anderes Schriftstück, dessen Bespre-
chung ich später mir anzufügen erlauben werde. Eine erreg-
tere Stimmung scheint bei Abfassung der Gravamina über-
haupt vorgewaltet zu haben. Wenigstens deutet die Bezie-
hung auf den Tod Philipps von Macedonien mit Citirung der
Phrase: „si non vis audire, noli ergo regnare", so ziemhch
die äussersten Gedanken der durch die FnichÜosigkeit ihrer
Bemühungen verletzten und aufgeregten Herren an.
Was den Inhalt der Gravamina betrifft, so finden sich
unter den Beschwerden mehrere Thatsachen erwähnt, welche
sehr wohl geeignet sind, das Halbdunkel theilweise zu erhellen,
in welches die Vorgänge während der Gegenreformation noch
8*
— 86 —
gehallt sind. Dahin gehören namentlich die Chicanen gegen
die zur Auswanderung gezwungenen Protestanten, die bei
ihrer berechneten Härte es uns erklärlich machen, dass sehr
Viele, die ursprünglich zur Auswanderung geneigt waren, end-
lich doch lieber eine Abschwörung ihres Glaubens erheu-
chelten, als dass sie ihre ganze Habe aufs Spiel setzten ^).
Der Augsburger Religionsfrieden von 1555 wird in zweifacher
Bichtung benutzt, um das Vorgehen des Erzherzoges als un-
gesetzlich darzustellen. Zunächst wird behauptet, dass die
Ausweisung der Religion wegen an und fbr sich gegen dai
Religionsfrieden Verstösse, welcher es Jedermann freistelle,
ob er wegen der Religion auswandern wolle oder nicht Es
ist nun ganz richtig, dass sich in der bezogenen Constitution
kein Passus vorfindet, der den einzelnen Reichs-Ständen das
Recht der Ausweisung wegen des rehgiösen Bekenntnisses
ausdrücklich zuschreibt Der auf die Auswanderung bezüg-
liche §. 24 bestimmt nur die Modalitäten, welche im Falle
einer Auswanderung zu beobachten sind, ohne irgend welche
Fälle anzugeben, in welchen dieselbe erzwungen werden konnte").
Gerade der Inhalt dieses Paragraphen gibt jedoch erst dem
^) Was Harter an Belegen für die Milde der Regierung zuBammentr>,
verschwindet gegen die colossalen Strafen, welche Dimits in seiner
Urkundensanunluog allein von Erain auÜEfthlt
*) Der hier einschlägige §. 24 lautet : « Wo aber unsere, auch der Chur-
ftlrsten, Fürsten und Ständen ünterthanen, der alten Religion oder
Augsburgischen Confession anhängige, von solcher ihrer Religion
wegen, aus unsem, auch der Churfürsten, Fürsten und Ständen dee
Heil. Reichs Landen, Fürstenthttmer, Städten oder Flecken, mit
ihren Weib und Kindern an andere Orth ziehen, und sich nieder
thnn weiten, denen soll solcher Ab- und Zuzug, auch Yerkaufiiing
ihrer Haab und Güter, gegen ziemlichen billigen Abtrag der Leib-
eigenschafit und Nachsteuer, wie es jedes Orts von altersher fibUdi
hergebracht und gehalten worden ist, unverhindert männigliches,
zugelassen und bewilliget, auch an ihren Ehren und Pflichten aller
Ding unentgolten seyn. Doch soll den Oberkeiten an ihren Gerech-
tigkeiten und Herkommen der Leibeigenen halben, dieselbigen ledig
zu zehlen oder nicht, hiedurch nichts abgebrochen oder benom-
men seyn **
i
— 37 —
§. 15, welcher die Hauptgnmdsätze des Uebereinkommens
feststellt, jene verhängnissvolle Deutung, welche in dem mon-
strösen Satze: cujus regio, ejus reUgio gipfelte. Denn, wenn
auch der erste Theil des §.15 die Religionsfreiheit nur den
Reichsständen zuspricht, so lässt sich doch der letzte Absatz
desselben derart auslegen, dass jeder gewaltsame Act gegen
wen immer in Sachen des Religionsbekenntnisses als verpönt
erscheint, nachdem es da heisst: „und soll die streitige Reli-
gion nicht anders, dann durch christliche, freundliche, friedliche
Mittel und Wege zu einhelUgem christlichem Verstand und
Yergleichung gebracht werden." Es wäre nun kaum irgend
einem Reichsstande möglich gewesen, die Ausweisung semer
andersgläubigen Unterthanen als ein „freundliches und fried-
liches Mittel für die Vergleichung" zu erklären, wenn nicht
§. 24 selbst stillschweigend eme solche Subsumption noth-
wendig machen würde. Denn wozu brauchte es Bestimmungen
über die Auswanderung der Religion wegen, wenn eine solche
überhaupt nicht erzwungen werden könnte? Wer wird aus-
wandern, so lange man ihn nur „friedlich und freundlich*'
behandelt?
Die unehrliche Gesinnung der einen der pads-
cirenden Parteien, welche die Zweideutigkeiten und Wider-
sprüche dieses unseligen Friedensinstrumentes hervorrief gab
den Erben dieser Gesinnung die Mittel an die Hand, eine
formelle Basis für religiöse Intoleranz imd Gewaltacte zu
finden, die nimmermehr im Sinne der Sieger von 1552 gelegen
waren und in grösserem Masstabe auch nur einseitig von der
katholischen Partei zur Anwendung gebracht wurden.
Wenn demnach auch die erzherzogliche Regierung bei
den von ihr vorgenommenen Ausweisungen der Akatholiken
die formelle Berechtigung aus dem Augsburger Frieden ab-
leiten konnte und der Widerspruch der Betroffenen nicht von
evidenter Richtigkeit war, so scheint doch die zweite Anklage
von der Ungesetzlichkeit der Einhebung des 10. Pfennigs, als
einer m Innerösterreich nicht bestehenden Gewohnheit, be-
gründet zu sein, nachdem die Regierung in den bis jetzt
— 38 —
bekannt gewordenen Acten nirgends den Nachweis versucht»
die Gesetzmässigkeit ihrer fiscalischen Verordnung historisch
zu belegen. Sehr bezeichnend für die Kanzleitaktik der inner-
österreichischen Bäthe ist auch die im 21. Punkte der Grava-
mina erwähnte Thatsache, dass eine Beschwerdeschrift aus
dem Grunde nicht angenommen wurde, weil bei der Präsen-
tirung kein Mitglied geistlichen Standes zugegen gewesen,
sowie der im 19. Punkt erhobene Vorwurf, dass selbst das
dem Landtage zustehende Vorsclilagsrecht für Ehrenämter un-
berücksichtigt bUeb, ausschliesslich um die Protestanten zurück-
zusetzen und in der richtigen Erwartung, dass gekränkter
Ehrgeiz am ehesten geeignet sei, Gewissensscrupel zu be-
siegen und den Adel, dem man mit offener Gewalt doch
nicht beikonnte, — katholisch zu machen.
Es erübrigt noch die Beantwortung der Frage, wie denn
diese „Gravamina" 10 Jahre nach ihrer muthmassUchen Ab-
fassung dazu gelangt seien, fem von dem Orte ihrer Ent-
stehung, in Prag, in der Gesellschaft von polnischen und fran-
zösischen Angelegenheiten das Licht der Publicität zu erblicken.
Eine wenig gewagte Combination gibt die Erklärung. Es wird
für die historische Flugschriftenliteratur kaum ergiebigere
Jahre geben, als die Jahre 1619, 1620, 1621, wo sowohl
von protestantischer als katholischer Seite die Presse als
Agitationsmittel ganz ungewöhnlich in Bewegung gesetzt wurde.
Die Häupter der Union Uessen in Augsburg, Hanau, haupt-
sächüch aber in Prag eine Flugschrift nach der andern er-
scheinen, welche theils zur Vertheidigung der eigenen Politik,
theils zur Anklage wider die Gegner bestimmt waren. Zu
einer solchen hat nun eme Persönlichkeit, welche entweder
selbst zu den evangelischen Herren der Steiermark zählte,
oder doch denselben sehr nahe stand, willkommenes Material
geliefert, indem sie die anno 1609 abgefassten Gravamina zur
Verfügung stellte. Die Betheiligung innerösterreichischer Pro-
testanten an der böhmisch-pfälzischen Action habe ich ander-
wärts nachgewiesen ^), das Vorhandensein von Verbindungen
"') Christian von Anhalt und seine Beziehungen zu Innerösterreidi.
Graz, Leuschner 1874.
— 39 —
zwischen steirischen Baronen und Christian von Anhalt, Thurn,
Tschernembl u. A. lässt es glaublich erscheinen^ dass man
durch die Publication der besprochenen Gravamina einerseits
die Wahrscheinlichkeit einer Erhebung der innerösterreichi-
schen Protestanten bei den unirten Fürsten in Aussicht stellen
und andererseits in Innerösterreich selbst die Gemüther er-
regen und fbr die Gemeinsamkeit der Religionsinteressen
nord- und südwärts der Donau empfängUch machen wollte.
Im innigen Zusammenhange mit der eben besprochenen
Beschwerdeschrift steht nach meiner Anschauung jene „Voll-
machts- imd Vereinigungs-Urkunde der unkatholischen Land-
leute Cäxnihens", welche Hurter im Anhange des VI. Bandes
(pag. 643) seines mehrmals erwähnten Werkes abdruckt Die-
selbe trägt ebenfalls das Datum von 1619, enthält jedoch im
Texte von vorneherein die Erklärung, dass sie nur als eine
Erneuerung einer schon am 29. August 1609 entstandenen
Urkunde zu betrachten ist, in welcher sich die evangelischen
Standesmitglieder der drei Lande auf Edelmannswort gegen-
seitigen Schutz und Beistand zusagen, falls einem von ihnen in
Folge von Religionsangelegenheiten ein Unrecht zugefügt würde.
Die früher berührten Vorgänge im Landtage von 1609,
die Theilnahme von Parteigenossen aus Kärnten und Krain,
die unwillige, gereizte Antwort des Erzherzogs sind die Folge
des vorher geschlossenen Bündnisses, welches durch die
Urkunde vom 29. August 1 609 formell abgeschlossen wurde
und höchst wahrscheinUch eine noch weitergehende Bedeutung
hatte, als der Text der Urkunde selbst verräth.
Man muss sich vergegenwärtigen, dass 1609 das Jahr
des Msgestätsbriefes ist, dass in demselben Jahre ein Prinz
des Hauses Oesterreich, Mathias, der ständisch-evangelischen
Opposition in Oesterreich und Mähren die Hand gereicht und
mit ihr im Bunde seine Ziele erreicht hatte, um das Vor-
gehen des innerösterreichischen Adels vollkommen würdigen
zu können. Ebenso wird man aber auch aus dem Zusanunen-
hange der gesammtösterreichischen Verhältnisse die Ueber-
zeugung schöpfen, dass die beste Zeit für eine erfolgreiche
— 40 —
ständiscbe Action bereits yorübergegangen war, dass die Iimer-
österreicher mit ihrer Conföderation zu spät gekommen waren
und überhaupt viel zu ehrlich und loyal gehandelt hatten, um
gegenüber der JesuitenpoUtik einen Yortheil erringen zu können ^.
So blieben denn die Gravamina in dem Pulte des evan-
gelischen Ausschusses liegen, um gleich der ständischen Oppo-
sition selbst einen zehnjährigen Schlaf zu halten und nach
ihrer Wiedererweckung sofort für immer gegenstandslos zu
werden. Die Conf&derationsurkunde wurde 1619 ebenfalls er-
neuert; doch kemeswegs, wie dies 1609 ohne Zweifel der
Fall war, auf einer allgemeinen Versammlung, sondern im
Wege schriftlichen Verkehres. Es geht dies aus der Schluss-
formel hervor: „beschehen im Landtage den 20. Febrajj zu
Gratz, 4. Marzi zu Elagenfurt, hernach in Labach, davon
tägüch der Succurs erwartet wird".
Von einer Wirkung dieser Wiederemeuerung der inner-
österreichischen Conföderation ist mir nichts bekannt ge-
worden ; es lässt sich auch das Gebahren des evangelischen
Ausschusses der drei Länder kaum beurtheilen, seine That-
losigkeit schwer erklären, so lange nicht weitere Materialien
dafür an das Tageslicht gebracht werden. Dass die darauf
gerichtete Forschung nicht ganz aussichtslos sein dürfte, dass
eine auf Grundlage erweiterter Kenntnisse fussende Darstel-
lung der Gegenreformation aus dem Stadium des frommen
Wunsches noch zu weiteren Phasen gehoben werden konnte,
ist nur durch meine bisherige Beschäftigung mit den Geschichts-
quellen jener Zeit nahezu zur Gewissheit geworden.
Graz, Mai 1874.
"> Erzherzog Ferdinand rühmte diese Ehrlichkeit selbst in einem
Briefe an seine Mutter (Hurter Y. 257), als er Eenntniss erhielt,
dass die steirischen Verordneten die Aufforderung Mathias, sich
ihm anzuschliessen, uneröfifhet zurückgesendet hatten. Wenn die
evangelischen Herren dabei auf Dank und Anerkennung und endliche
Gewährung ihrer bescheidenen Forderungen gerechnet hatten, so
legten sie dabei eine Eurzsichtigkeit an den Tag, über welche ihre
Gegner nicht wenig Vergnügen empfunden haben mdgen.
— 41 —
Die Herrschaft König Ottob's II. von Böhinen
in Steierraark.
Ihr Werden, Bestand und Fall (1252 — 1276)
Dr. F. Krones.
Qoeilen-HilfsmitUl.*)
a) Qnellenschriftsteller.
Ottokar's Reimchronik, h. v. Pez in den scrr. rer.
aostr. UL Bd. — Annales Aastrise, h. v. Wattenbach im
XI. Bde. der Monum. Germania) (vgl, die A. b. Pez and Rauch
nnd Stögmann's bezügliche Zusammenstellung im IX. Bde. des Arch.
f. E. ö. G.) Annales Ottocariani im XI. Bde. der M. G.
Contin. magni presbyt. Reichersperg, Hermanni Altah. ann. Mon.
Germ. XVII. — Die Compilation: Chron. Australe o. Historia
australis b. Freher-Struve Corp. scrr. rer. germ. p. 431 — 490 aus
dem 14. Jahrb. (vgl. 0. Lorenz: Deutschlands Gesch. Q. im M. A.
S. 268). Joannis abb. Yictoriensis, Chron. h. v. Böhmer
in den Fontes rer. germ. L, in diesem Thcile der Rheimchronik
nachgeschrieben; desgl. Mathsei cujusdam vel Gregorii Hageni
gennanicum Austriae chronicon b. Pez scrr. I. 1043 — 1158; Eben-
dorfer von Haselbach Chron. austr. ebda.: — Anon. Leob., h.
V. Pez L Bb. der scrr. vgl. Zahn's Ausgabe Graz 1865. — Keza
Chron. Hnng. Endlicher Mon. Arpad. I. und Thuroczy Chron. Hung.
b. Schwandtner scrr. rer. Hung. I. (liefern so gut wie nichts), ünrest
K&mtn. Kronik b. Hahn Coli, monum. I, (schreibt der Reimchronik
Ottokars nach), s.
b) Urkundensammlungen.
Gerbert uud Bodman Cod. epist Rudolfi I. 1772 f. u. 1806.
Dolliner: Codex epist regis Premislai Ottocari Vienn. 1803. —
(Pusch und Fröhlich), Diplomataria sacra ducatus Stj-
riae, 2 Bde. 1796. Palacky Formelbücher 1842. Bärwald: Baimi-
gartenberger Formelbuch fontes rer. ausir. 2. A. XXV. 1866. —
*) Die mit gesperrtem Satze gedi-uckten Titel bedeuten vorzugsweise
oder am h&ufigsten gebrauchte Werke.
— 42 -
Boczek Cod. dipL epist Morayi» m., lY. Bd. 1836 f.; Erben
nnd Em 1er Reg. BoL Moravi» diplomatica Pars prima et se-
cunda (Vol. L II.) 1855—1873. — Fejir Cod. diplom. Hang.
IV, 2. — Böhmer Kaiserregesten (Regesta imperii 1198 — 1254
und 1246—1313 et Addit I. IL 1844—1857 Urinindenbach des
Landes o. d. Enns 1852 ff. III. Bd. Urkunden z. Gesch. v. Oest,
Stm., Kämt., Krain, Görz, Istr., Triest, Tirol v. 1246 — 1300, L v.
Chmel (1849) im I. Bde. der Fontes rer. anstr. erste Abth. —
Bianchi: Documenta bist Forojol. ssecoli XIII. 1206 — 1299 snm-
matim regesta. Arch. f. K. ö. G. 22. Bd., 373 ff. (1267 ff.)
c) Bearbeitungen.
Ph. Lambacher: Oesterr. Interregnum u. s. w. 1773, 4^
Rauch: Oest Gk^chichte (begonnen von Schrötter) in.Bd. ( — 1280).
F. !^urz, Oesterreich unter Ottokar u. Aibrecht I. 1. — 2. Bd. (Urkdn.)
Lichnowski, Geschichte des Hauses Habsburg I. Bd. 1836.
Wiener Jahrbacher f. Litt <& Kunst 108. Bd. A. v. Chmel
über Lichnowski's Geschichte des Hauses Habsburg u. s. w.
(urkundl. Material z. Salzburger Kirchenstreite.) (Vgl. K o c h-
Sternfeld 's Beitr. z. Gesch. Salzb. etc. IH. Bd. u. s. Anfe.
in den Abb. der kön. bair. Akad. d. W. IV, 2.)
Palacky, Gesch. Böhmens H. 1, A. (u. d^ini H, 1.)
Kopp, Gesch. d. eidgenöss. Bünde L, H. Bd.
0. Lorenz, Erwerbung Oesterreichs 1857. Deutsche Geschichte
im 13. und 14. Jahrb. I. H. Bd. 1864 und dessen frühere Ab-
handlung über den Salzburger Kirchenstreit im 33. Bde. der
Sitzungsber. bist. phil. Kl.
Dudik, Gesch. Mährens, 5. Bd. 1870. (1197—1261.)
Fessler, Gesch. der Ungarn, neu bearb. v. Klein, I. Bd.
Hirn, K. Rudolf L Wien 1874.
Für steierm. u. innerösterr. Gesch. insbesondere.
C&sar, Ann. duc. Styri» L Bd. 1768.
Muchar, Gesch. das Herz. Steiermark 5. Bd. (vgl. 2, 3.)
K. Tan gl, Handb. der Gesch. des Herz. Kärnten. IV. 1. A.
Tangl, die Grafen von Pfaunberg; die Grafen v. Heunburg im
XVn., XVm., XIX., XXV. Bde. des Arch. f. K. ö. G.
J. Falke, Gesch. des Hauses Liechtenstein I. Bd. 1868.
Manzano, Annali del Friuli HL Bd. 1860/
(Kleinmeyem) luvavia, 1784.
Zauner, Chronik von Salzburg, 2. Bd.
A. Pichler, Landesgeschichte von Salzburg, 1866.
Krön es, Quellenm&ssige Vorarbeiten z. Gesch. und Quellenkunde
des mittelalt Landtagswesens der Steiermark, im 2. Jahrg. der
Btr. z. K der stm. G. Q.
— 43 —
d) Handschriftliches.
Die wesentliche Gmndlage meiner Arbeit bildeten die Urknn-
densammlung, die Regesten und Repertorien des musterhaft ge-
ordneten steierm. Landesarchives.
Des Ranmerspamisses willen und im Interesse der lieber-
sichtlichkeit wurden sämmtliehe Urkundenbelege, die wenigen im
Texte untergebrachten abgerechnet, einem eigenen Anhange einver-
leibt und dem Texte die laufenden Nummern dieser Regesten in
Klammern eingefügt Ueberdies vermied der Verfasser so viel als
möglich alle Citate und nur, wo dies unausweichliche Nothwen-
digkeit war, erscheinen solche unter dem Texte.
i Die Vorgäoge in den Jahren 1246— 13S4 bis zum Ober Frieden.
Der streitbare Friedrich, des Hauses Babenberg letzter
männlicher Sprosse, hatte sein Ende in der Lejtaschlacht
(1246, 15. Juni) gefunden, durch Feindeshand, oder, wie ein
schlimmeres Gerücht besagte, durch die tückische Waffe ge-
heimer Widersacher im eigenen Heeresgefolge.
In der Fülle blühender Manneskraft war er dahin ge-
schieden und galt er auch bei Lebzeiten als harter, launen-
hafter Fürst, dessen Lebenselement die Fehde und der Sin-
nengenuss waren, der mit allen Nachbarn im Streite lag und
ebensowenig den Säkel und die Wehrkraft der Lande als ihre
Rechte und Freiheiten schonte, so vergass man jetzt dieser
Schattenseiten und gedachte lieber seines kräftigen Annes,
mit dem er Willkür und Gewaltthat der Mächtigen im Lande
gezüchtigt, seiner reckenhaften Tapferkeit,, die er mächtigen
Gegnern und Landesfeinden verspüren liess und beklagte in
ihm das Erlöschen enies vielgerühmten kerndeutschen Für-
stenstammes ^).
) Ganz bezeichnend heisst es darum im Yictoriensis A. in Böhmer's
Fontes rar. germ. L, S. 282. Hie (Fridericus) eine berede decessit,
quod terram plus quam ejus interitus perturbavit.
Vgl. Cent Garst. Mon. Germ. XI, 598 Austria et Styria quasi una
sedet in pulvere trisMs et gemebunda.
. I
— 44 -
Mehr als ein halbes Jahrhundert stand auch unser Land
unter babenhergtscher Herrschaft und wie sehr es auch, trotz
dieser fiusserlichen Verbindung mit Oesterreich, seine innere
E^enständigkeit und verfassungsmässige Autonomie behauptet
hatte, so verkn&pfte doch beide Lfiader das Buid der Per-
sonalonion und setzte den PulsscUag ihres politiscbeii Lebens
in gleichifinuige Bewegung.
Nicht ungetrübt war das Verhältoiss der Steiermärker
zu dem letzten Babenhei^er; schwer empömd die St&nde-
BChaft den Druck von Massr^ehi des kriegslustigen Fürsten,
die ihre verbiieften Rechte und Freiheiten krankten und sie
säumt« nicht, als Kaiser Friedrich U. den trotzigen Herzog
geächtet, von ihm gleich den Oesterreichem abzufallen und
der unmittelbaren Herrschaft des Reiches und des Kaisers
anzugehören. Aber der letzte Babenberger war grösser durch
Thatkraft als sein Missgeschick, er gewium das Verlorene
wieder, da der Kaiser selbst den Aus^eich suchte, und gerofter
an Erfahrung,- klüger an Einsicht waltete er nun des Fttr-
stenamtes in der Stäermark zu allgemeinerer Zufriedenhdt
Und so war denn sein vorzett^er Tod ein fühlbarer
Verlust auch für die Steiermark ; man sah sieb an der SchweBe
einer unerquicklichen, emer herrenlosen Uebei^fangszeit, deren
schwere Noth Herzog Friedrich's Waffengeuosse, unser ritter-
licher Sänger Ulrich von Liechtenstöi beklagt, und die sich
in der geschichtlichen Dichtung des Rebndironisten Ottokar
abspiegelt
Nach dem klaren Wortlaute der babenbergischen Hand-
feste V. J. 1156 (1215 neu bestätigt) und dem im Reiche
geübten Lehenrechte mussten Oesterreich und Steiermark in
Folge der Lejtaschlacbt des J. 1246 als heimgefallene Reichs-
lehen gelten. Selbst wenn das angebliche Testament des
letzten Babenbergers in Anschlag gebracht wird, wonadi die
binterlassenen Herzogthumer der Fürsorge des rßmisdien
Stuhles empfohlen wurden, lässt sich von dieser Rechtsan*
schauung nicht abgehen ond ebensowenig verkennen, dass sie
in der Steiermark weit mehr iu's Gewicht fiel, als die Ge-
— 45 —
neigtheit für das natürliche Erbrecht der ttberlebenden weib-
lichen Seitenverwandten des Herzogs, seiner Schwester Mar-
garethe, verwitweten römischen Königin, und der Nichte Grertrud,
um deren Hand sich nicht lange zuvor der Kaiser selbst
beworben hatte, die aber dem böhmischen Königssohne Wla-
dislav Hemrich, Markgraf von Mähren, zu Theil wurde.
Denn wie sehr sich auch des Kaisers grösster Gregner,
der willensstarke Papst Innocenz IV., zu Gunsten dieses weib-
lichen Erbrechtes abmühte, um die beiden Lande der Hand
des Kaisers zu entwinden, — in der Steiermark fand der
Günsthng des römischen Stuhles, Herrmann von Baden, Ger-
truden's zweiter Gatte, keine Anerkennung'), deren er im
Lande Oesterreich auch nur in beschränktem Masse genoss
(9). Wohl aber wandten sich die Steiermärker an den Staufen-
kaiser wiederholt mit der Bitte, dem herrenlosen Zustande ein
Ende zu setzen, denn die Reichsverweserschaft des Ebersteiners,
dann des Görzer Mainhard, galt doch nur als Nothbehelf.
Der Kaiser aber, in unheilvollem Kampfe für seinen
Machtbestand auf wälscher Erde verwickelt und durch sein
Verhängniss entfremdet dem deutschen Reiche, woselbst ein
Gegenkönig um den Ändern das Ansehen seines Sohnes, des
römischen Königs Konrad lY. bekämpfte, hatte weder Müsse
noch Willen, die schwierige Frage im Smne der Steiermärker
zu lösen. -—Er starb den 13. December 1250, mit ihm der
Glanz und die Grösse seines Hauses und so floss das öster-
reichisch-steiermärkische Zwischenreicb mit dem gemein-
deutschen zusammen. Dem Reiche fehlte die einigende Kraft;
darf es uns da Wunder nehmen, wenn an seiner Peripherie,
in den südlichen Donaualpenländem besonders, das politische
Leben eigene Bahnen einzuschlagen begann und das Testament
des Kaisers *) für diese Länder wirkungslos blieb ?
*) Den Titel dux Austri» et StyriiB führte er allerdings.
*) Lambacher (Interr. S. 40 1) hält es ftkr erdichtet, doch kann seine
Echtheit nicht entscheidend bestritten werden. Vgl. über das Testa-
ment die Angaben in Potthast's Begg. pontit z. J. 1250, December
18-17.
— 46 —
und doch hätte gerade Ktiiser Friedrich's ü. letzter WSe
die beste, naturgemässe Vereöhnung der Gegensätze herbei-
führen können, da er seinen gleichnamigen Enkel, den Sohn
der I'abenbergerin Margaretba und König Heinrich's VII^ des
unglücklichen Sproseen des Kaisers, zum Erben Oest^rächs
und Steiermarks einsetzte.
Aber das Testament blieb, wie gesagt, virkungsloa, Über-
dies verscholl alsbald dieser Enkel — wie das GerQcht be-
sagte, von seinem Halboheime Manfred durch Gift aus dem
Leben gescbnflFt — und die Zeit war gekommen, wo an die
Steiennärker und Oesterreicber die gebieterische Nothwen-
digkeit herantrat, die Entscheidung ihrer Zukunft in eigene
Hand zu nehmen.
"Ea war hohe Zeit, dass sich die Steiermäriier tun einen
LandesfÜrsten umsahen, denn es war zu besorgen, ihre Heimat
wUrde der Tummelplatz der Raub- und Fehdelust, der gemem-
schädlichen Farteileidenscbaft und gerade die „Besseren und
Edleren" TerlOren das Gefühl für das Beste und die Ehre
des Landes^).
Hatte doch der Sponbeimer Phihpp, des Kfimtoer Herzogs
Bernhard jQngerer Sohn, damals Erwählter von Salzbui^ ein
Mann, dessen ganzes Wesen mit dem geistlichen lErtenamte *)
im grellsten Widerspruche sich bewegte, — jene schlimmen
Neigungen zur Fehde um Gewinn bei so manchem steiriscben
Edelherm auszunfitsen Gelegenheit gefunden, — als er, der
Gegner des Kaisers und vor allem der ghibellinisch gesinnten
Görzer, in das Ennsthal einbrach und unter dem Aushänge-
*) Ulrich von LiechteDBtem im Fraaendieiut A. Lachmann's pg. 630:
nun roDbt diu lutt naht unde tec
dft Ton Til dörfer wflesie lac.
dje reichen wurden sA gemaot
daz si den armen nAmn ir guot."
>) üeber s. geiatlichOB Vorleben TgL Dadik, GeRchichte Mährens 5,
— 47 —
Bchilde der Züchtigung der unrechtmässigen Träger salzbur-
gischer Hochstiftslehen das entschiedene Streben verrieth, das
ganze Thalgelände bis zum Rottenmanner Tauem von der
Steiermark loszureissen. Da dienten ihm um Sold und andern
Gewinn Glieder der steirischen Ständeschaft, deren Namen
vom besten Klange sind und noch oft an erster Stelle sich
finden, wo die wichtigsten Landesangelegenheiten zur Sprache
kommen % Es sind die Grafen von Pfannberg, Bernhard und
Heinrich, Dietmar der Weissenecker, Ulrich von Marburg,
Wulfing von Treuenstein, Albert von Wildhausen und auch
Herr Ulrich von Liechtenstein (10) fehlt dabei nicht ')• Dieser
bezeugt urkundlich, als treuer Dienstmann des Erzbischofe,
keinen deutschen Kaiser als den rechtmässigen anerkennen
zu wollen, den nicht der Papst und Deutschland's staufen-
feindliche Kirchenftlrsten als solchen betrachten würden. Tragen
wu* aber den thatsächlichen Verhältnissen Rechnung und
vergessen wir nicht, wie wenig Ernst man damals wie zu
zu allen Zeiten mit solchen urkundlichen Versicherungen und
Redensarten machte, — so erscheint uns dieses Benehmen
des Liechtensteiners ebenso begreiflich als belauRlos für seine
prinzipielle Parteistellung, die überhaupt in solchen Zeiten all-
gemeiner Unsicherheit und widerstreitender Rechtsanschauungen,
wo auch die Besseren nicht immer wussten, was Rechtens
sei und wem man gehorchen solle, der wechselnden Partei-
nahme aus persönlichen Beweggründen des greifbaren Vor-
theils und äusserlichen Ansehens den Platz stets räumen muss.
Veranschlagen wir nämlich den gesammten Bodenbesitz
der Salzburger Kirche in der Steiermark, wie er sich im
eilften Jahrhunderte entwickelt darstellt, so zeigt derselbe einen
Umfang, der dem Allodial- und Lehenbesitze der Traungauer
mindestens gleichkam. Immerhin blieb derselbe trotz späterer
*) Vgl. über diese Verhältnisse die Abhandlung Ottokar Lorenz' im
33. Bde. der Sitzungsb. der bist. pbil. Kl. und die Darstellung in
seiner deutsehen Gesch. L 73—80.
^ Die Daten über den bisherigen Lebensgang und Aemterbesitz des
Liechtensteiners s. Falke a. a. 0. 104—112.
— 48 —
Wandlungen bedeuteud genug. Die Grafschaft des Ennsthales,
wenngleich ein Bestandtheil der karantanischen Mark, später
des Herzogtimms Steier, bestand fast durchwegs aus salzbur-
gischen Gütern im eigenen Bestände oder in den Hflnd^
adeliger Lehensträger des Hochstiftes (1—4, 6, 8), vor Allem
aber der Landesherzoge, unter denen der letzte Babenberger
Vieles dessen, was er vom Hochstiftie zu Lehen trug, an After-
lehensträger vergabte. Hier also, dann am obem Murboden,
wo die Kammerfeste Yonstorf einen wichtigen Mittelpunkt
salzburgischen Besitzes bildet, in der Gegend Mittelsteiermark^s
mit dem Vororte Leibnitz und in der unteren Mark, allwo
Pettau als eine Hofetatt des Erzstiftes bestand, fand sich an
stattlicher Kreis Salzburger Vasallen aus der steiermärldschen
AdelschafL Darf es uns da Wunder nehmen, dass in den
Tagen der Unsicherheit, als die Steiermark eines Landes-
fürsten entbehrte, so mancher Edelherr Gunst und Verdienst
bei dem mächtigen Inhaber des Hochstiftes und Bruder des
Kärntner Herzoges suchte und Angesichts des Umstandes,
dass es im Reiche kein allgemein anerkanntes Oberhaupt gab,
Verbindlichkeiten einging, die der Kirche das Entscheidungs-
recht in der Königsfrage einräumten? Der Liechtensteiner
und seine Standesgenossen in gleicher Lage dachten darum
nicht um Haarbreite päpstlicher als Andere, höchstens eigen-
nütziger.
Anderseits begreifen wir aber auch ganz gut, dass der
Erwählte von Salzburg die günstige Gelegenheit nutzen wollte,
das zersplitterte Lehensgut des Hochstiftes in der Steiermark
zurückzugewmnen (5) und für alle Begegnisse einer ausgie-
bigen Vasallenhilfe sich zu sichern bemüht war, wie die Hof-
tage Philipp's im Februar und Jimi 1260 zu Vonstorf an-
deuten (11). Willfährige Lehensmannen. wie namentlich die
Pfannberger, fehlten nicht; Dienstverträge wurden geschlossen,
die denn doch irgend ein Hinterpförtchen offen Hessen (12,
13) und der Erzbischof war nicht der Mann auf halbem Wege
stehen zu bleiben, wie die Rheimchronik andeutet An Wil-
lenskraft und kriegerischer Tüchtigkeit gebrach es ihm kei-
— 49 —
neswegs, me bald darauf sein glücklicher Kampf mit dem
Görzer und Tiroler Grafen (1252) bewies.
Da trat denn an die Steiermärker die verhängnissvolle
Frage heran, wen sie zum LandesfUrsten erküren mochten.
Unter den Oesterreichem hatte sich eine starke Partei für
den Sohn des Böhmenkönigs Wenzel, Premysl Otokar, Mark-
grafen von Mähren, Gertruden's Schwager und Verwandten
des Sponheimers Philipp gewinnen lassen. Denn vorderhand
gab es keine die Vergabung fälliger Reichslehen entscheidende
Kaiser- oder Königsgewalt in Deutschland, und der böhmische
Thronfolger, verwandt mit den Babenbergem und dem Kärntner
Herzogshause, auch bei dem römischen Stuhle gut ange-
schrieben, in der Fülle der Jugend und Kraft, erschien als
der geeignetste und mächtigste Bewerber, freigebig im Lohnen
und nicht karg mit Versprechungen und freundlichen Worten.
Ueberdies war er entschlossen, der betagten Margarethe, der
Schwester des letzten Babenbergers und Schwiegertochter
Kaiser Friedrich's H, die Hand zu reichen, nachdem er im
Spätherbste des Jahres 1261 *) Oesterreich und auch Wiener-
Neustadt**), das Bindeglied zwischen Oesterreich und Steier-
mark, zur bedingten Anerkennung seiner landesfürstlichen
Gewalt gebracht hatte. Endlich darf man auch nicht über-
sehen, dass Philipp, der Erwählte von Salzburg, dem die
Ungarn alle seine Errungenschaften in der Steiermark ab-
drangen, in Gemeinschaft mit seinem Bruder, dem Kärntner
Herzoge Ulrich, sein mö^ichstes that, um die Ungarn bei
Ottokar anzuklagen *") und den premyslidischen Verwandten
zur Annexion der Steiermark aufzumuntern.
») Vgl. Lorenz, Erwerbung Oesterreich's durch Ottokar v. Böhmen,
1857, S. 11 ff. 1251, 21. Nov. fand bereits der Huldigungstag in
Klostemeuburg statt, s. Urkdb. des L. o. d. E. III. 178.
9) Vgl. Erben's Regg. I 612 Nr. 1326.
^^) Beimchr. Cap. 22.
^^TCr chlagt Im ser den Gewalt
den Im der Chunig Welan
hie ze Steyr het getan"
BKIttlicil. '• Ust y«reiaa f. BMtmftrk. ZZn. Heltf 18T4. 4
^ I
— So-
lu der steiermärkischen Ständeschaft äusserte sich nun
eine Parteispaltung, denn mit klaren Besitzrechten oder be-
rechtigten Ansprüchen hatte die damalige Sachlage ninmier zn
schaffen. Es war die Zeit der Annexionen und Usurpationen
gekommen, die Zeit, in welcher die Stäermärker ent-
schlossen waren, sich den Herrn selbst zu wählen und man
wäre versucht, eben diesen Zeitpunkt ftür den auffälligen
Zusatz von späterer Hand in den landrechtlichen Satzungen
der Georgenberger Urkunde vom Jahre 1186 verantwortlich
zu machen. Ein Theil der steiermärkischen Landherren
dachte an ein Zusammengehen mit dem Schwesterlande und
stimmte für Ottokar's Anerkennung. Ob der Führer dieser
Partei, Ulrich von Liechtenstein, sein Bruder Dietmar auf
Ofienberg, der Treuensteiner, Ehrenfelser u. A. einzig und
allein von dem Grundsatze geleitet wurden, „es sei Rechtens,
dass Oesterreich und Steierland Einer Hand unterthänlg bleibe^,
— und nicht auch andere greifbare Beweggründe von der
böhmischen Annexionspolitik aufgeboten wurden, — lässt sich
nicht sicher entscheiden. Immerhin wollen wir annehmen, dass
dabei der Liechtensteiner »witzig und männlich' dachte;
überdies gab die nächste Zukunft dieser Partei Recht.
Anders aber dachten, Dietmar von Weisseneck an der
Spitze, Friedrich von Pettau, Ulrich und Leutold, die Wil-
donier, Wulßng von Stubenberg, Heinrich von Pfannberg, Sei-
fried von Mährenberg, die Ramensteiner, der Kranichsberger,
Kolo von Seldenhofen, — gewiss die stärkere Partei. Sie
kam den Wünschen der Witteisbacher, Herzog Heinrich's, des
Bruders Pfalzgrafen Ludwig's, entgegen. Dieser musste aber
bald das willkommene Angebot fallen lassen.
Denn sein Schwiegervater, König Bela IV. von Ungarn,
war nicht gesonnen, dem Eidame mit Rath und That be-
hilflich zu sein, ihn gelüstete selbst nach dem Besitze der
benachbarten Steiermark. Bald gelang ihm die Ausnützung
der wittelsbachischen Partei zu ungarischen Annexionszwecken
und die Babenbergerin Gertrude, inzwischen wieder aus ihrer
Zurückgezogenheit aufgetaucht, wurde schon aus Verdruss
— 51 —
über die Wendung der Dinge in Oesterreich seine Verbündete.
„Mit Boten und Briefen/ erzählt die Reimchronik, „übergab
sie all' ihr Recht auf Oesterreich und Steierland heimlich^
dem Ungamkönige, der ihr als Entgelt den dritten Gatten,
Roman von Halitsch, seinen Neffen auserkor. So dienten beide
Babenbergerinen, Margarethe und Gertrud, der politischen
Annexion als brauchbare Rechtstitel, wenngleich Gertrudens
bezügliche Cession thatsächlichen Einflusses so gut wie ganz
entbehrte.
Da Ottokar jedoch, seit Februar 1252 Verlobter und
zwei Monate später Gemahl Margarethen's, sich nicht bloss
Herzog von Oesterreich, sondern auch von Steiermark schrieb,
überdies alles aufbot, um die Gunst der Steiermärker zu ge-
winnen ; da er im Sommer des genannten Jahres einen Güter-
vertrag mit Dietmar von Steier abschloss (15) und Urkunden
als Herzog der Steiermark aussteUt, ja persönUch in das
Land gekommen zu sein scheint, — während die Ungarn
einen verheerenden Einfall nach Oesterreich und Mähren voU-
fbhrten, — so liegt die Wahrscheinlichkeit nahe, Bela IV. habe
damals noch nicht über die wittelsbachische Partei in unserem
Lande verfügt und die Occupation der Steiermark besten Falles
im Herbste und nur unvollkommen durchzuführen vermocht.
Ja wir begegnen noch im Mai und Juni des nächsten
Jahres (1253) dem böhmischen Thronfolger als „Herzoge
Oesterreichs und Steiers" in unserem Oberlande, zu Leoben,
von einem stattlichen Kreise steiermärkischer Adelsherren
umgeben. Auch Dietmar von Weisseneck und Wulfing von
Stubenberg finden sich (16) — aufiMlig genug — darunter, was
auf eine ungamfeindliche Haltung Einzelner von der wittels-
bachischen Partei schliessen liesse. Ueberdies spricht die
Beimchronik von der Vertreibung des ungarischen Haupt-
mannes Ainbold. Wir bewegen uns somit innerhalb urkund-
licher Thatsachen und verworrener Ueberüeferungen, die kei-
nerlei klare und sichere Ansicht ermöglichen.
Jedenfalls werden wir sicher gehen, wenn wir uns dem
Geleite der Reimchrbnik nur mit grosser Vorsicht überlassen
4*
— 52 —
und folgenden Gang der Ereignisse als den wabrschdnlicfaen
hinsteUen. Der erste Zeitabschnitt der ungarischen Annexion
fäDt in den Spätsommer und Herbst des Jahres 1252, zwei-
felsohne in Verbindung mit dem verwüstenden Ein&lle Bela'sIV.
nach Oesterreich, der den Ungamkönig um den 20. Juni im
Lager vor Wien erscheinen lässt Ottokar's Anwesenheit in
der Steiermark ist für damals auf urkundlichem Wege nicht
genau erweislich ' '), aber thatsächlich annehmbar.
1253 kam es zu einer Beaction gegen diese Anfii^e
der ungarischen Herrschaft in unserem Lande, deren ümÜBuig
wir eben so wenig als die sie leitenden Persönlichkeiten klar
zu erkennen vermögen. *^) Wahrscheinlich hatte sie sich an-
fiüiglich einer Maske bedient, als vertrete sie nur das Inter-
esse des Witteisbachers und lüftete sie erst allgemach. Diese
Reaction benutzte Ottokar und so begreifen wir dessen
Anwesenheit im Mai des genannten Jahres zu Leoben im
Oberlande und die (Gegenwart zweier ansehnlicher Vertreter
der wittelsbachischen Partei, insbesondere ihres Führers Dietmar
von Weisseneck, neben Ottokar's Hauptanhänger, Ulrich von
Liechtenstein (16).
Ungarns Angriff auf Oesterreich und Mähren im Juni
1253 war mit einem bald erfolgenden Einfalle der Baiem
nach Oesterreich combinirt und da Ottokar von seinem Vater
selbst, trotz der Grösse dieser Kriegsgefahr, aus Groll und
Argwohn im Stiche gelassen wurde, hatte er den Aufwand
11) Bei Lambacher findet sich Anh. 81—82 Nr. XXI eine ürkmide
Ottokar's vor, die seine Anwesenheit zu Graz L J. 1252 bezeoft,
aber ohne jede n&here Zeitangabe.
*>) Reimchronik, Gap. 21, 22. Joan. Victor, a. a. 0. I. B. 4. Gap. der der
Reimchronik nachschreibt, fitsst dies in nachstehende Worte zusammen :
Ungari autem terre presides populum inconsuetis angariis qipri-
mentes nobiles et plebeios nimium perturbabant. Gonsiderantea igitor
ex hoc, quod omnes Ottocaram afifectarent et oottidie eins patro-
dninm implorarent, formidantes et natantes vacillantibas aaimis ad
propria redieront. Qmbns (üngaris) eliminatis et de terra egressb
Ottokarus advocator et occnrente sibi populo de singulis civitatibos
cum laude princeps Styrie potentialiter est effectas.
:t.
— 53 —
all^ seiner Kräfte nöthig, um Oesterreich und Mähren zu
retten. Thatsächlich musste er also die Steiermark preisgeben
oder richtiger gesagt der Selbstvertheidigung überlassen. Jene
Aenderongen somit, welche unser Reimchronist, die einzige
Quelle dieser steiermärkischen Geschichtsepoche, an die erste
Annexion der Ungarn knüpft und durch Ottokar bewirken
lässt, nämlich die angebliche Vertreibung des ungarischen
Hauptmannes Ainbold (Ompud?) und die Uebertragung der
Landeshauptmannschaft von Witigo auf Heinrich von Pfann-
berg, müssten in die Zeit von 1252 — Mai. Juni 1253 ge-
stellt werden. Aber ihr Detail hält der urkundlichen Kritik
nicht Stand.
Ainbold's Vertreibung müssen wir aus Mangel an ander-
weitigem Quellenmateriale unerörtert lassen. Aber bezüglich
Witigo's ist die Reimchronik im Irrthum; er war nie Landes-
hauptmann, sondern Landschreiber der Steiermark; ebenso-
wenig begegnet uns eine urkundliche Spur dar von dieser
Quelle behaupteten Landeshauptmannschaft des PÜEumbergers,
die besten Falles nicht lange währen mochte, da auch
Hartnid's von Pettau, Wulfing's von Stubenberg, Leutold's
von Stadek und WuliSng's von Treuenstein in gleicher Eigen-
schaft gedacht wird ''). Nun aber entsteht die wichtige Frage:
hielt Ottokar den factischen Besitz der steiermärkischen
Herrschaft bis 1254 fest? Dass der Angriff der Ungarn
zurückgewiesen wurde, scheint aus den allerdings sehr unbe-
stimmten Andeutungen der Quellen hervorzugehen. Mitte Sep-
*') Vgl. Reimchronik a. a. 0. S. 34—35. Im Victoriensis a a. 0 S.
287—8 (I. Buch, 4 Gap.), der in diesem Theile seiDer Chronik ein
Auszug der Reimchronik genannt werden darf, werden die Ereignisse
übersichtlicher geordnet, ohne dass wir jedoch klarer darin sähen.
Tangl in seinen Abh. über die Pfannberger, II. Abth. Arch. f. K.
ö 0. 18. Bd., S. 127, hält sich wohl bezüglich des Pfannbergers
an die Reimchronik — muss sich aber (128) aus Mangel ander-
weitiger Belege mit der Doppelannahme helfen, dass er „entweder
Landeshauptmann^ oder „ oberster Landesrichter^ war und auch in
letzterer Hinsicht ist die von ihm angezogene Gösser Urkunde vom
12. October 1254 ein magerer Behel£
- 54 —
tember d. J. treffen wir den Sohn WenzeFs I. zu Krems, wo
er dem apo&folischen Sendboten, Cardinalbischofe Guido, die
feierliche Zusage gibt, den König Wilhelm zu unterstutzen
und aus dessen Hand persönlich Oesterreich und Steiermark
als Keichslehen entgegenzunehmen. Ueberdies besitzen wir
eine Urfiunde Ottokar's vom 17. December 1253, zur Zat,
wo sein Vater bereits verstorben (22. September) und er
selbst Böhmenkönig geworden wu*, in welcher er sich offenbar
als Landesherr der SteiermM-k geberdet, da er Witigo, dem
Laadschreiber der Steiermark und dessen Bruder Ruotger die
Etiaubniss ertheilt, das Schloss Haldenrain (Halbenrein) in der
Gegend von Radkersburg zu verkaufen (17),
Ottokar führt auch, nachdem die seit Juli 1253 durch
den Cardinallegaten Guido im päpstlichen Auftrage versuchte
Friedensvennittlung zu einem Waffenstillstände gedieh, den
Titel eines Herrn oder Herzogs von Steiermark weiter und
wemi auch aÄf solche Titel wenig Gewicht zu legen ist, so
ist es dennoch bemerkenswerth, dass uns keine einzige Urkunde
überliefert blieb, welche für die Zeit von 1253 bis 3. April
1254 das landesherrliche Walten der Ungarn in unserem
Lande bezeugt So bleibt uns denn kein anderer Ausweg, als
die auch von den damaligen Chroniken unterstützte Annahme,
die Ungarn seien bis zum letztem Zeitpunkte nicht als Herren
der Steiermark zu betrachten, Ottokar habe dagegen als
Inhaber landesfürsüicher Gewalt allhier zu gelten. Denn auch
das Ofher Friedensinstrument verräth deutlich, dass in Bezug
der Steiermark Ottokar die Abtretung '*) vornimmt und dafür
durch ein seiner österreichischen Herrschaft zu Gute kom-
mendes GebietsstUck entschädigt wird, überdies der Arp^enhof
für die Befriedigung der „Herrin von Impirg", d. i. Gertruden's,
zu sorgen hat (18). Was letzteren Funkt betrifft, so bleibt
der Name „domina de Impirg", worurtfer man Gertrude ver-
stehen muss, allerdings ein sonderbarer Fund, der sich aber
**) Daher heiagt ea auch io den gleichzeitigen Anualeg ADStrife z. B.
Mellic. Cont Predicat. Tindob. Sancruc. II. Eodem aimo Ottokarui
Duz AuBtriee aBsignavit Bele rägi Ungarin Stjriam.
— 55 —
einfach auf ein Schreibversehen statt: Judenburg zurück-
führen lässt. So heisst in einer ottokarischen Urkunde vom
Jahre 1261 Friedrich, Gertruden's Sohn, Friedericus filius
dominae G. ducissse de Judenburch *'). Durch die ßeim-
chronik erfahren wir auch, dass Gertruden als Leibgeding:
Leoben, Enittelfeld, Judenburg am obem Murboden, Grazlupp
bei Neumarkt . und YoiJbsberg mit Tobl im Eainachgelände
Mittelsteiermarks zugewiesen wurden. *•) — EndUch haben
wir noch ein paar Worte über das in jenem Frieden an
Ottokar überlassene Gebiet zwischen dem Südufer der Donau
and der Wasserscheide des Murflusses zu bemerken. Dass
zunächst der Traungau und die ehemalige Püttner Mark an
Oesterreich fiel, unterhegt keinem Zweifel '^). Doch auch das
ganze Ennsthal gehörte demzufolge nicht zu dem von den
Arp&den erworbenen Steierlande und müssen wir bei dem
»Schlosse Schwarzenbach" an das heutige Schwarzenbach im
Bottemnanner Bezirke denken, das sich Ungarn als Grenz-
punkt seines Antheiles aufs angelegentlichste sichern wollte,
so griffe die damalige Ländermarke in's Paltenthal hinein,
das allerdmgs ausserhalb der Wasserscheide der Mur liegt.
IL Die Terireibong der ÜDgarn aus der SleJerinark und die dauernde Be-
gründung der Herrschall OUokar^s im lande. E. 12S9 — 1267 samml den ein-
leitenden Verhältnissen seil Uli
Die ungarische Herrschaft in Steiermark hatte mit dem
Olher Frieden vom Jahre 1254 ihre Feststellung gefeiert^
aber einen bleibenden Schatten geworfen. Bela lY. willigte nämlich
«) Palacky II, 1, S. 187, Note 259.
") Reimchronik, 26. Cap.
*'') Ziemlich genau verzeichnen auch die Ann. Mellic. die Begrenzung
durch den Ofoer Frieden : s. Monum. Germ. XI. S. 509 — in denen
als Grenzmarken der Berg Semtirich (Semering) und Agmund (Ad-
mont) genannt werden und im Victor, a. a. 0. S. 288 heisst es:
positisqne metis terras distinguentibus, scilicet montibus Semernich
— se-
in eine Gebietsabb-etung an Ottokar, velche die Steiennfiricer
Qbel vermeticen nLUBeten, denn sie geschah auf Kosten der
alten Landesgrenzen. Schon die Anfänge der irptldischen
Aonexion 1252/1253 hatten nur sehr getheilte S]rmpathien
unter den Stfinden des Landes finden mQss«L An einer
Ottokar immerdar befremideten Partei wird es nicht gefehlt
haben, wenn sie sich auch ruhig verhielt und die ungarische
Herrschaft äusseriich anerkannte. Ueberdies gedachte so Mancher
besserer Tage, als noch Steiermark und Oesterreich in eiaex
Hand lagen und mochte die Wiedervereinigung der Schwester-
laude in der Person OttokarX des Gatten der Babenbeigerin
Margarethe, berbeiwonsdien.
Anderseits befand sich noch eine Babenbergerin im
Lande, Gertrud, welche von ihrem dritten Gatten, einem Köder
ungarischer Politik, getrennt, sich fUr ihre eigene Person in
dem Stülleben zurechtfinden mochte, — immerhm aber 8uf
ihren Leibgedingsitzen Gegenstand der Aufinerksamkeit jener
Elemente der adeligen Landschaft blieb, wdche in ihr die
Inhaberin emes Erbrechtes gegenüber der politischen Annexion
oder Usurpation des Landes erblickten.
Dass sich ihr Sohn zweiter Ehe, Friedrich, der nach-
malige Schicksalsgenosse des letzten Sprossen vom eriaucht«D
Hause der Stanfen, des Titels „Herzog von Oesterreich und
Steiermark" bediente, gerade wie Beine Mutter dies noch
fortan that, dieselbe Frau, welche man in dem O&er Frie-
densinstrumente vom Jahre 1254 wohl nicht ohne Abgeht
mit dem aospruchaloseren Titel Herrin von Impirg(Judea-
burg) abgefertigt wissen wollte, — war gewiss der ungari-
schen Herrschaft nicht sonderlich willkommen.
Auch ist es nicht ganz bedeutungslos, dass jener Land-
schreiber der Steiermark, Witigo, der in seinem Amte so
manchen Wechsel der Zeiten überdauert hatte, der schon um
et fiaiperch . . . Bezeichnend sagt der Bog. Aoon. Leob. (a. a.
125S) ünde ezortoin est, ut iiti in nova civitate et circnm
qaaque dicniitar Anttralee, cum tarnen eadem cifitaa
Sita lit in terra Styrie.
— 57 —
1244 unter dem letzten Babenberger auftaucht*^, 1248 „von
Reiches wegen ** (sacri imperii per Styriam) bestellt erscheint,
in der ersten Epoche der ungarischen Herrschaft, dann unter
Ottokar und wieder in den ersten Tagen der neu begründeten
Arpidenherrschaft seine wichtige Stelle bekleidete, gerade im
Jahre 1265, in welchem er (10. Jänner) von Gertrud als
„Herzogin von Oesterreich und Steiermark" (17) sich neuer-
dings sem Besitzrecht auf das Schloss Halbenrain bestätigen
lässt, zum letzten Male als Landschreiber erscheint und
dieses Postens ledig, alsdann in Diensten Ottokar's als Land-
schreiber Oberösterreichs auftaucht, wo er als Opfer der
Privatrache 1256 im Kloster S. Florian den Tod findet
Aber es ist gerathener, den schlüpfrigen Boden der halben
Thatsachen und Yermuthungen zu meiden und dem Nächst-
liegenden nachzuspüren.
Die ungarische Fremdherrschaft, an deren Spitze wu*
seit der zweiten Hälfte des Jahres urkundlich den Ban
(„Herzog") von Croatien-Slavonien Stefan, aus dem Geschlechte
der Subi6 (nachmals Zrinyi), zunächst mit dem Sitze auf der
Barg zu Graz vorfinden, darf durchaus nicht in so schwarzen
gehässigen Farben gedacht werden, wie sie die Beimchronik
wählt Schwieriger erscheint die Beantwortung der Frage, ob
die Ungamherrschaft Losreissungen steiermärkischen Landes,
etwa im Süden der Drau zu Gunsten der Vergrössemngen
des slavonischen Banates versuchte ^\ Die ärp&dische Re-
gierung, des Banus Stefan Verwaltung war und musste vor
Allem die Herrschaft der gesetzlichen Ordnung werden, sie
musste mit den Auswüchsen der gesellschaftlichen Zustände,
mit dem rechtsverletzenden Uebermuthe Einzelner und mit
der allgemeinen Unsicherheit aufräumen und da sie selbst
keinen festen. Bechtsboden unter den Füssen ftkhlte, den Halt
dabei in der Gunst eines Standes suchen, der besonders über
Verletzungen sefaier Besitzrechte zu klagen hatte, nämlich der
Glerus, die geistlichen Körperschaften im Lande.
1«) Meiller'8 Babenb. Begg. 177 (181), 180 (146).
iv\ Vgl. Lorenz a. a. 0. I S. 188.
— 58 —
Gleich im ersten Zeiträume begegnen wir einer ürknnde vom
Jänner 1255, worin der Landesrichter der Steiermark, Gott-
fried von Marburg und der Landesmarschall, Friedrich der
Jüngere von Pettau, über Auftrag des Königs von Ungarn
und seines Statthalters, des Banus Stefan, Güterstrafrai aber
eine Reihe von Edeln verhftngon, die sich an d^n Besitze
der Deutschordenskirche in Graz vergriffen. Weitere Schied-
und Urtheilssprüche drehen sich um die Besitzrechte und
Schadenansprüche der Kirchen Seckau, St Lambrecht, Göss *^
Admont, Rein, Vorau u. s. w., wobei die Edelherren und Mini-
sterialen von Massenberg, Wulfing von Stubenberg, Herrand
von Wildon, Wulfing von Treuenstein, Ekkehard von Dobr^[ige,
Heinrich Graf von Pfannberg, Gottschalk von Neuberg u. s. w^
also Namen von Ansehen im Lande als sachfUlige Verge-
waltiger kirchlichen Gutes und Rechtes erscheinen (21.)
Auch das kirchliche Leben litt an inneren Störungen.
Am schlimmsten muss es diesfalls im Kloster Admont aus-
gesehen haben, wenn wir der inhaltschweren Bulle P. Inno-
cenz lY. vom 13. April 1252 gedenken und darin lesen, dass
es im State „einige Mönche und Laienbrüder *" gab, die ge-
waltsam Hand an einander legten, sich am Klostereigenthum
vergriffen, jeden Gehorsam verweigerten, Parteiung und Auf-
ruhr säeten und trotz des Bannfluches ihres Abtes den geist-
lichen Verrichtungen oblagen. Der Papst empfiehlt Ottokam
um dieselbe Zeit den Schutz des bedrängten Stiftes und eben
solchen Schirmbriefen (14, a, b, 19, 22) begegnen wir 1254
den 8. Aprfl und 1 5. Juli, ohne dass jedoch Admont's Ver-
hältnisse in ein besseres Geleise kamen. Denn es lag in einem
Gebiete, das durch den Oiher Frieden ausdrücklich von der
Steiermark geschieden war, der Salzbui^er Territorialhoheit
unterordnet erscheint und durch die Salzburger .Wirren in ein
Wirrsaal von Bedrängnissen gestürzt wurde. Das Ennsthal
gleichwie der Lungau erscheinen während der ganzen Epoche
^) In der Urk. v. M. Oct Graz 1256 (LA.) überantwortet der Landes-
richter Gottfried Ton Marburg der Aebtissin die Guter des Wttlfing
von Treuenstein und des Ekkehard von Dobrenge.
— 69 —
seit dem Interregnum bis zum Schlüsse der ungarischen Herr-
schaft in der Steiermark als Tummelplatz verheerender Fehden.
Und so müssen wir denn auch des Salzburger Bisthums-
Streites - *) in Kurzem gedenken, da er uns den Einblick in
Verhältnisse erleichtert, welche schliesslich die ungarische
Herrschaft aus den Angehi hoben. Der „Erwählte** Philipp,
den das Decret Papst Alexander's IV. aus dem Gefühle der
Sicherheit aufgeschreckt hatte, war einer der entschiedensten
Widersacher der Arpädenpolitik, seit deren 1252 unter wit-
telsbachischer Firma vorübergehend begründete Herrschaft im
Steierlande die ganzen territorialen Errungenschaften Salzbutg's
bedrohte. Philipp „klagte darob sehr" bei Ottokar, erzählt
die Reimchronik, und hielt um so fester die Partei des Pre-
misliden. — Der Ofaer Frieden vom April 1264 rettete offenbar
die Occupationen Philipp's und er sowie sein Bruder Ulrich,
der Kärntner Herzog, wurden zweifellos durch Ottokar in
diese Uebereinkunft mit König Bela IV. eingeschlossen.
Der Salzburger Erwählte war den Ungarn ein Dom im
Auge und wir können dem Ausspruche der gegen ihn 1256
von den bairischen Bischöfen, dem Freisinger, Passauer, Begens-
burger, Chiemseer und Lavanter beim römischen Stuhle ein-
gebrachten Klageschrift beipflichten, wenn es darin heisst, dass
Philipp „vielerlei Fehden des Ungarnköniges mit
den Vornehmen der Steiermark und desselben
Königs mit dem von Böhmen veranlasst habe**.
Als nun sein Kampf mit dem Seckauer Uhrich um das Hoch-
stift Salzburg losbrach, stand er mit Ottokar bereits im engen
Bttndniss. Die Sponheimer Brüder, Herzog Ulrich und der
genannte Philipp schlössen überdies zu Liecbtenwald an der
Save, einem Schlosse des Salzburger Hochstiftes, eine Erb-
theSung und ein festes Bündniss.
'*) Ueber den Salzburger Bisthumsstreit s. Hundt Metrop. Salisb. Hans iz
Germ, sacra II, Zauner Chronik von Salzburg, 0 Lorenz cit Abb.
Deutsche Gesch., Pichler Landesgesch. v. Salzburg; die wichtigsten
Actenstücke sanunelte Chmel im 108. Bde. der Wiener Jahrbücher
f. Litter.; das Material auch theüweise b. Muchar 6. Bd.
— 60
Umsomehr konnte sich nun der gewaltthätige Sinn und
unbeugsame Trotz des Erwfthlten von Salzburg wider sdnen
Rivalen und dessen Anhang kehren, und die salzburgischeii
Besitzgrttnde im eigentlichen Hochstifilande so gut wie im
Baierischen, in Kärnten und m der Steiermark nicht minder
als in Oesterreich, wurden zum Zankapfel der Parteien und
zum lockenden Gewinne rftuberischer Selbstsucht
Dass der üngamkönig die Partei des Seckaums nahm,
ist um so begreiflicher und gewiss suchte sich Ulrich dieser
Gönnerschaft zu yersichem, bevor er das gefiihrliche Wagniss
unternahm, dem seine Persönlichkeit eben so wenig gewachsen
war als sein materielles Vermögen. In der That sollte die
Halleiner Wahl Ubich's (1256) zum Erzbischofe der Fluch
seines Lebens werden und der Mann, der, aus schlichten
Lebensverhältnissen hervorgegangen, als Schreiber, dann Notar
und Protonotar der herzogliche^ Kanzlei es endlich zum
Seckauer Bischöfe gebracht, hätte sich als guter Theologe
und gewissenhafter Seelsorger mit dieser Lebensstellung be-
gnügen sollen, statt mit seinen mittelmässigen Fähigkeiten,
seinem schüchternen Wesen und fohlbaren Geldmangel iea
Kampf gegen den Bruder des Kämtnerherzogs und Ver-
wandten des Böhmenkönigs au&unehmen. Dem Seckauer war
in der That ein domiger Pfad bitterer Enttäuschungen und
Demttihigungen aufgespart und gerade von Seiten der päpst-
lichen Curie, auf die er die meisten Hofihungen setzte, traf
ihn der herbste Schlag.
Eben zur Zeit, als er in Rom wdlte, um seine Ange-
legenheiten persönlich zu fördern (1258), kam es in Stdermark
zu Ereignissen, die wir als Anzeichen bedrohlicher Art fbr
die Ungamherrschaft in's Auge zu fassen haben und sicher
nicht ausser aller Verbindung mit dem schwebenden Salz-
burger Handel denken dürfen. Die Hauptrolle erscheint dabei
dem Mährenberger zugewiesen.
Seifrid von Mährenberg, ein Sohn Albert's und der
Gisela, erscheint um das Jahr 1251 neben seiner Mutter als
— 61 —
Stifter des Klosters der Dominikaner-Nonnen zu Mfthren-
berg'*).
Wir haben ihn dazumal schon im reifsten Mannesalter
zu denken, da in derselben Urkunde sowohl der aus seiner
Ehe mit Bikardis entsprossenen Tochter Anna, Gattin Liutold's
von Stadeck, als auch der Enkel Hermann und Anna Er-
wähnung geschieht
Seifrid von Mfthrenberg war einer der angesehensten
Adelsherren im Steierlande, allhier und im Kämtnerlande reich
begütert, als Dienst- und Lehensmann des Herzogs von Steier,
des Kärntner Landesfbrsten und — wie uns eme spätere
Urkunde lehrt — Mmisteriale der Prinzessm Grertrud. Wir
begegneten ihm 1252 als Parteigänger der wittelsbachischen
Adelsfraction, die sich dann zur Anerkennung der Arpäden-
herrschaft bequemte oder bequemen musste.
Dass diese Herrschaft in ihrem Vertreter, Banus Stefon,
bei den stdermärkischen Adelsherren durchaus nicht beliebt
war, haben wir bereits angedeutet Dass jedoch auch die
Sponheimer und Ottokar vor Allem nicht ruhig zusahen, son-
dern vielmehr die Unzufriedenheit zu schüren beflissen waren,
unterliegt keinem Zweifel, denn das legte der Parteistand-
punkt im Salzburger Handd nahe und gebot die Annexions-
politik des Böhmenkönigs, der die Rückerwerbung der Steier-
mark fest im Auge behielt
Wir sind über die Sachlage nur sehr oberflächlich unter-
richtet und erÜAhren nur, dass der ungarische Statthalter den
Mährenberger zur Verantwortung nach Graz vorlud, und als
der Angeklagte nicht erschien, ihn auf seinem Burgsitze be-
lagerte. Da fiel jedoch Hartnid vonPettau mit den aufständischen
Adeligen des Drauthales über Stefan und seine Mannschaft her,
schlug sie und nOthigte den Statthalter zur schleunigen Flucht
nach Ungarn. So schien die Arpädenherrschaft wie mit emem
Schlage beseitigt Doch so leichten Kaufes wollte sie König
st) Machar 5, 238. Die Copie derselben Urkunde im Landesarchive der
Steiermark
~ 62 —
Bela IV. nicht preisgeben. Er schickte seinen Thronfolger
Stefan mit starkem Heere in^s Land und dieser belagerte den
Pettauer in der gleichnamigen Stadt und Feste salzbui^chen
Besitzes.
Gerade damals war Erzbischof Ulrich aus Born zurück-
gekehrt und in das ungarische Lager vor Pettau geeilt
Hartnid hatte die Aufiforderungen zur Uebergabe mit der
Erklärung zurückgewiesen, er werde darin nur dem recht-
mässigen Erzbischof von Salzburg willfahreui Anderseits erwi-
derte Prinz Stefan auf die Bitten Ulrich's, man möge der Stadt
schonen und abziehen, er müsse Hartnid als Bebellen strafen.
Der Erzbischof, dem Alles an einem festen Bündnisse mit der
ungarischen Herrschaft wider Philipp gelegen war, fand nun
keinen andern Ausweg, als die Verpfändung Pettau's an die
Ungarn, gegen ihr Versprechen, Kriegshilfe zu leisten und die
Baarzahlung der Pfandsumme von 3000 Mark.
Hartnid übergab nun die Stadt, Prinz Stefan nahm mit
seiner Gattin kumanischen Stammes den Sitz zu Pettau und
alles schien in's beste Geleise zu kommen. Denn der Kampf
um Salzburg lenkte die Blicke nach Aussen ab. Unter der
Führung des Liechtensteiner's Ulhch zogen die Kampfgenossen
des Seckauers, um guten Sold und noch reichere Beute, die
Offenbei^er, Wulfing von Stubenberg, Hartnid von Ort, Herrand
der Wildonier und Andere in den Lungau ; auch Hartnid von
Pettau fehlte nicht dabei
Aber die Unternehmung scheiterte kläglich, obgleich ihr
die Arpädenpolitik durch einen Angriff auf Kärnten nachhalf;
bald lesen wir von der Flucht Ulrich's heimwärts und von seinem
trüben Stillleben zu Piber als gebannten Schuldners der Curie.
Sein Bivale Philipp gebot über die Streitkräfte seines Bruders
und die Kriegshilfe des Böhmenköniges, welcher dreimal reisige
Schaaren auf den Kriegsschauplatz sandte. Und noch einmal
wagte sich der Seckauer aus seiner Zufluchtsstätte hinaus,
allerdings ohne Heer, in Verkleidung. Doch als er in's Enns-
thal gekonmien, erkannten ihn Admonter Klosterleute; Heinrich
von Botenmann jagte ihm nach und bald fand Ulrich unfrei-
J
— 63 —
willige Müsse, auf dem Schlosse Wolkenstein über den Wechsel
der Dinge nachzusinnen. Er war Gefangener seines Rivalen
geworden, der mächtiger und trotziger sich geberdete als
zuvor (E. 1259).
Dieser Ausgang des Handels, insbesondere die Niederlage
des stdermftrkischen Heergefolges bei Badstadt £. 1258 warf
denn auch einen Schatten auf die Ungamherrschalt, unter
deren Anspielen der Feldzug unternommen wurde. Und dieser
Schatten verlängerte sich, da ihre eigene Unternehmung wider
Kärnten im Frtthsommer 1259 keinen Erfolg hatte.
Der Einfall der Ungarn in's Eämtnerland muss in den
Juni des Jahres 1259 gestellt werden; wenn nämlich die
Heimzahlung dieser Feindseligkeiten seitens der Kärntner
und ihrer böhmischen Hil&schaaren Ende Juni und Anfang
Juli sicher steht Denn Ende Mai noch befand sich der
jüngere König von Ungarn, Stefan, als Herzog der Steier-
mark zu Graz, in offener Gerichtsversammlung, die in einer
gleichzeitigen Urkunde als „erste des Herrn Stephan** be-
zeichnet wird ; umgeben von imgarischen Magnaten und steier-
märkischen Edelherren (26). Damals war auch der auf Wol-
kenstein gefangen gehaltene Erzbischof Ulrich durch Ottokar's
kluge Vermittlung längst frei geworden und verwendete sich
in jenen Tagen für die Vereinigung des verfallenen Spitals
im Cerewalt am Semering mit der Seizer Karthause.
Die Action der Arpäden gegen Kärnten fiel ungünstig
aus; Uhrich und Philipp, die Sponheim'schen Herzogsbrüder,
deren Ersterer, nebenbei erwähnt, A. Mai 1269, mit dem
Heunburger, Weissenecker u. A. im Gefolge, zu Göss im
ältesten Kloster der Steiermark, als (rönner desselben ur-
kundlich auftaucht (24), warfen bald die Ungarn zurück und
vergalten die Feindseligkeiten mit allem Nachdruck.
Diese Ereignisse mussten für die Unganiherrschaft im
Steierlande verhängnissvoll werden. — Wir haben oben des
Unmuthes einer wachsenden Partei gedacht Diese Partei
hatte im Jahre 1258 einen Erfolg gegen das Begiment der
Ungarn gewonnen. Sie wurde durch das Erscheinen des Königs-
— 64 —
Sohnes mit Heeresmacht etwas eingeschüchtert, aber nicht ge-
brochen. Die Schlappe Erzbischofs UUch v. E. 1259 war
gewissermassen auch eine Schlappe der Arp^enpolitik, die
erfolglose Unternehmung gegen Efimten geradezu aber eine
Demüthigung der ungarischen Waffen. Das Ansehen der Fremd-
herrschaft erlitt so Stoss auf Stoss und jetzt gerade im Hoch-
sommer 1259, wurde der beliebtere Eönigssohn heimberufei
und Banus Stefan, der einst vertriebene und mit dem Thron-
folger Bela's IV. wieder auftauchende Statthalter unseres Landes,
in sein früheres Amt eingesetzt Wir wollen allerdings die
poetischen Uebertreibungen der Reimchronik nicht nachbeten,
wo Yom „Martern und Würgen'' der ungarischen Gewalt-
herrschaft die Rede ist Aber es ist nicht unwahrschemlich,
dass der „Herzog von Agram ^ das „doppelte^ von dem that,
jfWas er einst gethan' und mit eiserner Hand eingreifen wollte,
um das mit Schrecken zu festigen, was schon im bedenklichen
Schwanken begriffen war. Und auch an der Ungarn i^Hoffarth'
mOgen wir gerne glauben.
Diese Massregeln brachten aber gerade den Stein in^s
RoQen, sie waren das Signal zur Erhebung der ungamfeind-
lichen Partei, die wir eben so gut die Ottokarische oder die
Unionspartei nennen können, imd diese Partei muss allgemach
die alleinherrschende geworden sein.
Dass Ottokar mit dieser Partei in wachsenden Bezie-
hungen blieb *')) dass er ihr Aufetreben begünstigte und dass
diese Partei sich vor dem Losschlagen seiner Hilfe als künf-
tigen Landesherm versichern wollte — das Alles li^ so
nahe, dass wir es der Reimchronik unbedingt glauben mOg».
— Zunächst war jedoch der Aufstand der Steiermärker ein
Act der Selbsthilfe und dass, wie es heisst, im December des
Jahres 1259 binnen eilf Tagen die ungarische Herrschaft
aus dem Lande gejagt wurde und blos noch Pettau festhielt,
spricht für die treffliche Vorbereitung des Au&tandes und
*>) 1255, 24. Mftns, Steier — befand sich in Ottokar'B Umgebung Wulfing
von Stubenberg, s. Anh. Begg. Nr. 28.
— 65 —
anderseits fbr die Sorglosigkeit des Banus-Statthalters, oder
doch für eine Ueberschätzung seiner Machtstellung im Lande.
So hatte die Ungamherrschaft schmählich geendet, aber
noch war Pettau in ihrer Hand und die dringende Gefahr in
Aussicht, dass die Arp&den alles aufbieten würden, um diese
Schmach zu rächen und ihre Herrschaft das dritte Mal mit
Grewalt der Waffen zu begründen. Die Steiermärker von der
Bewegungspartei hatten nun die Brücken hinter sich abge-
brochen und auch für die Andern, welche halb widerwillig
mitgezogen wurden, gab es nun keine andere Wahl mehr als
die Anerkennung Ottokar's. Darauf hatte der Böhmenkönig
gewartet, man musste ihm entgegenkommen und Adel und
Städte ihn zur Bettung des Landes vor der Rache der Ui^am
einladen •*).
Als die Ungarn unter Herzog Stefan im Frühjahre 1260
über die rebellische Landschaft wieder herfallen wollten, fanden
sie die Grenze wohl verwahrt, den Heerbann der Stände und
das von Ottokar gesendete Hilfsheer unter des Hardecker's
Führung stark genug, den Angriff abzuwehren. So mussten
denn die Würfel der Entscheidimg auf einem anderen Kampf-
platze endgiltig fallen.
Dass sich Ottokar seit dem Früly'ahre 1260 urkundlich
als Landesherr der Steiermark geberdet, ist sichergestellt
Man braucht nur seme in Wien am 10. März d. J. für das
Eloster Bein (27) ausgefertigte Urkunde in Betracht zu ziehen.
Eben so sicher ist es, dass er für die oberste Verwaltung
des Landes Sorge tmg. Die Beimchronik lässt zunächst den
'^y Daher findet sich in den Ann. Otacariani z. J. 1260 die Stelle (Mon.
Qerm, XI. 182) „ad instantiam Styriensium nobilium et
civitatum, de consilio indyti comitis Ottonis de Hardek et quo
rundam Au0tralium et perpaucorum admodum deMorayia(I)
dictuB dominos regni Bohemi«, Styrienses in suam protec-
tionem recepit" Diese Worte liessen darauf schliessen, dass vor-
zugsweise Österr. Ständeführer dafür waren, bei den M&hrem dagegen
die Sache wenig Anklang fand. Ob Bruno, der wichtigste Bathgeber
Ottokar's, sich in dieser Frage mehr passiv als activ verhielt, l&sst
sich nicht durchblicken.
MHthdl. d. htot. VoNfau f. BtelwBMrk. ZZILH«ft, 1874. 5
— 66 —
staatsklngen Bischof von Olmtltz, Bruno, als Stellvertreter des
Königs dahin abgeben, bald jedoch wieder das Land veriassen,
da die böhmisch-ungarische Verwicklung seine Anwesenheit
bei der Person König Ottokar's erheischte. Urkundlich ist
dies nicht verborgt, wohl aber die zweite Thatsache, dass
die Statthalteischafl der Steiermark, Heinrich, ans dem
österreichischen Hause der Liechtensteiner,
Ottokar's bekannter Parteig&nger und Gfinstling (seit 1251)
— spfttesteos seit dem K Mai des J. 1260 den Posten eines
Landeshauptmannes der Steiermark bekleidete (28).
Die Anwesenheit der hervorragendsten Herren der Stei^-
mark im U&rz 1260 zu Wien, m des Königs Umgebung, des
Stnbenbergers, Stadekers, Liechtensteiners, Wildoniers, des
von Ort, Pettau, Bamenstein, Marburg .... l&sst zwanglos
darauf schliesseo, dass wir es mit der damaligen Vertretung
des Landes bei dem neuen Herrn und mit dem Zei^unkte zu
thon haben, in welchem die Oefohr des Ungareinbruches in
die Steiermark Überstanden sein mochte.
Aber auch in der blutigen Entscheidung vor Krotssm>
brunn (12. Juli 1260) am Marchfelde fodit der Heerbann der
Steieimfirker und ihr Banner, »grün wie das Gras, darin ein
blanker PanÜier schwebte, ^eichsam als lebte er", fbhite der
alte Wildonier Uhich, Herrand's und Hartnid's Vater*').
DafQr dankte denn auch Ottokar den Steiermärkem, wie
die ßeimchronik erz&Mt, .äeissiglichen'' und gelobte, ihre
Bitten zu erfüllen und ihr Verdienst mit Hulden zu lohnen.
Die Kroissenbrunner Schlacht ") zerstörte alle auf Steiermari^s
Wiedergewinnung gerichteten Hofihungen der Arpäd^ aber
sie bewirkte noch mehr, sie festigte Ottokar'B grosse UaÄht-
Stellung im Donaugebiete.
Aber der „goldeneKömg", wie ihn eine böhmische Chronik
nennt, konnte mit der Neige des Jahres 1260 auch nicht
säumen, sich in der Landeshauptstadt der Steiermark einza-
■0 S. Beimchronik 8. 76.
") Ihre Beichreibaiig b. LoreDz deaUchB Gegch, I und Dndik G. H 6,
451 ff. beg. 455-6.
— 67 —
finden und hier die Huldigung entgegenzunehmen, eine That-
sache, die da und dort unkritischer Weise bereits E. 1259
angesetzt erscheint Eine Keihe von Urkunden verbürgt
diesen Aufenthalt und wieder sind es geistliche Würdenträger
und Körperschaften, welche uns darin als theilhaftig der Huld
und des Schutzes Ottokar's begegnen: Bischof Eonrad von
Freising, die Klöster Yiktring, S. Paul in ihrem Streite mit
den Pfannbergem, Seckau, S. Lambrecht, Bein (30 — 37).
Auch der Böhmenkönig hat so gut wie die ungarische
Herrschaft mit der Ordnung der zerrütteten Rechtsverhältnisse
beginnen müssen und die Kirche säumte nicht, ihr Recht und
ihren Vorthefl zu wahren. — In zweien dieser Urkunden
(34, 35) für das Stift Seckau und das zu Rein, erscheint
zum erstenmale der Witigone Woko von Rosenberg, böh-
mischer Landesmarschall, vormals Landesrichter ob der Enns,
der Sprössling des mächtigsten Adelsgeschlechtes in Böhmen,
— als Landeshauptmann der Steiermark ■'), — derselbe, dessen
Stoss auf das Kumanenheer in der Kroissenbrunner Schlacht
viel zu deren glücklicher Wendung beitrug. Heinrich von
Liechtenstein muss ihm also den Platz geräumt haben.
Woko von Rosenberg war im Gefolge des Böhmenkönigs
nach Steiermark gekonmien, wohin auch Bruno von Olmütz,
der Prager Oberstburggraf Jarosch, Smil von Leuchtenburg,
Zdislaw von Stemberg, Cei von Budweis und andere Stände-
herren Böhmens und Oesterreichs dem Premysliden das Geleite
gaben.
Die politischen Verhältnisse der Steiermark waren nun
zu einem neuen Abschluss gediehen. Die Ungarn hatten auch
Pettau aufgeben müssen, so war das ganze Land dem Böh-
menkönige unterthan und die Worte der Reimchronik: „Da
nnterwand sich der wackere König Otaker von Beheim des
Landes Steier, was auch Zorns und Aergers König Bela darum
*'') Vgl ober Wok yon Rosenberg Pangerl's fieissige Abhaadlong im
9. Jalirg. der MittheiL des Yer. f. Gescb. der Deutschen in Böhmen,
1., 2. Heft) und seine akademische PnbUcation Ober die Witigonen
im 51. Bande, 2. HiUfte des Arch. f. K österr. Gesch.
6*
— 68 -
Htt, darum liess er es doch nicht" — mögen die damafige
freudige Stimmung der Steiermärker aber den Wechsel der
Dinge ausdrücken. Legt ja doch dieselbe Quelle dem ein«
Boten des Landes an Ottokar, zur Zeit des Ab&lles von den
Ungarn, die Bede in den Mund:'
„Herr, thut nicht, wie es früher geschah, als ir uns
den Ungarn gabt; damit habt Ihr uns, Herr, gewaltigen
Schaden zugefügt*" "").
Das Werk der Union mit dem Lande Gestenreich war
neuerdings gelungen. Aber die Steiermfirker soQten auch bald
empfinden, dass diese Wiedervereinigung in den Augen des
neuen Gebieters wenig galt, dass er das Steierland ein£EU2fa
als Glied eines grossem Staatssystems ansah. Und dieser Ein-
tritt in ein grösseres Staatssystem bedingte auch Leistungen und
Opfer, die bald das Unbehagen der Autonomisten weckten.
Steiermark ward eine Provinz des BOhmenreiches und
so trat auch ein Böhme an die Spitze der Landesverwaltung
und die wenigen Urkunden aus .seiner kurzen Amtszeit be-
weisen eben nur wieder, dass es der neuen Herrschaft um
die Herstellung der zerrütteten Rechtssicherheit im Lande
und um die Sympathien der Kirche und des conservativen
Elementes in der Landschaft zu thun war.
Inmitten dieser Urkunden begegnet uns auch eine, die
beweist, wie lebendig denn doch das Gefühl für die familien-
rechtlichen Ansprüche der Babenbergerinen Margarethe und
Gertrud auf die Länder Oesterreich und Steier war. König
Ottokar hatte dem um ihn hoch verdienten Rosenberger die
Herrschaft Rabs in Oesterreich geschenkt Woko liess sich
darüber nicht blos von der Herzogin Margarethe, sondem
auch von Gertruden einen Bestätigungsbrief ausstellen (39).
Nicht lange waltete Herr Woko seines beschwerlichen
Amtes. *^ Schon den 3. Juni 1262 schied er zu Graz aus dem
2>) Reimchronik S. 67.
2') Die Reimchronik äussert sich über die Daner der Landethanpt-
mannschaft Woko's (8. 85) : „dem war man dienstes vndertao —
durch seinen wiUen wol ain jar.''
— 69 —
Leben und Tags darauf datirt die officielle Ausfeitigung
seines letzten Willens, worin neben seinen Hausbeamten auch
des Pettauer Minoritenpriors, des Grazer Minoritencustos und
zweier Dominikanermönche als Zeugen gedacht wird (42).
Der Tod Woko's machte die Eronbeamtenschaft Ottokar's
um einen bedeutenden Mann ärmer, aber für das Grosse und
Ganze war der Verlust nicht entscheidend, denn die Seele
desselben war Bruno, der Bischof von Olmtttz, der erste
Staatsmann des Böhmenköniges, und dass dieser Persönlichkeit
gerade die Landeshauptmannschaft der Steiermark übertragen
wurde, beweist am besten, wie wichtig dies Amt und das
Land in den Augen Ottokar's bUeb.
Es gibt wenig Persönlichkeiten , die sich mit so viel
Treue •*') und Geschick neben einer bedeutend angelegten,
eigenwilligen und leidenschaftlichen Herrscherpersönlichkeit als
deren erste Rathgeber einflussreich zu behaupten verstehen
und mit staatsm&nnischem Talente das Geschick verbinden,
ihren Einfluss dem Begenten nicht lästig zu machen, seine
Eifersucht, seinen Verdacht zu vermeiden. Wenige Kirchen-
fbrsten haben einen so weiten Blick für die grossen politi-
schen Fragen bekundet und vermochten es so wie Bruno,
ohne das Standesmteresse zu verläugnen, über dem Parteige-
triebe unangefochten Stellung zu nehmen. Ein Gnmdzug der
Natur des Bischofis von Ohnütz, den das Geschick von der
deutschen Nordküste südwärts geleitet ^ ^), um ihm, dem Grafen
von Schaumburg, einen grossen Wirkungskreis zu erschliessen,
war praktische Tüchtigkeit in diplomatischen, juridischen und
administrativen Geschäften, rastlose Arbeitskraft, Schnelligkeit
und imponirende Würde, eine seltene Mischung theologischer
und weltmännischer Bildung, welche letztere nie verkennen
liess, dass er aus reichsgräflichem Hause stammte. Die Ur-
kunden dieses Zeitraumes zeigen, dass er nie an der Seite
'^ Damm sagt auch die Bheimcbronik (S. C8) :
„Dem muost er (Ottokar) wol getrawen. Wami er sich nie gen
in vergaz, dacz Grecz er mit house sas/*
^0 Vgl. die Vorgeschichte Bruno's in Dudik's Gesch. Mährens 5. 342 fi.
— 70 —
'i Si
des Königs fehlte, wo es bedeutende Unternehmungen, wichtige
Staatsactionen galt, und doch bUeb ihm bei diesen verwickeltea
Aufgaben der Politik Müsse genug, den Pflichten der Landes-
verwaltung obzuliegen und fllr die geistlichen Geschäfte als
Eirchenfllrst, iQr den Rechts- und Culturzustand seines 01-
mtttzer Bisthums zu sorgen. Hoch angesehen beim römischen
Stuhle, ein gewandter und geachteter Schiedsmann zwischen
streitenden Herrschern, ward er auch als Statthalter seines
Königs geachtet und verfolgte mit sicherem Blick die rich-
tigsten Wege, um die materiellen und rechtlichen Grundlagen
der Landeshoheit zu festigen. Wohl mögen die steiermftrki-
schen Adelsherren in der BesteQung des Böhmen Woko als
Landeshauptmann eine vorübergehende Massregel Ottokar's
erblickt haben, vielleicht begehrten sie, dass fürder kdn
„Gast^ des wichtigen Amtes walte, aber gegien Bruneis Be-
stallung wagten sie keinen Widerspruch und an acht Jahre
bekleidete der Olmützer Bischof unangefochten diese Stelle,
— allerdings oft und auf lange aus dem Lande an Ottokar's
Hoflager abberufen.
Bereits im August des Jahres 1262 erscheint (44) Bruno
als Inhaber der Landeshauptmannschaft. — Wir wollen nur
kurz der Urkunden gedenken, welche — leider spärlich gesäet
— auf seine früheste Thätigkeit hinweisen. Wieder sind es
Gabbriefe an Klöster, Schiedsprüche zu Gunsten bestrittener
Bechte und Nutzungen geistlicher Körperschaften (44 — 49)
und eine darunter von besonderem Werthe, da sie die städtische
Gründung Bruck's a. d. M. betrifft, wobei die Güterverhältnisse
der arg zerrütteten Abtei Admont in Mitleidenschaft gezogen
erscheinen (46). Man hatte die grosse Wichtigkeit dieser
Stadtgründung an dem Einflüsse der Mürz in die Mur in
strategischer und commerzieller Beziehung nicht verkannt
Ueberhaupt dürfen wir nicht unbeachtet lassen, dass
wir es mit der Begierung eines Herrschers und eines Staats-
mannes zu thun haben, die in den Stammlanden premysUdi-
scher Herrschaft das Ansiedlungs- und Städtewesen
nach deutscher Art mit Vorliebe und kluger Erwägung hegte
— 71 —
und pflegte und wie dies namentlich Ottokar's Verhalten
Wien gegenüber an den Tag legt, Alles aufbot, um auch in
den neu erworbenen Ländern auf die politischen Sympathien
des Bürgerstandes rechnen zu können. Wie kärglich auch die
urkundlichen Anhaltspunkte für die Steiermark dies begründen,
wir besitzen solche aus Ottokar's Zeit nur für Brück als neue
Schöpfung und Judenburg als Metropole des Handels, so
beweist eme spätere Aeusserung der Reimchronik die Popu-
larität der Herrschaft des Böhmenkönigs in den Kreisen des
Bürgerthums im Steierlande; ihre Beliebtheit bei den
Nichtadeligen.
Während des Jahres 1264 blieb der Ohnützer Bischof
unserem Lande fem, Geschäfte hatten ihn nach Oesterreich,
Mähren und Böhmen entführt — Wir können dies als einen
Buhepunkt betrachten, um als Episode den Ausgang der auch
für unser Land wichtigen Salzburger Fehde zu sdzziren.
Erzbischof Ulrich war noch im Jahre 1259, der Gefan-
genschaft entlassen, nach Piber zurückgekehrt Auf ihm lastete
der Bannfluch der Kirche, da er ausser Stande war, die der
Curie schuldigen 4000 Mark zu bezahlen und die wälschen
Geldmäkler, seine ungeduldigen Gläubiger, zu befriedigen. Da
versuchte er nochmals sein Heil mit einer Reise nach Bom
und verliess den stillen Ort freiwilliger Verbannung.
Im November 1261 äussert sich die Thätigkeit Ottokar's,
dem Alles daran lag, einen Ausgleich zwischen dem Salz-
burger Domcapitel und seinem Vetter Philipp herbeizuführen.
Es kam zu einem solchen, aber das eingeschüchterte Dom-
capitel suchte sich in einer Klausel ein Hinterpförtchen offen
zu halten. Da kehrt Ulrich mit dem päpstlichen Legaten Thomas
von Squillace wieder nach Salzburg zurück, sammt Empfeh-
lungsbriefen des Papstes an Ottokar, worin diesem die Schutz-
vogtei Salzburg's übertragen wird. Dem will nun aber Baiern
begegnen, das gern die Wege des Böhmenkönigs kreuzt und
um Ottokar's Intervention zu hindern, für Uhich gegen Philipp
entschieden Partei nehmen zu woQen scheint; in der That
aber nur die Vogteigewalt ungetheilt anstrebt
Heizog Heinridi, Otto's jfiDgerer Sohn, brach in's Salz-
btu^he verwOstend eio, steckte die „kleine Stadt" Salzburg
vor den Augen des Legaten in Brand und wirthschaftete im
Lande wie der Feind. Der L^at sprach nun neuerdings den
Bannfluch Ober den ui^Ucklichen Ulrich ans und mied das
Land. Philipp kehrt nach dem Abzog der Baiem, in deren
Hitte Ulrich das ErzbisUnun Terlassen, nach Salzburg zurOd:
and Ottokar, dem der r<}misdie Stuhl abermals die Vogta
fibertragen, schreckt den Baiemherzog das Jahr darauf (1263)
mit einem Heeresznge, so dasa Hmrich über Hals und Kopf
das mit Waffenmacht betretene HochstifUand rSumL Zu
diesem Kriege hatte König Ottokar ^die Herren zu Steier
und Oesterreich" aufgeboten")- Neuerdings empfahl nun die
Curie, Papst Urban VI., Ottokam und dem OhnQtzer Bischöfe
die Bescbirmui:^ Salzburg's und der Böhmenkönig besetzte
zn eigenstem Vortheile alle diesseits im Steiermfirkischen go-
ldenen SdilöBser und Orte der Metropole.
Aber PhiUpp, den Ifti^t die Carie aufg^eben hatte und
wider welchen eine starke bairische Partei im Lande i^iürte,
konnte sich doch nicbt langer halten. Er muss das Salzbur-
gische meid«i und mit Beginn des Jahres 1261 erscheint sein
Rivale Ulrich wieder im Gefolge des Baiemherzogs Heinrich.
Aber auch der rielgetäuschte Ulrich bekommt bald die traurige
Rolle einer Puppe in der Hand der Witteisbacher satt, ver-
l&SBt das Land, begibt sich wieder in sein steiermarkisches
Asyl und richtet endlich ein definitiTes Abdankungsschreiben
an die Curie. Papst Urban IV. war aber soeben gestorben und
da erst 1265, 5. Februar, ein neues Oberhaupt der Kirche, Cle-
mens IV. die Tiare erwfu-b, verflossen Monde, bevor (1265
1. September) Ulricb's Resignation bestätigt, die Excommuni-
cation aufgehoben und die Entscheidung gefällt wurde, dass
Ulrich das Bisthum Seckau und die Pfarre Fiber behalten
könne.
Dies war der Ausgang der Salzburger Bisthumsfebde und
in dem letzten Jahre ihrer Entscheidung begegnen wir dem
") Reimehronik 8. 66.
— 73 —
Böhmenkönige wieder einmal auf dem Boden der Steiermark.
Mit dem Beginne des Frühjahres war Ottokar von Prag auf-
gebrochen und nach Oesterreich gekommen. Von Ende März und
Anfang April des J. 1265 datiren Wiener Urkunden, vom
21.— 23. April Bestätigungsbriefe und Entscheidungen Ottokar's
für das Kloster Garsten, Stift Seckau, Bisthum Freising, zu
Graz, in unseres Landes Hauptstadt, ausgefertigt (51 — 53).
Doch nur kurze Zeit weilte da der Böhmenkönig; schon drei
Tage nach dem Datum der letzten in Graz ausgestellten
Urkunde treffen wir ihn jenseits des Semerings (54) in der
einstigen Püttner Mark, zu Neunkirchen, und der Hochsommer
zeigt ihn m Böhmen vielbeschäftigt
Dagegen war Bruno in unserem Lande zurückgeblieben
und ergriff wieder mit fester Hand die Zügel der Landesver-
waltung. Es gab da Vieles auszugleichen, Rechte zu schützen
und Anmassungen zurückzuweisen. — Auch der römische
Stuhl liess es an Geboten zu Gunsten gestörter kirchlicher
Ordnungen nicht fehlen. Wir lesen Bullen und Breve's, m
welchen Papst Clemens TV. die Frevler an Klöstern und
Kirchen der Dominikaner mit dem Bannfluche bedroht (56),
und den Bischof Bruno mit der Rückverschaffung der ent-
fremdeten Güter des Stiftes Seckau beauftragt (57, 58. 65).
Insbesondere macht sich die Fürsorge des Oberhauptes
der Kirche ftür das arg verfallene Kloster Admont geltend
(60 — 63). Eine der auffälligsten Weisungen des apostolischen
Stuhles bleibt das Breve vom 8. Juli 1265, worin Bischof
Bruno und der von Gurk mit der feierlichen Bannung des
Priesters Ulrich von Hauzenbichl (Haucepuel) beauftragt werden,
da dieser an dem Kloster Seckau als Räuber gehandelt habe (64).
Zu den bemerkenswerthesten Streitigkeiten dieser Zeit.,
die tinser Landeshauptmann zu schlichten hatte, zählt auch
der Frocess des vielgeplagten Exmetropoliten Ulrich, Bischofs
von Seckau, um die Pfarre Piber mit dem Priester Wemher
(67, 68). Bruno's bezügliche Urkunde vom 9. November zeigt
diesen aber auch schon fem den Marken unseres Landes, zu
Freistadt in OberOsterreich.
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— 74 —
Drei Jahre nahezu sollte die Steiermark den bischöflichen
Landeshauptmann nicht sehen, aber die Verwaltung und das
Rechtswesen bewegte sich innerhalb der von ihm befestigten
Schranken, auf den von ihm gebahnten Wegen.
Während dieser Jahre spielte sich der wüste Salzburger
Handel zu Ende. Ottokar's Krieg gegen Baieni, wobei ebea-
sowohl das Heer des Königs, als das unter Bruno's Befdde
(1266, August) vom Missgeschicke verfolgt war, der von der
Curie vermittelte Ausgleich mit dem Witteisbacher und die
Wahl des Prinzen Wladislav von Teschen, Ottokar^ Ver-
wandten, zunächst zum Passauer, dann zum Erzbischofe von
Salzburg, während sein Lehrer Peter von Breslau auf jenen
bischöflichen Stuhl erhoben ward, — diese Ereignisse übten
auch ihre Rückwirkungen auf die Steiermark. Vor Allem
musste diese Lösung der Salzburger Frage Ottokar^s Unmuth
über Philipp^s Depossedirung dämpfen, denn auf die gute Gre-
sinnung des neuen Erzbischofes durfte er mit Bestimmtheit
zählen. Anderseits ersparte Wladislav's friedliebende, recht-
licher Sinn der Steiermark eine Wiederholung der früheren
wüsten Fehden.
Während der entsetzte und weiterer Gegenbestrebungen
müde Philipp auf seinen Kärntner Gütern ein unfreiwilliges
StiDleben führt, ist ein solches auch semem Rivalen Ulrich in
der Steiermark beschieden, bis der Tod (6. Juli 1268) ihn
von einem Leben kränkender Enttäuschungen und Demüthi-
gungen befrdt
Aber noch einer Thatsache müssen whr gedenken, einer
Friedensthat — von hohem Werthe für ihre Zeit und alle
Zeiten, die allein genügen würde, um Bruno's Landeshaupt-
mannschaft zu verewigen; das sprechendste Zeugniss für eine
Herrschaft, die nicht angestammt, sondern erworben, strenge
Rechnung in ihrem Hause liebt und genau festzustellen bemüht
ist, was Eigenthum und Nutzrecht der herzoglichen Gewalt seL
Und es fehlte nicht an Anlässen, die Gaben des Landes m
Anspruch zu nehmen. Als Ottokar 1264 im October die
prunkvolle Vermälung seiner brandenburgischen Nichte mit
~ 75 —
dem irp^dischm Prinzen beging, gab er den Auftrag, was sie
an Ess- und Futterbedarf in Oesterreich nicht auftrieben, aus
Steiermark und Mäihren zu holen. Und der Reimchronist
gedenkt der fbnf Futterhaufen, deren jeder grösser war „als
der Kirchthurm von Salchenau'' '').
Bischof Bruno übertrug dem Notar Helwig aus Thüringen
die Zusammenstellung aller genau zu erhebenden landesfürst-
liehen Eammergüter, EammergeMe und Rechte in einem
sogenannten Hub-, Gefällen-, Rent- oder Raitbuche (Ratio-
narium).
Heibig brachte die Arbeit 1265 fertig und es konnte im
Jänner 1267 bei Anwesenheit des zu Graz weilenden Böhmen-
königes Ottokar auf dieser Grundlage durch Bischof Bruno
die Bestallung und möglichst hohe Belastung der herzoglichen
Nutzungsämter (ofßda) im Lande erfolgen. Das Gesammter-
trftgniss der landeslQrsflichen Renten erscheint auf 7334 Mark
Pfennige beziffert, von denen nach Abzug bestimmter Ausgaben
beiläufig sechsthalb Tausend Mark erübrigten.
Jene chronologische Angabe bringt uns in einige Ver-
legenheit, den Grazer Besuch in Ottokar's Itinerar einzureihen.
Denn am 4. December 1266 treffen wir Ottokar noch
in Oberösterreich, den 30. December zu Prag und am
20. Jänner 1267 bei Laa, von Wien aus, wir müssten somit
in die kurze Zwischenzeit des Jahreswechsels die Hin- und
Rückreise Ottokar's in und aus der Steiermark ansetzen '^).
Das Rationarium Styrise ist die werthvollste mittelalter-
liche Topographie der Steiermark und zugleich eine Fundgrube
für die Kenntniss der damaligen ürbarialleistungen in Geld und
Naturalzins, anderseits der Landesculturen und üblichen Maasse.
'*) Reimchr. 8. 78. Sollte das ein Wink sein, sprechend fflr die
Heimat des Reimchronisten?
^) Anderseits findet sich eine aus Graz 1266 (ohne nähere Zeitangabe)
datirte Urkunde Ottokar's zu Gunsten des Hochstiftes Freising, die
nicht minder schwierig in das Itinerar Ottokar's eingepasst werden
kann. S. Zahn Cod. dipl. aust Frising. fontes rer. austr. XXXf. Bd.
S. 283—4.
— 76 —
Die Arbeit fand ihr Seitenstack an dem Rationarium AnstiuB,
späterer, gleichartiger Abfassung, die wir der habsburgischen
Zeit und Herrschaft vindiciren mtissen ''^).
ID. Die AddsrerschwfriiDg tm \iKL Die KanlMr Frage. — Seüiried
labreiberg. — Siizbvg. — ladelTs L Küigswalil. — Dar Sin 4er
b9biDi8die& Hemchaft (W4— 1S7().
Als König Ottokar und Bruno, fem der Steiennark, im
Kreuzzuge wider die Preussen und Letten standen, gaben
ihnen auch steiermftrkische Edle mit ihren Reisigen das Geleite
auf der Heerfahrt, so der junge Liechtensteiner Otto, Uhich's
Sohn, der, wie die Reimchronik erzählt, den „Rotten'^ aus der
Steiermark als Marschall vorgesetzt wurde.
Es gab da viel Ungemach und den König „gereute es
viel hart, dass die Steierer auf der Fahrt die Furt verkosteten,
dass das Eis unter ihnen borst, viel Uebles geschah, der
Leute und Rosse viel ertrank, dass man von diesem Herzleid
noch immer im Böhmerlande Mähren erzält**, lauten die Worte
dieser Quelle").
Aber sie berichtet noch bedeutsamere Dinge, die sich
1268 in der Steiermark zugetragen haben sollen und deren
bessere Würdigung einiger Vorbemerkungen bedarf.
Die E[roissenbrunner Schlacht und der ihr bald gefolgte
Friede mit Ungarn hatten Ottokar's Machtstellung gefestigt
Im Gefühle dieser Machtstellung wagte er den Schritt, die
lästige, unfruchtbare Ehe mit Margarethe zu lösen und dn
neues Eheband zu knüpfen, das semer Neigung und d^
Hoffnungen auf einen legitimen Leibeserben besser entsprach.
*') Bei Rancb scrr. rer. austr. IL 114 — 204, findet sich das Ration.
Styriie abgednickt. Daselbst findet sich aach das Rationarium Austris
yeröffentlicht, das aus habsburgischer Epoche stammt, jedoch an
einem Hubbuche aus Ottokar's Tagen (C. 1275) seinen Yorl&ufer
hatte. S. Chmel im Notizenbl. der Akad. d. Wiss. 5. 6d 838 ft Eine
kurze Skizze des Inhaltes des Ration. Stir. b. Muchar III 19—22.
>•) Reimchronik S. 94.
— 77 —
Die Ehescheidung Ottokar's, wieder ein Beweis, wie fügsam
sich die Curie gegen ihren mächtigen Günstling benahm,
Margarethen's abgeschiedenes Leben auf ihrem Leibgedinge
zu Krems und die prunkvolle Hochzeit des Böhmenköniges
mit Bela's IV. Enkelin, Eunigunde — waren jedenfalls Ereig-
nisse von Belang, die in wdten Kreisen Au&ehen machten.
Immerhin wäre es abereilt, jene Ehescheidung, Margarethen's
Yerstossung, als eine Thatsache hinzustellen, welche alsbald den
Credit der Herrschaft Ottokar's in Oesterreich oder gar in der
Steiermark erschlittert habe. Viel später erst, als bereits
die Babenbergerin verstorben war, findet sich in einer ein-
zigen, in dem ZwetÜer EQosteijahrbuche, die Bemerkung : Mar-
garethen's Tod habe das Land seiner wahren, rechtmässigen
Erbin beraubt'^). Anders aber musste es werden, sobald die
Unzufriedenheit mit der Fremdherrschaft in die Gemüther
einzog und Alles mit dem scharfen Auge des Grolles aufge-
griffen wurde, was die Usurpation Ottokar^s in ungünstigem
Lichte erscheinen lassen musste.
Die häufigen und kostspieligen Heereszüge Ottokar's
nahmen die Geld- und Truppenaufgebote der Oesterreicher
und Steiermärker nicht wenig in Anspruch; anderseits zog
die Fremdherrschaft die Zügel immer straffer an und im
Jahre 1265 hörte man, wie streng und hart Ottokar mit dem
Meissauer, einem der angesehensten Edeln Oesterreichs, ver-
fuhr, wie er so manche Burg da und im Böhmerlande ge-
brochen haba
So begann denn auch besonders im Gefolge der Salz-
burger Wirren und der Kämpfe mit Baiem eine schwüle Luft
dies- und jenseits des Semerings zu wehen und auch andere
Erscheinungen verstärkten das Gewitterhafte der politischen
Stimmung.
Die Entsittlichung des kirchlichen Lebens spiegelt sich
in den Satzungen der Wiener Synode, welche CardinaDegat
'"O Ann. Zwettl. Monum. Germ. XI. a. a. 1266. Obiit domina Marga-
retha verus heres terrae et 8ic terra vero berede orbata est.
— 78 —
Guido 1267 '^ abhielt, sie spiegelt sich in den Weisungm
und Massr^eln der Curie und der geistlichen Vorsteher (63,
70), sie bietet endlich mit einen ScUtlssel zur ErUannig
jener dgenthomlichen Schwärmerei des Geissler- oder Fla-
gellantenthums, welche in erster Linie eine chronische Eultor-
krankheit, von den Eindrücken elementarer Erscheinungen '^
des Misswaches und namentlich des Erdbebens beeinflusst wird,
da der Zorn des Himmels Sohnung zu veriangen schien.
Gab es doch 1267 im Monate Mai in der Steiermaik
ein solches Erdbeben, dass die Burg Kindberg zusammoi-
stOrzte und die Eirchen^ocken vor ErschQtterung zu l&utai
begannen *").
„Dies Jahr^O kam es zur gemeinen Bussfedut,' erzählt
die gleiche Quelle,* die in Sidlien begann und die Lombardei,
Eftmten, Erain, die Steiermark, Oesterreich, Böhmen und
Mähren mit Geisselui^en und Bussgesängen durchzog, was
fbr ein gross Wunder gehalten ward. Eine Menge Menschen,
Arme, Reiche, Ministerialen, Bitter, Bauern, Greise und jQng-
Unge gingen Qber dem Gürtel nackt einher, den Kopf blos
mit einem Linnentuch bedeckt; mit Fahnen, brennenden Kerzen
und Geissein in der Hand, mit denen sich einige bis aufs
Blut schlugen. Sie sangen demQthige Lieder und zogen Ton
Land zu Land, von Stadt zu Stadt, von Kirche zu Kirche.
Viele, die das sahen, wurden erschüttert und weinten, warfen
sich auch mit dem ganzen Körper nackt auf die Erde, in den
*^ Vgl. Lorenz, deutsche Gesch I 399 ft Die SynodalbesdüllBBe
finden sich auch in der gleichzeitigen Gontin. ^Hndobon. Annal. Mettic
— Monom. Germ. XI. S. 699—703.
**) Schottwien ging 1. Aug. 1266 durch einen Wolkenbruch £ut ganz
zu Grunde. S. Anon. Leob. A. ▼. Zahn S. 18.
^ Anon. Leob. a. a. 0. S. 19 ~ 20.
^*) Die Jahresangaben schwanken zwischen 1260 — 1261 — s. Henii.
Altah. z. J. 1260 „de Flagellatozibus'' ; Ann. Mellic. z. J. 1260, Ann.
S. Rudberti Salisburg z. J. 1260. Gont. Sancruc. n. z. J. 1261, Gontin.
Prsedicat. Yindob. dsgl. wo sich auch der Eingang des deutschen
Bussgesanges findet. Unsere Stelle ist dem Anon. Leob. a. a. 0.
S. 14 entnommen, z. J. 1261
— 79 —
Schnee so gut wie in den Roth und jeder beharrte in dieser
Busse 33 Tage, zweimal des Tages, am Morgen und Abend/
Im Grefolge der keineswegs günstig gearteten Preussen-
fahrt tritt im politischen Leben unseres Landes ein Ereigniss
zu Tage, dessen Eenntniss wir keiner einzigen Urkunde, son-
dern nur dem dramatisch geftrbten Berichte der Reimchronik ^^)
verdanken. Immerhin bleibt der historische Kern unanfechtbar
und auch von anderer Seite werden uns Andeutungen ge-
boten, die an dem Geschichtlichen dieser Vorgänge nicht
zweifeln lassen.
Friedrich von Pettan erscheint darin als der Denundant
einer Adelsverschwörung wider die böhmische Herrschaft, als
deren Urheber der Püannberger Graf Bernhard und Hartnid
der Wüdonier, als Mitwisser und Theilnehmer Ulrich von
Liechtenstein und Wülfing von Stubenberg beinzichtigt waren.
Die Angeklagten wurden m das Lager vor Breslau beschieden
und der Pettauer allhier aulgefordert, seine heimliche Anklage
öffentlich vorzubringen. Er wiederholte sie ihnen in's Gesicht,
nur den Püannberger Heinrich, der sich auch hatte einfinden
müssen, sprach er der Mitwissenschaft ledig. Die Beschuldigten
erklärten den Pettauer für einen Lügner, forderten ihn zum
Zweikampfe heraus ; König Ottokar aber gestattete dies nicht,
sondern nahm Alle in Haft, liess als Gefangene den Grafen
Bernhard von Pfannberg auf Burglein, dessen Bruder Hemrich
auf die Feste Frain (Fren) in Mähren, den Liechtensteiner Ulrich
auf Elingenberg in Gesellschaft des Stubenbergers und den Wil-
donier Hartnid nach Eichhorn in Mähren, schaffen. Aber auch
der Pettauer Friedrich hatte sich nicht besser gebettet, da
auch ihm das Loos der Haft zu Eichhorn bescbieden ward.
Die Haft der Herren aus Steierland währte 26 Wochen ^')
in ihrer ganzen Härte. Doch gestattete der König nicht, dass
*<) Beimchroiuk 56. Cap. S. 96—98. Das Chron. Joaim. Victor., das den
Reimchronisten Ottokar ben&tzte, hat S. 297 (I. Buch, 9. Gap.) Dur
wenige Zeilen. YgL aach Tangl's Aufs. 0. die Pfannberger 18. Bd.
des Arch. f. K Ost. G. 189 ff.
^^ Bei Lorenz deut. G. I. finden sich zufolge offenbarem Versehens
26 Monate angegeben.
— 80 —
man die Habe der Grefangenen plündere, beliess ihnen je dnen
Diener und sandte das andere Gefolge heim. Den Pfumberger
Heinrich zog er überdies bald an seinen Hol Die Andern
mussten zur Erlangung ihrer Freiheit dem Pettauer Urfehde
schwören und eine Reihe ihrer Burgen ausliefern, die dann
der König brechen liess. So verloren die P&nnberger : Pfaim-
berg, Peggau, St Peter, ICaisersberg, Strasseck und Löschen*
thal, der Liechtensteiner : Murau, Liechtenstein und die Frauen-
burg, der Stubenberger : Stubeaiberg, Kapfenberg, Katsch und
Wulfingstein, der Wildonier: Premaresburg und Gleichenberg
und selbst der Pettauer Wurmberg und Schwanberg. Zum
Schlüsse — erzählt die Reimchronik — sprach Ottokar zu
den von der Haft Erlösten^ „Thut Euch gütlich, da ich Euch
durch meine Gnade reich machen und den Schade vergüten
will, den ich angerichtet Wer sich aber von mir mit bösem
Gebahren entfernt, der wisse fOrder, dass er nicht wieder
dessen sich erfreuen wird, was er einbüsste.^ Der König ver-
theilte an sie Kleinode, Silber und Gewand, dann entliess er
sie heim.
Wir haben in Kürze das Wesentliche der ausführlidien
Erzählung des Reimchronisten entnommen. Drei Punkte jedoch
bedürfen einer genaueren Prüfung und zwar das chronolo-
gische und locale Moment der Erzählung und die Motivirung
des Ganzen.
Der Reimchronist lässt die genannten Edelherren aus d^
Steiermark dreimal durch Boten und Briefe nach Breslau
entbieten; er lässt sie 26 Wochen in strengem Gewahrsam
halten und zu Prag „an dem Palmtag** (1268, 1. April)
der Haft erledigen.
Die Haft müsste also Mitte October 1267 b^onnen
haben; somit lange vor der Preussenfahrt, welche erst im
December 1267 angetreten wurde, wie aus Ottokar's und
Bruno's Urkunden ersehen ^^) und schon mit Jänner 1268
beschlossen gewesen sein muss, da wir Ottokar zu Prag berdts
16. Februar d. J. urkundlich vorfinden.
^) Emier Begg. Nr. 571, 576, 577, 592.
— Si-
lin April 1268 befand er sich allerdings zu Prag, min-
destens vom 24. April an. Dagegen lässt sich aber sein angeb-
licher Aufenthalt zu Breslau filr Mitte October 1267 in keinerlei
Weise belegen, denn die vorhandenen Urkunden zeigen blos
Ottokar 19. Sept. 1267 in Prag, 6. Nov. in Brllnn und seinen
ersten Minister Bruno 3. Oct in Mähren**). Ueberdies ist
ein Aufenthalt Ottokar's zu Breslscu ausser aller Verbindung
nüt der Preussenfahrt nicht gut denkbar.
Versuchten wir es nun, diese Begebenheit in das Jahr
1268—1269 zu versetzen*'), da z.B. die Klostemeuburger
Annalen ihrer z. J. 1269 kurz gedenken *') und der Victringer
Abt Johannes in seinem Geschichtswerke die Begebenheit
dem Tode Herzog Ulrich von Kärnten (1269, 27. Oct.) mit
den Worten „in diesem Jahre" anreiht, so kämen wir
mit den Zeit- und Ortsangaben des Reimchronisten noch
schlechter weg und ebensowenig ist eine weitere Verlegung
in ein späteres oder früheres Jahr statthaft. Wir sind somit
genöthigt, wenn wir der Reimchronik folgen wollen, die ganze
Begebenheit in die Zeit vom Jänner bis April 1268 zusam-
menzudrängen und zwar die Vorladung so gut wie die Zeit
der Haft. Schwierig lässt sich da allerdings die Heimreise der
Herren nach der Preussenfahrt und ihre dreimalige Vorladung
nach Breslau chronologisch combiniren. Aber im Gebiete that-
sächlicher Unmöglichkeiten bewegen wir uns immerhin nicht.
Ueber die Motive der That des Pettauers bleiben wk
ganz im Unklaren. Jedenfalls war sein Lohn schlecht. — Der
Schluss der Erzählung, die Handlungsweise des Königs gegen-
über den freigelassenen Herren würde besagen, dass Ottokar
seine That als eine Uebereilung gut machen wollte.
*5) Emier Nr. 618, 558, 568—9, 560-1.
*•) Tangl in seiner fleissigen Abh. ü. die Pfannberger versetzt irrthttm-
lich die ganze Sache in's Jabr 1468—1469 (S. 142 f.), da er den
Kreazzng viel später ansetzt, als er in der That vor sich ging.
*') Contin. Claustroneob. IV. Mon. Germ. XI, S 648. „Comites de Phan-
berg et nobiliores St}Tise a rege Bohemie captivantor et eoram castra
meliora destruuntar, sed destructis castris a captivitate relaxantur.^
a
MiUhcI]. d. hiit. Vereins f. Bteiermurk. ZZII. Heft, ltT4. ^
— 82 —
Aber eine Angelegenheit im Ganzen der Erzählung bietet
einen praktischen Gesichtspunkt der premyslidischen Politik,
und zwar die zwangsweise Beseitigung oder Besetzung jener
Burgen der mächtigsten Geschlechter, welche in ihrer wach-
senden Zahl als Stützpunkte adeliger Opposition für ein
strammes monarchisches Regiment bedrohUch werden mussten.
Dass femer der Pettauer, ohne dass wir seine DenunciantenroUe
billigen können, seine Beschuldigungen nicht ganz aus der Luft
griff, und dass die genannten Herren nicht gut auf die böh-
mische Herrschaft zu sprechen waren, liegt gleichfalls nahe.
Der Böhmenkönig griff nun einmal mit eiserner Hand in
die steiermärkische Adelschaft, um die Angesehensten hervor-
zuholen und ihnen das zu entwinden, was er sonst mit grös-
serem Eraftaufwande hätte erobern müssen.
Nirgends aber in der ganzen Erzählung geschieht des
vornehmsten Rathgebers der Krone, des bischöflichen Landes-
hauptmannes der Steiermark, Bruno's, Erwähnung und doch
muss angenommen werden, dass gerade diesem die Sachlage
und Stimmung im Lande trotz längerer Entfernung bekannter
war, als dem Könige selbst*^).
Doch scheiden wir von dieser Episode. Alles scheint bald
in's alte Geleise zu kommen, vergeben und vergessen zu
sein, wie dies urkundliche Zeugnisse schon 1269 nahe legen.
An eine thatsächliche Opposition Ulrich's von. Liechtenstein
mögen wir selbst nicht recht glauben; er scheint deren am
wenigsten mit Recht beschuldigt worden zu sein. Dm, den
Stubenberger und Bernhard von Pfannberg finden wir bald
wieder in der Umgebung des Königs, auch ausserhalb des
Landes *•) (80).
^^ Lorenz hat die politische Bedeutung dieser Händel (I. 270 f.) richtig
gezeichnet Kur in chronologischer Beziehung unterlief das Versehen
einmal, dass er die Verhaftung der Adelsherren mit der Heise
Bruno's in die Steiermark (Späljahr 1268 !) combinirt und, obschon
er die Haft mit 26 Monaten ansetzt, die Befreiung doch (S. 272)
am „Pahntag 1268*^ geschehen l&sst.
^') Vgl. auch Tangl's erwähnte Abhandlung S. 148 £
— 83 —
Bruno's Rückkunft in die Steiermark haben wir erst seit
1. December 1268 urkundlich (72) verbürgt Doch können
wir ihren Zeitpunkt viel früher ansetzen. Neben ihm taucht
Herbord von Füllenstein^ sein Lehensmann und Truchsess, auf,
eine Persönlichkeit von Einfluss, die alsbald 1269 als Landes-
richter der Steiermark und als Stellvertreter Bruno's zu gelten
hat (73, 78, 79).
Dieser, in unaufhörUcher Bewegung von und zimi Hoflager
des Premysüden — muss im Frühsommer 1269 die Steier-
mark wieder verlassen haben; in einer Urkunde (16. April,
Graz) Herbord's von Füllenstein wird seines und des könig-
lichen Mandates, das Seckauer Hochstift betreffend, gedacht
(78). Den 13. Juni des gleichen Jahres finden wir ihn und
den Premysüden in Gesellschaft des Freisinger, Passauer,
Brixner und Seckauer Bischof es '**^).
Fünfzehn Tage später schlichtet er jedoch wieder auf stei-
rischem Boden, im Unterlande, zu Radkersburg, einen Streit des
Bischofs von Seckau mit dem Adeligen Ortolf von Stretwich und
den 20. August d. J. sehen wir ihn zu Graz in offener Land-
schranne als Richter in dem Güterhandel des St. Pauler Klo-
sters mit Heinrich von Rohitsch (81, 82 vgl. 71). Das letzte-
mal begegnen wir ihm hier in der Ausübung seines wichtigen
Amtes * ^), umgeben von einem stattlichen Kreise steirischer
Prälaten und Landherren. — Noch einmal, in Ottokar's Ur-
kunde für S. Lambrecht vom 29. Jänner 1270, geschieht seiner
als „damals Landeshauptmaim der Steiermark** Erwähnung
(88, vgl. 83). Dabei wird aber auch Otto's von Haslau gedacht,
„welcher damals für eine Zeit der Hauptmann desselben Landes
war," wie wörtlich darin zu lesen. Und dass nach Bruno's
Abgange, im Herbste 1269, für wenige Monate der Haslauer
die Verwaltung führte, bezeugt eine zweite Urkunde von Ende
Jänner, worin des Schiedsspruches Otto's in einer Streitsache
«0 Emler Nr. 663.
^1) Letztere Urkunde (82) deutet mit ihrer langen Zeugenreihe auf eine
StändeTersammlung hin.
6*
— 84 —
Wichards von Ramenstein mit dem Kloster St Lambrecht gedacht
erscheint (40). Näheres über die Dauer seiner interimistischen
Amtsgewalt wissen wir nicht, auch taucht er in keiner steiermär-
kischen Urkunde als Landeshauptmann oder Verweser aal
Dagegen wissen wir, dass einer der hervorragendsten
Männer im Kreise der Kronbeamten Ottokar's, Burkhard von
Klingenberg (74), bereits im Herbste des Jahres den Postoi
eines Landeshauptmannes der Steiermark angetreten haben
muss, da er Anfangs October zu Marburg als solcher einer allge-
meinen Gerichtsversanmilung, einem Landtaiding, vorsass (94).
Der Grund der Enthebung Bruno's vom Posten eines
Landeshauptmannes der Steiermark, den er, wie sein alter
Biograph sagt, gestrenge verwaltete * '), ist sicherlich ebenso-
wenig in dem Misstrauen des Königs als in einem Proteste
der Steiermärker gegen die Amtsfühnmg des Olmützer Bischöfe
zu suchen. Denn bis zum Tode des Premysliden behauptete
Bruno, trotz zeitweiliger Gegenströmungen am Hofe, die sich
gewiss nicht in Abrede stellen lassen^*), den ersten Platz
im Rathe der Krone und zu einem solchen Proteste fehlte
jeder Anlass, er ist emfach undenkbar.
Im Gegentheile, das GefQhl der Machthöhe und Sicherheit
veranlasste Ottokar zu einer solchen Yerwaltungsmassregel.
Der Bischof-Minister war als Landeshauptmann der Steiermark
entbehrUch, dagegen bei der wachsenden Fülle verwickelter
Staatsgeschäfte in des Regenten nächster Nähe nicht leicht zu
missen. Wir können aber diesen Zeitpunkt als kurze Haltstelle
benutzen, um einen RückbUck auf wichtige Vorgänge zu werfen,
die einen bedeutsamen Einfluss auf die Steiermark üben
mussten.
^^) Ducatom Stirie rexit et strenue gubemavit Lorenz, deutsche Gesch.
I, 260 Note 1.
^^ Ist es Zufall oder Beweis für soltJie Gegenströmungen, dass Bischof
Bruno's Name in den königlichen Urkunden dieser Zeit fast gar
nicht auftritt, dass z. B. nicht er, sondern der böhmische Kanzler
Peter, Propst von Wischegrad, bei dem Abschlüsse des wichtigen
Podiebrader Erbvertrages (s. w. u.) anwesend war?
— 85 —
Im Spätjahre 1268 treffen wir im Böhmerlande, auf der
Kronherrschaft Podiebrad, den Kärntner Herzog Ulrich, Otto-
kar's Vetter, den kinderlosen Gemahl der Grossnichte des
letzten Babenbergers, Gertruden's Tochter. Unter Zeugenschaft
des Grafen Albert von Görz-Tirol, des Meisters Peter, Prop-
stes von Wissegrad, Kanzlers des böhmischen Reiches, Ulrich 's,
des Grafen von Heunburg, Heinrich's Grafen von Hardeck,
des Freien von Cauriaco, Ulrich's von ReifFenberg und Anderer
erklärt Herzog Ulrich, für den Fall seines kinderlosen Ab-
sterbens, Ottokar zu seinem Erben.
Des Bruders Philipp, des abgedankten Gewählten von
Salzburg, geschieht keine Erwähnung**). Man will ihn der
Erbschaft ferne halten, doch auch für seine anderweitige Ver-
sorgung muss gehandelt werden. Die Handhabe bietet sich in
der Erledigung des Patriarchenstuhles von Aquileja.
Ohnedies hatte seit der entschiedenen Besitzergreifung
vom Steierlande (1260) der Böhmenkönig als Herr des aquile-
jischen Lehens Pordenone, seme Hand im Friauler Lande.
1263 nahm Bruno von Olraütz als Stellvertreter Ottokar's
das Lehen des Schenkenamtes von Aquileja entgegen. — Im
Kampfe der Görzer mit dem Patriarchen Gregor von Monte-
longo sah der Premyslide nicht mtissig zu •'').
Als nun Patriarch -Gregor den 8. September 1269 starb,
beeilte sich Ottokar, die Wahl Philipp's zum Patriarchen
durchzusetzen und sie fand bereits den 23. September statt,
um so leichter, da sein Bruder, der Kärntner Herzog, den
14. d. M. zum „Gemeinen Hauptmann" (capitano generale)
oder Landesverweser Friaul's erkoren wurde. Philipp wusste
^^) Die Urkunde vom 21. März 1249 s. Anh. Begg. Nr. 7 ist offenbar
unecht. Bei dieser Gelegenheit sei einer Urkunde von 1251, 17. Juni,
Neuss, gedacht, in welcher König Wilhelm von Deutschland dem
Bischof Ulrich die Freiheiten des Bisthums Seckau bestätigt. (L. A.
Nr. 663 Cop.)
**) Bianchi Regg. im 22. Bde. des Arch. f. K. öst. Geschichtsquellen. —
Vgl. Manzano, Ann. del Friuli III. 1860 S. 45 f. — Tangl, Hdbch.
der Gesch Kärntens IV, 1, S. 3 f.
— 86 —
aber alF dies dem Böhmenkönig zu schlechtem Danke, denn
der Beweggrund war ihm klar und sein Blick unverwandt auf
das Kärntner Erbe gerichtet*').
Als daher den 27. October 1269 Herzog Ulrich zu CSvi-
dale starb, säumte keinen Augenblick der Erwählte von Aglei,
seinem böhmischen Vetter in Erain und Kärnten zuvorzu-
kommen, der einerseits auch nicht zögerte und den gewandten
Probst von Brunn, Conrad, in die genannten Länder sandte.
Wenn der Brief Ottokar's an. Philipp dem Frühjahre 1270
eingereiht werden darf — und es sprechen gewichtige Gründe
dafilr — so bemühte sich der Böhmenkönig, dem trotzigen
Vetter den Kopf zurecht zu setzen; denn er war ihm sehr
unbequem geworden. Rasch hatte Philipp seine Wahl zmn
Generalcapitän von Friaul durchgesetzt, den Kärntner Her-
zogstitel angenommen und sich mit „Ottokar's Feinden" ver-
bunden, worunter unschwer die kämtnisch-krainische Partei
der Gegner der böhmischen Occupation und wohl auch Ungarns
neuer König Stefan, Sohn des Anfangs Mai 1270 verstorbenen
Bela IV., zu verstehen ist.
Dagegen hatte der Premyslide einen Bund mit den
Friauler Ständen (1. Mai 1270) geschlossen*'), auch konnte er
auf die alten Gegner Philipp's, die Görzer Grafen, und auf die
in Bj-ain und Kärnten mächtigen Ortenburger und Stemberger
zählen. Unter solchen Umständen konnte er hoffen, seinen
Rivalen, den das Aquilejer Capitel als abgesetzt erklärte, zu er-
drücken. Bald schob sich der ausbrechende böhmisch-ungarische
Krieg dazwischen und auf ihn setzte Philipp als Bundesge-
nosse Stefanos V., seine besten Hoffnungen. Doch sie wurden ge-
täuscht, Stefan zum Waffenstillstände genöthigt, zu dessen Ver-
handlung noch im Spätsommer Anstalten getroffen wurden.
Philipp wurde in denselben unter der Bedingung aufgenommen,
dass er sich ruhig verhalte und bis zum Gallustage (16. Oc-
tober) Bevolhnächtigte sende. In der endgiltigen Ueberein-
^) Manzano a. a. 0. S. 88 f.
*"*) Manzano a. a. 0. 87.
— 87 —
kunft, die der Stillstand vom Gallustage bis 11. November
1272 festsetzte, wird von Philipp ganz abgesehen, da er diese
Bedingung nicht eingehalten habe **).
Dies war ein harter Schlag fQr die Aussichten des iso-
lirten Sponheimers, dem es nun wenig half, dass der eigene
Vollmachtträger des Böhmenkönigs, Probst Conrad, angelockt
von den Versprechungen imd Philipp's anfänglichen Erfolgen,
Verräther an des Königs Sache wurde und zur Partei des
Sponheimers übertrat
Ottokar honnte nun persönlich mit überlegener Waffen-
macht den Rivalen angreifen. Den 28. October 1270 (91)
treffen wir ihn noch zu Wien, woselbst er den 2. Februar
mit dem Freisinger Bischöfe Conrad über die Kärntner Hoch-
stiftslehen einen Investiturvertrag geschlossen hatte, wahr-
scheinhch auch noch am 1. November. Rasch muss er nun
den Heereszug durch Steiermark in's Bjrainer Land bewerk-
stelligt haben, denn schon am 24. November^*) ist seine Anwe-
senheit beim Klosterorte Sittich verbürgt Der Marsch muss
ihn damals über Windischgraz geführt haben, von welchem
Orte zwei Urkunden datiren (97); denn der Annahme, er habe
diesen Ort erst am Rückmarsche berührt, steht die Thatsache
entgegen, wonach er den Weg aus Kärnten von Villach gegen
Obersteier, nach Judenburg, einschlug. In die Zeit vom 24. No-
vember bis 6. December fällt der Marsch von Sittich gegen
Laibach, wo sich Ulrich von Liechtenstein als Marschall des
Steierlandes eingefunden hatte und der Zug durch das „Stein-
geschirr** des Canalthales zwischen Amoldstein und Tarvis,
das den „Böhmen'* so bange gemacht haben soll, in's Kärntner
Land. Offenbar musste der König den Weg über Krainbiu-g,
Radmannsdorf und Weissenfeis und das Gebirge eingeschlagen
haben **•). Für 12 Tage in der That ein schweres Stück
*») Emier S. 279-281 Nr. 722-726, Palacky II, 2, 208, Tangl S 17
fr. Lorenz I, 321 ff.
") Emier Kr. 719, 727, 728.
*") üeber diesen Marsch vgl. die ausftilirlichen Erörterungen TangPs
a. a. 0. S. 28-85.
— 88 —
Arbeit ! Denn schon am 6. December finden wir den König
zu Yülach und die bezügliche Urkunde für Viktring (95) lässt
uns als Zeugen die steirischen Edelherren von Pfannberg, den
Pettauer, Seifiid von Mäbrenberg und Ulrich von Liechten-
stein erkennen/ Es waren dies sämmüich Persönlichkeiten, die
auch in Kärnten allodial oder lehensmässig begütert waren,
den Liechtensteiner ausgenommen ' ').
Wo jene von der Reimchronik angedeuteten Verhand-
lungen mit Philipp stattfanden, denen zufolge dieser ge-
zwungen ward, auf Kärnten, Krain und die Mark Verzicht zu
leisten, sich mit den Einkünften des Gerichtes und der Mauth
der niederösterreichischen Stadt Krems begnügen und seinen
ständigen Sitz als Intemirter zu Pösenbeug nehmen sollte, ist
unbekannt. Dass sie sich jedoch äusserst schwer diesem Zeit-
punkte einpassen lassen, ist eben so sicher als die Thatsache,
dass Philipp noch im Jahre 1271 als Gegner dem Premysliden
gegenübersteht, also keineswegs das Leben eines Intemirten
im Oesterreicher Lande führte und factisch nicht fuhren konnte.
Aber lassen wir diese Angelegenheiten bei Seite, die uns auf
ein anderes Feld der Untersuchungen verlocken könnten, um
uns einer zweiten Thatsache zuzuwenden, welche mit den
innerösterreichischen Verhältnissen im wesentlichen Zusammen-
hange steht.
Es ist dies Ottokar's Zusammenkunft mit dem neuen
Erzbischofe von Salzburg, Friedrich von Walchen, zu Juden-
burg, worüber uns die Taidungsurkunde (96) vom 12. De-
cember 1270 vorKegt Ein halbes Jahr zuvor, den 28. April,
war Metropolit Wladislav, Ottokar's Verwandter, der milde,
friedfertige Mann gestorben, aus dessen Thätigkeit in den
steiermärkischen Kirchenverhältnissen wir nur die Reformation
des Seckauer Stiftes hervorheben woUen. Wladislav stand mit
Ottokar auf bestem Fusse und verstand sich auch zu fdgen.
In dem neuen Erzbischofe lebte ein energischer selbststän-^
diger Wille, den freilich erst später der König verspüren
•») Vgl. Tangl a. a. 0. S. 36.
— 89 —
sollte, das Gefühl, dass der Augenblick abzuwarten sei, um
sich gegen die Uebermacht des Böhmenkönigs in den Alpen-
ländem zu stenunen.
Zunächst musste der Salzburger mit dem PremysUden
auf gutem Fusse bleiben. Die bezüglichen drei Urkunden
handehi 1. von den Salzburger Lehen der Herzoge Oesterreichs
und Steiermarks in den vier Landen, 2. von der Rückver-
schafiFung der dem Salzburger Erzstifte seit Wladislav's Tode
entfremdeten Güter und Zehenten, 3. von dem Ausgleiche
der strittigen Gegenansprüche, der zu Wien den L Mai 1271
stattzufinden habe. — Als Schiedsgerichts-Obmann erscheint
Bischof Bernhard von Seckau, gleichfalls eine Persönlichkeit,
der wir mit einigen Worten gedenken müssen "*).
1268, den 6. Juni war der vielgeplagte und getäuschte
Exmetropolit von Salzburg, der Seckauer Bischof Ulrich ver-
schieden. An seine Stelle trat Bernhard, Dompropst von
Passau, der auch für einige Zeit die Lehrkanzel des kanoni-
schen Bechtes an der Paduaner Hochschule versah; ein
scharfer, gewandter, mund- und federtüchtiger Kopf, der seine
Erhebung dem Premysliden verdankte und bis zur entschei-
denden Krise des Jahres 1275/6 der getreue Schildknappe
seiner Politik blieb (72, 77, 78, 81, 85, 94). So war die
Occupation des Kärntner und Krainer Landes gelungen und
die Verhältnisse zum Salzburger Hochstifte leidlich geschlichtet,
als Ottokar die Murstrasse aufwärts zog, um dann den
gewohnten Weg durch's Mürztbal über den Semmering ein-
zuschlagen Da kam ihm aber die böse Botschaft zu, der
Ungamkönig habe den kürzlich geschlossenen Waffenstillstand
gebrochen, ein gewaltiges Heer nach Oesterreich geworfen
und wolle bei Schottwien dem heimziehenden Gegner eine
schlimme Falle berdt halten.
Da bahnte sich Ottokar, um den feindlichen Plan zu
kreuzen, trotz winterlicher Fährlichkeiten und Beschwerden
•*) Vgl. die ürkimdenregesten im Anhange Nr. 77, 78, 81 über die Ange-
legenheiten des Seckauer Hochstiftes in Bernhardts »Tagen.
— 90 —
den Weg über das Gebirge gegen Lilienfeld, also muthmass-
lieh über Aflenz, Mariazeil und Tumitz ••), und der getäuschte
Ungamkönig kohlte den Aerger über den misslungenen Plan
durch unmenschliche Verwüstungen des österreichischen Landes.
Ottokar zahlte dies im AprQ des nächsten Jahres (1271)
auf ungarischem Boden durch anftngliche Erfolge blutig heim.
Doch musste er aus Proviantmangel an den Rückzug denken.
Der nun folgende Angriff des Ungamkönigs war mit dem
neuen kriegerischen Auftreten des Sponheimer's Philipp und
mit dem vereinbarten Einfalle Heinrich's von Niederbaiem in's
oberösterreichische Land combinirt. Allerdings konnte Philipp
an Erfolge zunächst nur im Friaulischen denken, denn in
Krain und Kärnten scheint Ottokar wohl vorgesorgt zu haben.
Dort führte Ulrich von Habsbach (Hausbach), hier Albrecht
von Fren (Frain) die Landeshauptmannschaft Letzterer brachte
dem Böhmenkönige auch den Kärntner Heerbann zu und fand
in den Kämpfen auf ungarischer Erde den Tod, oder wurde
nach dem ungarisch-böhmischen Kriege seiner Landesverwe-
sung enthoben, denn er taucht nicht wieder in dieser Rolle auf.
Ottokar aber ging aus dem Kampfe mit entschiedenem
Erfolge hervor, denn der Pressburg-Prager Friede vom 3. — 13.
Juli 1271 •*) — ein Werk des Kalocsaer Erzbischofes und
sechs ungarischer Bischöfe, anderseits des Salzburger Erzbi-
schofes und der Bischöfe von Prag, Olmütz, Passau, Freising
und Seckau, darlegt (98).
An den Verzicht auf alle Ansprüche zu Gunsten des
Böhmenkönigs — Kärnten, Krain und die Mark betreffend,
knüpft Stephan V. das Versprechen, sein BUndniss mit Philipp
aufzulösen und ihm seinen Schutz gänzlich zu entziehen. Von
besonderem Interesse erscheint jedoch der Schluss des fünften
Artikels, denn er verbürgt dem Premysliden, dass er die zu
ihm geflüchteten Adeligen, Wflhelm von Scherffenberg und
• ) Vgl. Tangl a. a, 0. S. 51.
<^) Emier Nr. 758. Vgl. Lambacher Ost. Interregnum S. 51 Nr. 36
Palacky I?, 1, 216 f. Lorenz I, 880. . .
-' 91 ~
Niklas von Löwenberg (jenen der Krainer, diesen der Kärntner
Landschaft angehörig), aus seinem Reiche verweisen werde.
Wir haben es also mit politischen Unzufriedenen, mit
Widersachern der böhmischen Herrschaft und offenbar mit
Befreundeten Philipp's zu thun, die nun der ungarisch-
böhmische Friede preisgab. — Dagegen fochten in den Reihen
des böhmischen Herrschers Herren der Steiermark und
Heinrich von Pfannberg soll, als der König die Schaaren
musterte, ihn gemahnt haben, die seit 1268 von Ottokar be-
setzten Burgen zurückzugeben, ^ damit es sie gelüste, desto
mehr um seine Ehre zu kämpfen,*' worauf der Premyslide
ermunternd geantwortet habe: „Nu seid wacker und bieder
im Streite, ich sage Euch hier Eure Burgen, Euer Erbe
ledig *^).' So hätte denn der ungarische Feldzug die letzten
Nachwehen des Jahres 1268 weggetilgt.
In die Zeit zwischen dem Abschlüsse dieser wichtigen
Taidung und dem Herbste, vom 13. Juli bis 1. September, an
welchem Tage wir Ottokar in Prag wieder finden, — und
mit mehr Wahrscheinlichkeit als in die vom 1 . September und
13. October begrenzte Frist, oder gar in die vom 24. November
bis 30. December 1271 laufenden Tage — müssen wir die
Heerfahrt des Böhmenkönigs ansetzen, deren Ziel das Kärntner
Land war**).
Es lag auch nahe, dass Ottokar in Folge des Press-
burger Friedens die Angelegenheiten eines von Gegenbestre-
bungen durchwühlten Landes endgiltig ordne. Dass er 1271
diesen Zug unternahm, ist urkundlich angedeutet und mit dem
tragischen Ausgange Seifried's von Mährenberg in einem prag-
matischen Zusammenhange, der keine andere chronologische
Unterbringung ermöglicht
Der Zug ging muthmasslich durch Obersteier nach
Kärnten, denn das war der gewohnte Heerweg, überdies
machte Ottokar die Rückfahrt an der Drau abwärts in's
•») Reimchronik pg. 107.
••) Emier S. 804 Nr. 758; 8. 307 Nr. 765; S. 307 ^t. 767.
— 92 —
Steierland und wird daher umsoweniger von Untersteier ans
nach Kärnten gezogen sein, da er zweimal den gleichen Weg
hätte nehmen müssen. Noch mehr spricht dafür die Besetzmig
von Friesach •^), was am Wege lag, der aus dem Oberlande
Steiermarks in das innere Kärntens führte.
Als Landeshauptmann Kärntens nach dem Ableben oder
zufolge der Enthebung Albrechts von Fren haben wir damals
Ulrich, den Grafen von Heunburg, zu denken, ohne Frage ein
Ftüirer der Partei in Kärnten, welche dem Podiebrader Erbver-
mächtniss getreu, fbr Ottokar^s Sache einstand imd dafbr entlohnt
werden musste. Diese Persönlichkeit, reich begütert hier zu
Lande so gut wie in der Steiermark, wohl angesehen und
geachtet, gewann durch die von König Ottokar wahrscheinlich
1270 schon verfügte Heirat mit der 19jährigen jugendlichen
Witwe des Kärntner Herzogs Ulrich, Agnes, Gertruden's
Tochter, eine neue Bedeutung. Man hat m dieser Verfügung
des Böhmenkönigs nicht mit Unrecht eine politische Massregel
gesucht ^®), die darauf hinauslief, die Grossnichte des letzten
Babenbergers zur Frau eines reichsmittelbaren Dienst- und
Lehensmannes zu machen ^') und damit einer zweiten Heirat
der verwitweten Kärntner Herzogin vorzubeugen, welche un-
liebsame Länderan Sprüche eines mächtigen Gemalils hervor-
rufen könnte.
Diese Anschauung gewinnt an Gewicht, wenn man die
spätere urkundliche Erklärung der beiden Eheleute vom Jahre
1279 berücksichtig^^) , welche überdies einen werthvollen
«^) lieber Friesach's Besetzung vgl Tangl S. 81.
«8) Vgl. auch Taugrs Abh. über die Heunburger i Arch. f. K öst. G.
25. Bd S. 175 ff.
«•) Die Reimchronik Cap. 28 spricht zunächst nur von der gegenseitigen
innigen Liebe des Ehepaares. Später erst findet sich in dem soge-
nannten Anon. Leob., in dem compil. Chron. austr. die dem Könige
in den Mund gelegte Aeusserung, er habe es „in depressionem ge-
neris", d. i. des Babenberger Geschlechtes — gethaa.
'0) D. et actum apud Judenburch XI. Kai. NoYembris anno D. mill.
duc. septuag. nono b. Herrgott Numotheca. 11, I pag. 250; Lambacher
Anh. Urk. S. 171~176.
— 93 —
Aufechluss über den Stand der Einkünfte Gertruden's gewährt,
Denn da heisst es wörtlich: „Was wir nur irgend mit dem Böh-
menkönige abmachten oder im Vorhergehenden vereinbarten,
das Alles erpresste von uns seine gewaltthätige Unredlichkeit
und die uns erregte Furcht" .... Dass aber diese Grewalt-
acte erst Platz griffen, als Ulrich, dem Könige offenbar miss-
liebiger, die Landeshauptmannschaft an einen Andern abgab —
und nicht gleichzeitig mit dem Heiratspacte eintreten konnten,
ist selbstverständlich.
Man hat nun von verschiedenen Seiten diese Angelegenheit
mit einer gleichzeitigen Verbannung Gertruden's aus der
Steiermark in Verbindung gebracht. Jedenfalls erscheint dieser
Zeitpunkt, 1270 — 1, angemessener, als das von anderer Seite
hiefilr angenommene Jahr 1261, oder die Combination, Ottokar
habe Gertruden 1261 das erstemal und um 1271 das zweite -
mal verbannt. Schon der Umstand, dass die Babenbergerin
durch die Ehe ihrer Tochter mit dem Kärntner Herzoge Uh-ich
(t 1269), einem Verwandten Ottokar's, diesem gewisse Rück-
sichten fllr die Mutter, der Kärntner Herzogin, auferlegen
musste, fiUilt in's Gewicht. Aber auch die Chronologie urkund-
licher Zeugnisse widerspricht dem letzteren. — Abgesehen
davon, dass die Reimchronik diese Verdrängung Gertruden's
mit der Landeshauptmannschaft Bruno's, des Olmützer Bi-
schofes, in Verbindung setzt, welche erst im Hochsommer
1262 ihren Anfang nahm, finden wir die Babenbergerm ur-
kundlich (39, 46) noch Anfang März 1261 und 5. Jänner
1263 zu Voitsberg sesshaft, überdies wird ihr im Rationarium
Styrisß'^) von 1267 nicht blos der Titel Ducissa, Herzogin,
sondern auch ein Einkommen jährlicher 400 Mark aus den
landesftlrstlichen Renten zuerkannt.
Endlich sagt auch die Reimchronik ausdrücklich, dass
Gertrude zu dieser zweiten Ehe ihrer Tochter — freiwillig
^0 Rauch scrr. rer. austr. n. 1748 S. 116: Ex hiis autem tollit domina
Dadssa CGCC marcas denariorum (von der Gresammtsomme im Be-
trage von 7834 Mark Pf.). Das Dudssa passt auf Niemand anderen
als Gertrude.
~ 94 —
oder gezwungener Weise — ihre Einwilligung gab und wir
sie dabei naturgemäss noch im Lande und nicht als Ver-
bannte im Meissner Lande denken dürfen. — So viel steht nur
fest, wenn wir auch dem letztem Argumente keine Beweiskraft
beilegen wollen, Gertrude sei nicht 1261, sondern erst nach
1267 und zwar um das Jahr 1271 aus der Steiermark ent-
fernt und genöthigt worden, bei ihren Meissner Verwandten ein
Asyl zu suchen. Nach dem Berichte der Reimchronik finden
wir sie anfängUch nach (W.-) Feistritz verbannt mit „kaum
100 Mark Gülf* Einkommen. Aber auch da durfte sie nicht
lange weilen und in gewitterschwerer Nacht das Land meiden.
Als Scherge des königlichen Willens erscheint der i, Probst
von Brunn" '*). Sie lebte noch 1288 im Kloster zu Suselitz "«).
— Ob, wie der Reimchronist erzählt, der herzlose Probst
von Brunn, Conrad, des Königs Vollmachtträger, mit dieser
Verdrängung Gertruden's zu schaffen hatte, lassen wir uner-
örtert; wohl aber unterstützt dieser Umstand unsere chrono-
logische Annahme nicht wenig, da Conrad erst 1269 — 1270
in dieser Rolle auftritt. Ja, wir halten dies Moment mit Rück-
sicht auf die Erzählung der Reimchronik für die Chronologie
des Ereignisses geradezu für entscheidend.
Aber auch das tragische Ende Siegfried's von
Mährenberg, zu dessen kritischer Betrachtung wir uns
jetzt wenden, steht damit in unläugbarem Zusammenhange,
denn der Reimchronist betont vor Allem die Verdächtigung
seitens der Gegner des Mährenbergers, er sei ein entschiedener
Anhänger der Herzogin.
''*} Beimchronik S. 69.
t^) Palacky a. a. 0. 11, 2, 384. Ihr Sohn Friedrich, Gonradms des
letzten Staufen SchicksalsgenosBe, wird 1261, 28. Mai in einer Urkunde
Ottokar's d. Pisek als Zeuge angeführt: Fridericus filins domin»
6. ducisB» de Judenburch; bald darauf aber Yon Ottokar verbannt
, (licentiatas). P. Clemens IV. sagt von ihm in einem Schreiben vom
2. März lk68 ^ er nenne sich Herzog von Oesteireich, obschon er
nicht einen Fussbreit Landes dort besässe. Palacky a. a. 0. 188,
Note 269.
— 95 —
Nehmen wir nun den Faden der Erzählung von Ottokar's
Kärntner Fahrt wieder auf. Die Occupation Friesach's erscheint
thatsächlich als ein Schritt, um die zerrütteten Besitz- und
Bechtsverhältnisse des Salzburger Erzstiftes zu ordnen, kei-
neswegs als Act der Feindseligkeit gegen Erzbischof Friedrich,
mit welchem damals der Böhmenkönig auf gutem Fusse stand.
Aus einer Urkunde des zum Kastellan oder Burggrafen Frie-
sach's bestellten Dietrich von Fulmen (Fulen) entnehmen wir,
dass sich im Gefolge des Böhmenkönigs Bruno von Ohnütz und
Herbord von Füllenstein befanden, mithin der einstige Landes-
hauptmann und der gewesene Landrichter der Steiermark.
Es mag dies auch darauf hindeuten, dass Ottokar sich bei der
Ordnung der innerösterreichischen, also auch steiermärkischen
Angelegenheiten der Erfahrung zweier bewährter Kenner der-
selben bedienen wollte. Es wäre dies zugleich die letzte Angabe
von der Anwesenheit des Olmützer Bischofes und Staatsmannes
in diesen Gegenden (108).
Ueber das sonstige Walten des Böhmenköniges im Kärntner
Lande fehlt uns jede genauere Angabe. Lange konnte er hier
nicht verweilt haben. Er zog dann die Drau abwärts in die
Steiermark. Am Landesgemärke begrüsste ihn ein grosser
Theil der Adelschaft. Nur der Mährenberger, an dessen Burg
Ottokar vorbeizog, habe gefehlt, denn Krankheit fesselte ihn
an das Lager. Der Böhmenkönig nahm dies als Verwand übel
au£ (Jeberdies hätte er Klagen vernommen über des Mähren-
berger's Gewaltthaten imd seine Parteinahme für Gertrude.
Groll im Herzen zog er weiter. Als er gen Marburg kam,
„ward er hochgeehrt von dem Landvolk gemein", ein Ge-
ständniss des Reimchronisten, das für die Popularität des
Böhmenkönigs bei dem gemeinen Volke ein günstiges Zeug-
niss ablegt Und diese Beliebtheit zeigt sich auch in der
bürgerlichen Bevölkerung der landesfilrstlichen Städte, ein
Moment, das beweist, dass sich der Premyslide nicht blos
auf den Clerus, sondern auch auf den dritten Stan^d zu stützen
suchte und die Verstimmung gegen seine Herrschaft auf den
Adel beschränkt war.
— 96 —
Denn in jeder Stadt, wo er einzog, berichtet die Reim-
chronik weiter, „da musst er beschauen, all' die Frauen, die
da angesessen waren ... in jeglicher Stadt blieb er an drei
Tage und vertrieb sich die Zeit mit Reigen und Tanzen."
Mit ;,so getanen Schwänzen (Spässen) kehrt er über (Graz)
den Hartberg, so dass er nicht zur Arbeit, sondern nur zur
Kurzweil Zeit hatte" — ironisirt unsere Quelle weiter.
üeber Wien nach Prag heimgekehrt, habe Ottokar dem
Dümholzer entboten, den Mährenberger gefangen zu nehmen.
Ortolf von Windischgrätz lockte diesen im Auftrage des
Dümholzer's auf sein Schloss, Seifrid wurde beim Mahle über-
fallen, geknebelt und als Gefangener dem Dümholzer ausge-
liefert, der selbst ihn nach Prag geleitete.
Ulrich von Dümholz, ein mährischer Hochadeliger aus
dem angesehenen Stamme der Kaunitze, erscheint urkundlich
(102, 106, 107) im gleichen Jahre als Hauptmann von
Kärnten, Krain und der Mark genannt. Ulrich von
Heunburg und der Habsbacher müssen ihm also bald den
Platz geräumt haben. Dies deutet auch auf Misstrauen Ottokar's
gegen den Schwiegersohn Gerlruden's, Agnesen's zweiten Gemahl.
Der unglückhche Mährenberger, von Ottokar als Haupt
einer weitverzweigten Verschwörung angesehen — wurde den
äussersten Folterqualen unterzogen, die ihm jedoch kein Ge-
ständniss erpressen konnten und nach entsetzlichen Martern,
die das Mitleid Aller erweckten, durch den Kolbenschlag eines
^Zupan's", der bei dem Gequälten Wache stand, zweitl^ger
Leiden erlöst
So lautet der schaudererregende Bericht des Reimchro-
nisten '"^) und wie misstrauisch man auch diese Erzählung einer
dem Böhmenkönige entschieden abgeneigten Quelle aufiiehmen
mag, namentlich die Einzelheiten der Prager Tragödie, im Allge-
meinen wird sich die Thatsache dieser tyrannisch geschärften
Hinrichtung nicht in Abrede stellen lassen.
''^) Reimchronik 99. Cap. nach ihr Joan. Yictor in kurzen Worten a. a.
0. S. 298 (I, c. 10).
— 97 —
Versuchen wir nun die Beweggründe Ottokar's aufzu-
spüren :
Bis zu diesem Zeitpunkte begegneten wir nie dem Mäh-
renberger als Parteiführer oder Theilnehmer an politischen
Complotten gegen die böhmische Herrschaft, so weit uns eben
die spärlichen Zeugnisse jener Epoche blicken lassen. Auch
im Jahre 1268 spielt er keine Rolle; ja noch kurz vor der
Katastrophe, Ende 1270, finden wir ihn" im Heeresgefolge
Ottokar's, als dieser nach Kärnten zog.
Es muss also ein schwerer Verdacht gegen diesen steier-
märkischen und auch im Kärntner Lande begüterten Adeligen
in der Seele Ottokar's unmittelbar vor dem unseligen Ereig-
niss wach gerufen worden sein, — wie dies auch die Reim-
chronik in ihrer drastischen Weise angibt
Seifrid von Mährenberg stand in erster Reihe des inner-
österreichischen Adels, sein namhafter Besitz spiegelt sich in
den reichen kirchlichen Stiftungen, durch welche er und seine
Frau Richardis in der Klostergeschichte einen hervorragenden
Platz einnehmen. Früher hatte er auch die Landesverwesung
Kärntens geführt, wie dies uns Herzog Ulrich's Schutzbrief
vom Jahre 1263 für das Kloster S. Paul im Lavantthale ver-
bürgt"). Aber gerade in dieser Stellung erlaubte er sich Be-
drückungen, deren diese Urkunde gedenkt und was wir der
Reimchronik an Klagen über seine Gewaltthaten entnehmen,
Klagen, die diese Quelle allerdings nur als solche und nicht
als gerechtfertigte Beschuldigungen vorbringt, spricht nicht zu
seinen Gunsten. Doch dies ist kein Moment von entscheidender
Bedeutung, da wir doch so häufig damaligen Ausschreitungen
dynastischer Willkür begegnen. Aber er wurde als Partei-
mann imd Kämpe der Sache Gertruden's politischer Umtriebe
beschuldigt, die Ottokar mehr als je in Harnisch bringen
mussten, politischer Umtriebe, die vielleicht auch hn Kärntner
''») Anh. Regg. Nr. 48. 1264, 27. April verleflit ihm H. übich „conside-
rantes devotionem et senicia, que devotus noster Si&idus de
Merenberch nobis fideliter exhibuit et impoBtemm exhibebit . . .**
Patronatsrechte. Fontes rer. anstr. 2. A. I. 59 Nr. 4 YIII.
MitthcU. d. bist. Varciai f. 8t«lonn«rk. XZn. Heft. 18T4. 7
— ^98 —
Lande sich regteiL Waren ja doch der Scherfenberger und
der Yon Löwenberg als Malcontente kurz zuvor nach Ungarn
entwichen. Und dass Seitrid geMrlich werden konnte, beweist
sein Conflict Yom Jahre 1258 mit der ungarischen Herrschaft
im Steierlande.
Leicht mochte sein Nichterscheinen vor dem Könige als
Gefühl schwerer Schuld oder trotzigen Uebermuthes gedeutet
werden nnd die — gewiss fragliche EränkUchkeit — als nich-
tiger Vorwand erscheinen.
Was Ottokar von Prag aus verfügte, die Gefangenneh-
mung des Mährenbergers — lässt sich aus politischem Gesichts-
punkte begreijßich finden, die Folterqual und der martervolle
Tod jedoch, welche dort Seifrid ereilten, gestatten keine Recht-
fertigung und wir begreifen, dass die Reimchronik diese That
Ottokar^s am meisten ausbeutet, dass sie den Fall des Böh-
menkönigs in der Marchfelderschlacht mit besonderem Nach-
druck als Blutrache fUr den Mährenberger darstellt.
Wir haben nur noch einige Worte über die Chronologie
dieser Vorgänge zu sprechen. Ottokar dürfte Ende August
1271 aus Innerösterreich nach Prag zurückgekehrt sein. Den
Mährenberger finden wir noch Anfang December 1271 in
Freiheit; 1272, 26. Februar, wird seine Gattin Rikardis oder
Reikart bereits Witwe genannt (103 — 105). Seine Gefangen-
nehmung und Hinrichtung fällt somit in die Zeit vom 6. De-
cember 1271 bis 26. Februar 1272. Dies schiene allerdings
für den herbstlichen Zeitpunkt der innerösterreichischen Heer-
fahrt des Premysliden zu sprechen, aber dem steht, wie bereits
oben angedeutet, Ottokar's lünerar entg^en, das den König
am 16. October bereits in Prag, den 24. November in Bres-
lau ^^) weilen lässt und jenem Zuge in's Alpenland in der
Herbstzeit keinen rechten Raum gibt
Zwei Jahre noch hatte das Geschick dem Böhmenkönige
seine Gunst ungeschmälert bewahrt. Unangefochten bleibt
seine Herrschaft, die vom Quellenlande der Elbe bis an die
'«) Emier Nr. 761 ff.
— 99 —
Küste Istriens und in das Friauler Land sich dehnt und drei
Nationalitäten: Slaven, Deutsche und Wälsche umfasst Es
war ein gewaltiger Griff in den deutschen Reichsboden, welchen
Ottokar versucht hatte und das Gefühl, es sei nothwendig,
einen Rechtstitel zu erwerben, bestimmte ihn, König Richard^s
Belehnung mit Oesterreich und Steiermark nachzusuchen (1262),
die auch erfolgte. — Mit der Macht wuchs auch das Selbst-
gefühl, Ottokar schien der Belehnung mit Kärnten und Krain
entbehren zu können und als der Schattenkönig englischer
Herkunft starb (1272, April), mochte den Böhmenkönig der
Gedanke beherrschen, dass er tiber die Zukunft des deutschen
Thrones gebieten dürfe.
Doch kam dies anders und die Wahl des Habsburgers
(September 1273) war die erste Mahnung des Geschickes,
dass es müde sei, die Fahne des Premysliden emporzuhalten.
Wohl liegen noch drei Jahre zwischen diesem Ereigniss
und dem Wiener Novemberfrieden 1276, der Ottokar's Herr-
schaft in den Alpenländem beseitigt und ihm den Lehenseid
als Vasall des neuen Königs aufhöthigt, — aber wie in der
Peripetie eines Drama beschleunigt sich von Jahr zu Jahr der
Fall der Premyslidenherrschaft in den Alpenländem und die
Phasen dieses Vorganges wollen wir an der Hand der magern
Zeugnisse jener Epoche prüfen.
Die Verwaltung unseres Landes lag noch im Spätsommer
des Jahres 1271 in den Händen des Klingepiberger's, doch
finden wir schon neben ihm als Landschreiber einen gewissen
Conrad genannt (99), der seit 1272 immer mehr in den Vor-
dergrund tritt (109, 110, 117). Schon im April 1272 gebot
Ottokar ihm und dem Dümhohser als Hauptmann von Kärnten,
Krain und der Mark, — in dessen Amtskreis auch der Bezirk
von Windischgraz gehörte ''), das Marien-Nonnenkloster zu
Mahrenberg, Seifrid's Stiftung, zu beschirmen (125).
''^) Ganz deutlich ergibt sich dies aus einer Urkunde, in welcher Ulrich
der Schenk von Habspach als „Hauptmann des Landes Krain, der
Mark und von Windischgraz" bezeichnet erscheint; s. Urk. vom
28. Juni 1275.
— 100 —
Im September d. J. 1272 war der Elmgenberger zu Wien
anwesend; er begegnet uns in einer Urkunde Ottokar's zu
Ounsten des Klosters in Studenitz, doch führt er da nur den
Titel „Marschall von Böhmen'' und nicht mehr den eines
Landeshauptmannes der Steiermark (107); später erscheint
er in gleicher Eigenschaft in Oberösterreich bestallt (126).
Neben dem Landschreiber Conrad, der bis Ende 1274 eine
Bolle spielt (117), findet sich in emer Decemberurkunde des
Jahres 1273 Bischof Bernhard von Seckau als Schiedsrichter
in einem Streite zwischen den Spital am Semmering und den
Gebrüdern Yon Massenberg (110).
Der Seckauer Bischof stand sehr in der Gunst des
Böhmenköniges und blieb auch sein zähester Anhänger. Auch
der Gurker, Dietrich, war ihm verpflichtet und die Bischöfe
Conrad von Freising und Berthold von Bamberg bewarben
sich eifrig um die Freundschaft des mächtigen Herrschers,
insbesondere der Erstere, der viel Selbstsucht und Wohldie-
nerei an den Tag legte.
Dagegen wartete der Metropolit Friedrich auf den
günstigen AugenbUck, sich dem Machtbanne des Premysliden
entziehen zu können und dieser Augenblick schien mit der
Eönigswahl des Habsburger^s vorbereitet zu werden.
Im Spätjahre 1272 mochte E. Friedrich zur Romfahrt
um das Pallium sich gerüstet haben. 1273, vom 12. August
datirt eine Urkunde, die ihn zu Admont sein lässt und die
ausdrückliche Bemerkung enthält: „auf der Rückreise von
Rom"'*). Seine Stellung war dornenvoll und so mancher
Adelige hielt angesichts der Sachlage die Hand auf dem
Besitze der Salzburger Eurche (138).
Im Besitze des PaUiums wurde Friedrich seiner erz-
bischöflichen Stellung bewusster und als der Habsburger
gewählt war, beeilte sich der Metropolit, im Februar 1274 zu
Hagenau, am Reichshoftage Rudolfs, zu erscheinen (111), um
ihm zu huldigen und den Schutz des Königs anzusuchen, was
»•) Tangl a. a. 0 S 78.
— 101 —
auch Rudolf in bündigster Form gewährte. (1274, 20. Febr.)
Ueberdies suchte Friedrich durch die ihm anhangenden Bi-
schöfe im bairischen Sprengel auf die loyale Haltimg des Adels
und der Ministerialen zu wirken (139).
Von Hagenau begab sich Friedrich nach Lyon und wohnte
dem Concile bei, woselbst unter Anderem der für Ottokar
kränkende Beschluss gefasst wurde, man solle behufs des
Eeichsfriedens zur Vorbereitung eines allgemeinen Kreuzzuges
(140) Alles versuchen, um Ottokar's Unterwerfung unter das
'neue Reichsoberhaupt auf friedlichem Wege herbeizuführen,
sollte dies aber nicht gelingen, sie mit Waffengewalt durch-
zusetzen trachten.
Denn der Premyslide war nicht gewillt, den Habsburger
anzuerkennen, dessen Wahl, ohne dass Ottokar's Kurrecht be-
rücksichtigt wurde, ihm als Schmach und Kränkung er-
schien.
Für die Lyoner Sommerbeschlüsse wirkte nun der Salz-
burger mit aller Entschiedenheit auf der Salzburger Provin-
zialsynode vom October 1274'®) und er fehlte nicht am
Nürnberger Novemberhoftage, wo der für Ottokar verhäng-
nissvolle Beschluss gefasst wurde, dass alle seit dem Beginne
des deutschen Zwischenreiches getroffenen Vergabungen von
Reichslehen null imd nichtig seien.
Ottokar gewahrte in den Lyoner Beschlüssen und in dem
Vorgehen des Metropoliten eine Gefahr, der er begegnen
müsse. Daher verbot er im Umkreise seiner Alpenländer
aufs strengste die Vollziehung der Condlverordnungen so gut,
wie die der Salzburger Synodalmassregeln und sein ganzer
Groll blieb dem Salzburger aufgespart.
Die Nürnberger Fürstensatzimg war jedoch von nicht
minder grosser Tragweite, denn sie liess seinen Besitz Oester-
reichs, Steiers, Kärntens und Kralns als sachf&Uige Usur-
pation erscheinen.
Da hiess es denn die landesftürsüiche Autorität in diesen
^*) Hansiz Genn. sacra IL pag. 873— S79.
— 102 —
Ländern wahren und die drohenden Anzeichen innerer Gäh-
rung durch Gegenmittel beschwören. — Eine wichtige Stütze
seiner Regentengewalt im Kärntner, Krainer Lande, in der
Mark und im Gebiete von Windischgraz war Ottokar*s Ver-
wandter, Uhich von Dümholz. Er hatte eine wahrhaft fürst-
liche Hothaltung eingerichtet und besass in seinem Schreiber
Rudolf einen Günstling, der wegen seiner Schädigung des
Klosters zu Mahrenberg den 7. März 1273 von Herbord,
dem Bischöfe von Lavant®"), in den Kirchenbann gethan
wurde. Ulrich von Dümholz mag auch unzweifelhaft einen
wesentlichen Einfluss auf die auffallende Entschliessung
Ottokar's geübt haben, wonach der Böhmenkönig den unbe-
quemen Störefried Herzog Philipp, den Exmetropoliten von
Salzburg und Expatriarchen von Aquileja, an dessen Herr-
schaft im Friaulischen Friedrich von Pinzano zum Verräther
geworden war, Ende 1272 oder Anfangs 1273 zum Vicar von
Kärnten, allerdings unter der Aufsicht des Dümholzers, als
eigentlichen Landesverwesers bestellt hatte, um ihn auszu-
söhnen und die eigene Herrschaft im Kärntner Lande be-
liebter zu machen, da an ihrer Spitze nunmehr ein Bruder
des letzten Sponheimer Herzogs figurirte ® ')•
Philipp aber fühlte wohl wenig Dapk und desto mehr
versteckten Groll im Herzen und er beeilte sich, gegen den
Böhmenkönig zu wühlen und bald an dessen Rivalen, König
Rudolf, eine Stütze zu suchen. Philipp war ja auch nur als
Puppe oder Strohmann in der Kärntner Regierung verwendet
worden und es hatte sich darin nichts geändert, als Ulrich
von Dümhok in der Ungamschlacht bei Laa gefallen (1273
Ende Juli oder Anfangs August) war, denn dieser erhielt den
Tiroler, Ulrich von Taufers, zum Nachfolger, während Krain
und die Mark nebst dem Windischgrazer Bezirke dem Habs-
bacher, Ulrich, verliehen wurdeT — Die „beständige Haupt-
mannschaft" Kärntens, wie sie Philipp 1273 — 4 urkundlich
«») Vgl. Tangl S. 113—114.
•«) Tangl a. a. 0. S. 117 ff.
— 103 —
im Titel führt, war daher mehr Schein als Wahrheit und seit
Juni 1274 finden wir ihrer nicht weiter gedacht. Wohl aber
beweist König Rudolfs Urkunde, datirt zu Nürnberg vom
27. Februar 1275, dass sich Philipp bald um die Gunst des
neuen Königs beworben hatte, dass er gegen Ottokar klagbar
aufgetreten war und seine Ansprüche auf Kärnten, Krain und
die Mark geltend machte; denn der Habsburger belehnt ihn
darin von Reiches wegen mit den genannten Ländern aus
königlicher Machtvollkommenheit ^^). — Das waren, wenn auch
vorläufig papieme Massregeln, dennoch bedenkliche Vorzeichen
und auch die Haltung des neuen Patriarchen Raymund von
Torre (1274) in der Lehensfrage musste den König be-
denklich machen. Da beschloss König Ottokar in der Person
des Grafen Heinrich von Pfannberg den Kärntnern einen im
Lande begüterten Hauptmann zu geben und dieser nimmt
seit 1275 den Platz Ulrich's von Taufer's ein, dem wahrschein-
lich Ottokar verübeln mochte, dass er das Entweichen Phi-
lipp's aus Kärnten an den könighchen Hof des Habsburger's
nicht vereitelt habe. — Aber bald begann im Kärntner Lande
Ottokar's Sache zu wanken.
Wenden wir uns der Steiermark zu. Dem Könige schien
wohl die Reise dahin hoch an der Zeit, um sich wieder als
Landesfürst zu zeigen. Wir begegnen ihm zu Graz im April
des Jahres 1274 und es ist das letztemal, dass er den Boden
der Steiermark betritt — Wieder sind es Urkunden zu
Gunsten klösterlicher imd kirchlicher Rechte, die seine Anwe-
senheit bezeugen, denn mehr als je lag es dem Premysliden
daran, mit der inländischen Kirche auf gutem Fusse zu stehen
(112—116, vgl. 90, 92, 101, 106, 107). Es entsteht nun
die Frage, wem Ottokar in wachsend schwieriger Zeit die
oberste Landesverwaltung übertragen habe.
Die Urkunden belehren uns, dass 1274—1275 Milota
von Diedic und Beneschov, Bruder des hingerichteten Benesch,
in die Landeshauptmannschaft der Steiermark eingetreten sein
•«) Tangl a. a. 0. S. 167—8.
— 104 —
inuss. Bis mindestens über den Spätsommer des Jahres 1271
führte das wichtige Amt der Elingenberger, sodann tritt der
Landschreiber Conrad in den Vordergrund, neben ihm Bern-
hard, Bischof von Seckau. Jedenfalls lässt sich die Angabe
der Reimchronik ®'), wonach Milota im Sommer 1271 das Land
verwaltet habe, urkundlich durchaus nicht rechtfertigen**).
Von andern Amtsleuten des Böhmenkönigs in der Schluss-
epoche ottokarischer Herrschaft lernen wir in der Umgebung
Müota's urkundlich den Marschall Breweco, den Notar Iring,
Ekkehard von Dobrenge, den Burggrafen auf Offenberg und
Landrichter, Dietrich von Fulen, und den Landrichter an der
San, Hartnid von Cilli, kennen (118, 119, 121, 123, 127).
Wir müssen mm aber, bevor dieser Schlussphase gedacht
wird, eine Thatsache erwähnen, die von einer und der andern
Seite als Symptom einer politischen Verschwörung gegen
Ottokar's Regiment, ja als förmliche Ständeversammlimg zur
Berathung eines gemeinsamen Vorgehens wider dieselbe
aufgefasst wurde. Vom Klosterorte Göss im Oberlande, wo in
der That eine grosse Versammlung der Ministerialen des
Landes Ende Juli 1274 tagte (117), führt sie den Namen
des Gösser Ständetages. Unsere ganze diesfäUige Kenntniss .
beschränkt sich auf eine Urkunde vom 27. Juli 1274, worin der
damals noch beamtete Landschreiber Conrad mit der Aebtissin
des Nonnenklosters zu Göss, Herburgis und der Dechantin
Wentala emen Gütertausch abschliesst Aus dem langen Zeu-
genverzeichnisse, worin fast alle bedeutenderen Familien des
Landes neben Vertretern anderer Stände uns begegnen, lässt
sich aber unschwer der Schluss ziehen, dass wir es wohl mit
einem Ständetage zur Berathung der schwierigen Sachlage,
aber keineswegs mit einer damaligen Verschwörung zu thun
haben können.
An der Spitze der Zeugen erscheint ja Qttokar's ent-
>*) Reimchronik Cap. 91.
»*) S. Anh. Regg. Nr. 87. — Vgl. dagegen die Yom 26. Jänner 1275,
Wien, datirte ganz identische Urkunde — Nr. 119.
— 105 —
schiedenster Anhänger, Bischof Bernhard von Seckau, neben
ihm der Pfannberger Heinrich, der wackerste Kämpe im Heere
Ottokar's vom Jahre 1271, als berühmter Fechtkünstler, zu
Salemo mid Paris geschult, von Ivan, dem Güssinger Grafen
zum Zweikampfe gefordert ^% und noch 1275 von Ottokar zum
Landeshauptmanne in Kärnten ausersehen. Der erste unter
den Zeugen des ßitterstandes ist Ekkehard von Dobreng,
1275 unter den böhmischen Landesbeamten genannt, ihm
folgen Alhoch, Hauptmann auf Badkersburg, mehrere landes-
fürstliche Pfleger und auch Bürger von Wien.
Also von einer Gösser Verschwörung werden wir als
einem Unding absehen müssen ®"), schon mit Rücksicht darauf,
dass der damalige Leiter des ottokarischen Regimentes, Land-
schreiber Conrad, sich all' der Versammelten als Zeugen
bedient.
Wohl aber mochte schon in manchem Gemüthe der Ver-
sammelten die Sehnsucht nach einer Aenderung der Sachlage
Platz greifen, manche Verwünschung gegen das böhmische
Herrschaftswesen laut werden, war ja doch der Stubenberger,
Liechtensteiner, waren vor Allen die Wildonier anwesend, die
gewiss der Schmach vom Jahre 1268 nicht vergessen hatten.
Wir aber haben nicht mit Vermuthungen, sondern mit That-
sachen zu rechnen und die angeführte Urkunde hat eben nur
für uns insofeme Werth, da sie uns eine Ständeversammlung
als wahrscheinlich nahe legt und zum erstenmal darin eine
genaue dassenmässige Scheidimg der Zeugen Platz greift, der
wir die damalige Gliederung und Rangordnung der Stände
entnehmen können.
Den Reigen eröfinet em Bischof, ihm folgt ein Graf,
diesem die Herren, die Ministerialen, die Pfarrer,
die Ritter, die adeligen Dienstmannen (cUentes);
«») S. daraber die Beimchromk S. 107.
^^ Tangl i. s. n. Abh. S. 149 sagt daher mit Recht: „Von einer poli-
tischen Verhandlung oder gar einer Verschwörung findet sich darin
nicht die geringste Spur.*"
— 106 —
Bttrgerliche und landesfflrstL Amtslente oder Pfleger
(officiales) machen den Schluss"*).
Wir sagten, wir mOssten mit Thatsacben reebnen und in
der Tbat war die wirkliche Sachlage einer ständischen Er-
hebung der Steiermark gegen die ottokarische Herrschaft
noch keineswegs günstig. Noch wurzelte sie fest in überl^ener
Macht, wie die bangen Briefe des entschiedensten Widersachers
Ottokar's, des Salzburger Erzbischofes beweisen. In Oester-
reich scheinen zunächst entschiedene R^nngen zu Gunsten
Rudolfs stattgefunden zu haben. Gegen Ende des Jahres
1274 erschien allda Ottokar „mit starker Kriegsmacht, WiUens
die zu vernichten, — welche bei der königlichen Gnade ihre
Zuflucht suchten'', heisst es im Briefe des Metropoliten. Noch
habe er ihn nicht mit Krieg überzogen und mit keiner Be-
lagerung geängstigt, aber nahezu allen Lebensbedarf abge-
schnitten. König Rudolf möge sich beeilen, seinen Getreuen
in Oesterreich und Steier Trost zu bringen, sonst könne er
überzeugt sein, dass Alles, was der Erzbischof in Kärnten
und Steiermark vorbereitet habe, gänzlich zu nichte werde
(120). Und im Frühjahre 1275 schreibt der Metropolit an
den Habsburger: „Wir müssen Euerer Hoheit mit Klagen und
Zähren anzeigen, dass der Böhmenkönig, nachdem er fast
alle Gegner besiegt, Uns und unserer Kirche baldigen Unter-
gang und nahes Verderben droht** In der That Hessen die
Feindseligkeiten nicht lange auf sich warten. Im April oder
Anfangs Mai 1275 stürzte sich Herr Milota im Auftrage seines
Herrn auf die Besitzungen des Erzstiftes in Steiermark und
Kärnten, belagerte Friesach, den Vorort der salzburgischen
Herrschaft im letzteren Lande, imd verwandelte den tapfer
vertheidigten Ort in eine Stätte des Brandes und schonungs-
loser Plünderung. Auf 40.000 Mark Silber wird der Schaden
geschätzt, der damals dem Hochstifte zugeftlgt wurde "").
*^ Vgl m. Quellenm. Vorarb. z. Gesch. des mittelalt. Landtagswesens
der Steiermark. 2. Jahrg. der Beitr. z. Ede. stm. G.-Q.
"^ Reimchronik 120. Cap. Vgl. die Contm. Pnedic '^dob. Mon.
Germ XI. S. 729 z. J. 1275; — vgl. Tangl a. a. 0. 172-8.
— 107 —
Der Schrecken sollte einschüchternd wirken und vielleicht
ho£fte Ottokar, auf diesem Wege den Erzbischof mürbe fcu
machen. Es begannen nun Verhandlungen Ende Mai 1275,
ein Schiedsgericht wird eingesetzt, als dessen Mitglieder auf
königlicher Seite unter Andern zwei gewesene Landeshaupt-
leute der Steiermark, Bischof Bruno und Burkhard von Klin-
genberg erscheinen. Den Vorsitz führte als Obmann der
Seckauer Bischof (124).
Und dieser redefertige Parteigänger Ottokar's war es,
der Mitte Mai auf dem ersten Augsburger Reichstage des
Jahres 1275 statt des vorgeladenen Böhmenköniges als Send-
bote erschien und in schwülstiger lateinischer Rede nicht bloss
seinen Herrn zu rechtfertigen, sondern auch die anwesenden
Fürsten, ja sogar das Reichsoberhaupt zu schmähen sich er-
kühnte und als man den des Lateinischen Unkundigen seine
anmassende beleidigende Rede verdolmetschte, einen solchen
Sturm der Entrüstung wachrief, dass schier sein Leben be-
droht war.
Auf demselben Reichstage oder in der zweiten Augs-
burger Reichsversammlung sollen sich österreichische und
steiermärkische Edle, übereinstimmend werden der Wolkers-
dorfer und Hartnid von Wildon, von andern auch Friedrich
der Pettauer genannt, — eingefunden haben, um vor dem
Reichsoberhaupte über die Willkühr und Härte Ottokar's zu
klagen und einen allgemeinen Aufstand in Aussicht zu stellen.
Ottokar habe sie auch als Parteigänger des Königs von
Deutschland mit Güterverlust und Landesverweisung bestraft.
Ueberhanpt mehren sich die Beschwerden einzelner öster-
reichischer Chroniken über Ottokar's Tyrannei, wenn wir auch
mit Recht bezweifehi müssen, dass Anschuldigungen derart,
wie sie eine Quelle vorbringt, — Ottokar habe die als Geisehi
ihm übergebenen Kinder mit Wurfinaschinen den Eltern vor das
Antlitz geschleudert, mehr als abgeschmackte Histörchen seien.
Aber an Massregeln des Terrorismus Hess es wohl
Ottokaar dem aufetandslustigen Adel gegenüber nicht fehlen,
w&hrend er anderseits um so mehr die Rechte der Kirche
— 108 —
zu schätzen bestrebt war und mit Gunstbezeugimgen nicht
kargte. Ja selbst Salzburg gegenüber versuchte er Schritte
der Aussöhnung, Friedrich war jedoch ein entschiedener Cha-
rakter und hatte längst seine Stellung genonunen. Als einer
der eigennützigsten und charakterlosesten Bischöfe benahm
sich der Freisinger Conrad.
Die meiste Huld war natürlich dem Seckauer Bernhard
zugewendet, der aufs entschiedenste dem Salzburger Metro-
politen entgegenarbeitete und selbst mit Schmähschriften gegen
Rudolf loszog. Erst in der letzten Stimde bewarb er sich um
die Verzeihung des Habsburgers und erhielt sie auch (130,
4-5).
Ottokar ist geächtet und der Reichskrieg wider ihn be-
schlossen ; der Salzburger beeilt sich Ottokar's ünterthanen des
Eides der Treue zu entbinden. Die Entscheidung naht TJeberall
hin nach Oesterreich schickt der Böhmenkönig seine Boten,
desgleichen nach Steier, Kärnten, Erain und in die Mark, um
die Stände zum gemeinen Aufgebote zu mahnen, aber er ist
nicht mehr Herr der Sachlage. Seine letzte landesfürstliche
Urkunde für unser Land datirt vom Jahre 1276 Sept (136
vgl. 93). Und als man im Steierlande erfährt, dass die Görzer
Rudolfs Verbündete, nach Kärnten einbrächen, um es von
Ottokar's Herrschaft zu befreien, versammeln sich den
19. September des Jahres 1276 die Edelsten des Landes im
Kloster Rein; voran Ottokar's Kärntner Hauptmann, Heinrich
Graf von Pfannberg, Graf Ulrich von Heunburg, der Pettauer,
Stubenberger, Hartnid von Wildon, Hartnid von Stadeck, Otto
von Liechtenstein — sein Vater Ulrich war bereits 1275 ver-
storben — und viele Andei:a zum festen Bunde für den deut-
schen König wider den Böhmen (137).
Rasch sind die Burgen Eppenstein, Neumarkt, Offen-
burg, Kaisersberg und andere den böhmischen Castellanen
entrissen, Heinrich von Pfannberg erobert Judenburg; endlich
fällt auch Graz ; — mit Mühe und Noth entkonunt der Landes-
hauptmann Milota und bald lesen wir von den Kriegsschaaren,
die der Pfannberger, Friedrich von Pettau und Hartnid von
— 109 —
Wfldon den Görzem auf ihrem Anmärsche gegen Wien zu-
führen«').
Der Novemberfriede 1276 entscheidet über die Sachlage,
die Steiermark und ihre Nachbarlande gehen dem BGhmen-
kOnige unwiderbringlich verloren, sie folgen dem mächtigen
Zuge der deutschen Beichsidee. — Und als der Böhmenkönig
zwei Jahre später zu den Waffen greift, um würdig seiner Ver-
gangenheit das Schicksal herauszufordern, kämpft auch die
Steiermark die Entscheidung mit und steirische Edle kühlen
ihren GroU an dem todeswunden, gewaltigen Könige.
Regesten tob Urkunden als Belege des Textes.
1. 1247, 1. Juni, Werfen.
Philipp, Erwählter von Salzburg, verheiratet die Tochter
seines Ministerialen Conrad von Goldeck, Eunigonde, an den
jungen Ulrich von Liechtenstein und weiset ihr 10 Pfd.
Pfennige jährlicher Einkünfte aus Hallein zur Aussteuer an.
Wiener Jhb. 108. Bd. (Chmel) Regg. S. 156 n.
2. 1248, 21. Febr., Leibnitz.
Philipp u. s. w. schenkt dem um das Salzburger Hochstift
verdienten Seckauer Bischöfe mehrere Hörige des erzbischöf-
lichen Dominimns.
Im Landesarchiv d. Stm. Gopie des 14. Jahrh. Nr. 622.
Zauner Chronik v. Salzburg H. 266. Vgl. Muchar,
5, 210. (20. Febr.); 21. April befand sich PhiUpp
in Rann L.-A. Cop. Nr. 623*.
3. 1248, 10. Aug. Friesach.
Derselbe stellt dem Liechtensteiner Ulrich drei Bürgen für
die Zahlung der von seinem Vorgänger Erzb. Eberhard schul-
diggebliebenen Summe von 270 Mark Pf.
Wiener Jahrb. 108, Regg. S. 156, L.-A.-Copie Nr. 625«.
**) Reimchromk 124, 125 Gap. VgL die Charakteristik der Sachlage
b. Lorenz. Deutsche Oesch. H. 138—140 u. Tangl i. d. erwähnten
Abb. S. 150-^152.
— 110 —
4. 1248, 20. Sept, Friesach.
Derselbe übergibt dem Seckauer B. Ulrich die Pfarre St
Georg in Stiven, nachdem er ihm schon froher mehrere Lehen
überlassen.
Dipl Styr. I. 318, 319. Wiener Jahrb. a. a. 0. S. 157.
Vgl. Muchar 5, 210. Copie des 14. Jhh. im L.-A.
Nr. 627.
5. 1248, 24. Sept.
P. Innocenz lY. bestätigt die durch Philipp Erw. v. S. vap*
fügte Einziehung der salzburgischen Lehen, welche durch Herzog
Friedrich's Tod in Oesterreich und Steier erledigt worden.
Hanthaler, fasti Gampililienses I. 932 — 35, Wiener Jhb.
a. a. 0., Muchar 5, 218.
Hauptstelle: Cum castra, vasalli, possessiones redditus ac
alia bona, quse quondam Dux Austrie et Stirie etc. ab Salz-
burgensi tenebat in feodum, ad ins ipsius ecclesiae re-
dierint, nullo ex eo legitime berede superstite,
qui succedere in feodum debeat, remanente, auc-
toritate praesentium districtius inhibemus, ne infeo4are vel
alienare vel distrahere quoquo modo, irrequi-
sitoRomano pontifice, de caetero presumatis'' . . .
6. 1249, 6. Jänner, Rann.
Erzb. Philipp's Bestätigung einer Schenkung Friedrich's
von Pettau an den deutschen Orden.
Dipl. Styr. ü. 211. Cop. i. L.-A. 631*.
7. 1249, 21. März, bei Neuss.
Angebliche Urkunde E. Wilhelm's, worin in einem even-
tuellen Lehensbriefe für die Söhne Herzog's Bernhard von
Kärnten — Ulrich und Philipp — zu Gunsten des Letzteren die
besondere Bestimmung getroffen wird, dass derselbe im Falle
des erbenlosen Absterbens seines Bruders Ulrich, die Erb-
schaft des Herzogthums Kärnten dennoch antreten könne,
wenn er auch als Erwählter von Salzburg zum Priester geweiht
werden sollte.
Kleimayem's Juvavia p. 380 (Auszug), wo es aber be-
merkt wird, der Ausstellungsort (apud Nussyam) passe
— 111 —
nicht in E. Wilhelm's Itinerar und eher müsse man
die Urkunde 1256 ansetzen. Böhmer Eaiserregg.
2. A. S. 12 Nr. 58 h< sie für echt, Chmel Wiener
Jhb. 108, 159 n. mit Grand für falsch uid anter-
■
schoben.
8. 1249, 25. Jani, b. Rotenmann.
Pfandschaftsrevers Hartnid's von Pettaa für den Erwählten
von Salzburg, Philipp, aasgestellt
Orig. im H. St Arch. z. Wien. Chmel in den Wiener
Jhb. a. a. 0. S. 159/160 L.-A. Cop. Nr. 636«.
Unter den Zeugen: B. Ulrich von Seckau, Wulfing von
Stubenberg, Rudolf von Stadeck.
9. 1249. 21. Sept, Wien.
Urkunde Markgrafen Hermann's von Baden „dux Austrie
et Styrie'^ für das Kloster Zwettl.
Linck Ann. Claravall. I. 335, Lambacher Anh. S. 25
bis 26, Nr. XIV.
10. 1250, 20. Jänner, Graz.
Graf Mainhard von Görz bestätigt in offener Gerichtsver-
sammlung eine Schenkungsurkunde für das Elstr. St Lambrecht
V. J. 1243. (Nos Meinhardus — mandato Friderici Imperatoris
Austriae et Styriae capitaneus.)
Zeugen : Ulrich, Bischof von Seckau, Witigo, Landschreiber
von Steiermark, Ulrich und Leutold von Wildon, Er-
chenger von Landesere, Wulfing von Stubenberg,
Ulrich, von Liechtenstein. Cop. L L.-A. 643'. (Muchar
5, 229—30).
11. 1250, 10. Febr., Vanstorf.
Erzb. Philipp's zwei Urkunden für das Bisthum Seckau.
Wiener Jhb. 108, S. 160, Orig. in L.-A. Nr. 644 und
Cop. von der andern 645*.
12. 1250, 12. Mai, Salzburg.
Ulrich's von Liechtenstein Dienst- und Lehensvertrag mit
Philipp dem Erwählten von Salzburg, betreffend die Heeres-
folge, die Offenhaltung seiner Schlösser, die Yerehelichung seines
Sohnes Ulrich mit der Tochter des salzb. Vasallen Conrad von
— 112 —
Goldeckke und die Yerpftndung des Schlosses Marau. Haupt-
steile : Er yerspricht dem Erzbischofe Philipp and dessen Nach-
folgern mit 100 Bewaffiieten in Steiermark nnd Kärnten Heer-
folge zu leisten, und gälte es Friaul, Oesterreich nnd Baiem,
noch mit mehr Reisigen and zwar wider Jedermann, ,,eo ex-
cepto, qui Imperium de iure regere dinoscitur,
seuqnem ecclesia verum Caesarem esse reputat,
excepto etiam vero domino terre Stirie, qui ad
hoc legitime fuerit institutus, et preter cives
de Judenburch, quos promitto domini mei gratia reformare,
exceptis tarnen Ulis ciuibus, qui domino meo dampna specialia
intulerunt, que etiam illi specialiter emendabunt^
Chmel a. a. 0. 160—162; Cop. i. L.-A. 644*. (Hier
findet sich auch unter d. gl. Datum eine Abschrift
der Urkunde, worin Wulfing von Trewenstein sich
dem Erwählten von Salzburg gegenüber verpflichtet,
ihm mit 24 Bewaffiieten zu dienen und nach dem
eventuellen Tode seiner Frau nur eine salzb. Mini-
sterialin zu heiraten (Nr. 644''). Vgl. die Abdrücke
dieser Verträge in Eoch's, Stemfeld's Aufs, in den
cit Abh. der bair. Akad. d. Wissensch.
13. 1250, 1. Juni, Vanstorf (Fohnsdorf).
Dienstvertrag der Grafen Bernhard und Heinrich von Pfann-
berg mit dem Erwählten von Salzburg und dessen Nachfolgern
im Erzbisthum.
1. Gelöbniss der Diensttreue („ad nostre vitse tempora
fidelibus adherere obsequiis contra omnem hominem, excepto
vero domino terre Styrie, pro nostris viribus
atque posse, nee eidem terre Styrie domino contra
dominum nostrum electum Salzburgensem vel suos
sucessores aliquod prsestabimus auxilium, si ipsum dominum
Electum vel successores ipsius conaretur indebite aggravare*').
2. Als Bürgen werden die „Milites^ der Grafen: de Chay-
sersperge, Chunradus de Torseule, de castro nostro
Leuben, Heinricus de Yischseren, Heinricus de Padel, Otto
judex de Phannenberch, Ottocharus, Chunradus de Schoeneche,
— 113 --
... de Ramenstein, Sifridns de Alpe et Sivridas filins saus de
Lossental (Lö6chenthal), Berhtoldas de Tunowe, de Hemerberch
Radolfüs et Fridericus. — Doch h&tten sie bei dieser Bürg-
schaftsleistung „capitales inimicicise'^ nicht zu befahren. Der
Geldwerth der Bürgschaft sind 1000 Mark Silber.
3. Quod etiam fratres nostri qui nunc temporis per
dominum Popp onem dePeckach et dominum Wilf in gum
de Stubenberch detinentur, cum a uinculis liberati faerint,
se ad premissos articulos teneantur obligare
Mitsiegler : B. Ulrich von Seckau, Conrad Graf von Plaien,
Ulrich von Liechtenstein, Gebhard von Velwen, Wulfing
und Hartnid, Brüder von Libenz (Leibnitz) . . Actum in
Vanstorf.
Koch Stemfeld's Btr. III. 83, Chmel i. d. Wiener Jhb.
108. Bd. S. 162/3; Cap. im L.-A. Nr. 644'. Ueber
die angegebenen Pfannberger Vasallen vgl. Tangl's
Abb. über die Pfannberger 11. Abth. im 18. Bde. des
Arch. f. Ede. öst Gesch. S. 125; desgl. 126.
14. 1252, 13. April, Perugia.
a) P. Innocenz IV. befiehlt dem Abte von Admont den ein-
zuhaltenden Vorgang, betreffend einige Raufbolde und Diebe
unter den Mönchen, dann anderer, welche wegen ihres
Ungehorsames wider den Abt in Bann gethan, dennoch
den geistlichen Verrichtungen nachgehen u. s. w.
Landsch. Arch. Cop. Pag. 669*, vgl. Muchar 5, 256 — 7.
16. April, Perugia.
b) Derselbe empfiehlt Ottokam, dem Herzoge von Oesterreich
u. s. w. den Schutz und Schirm des Klosters Admont
Ebenda Cop. Pap. 669^
15. 1252, 30. August
Vertrag Ottokar's mit Dietmar von Steier über die tausch-
weise Abtretung der Stadt und Burg Steier gegen Losenstein.
Preuenh. Ann. Styr. pg. 31. Lambacher Interr. Urkk.
S. 30—1 Nr. XX, ürkdb. des L. o. d. E. lU. 184.
16. 1253, 17. Mai, bei Leoben.
Ottokar 'Verspricht dem Bischof Ulrich von Seckau die von
MiitbQll. dca bist. Yeralns f. Btoitnnark, XXII. Heft, 1874. 8
— 114 —
den Grafen von Piain mn Leabentz (Leibnitz) nnd StluTen als
Pfandschaft oder Lehen besessenen Güter abzulösen nnd der
Seckauer Kirche zu übertragen; das Dorf Revssentz wendet er
ihm als erblichen Besitz zu. Urkunde, welche die Anwesenheit
Ottokar's in der Steiermark bezeugt. Doch findet sich auch eine
Urkunde d. Graz 1252, leider ohne n&here Datirung, bei Lam-
bacher Anh. S. 31 — 32 Nr. XXI vor. (S. o. den Text und die
bez. Anmerkung), nach der Indiction war dies nach Sept Unter
den 12 angeführten Zeugen erscheinen : Witego „scriba Styriie^,
N. V. Habsbach, Wilfing von Stubenberg, Dietmar von Weis-
seneck, Ulrich von Lichtenstein ....
Dipl. Styr. L 325—6. Erben Regg. Premysl. a. a. 1253.
Muchar 5, 253. Vgl. Palacky dejiny I, 2, 113. Cop.
des 14. Jahrh. im L.-A. Nr. 685.
17. 1253, 17. Dez., Prag.
K. Ottokar gestattet dem Landschreiber der Steiermark,
Witego und dessen Bruder Ruotger das Schloss Haldenrain za
verkaufen.
Fontes rer. austr. U, 1, S. 34 Nr. 29. Emier Regg. Boh.
et Mor. S. 4 Nr. 6. Landsch. Arch. Cop. 69 1».
(1255, 10. Jänner, Voitsberg. Gertrude bestätigt als ducissa
Austrise et Styrise dem Brüderpaar diesen veräusserlichen
Besitz.)
L.-A. Cop. 711» (Chmel Notizbl. z. Arch. f. K. öst G.
1853, 71; Muchar, 5, 258).
18. 1254, 3. April, b. Ofen.
Friedensschluss zwischen E. Ottokar und K. Bela lY.
Hauptstelle: quod dominus noster rex Hungarise et sui
heredes ducatum StyTiae cum omnibus attinentüs suis et iuribos
possidebunt iure perpetuo et tenebunt usque ad terminos infra
scriptos, scilicet a summitate montis, qui dicitur Sememyk, se-
cundum quod eodem montana pro diversitate locorum adiacien-
tium, diversis nominibus nuncupata, ab Hungaria in Bavariam
protenduntur et in Bavaria terminantur, cursu aquarum versus
Muram ab eadem summitate montium decurrentium tenninos
distingnente, hoc adiecto, quod si castrum Suarchumpach se-
— 115 —
cnndiim decursum aquse non cederet in partem ducatus Stiri»,
domino nostro regi prsefati nnntii et arbitratores domini P.
regni Bobemise assnmpserunt super se, obtinere cmn effecta a
domino suo prsedicto, qnod in partem domini nostri regis trän-
seat com omnibus snis attinentiis et iuribas et assignetor
perpetuo possidendmn. Ab eadem autem snmmitate montinm
secundom corsam aqaaram versus Danubinm fluentium ülam por-
tionem Stiriae cum toto ducatu Austris prsedictus P. (d. i. Pre-
mysl Otakar) dominus cum suis beredibus iure perpetuo cum
omnibus attinentiis suis et iuribus possidebit etiam et tenebit,
ita insuper, quod dominus noster rex de parte illa, quam ipse
possidebit, dominae de Impirg satisfaciet, ut contra prse-
dictum P. dominum materiam non habeat conquerendi, nichil
propter hoc de ducatu Austrise retentura
Unter „der domina de Impirg^ muss Gertrude von Mödling,
die Nichte des letzten Babenbergers, verstanden werden.
Die Urk. in Kurz ; Oest. unter Ottokar und Albrecht I.
n, 171 ; Boczek Cod. dipl. et epist Mor. IE, 181,
Urkdb. d. L. o. d. E. IE, 204. Emier S. 12—13
Nr. 24. Cop. i. L.-A. 696 •.
19. 1264, 8. April.
„ 15. Juli.
P. Innocenz IV. fordert den Erwählten von Salzburg, Phi-
lipp, und den Bischof von Chiemsee, Heinrich, auf, alle ent-
rissenen, vorenthaltenen und durch gewaltsam abgedrungene
Verträge entfremdeten Gtlter und Renten des Stiftes Admont
wieder in dessen rechtmässigen Besitz zu bringen.
Muchar V, 257.
20. 1254, l.,Mai, Wien.
Ottokar, K v. B., „dux Austrise et Styriae^, Mkgf. v.
Mähren, verleiht mit Einwilligung seiner Gattin Margaretha dem
Bischof Ulrich von Seckau das Patronatsrecht über die Kirche
in Mutensdorf.
Dipl. Styr. I. 326, Emier 14, Nr. 31, Cop. des 14. Jhh.
im L.-A. Nr. 697. Vgl. Muchar, 6, 249—50.
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21. 1255, 11. J&nner, Graz.
Gottfried V. Marburg, Landesrichter and Friedrich der Jün-
gere von Pettan, durch königliche Bestallang (regio mandato)
Marschall des Steiererlandes, verkündigen aaf Befehl des Königs
von Ungarn und des Bans (Stephan) als Landeshauptmannes der
Steiermark : über Klage der deutschen Ordenskirche in Graz —
dem Heinrich von Puchheim, dem Gottschalk von Stange, dem
Ludwig von Kapfenstein, dem Ott von Berchtoldstein bei Obern-
dorf, dem Ulrich von Winkel in der Rabau, dem Bernhard von
Haus in der Buchau, dem Gebhard Chuningersdorf, dem Gott-
schalk von Neutberg (Neuberg) und dem Wulfing von Freystein,
dass ihre näher bezeichneten Güter als Schadenersatz der er-
wähnten Kirche zugewiesen bleiben, bis von ihrer Seite der
zugefügte Schaden beglichen sei.
Dipl. Styr. H, 184, Fej6r Cod. Dipl. Hung. IV, 2, 286
bis 287 (vgl. Muchar 5, 260/1). Cop. L L.-A. 712*
(vgl. da 711'' u. 712).
22. 1255, 24. Februar.
P. Alexander's lY. Schirm- und Schutzbrief für das von
allen Seiten hart bedrängte Stift Admont.
Muchar 5, 259, Cop. i. L.-A. 714».
23. 1255, 24. März, Steier.
K. Ottokar bestätigt die Rechte und Freiheiten des Spitals
St Mariens am Fusse des Berges Pyhm. Unter den Zeugen
erscheint auch Wulfing von Stubenberg.
Lorenz deutsche Gesch. L 446 — 448.
24. 1259, 12.